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(Erste Aufführung am Hofoperntheater am 1. April d. J.)

Ed. H. Nach einer Pause von fünf Jahren eröffnete das Hofopernthea-ter vorgesHofopernthea-tern wieder eine italienische Opernsaison. Der Eröffnungsabend, der V e r d i ’ s hier noch unbekannte Oper: „Un Ballo in Maschera“ brachte, war vom günstigsten Erfolg begleitet. Ob es gerade klug gehandelt war, die einzige für diese Saison bestimmte Novität gleich anfangs preiszuge-ben, wo die Neuheit der Gesangskräfte hinreichende Zugkraft auch in al-ten Opern ausgeübt hätte, müssen wir der Direction selbst zu bedenken überlassen. Unbestreitbar ist, daß diese dem erwartungsvollen Publicum nicht leicht glänzender gerüstet entgegentreten konnte, als sie es mit dem Staatsstreich vom 1. April that.

V e r d i ’ s Oper: „Un Ballo in Maschera“ behandelt bekanntlich den-selben Stoff, wie A u b e r ’ s „Bal masqué“, ja sie folgt dem S c r i b e ’ schen Textbuch Scene für Scene. Der erste Act bringt die einleitenden Vorgänge am Hofe des kunst- und frauenliebenden Herzogs, die präludirende Unzu-friedenheit der Edelleute, die Anklage der Wahrsagerin, und des Herzogs Entschluß, diese verkleidet zu besuchen. Der zweite Act spielt in der Hütte der Wahrsagerin, bei welcher zuerst A m a l i a ein Zaubermittel gegen ihre verbotene Neigung zum Herzog sucht, dann dieser selbst mit seinen Beglei-tern verkleidet eintritt, und die Prophezeiung vernimmt, er werde durch die Hand seines besten Freundes fallen. Amalia’s Zusammentreffen mit dem Herzog auf dem Hochgericht und die Dazwischenkunft ihres Gemals, der sie unter den Spottreden seiner Freunde heimführt, füllen den drit-ten Act. In den vierdrit-ten Act sind bei Verdi die Vorgänge des vierdrit-ten und fünften Aufzugs der Auber’schen Oper zusammengezogen: die Scene in der Wohnung Reuterholm’s, die Losung aus der Urne, die Einladung zum Ball

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durch den Pagen, endlich der Maskenball selbst und die Ermordung des Herzogs. Diese Ermordung wird auf der Bühne des k. k. Hoftheaters ohne Anstand vollzogen, und nicht wie in Auber’s „Ballnacht“ durch ein insipides Fehlschießen oder Fehlstechen ersetzt, welches die Prophezeiung der Zi-geunerin und den Sinn des ganzen Sujets in bare Lächerlichkeit umstülpt.

Und doch ist das ursprünglich Historische der Handlung hier wie dort im Hofoperntheater getilgt; weder in Auber’s noch in Verdi’s „Maskenball“

heißt der ermordete Held „König Gustav III.“, sondern dort einfach „der Herzog“, hier „der Gouverneur“. Ein neuer Beitrag zu den unerforschlichen Rathschlüssen jenes Instituts, welches wir unter dem Namen „Hoftheater-Censur“ verehren. Auch V e r d i hatte ursprünglich das historische Sujet, getreu nach Scribe, componirt, und aus der schwedischen Königskrone sei-nes Tenoristen kein Hehl gemacht. Mit dieser Aufrichtigkeit kam er jedoch in Neapel äußerst übel an; die Censur befahl eine gründliche Umänderung des Textbuchs; der Director des San Carlo-Theaters (für welches die Oper ursprünglich bestimmt war) fiel in Ohnmacht, und erholte sich aus der-selben nur, um mit fabelhaften Entschädigungs-Ansprüchen gegen Verdi loszufahren. Unser Maestro nahm seine Partitur unter den Arm, bestieg eiligst denselben Dampfer, der ihn hingebracht, und fuhr ohne sonderliche Segenswünsche für Neapel nach Hause. Da hielt er grollend seinen „Gustav III.“ Jahr und Tag verschlossen, bis er ihn, wiederholtem Drängen nachge-bend, im Jahre 1859 dem Teatro Apollo in Rom überließ. Eine Zuversicht, die von der wahrhaft kindlichen Naivetät Verdi’s rührendes Zeugniß gibt.

Die römische Censur erhob natürlich einen noch größern Lärm als die nea-politanische, und Verdi mußte sich schließlich ihren Wünschen fügen. Die Handlung wurde nach Amerika verlegt (nur recht weit!); aus dem Schwe-denkönig wurde ein „G r a f W a r w i c k , Gouverneur von Boston“, und der Mörder desselben, der historische A n k a r s t r ö m , präsentirt sich uns der-zeit als „Renato, ein Creole, Secretär des Gouverneurs“. Einer besondern Protection ist es wahrscheinlich zuzuschreiben, daß wenigstens die Gattin des gefährlichen Statthalterei-Secretärs den Namen Amalia beibehalten durfte.*)

Und die Musik? Unsere Leser haben zu viele Verdi’sche Opern gehört, und wir haben über zu viele derselben geschrieben, als daß wir bei jedem

*) Wir wollen das bezeichnende Factum nicht verschweigen, daß die englischen Textbücher die-ser Oper, die vor dem Coventgarden-Theater um einen Sixpence verkauft werden, in einem eigenen Vorwort („Argumentum“) diese italienischen Censurgeschichten mit schonungslo-sem Hohn auftischen.

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neuen Werk dieses fruchtbaren Componisten wieder neuerdings zu den tiefsten Wurzeln seiner künstlerischen Individualität herabzusteigen und diese zu untersuchen brauchten. Wer die moderne italienische Oper halb-wegs kennt und mit deutschem Auge betrachtet, weiß im vorhinein zum mindesten, was er von V e r d i n i c h t zu erwarten hat. Es kann uns eben-sowenig noch beifallen, Verdi auf die höchsten Eigenschaften der drama-tischen Kunst hin zu untersuchen, als man die Beurtheilung eines neuen Birch-Pfeiffer’schen Stückes mit der Erörterung beginnt, wie sich die Ver-fasserin zu Shakspeare, Schiller und Goethe verhalte. Allein gerade wie bei den besseren Dramen der Frau B i r c h , werden wir auch von Verdi’s „Mas-kenball“ aussagen müssen, daß er gute Einfälle enthält und eine zwar derbe, aber sichere und geschickte Hand verräth. Verdi hat sich in dieser Oper un-verkennbare Mühe gegeben, seine Musikstücke sorgfältiger auszuführen, charakteristischer zu instrumentiren, und mit dramatischem Ausdruck zu erfüllen – und diese Mühe ist zum Theil keine vergebliche gewesen. Crasse Trivialitäten kommen zwar auch vor, allein sie sind viel seltener und, wenn wir so sagen dürfen, beiläufiger als in seinen übrigen Opern. So haben wir im „Maskenball“ zum erstenmal und mit dankbarer Anerkennung einen Gemeinplatz vermißt, auf dem sich Verdi sonst systematisch und mit äu-ßerstem Behagen tummelte: die frechen Allegrosätze, welche dem senti-mentalen Andante seiner Arien unvermittelt folgen. Man erinnere sich der Allegrosätze der beliebtesten Sopran-, mitunter auch der Tenor-Arien in

„Ernani“, „Rigoletto“, „Trovatore“, noch mehr in den Opern seiner ersten, rein italienischen Epoche, wobei man stets die Empfindung hat, als sähe man eine in Thränen gebadete Trauergestalt plötzlich die Schnapsflasche ergreifen und damit Csardas tanzen. Im „Ballo in Maschera“ findet sich, wie gesagt, diese Gewohnheit abgelegt. Der Gedanke, eine Vergleichung mit A u b e r ’ s Musik nothwendig hervorrufen zu müssen, mag viel zu der gesammelteren, sorgfältigeren Haltung Verdi’s gerade in dieser Oper bei-getragen haben. Diesen Vergleich auch auszuhalten, wird Verdi’s Oper nur in den Augen der Italiener vermögen. Deutsche und Franzosen werden in der Ansicht übereinstimmen, daß Auber’s „Bal masqué“ an Originalität und Anmuth der Erfindung, wie an feiner, zierlicher Ausführung dem „Ballo in Maschera“ hoch überlegen sei. Es gilt dies vornehmlich von jenen Partien, in welchen Auber’s glänzendste Gabe, das Fächerspiel einer liebenswürdi-gen Koketterie und Fröhlichkeit, an ihrem Platze ist: in der Rolle des Paliebenswürdi-gen und den Ballscenen. Wenn man aber von einer Eigenschaft sagen darf, daß sie Verdi so gut wie vollständig fehlt, so ist dies Leichtigkeit und Grazie.

Er ist immer pathetisch (wie die Mehrzahl seiner componirenden und

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tenden Landsleute); dies Pathos treibt ihn nur zu oft in leere, prahlerische Aufgeblasenheit, hebt ihn jedoch mitunter auch zu einer bedeutenden Höhe dramatischer und musikalischer Energie. Wie A u b e r sich in dem breiten Ausströmen sentimentaler und leidenschaftlicher Ergüsse beengt fühlt, – seiner Leidenschaft fehlt der kräftige und lange Athem – so vermag Verdi Töne des leichten Scherzes und Frohsinns nur schwer, und gleichsam im Vorübergehen anzuschlagen. Wie mühselig und unausbleiblich trivial seine Musik dann geräth, zeigen am deutlichsten seine Ballmusiken im ersten Act des „Rigoletto“, im zweiten Act der „Traviata“, im vierten Act des „Mas-kenball“ u. a. Sie machen den Eindruck einer im Wirthshaus aufspielen-den schlechten Cavalleriemusik. Wenn sich nun auch die Pagenlieder und die Tanzmusik in Verdi’s Oper zu jenen Auber’s im besten Fall verhalten, wie ein frech und streitsüchtig machender starker Wein zu fein perlendem Champagner, so muß trotzdem zugestanden werden, daß hier Verdi dem unergiebigsten und steinigsten Fleck seines Ackers doch Besseres abgerun-gen hat, als füglich zu erwarten stand.

Die kurze Orchester-Introduction – in Italien vielleicht als schwere, ge-lehrte Musik angestaunt – erließe man ihm hierzulande recht gern; sie ist uns interessant durch die sichtliche Sorgfalt, die er hier – ganz im Gegen-satz zu früher – auf eine gewählte Instrumentirung und die Betonung des dramatischen Moments verwendet. Im ersten Punkte bleibt die Bemühung sehr unglücklich; die kurzen Flageolettöne, die tactweise über den Gesang des Violoncells zuckten, brachten uns anfangs auf den Verdacht, daß je-mand auf seinem Hausschlüssel pfeife. Dramatische Bedeutsamkeit legt der Componist in die Anticipation des kurzen Verschwörungsmotivs in H-moll (wobei auch ein klein weniges fugirt wird) und der Melodie aus der ersten Arie Riccardo’s. Beide Themen tauchen, übrigens in anspruchsloser Weise, einigemal als charakteristische Ritornelle in der Oper auf; Verdi hat also auch etwas von Richard Wagner gelernt, dessen dramatische Orches-ter-Signale allerdings eine weit größere mnemotechnische Begabung im Hörer voraussetzen. Im Einleitungschor ist der Gegensatz der heimlichen Verschwörer-Clique und der huldigenden Menge gar nicht ungeschickt ver-wendet. Die Cavatine Riccardo’s in Fis-dur („La rivedrà“) trägt eine hübsch empfundene Melodie in breitem, ruhigem Fluß; sie erinnert uns, daß die Kunst des „bel canto“ doch auch bei Verdi noch nicht ganz untergegangen sei. Die folgende Bariton-Arie („Alla vita“) ist banal, aber dankbar für den Sänger. Die geistlos schmeichelnde Melodie des Pagen (Couplets in B-dur) läßt sich durch den Vortrag sehr verfeinern, wie die M i o l a n -C a r v a l h o in London bewies.

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Die „Beschwörung des Dämons“ durch die Wahrsagerin zu Anfang des zweiten Actes ist gewöhnliches italienisches Dutzendfabricat. Die folgen-den Scenen bringen dafür sehr gelungene Momente. Das Duett Amalia’s mit der Wahrsagerin enthüllt hübsche musikalische Ideen („Della città all’

occaso“) und glückliche dramatische Züge. In dem schmerzlichen Ausruf Amalia’s „Pace!“ auf die Frage der Hexe, was sie suche, liegt echte Empfin-dung; in solch vorübergehenden Momenten etwas zu suchen und zu finden, war Verdi früher doch nie in den Sinn gekommen. Durch den hinter dem Vorhang halbversteckten Riccardo wächst das Duett in breiter, langgezoge-ner Cantilene sehr wirksam zum Terzett. Die folgende Barcarole Riccardo’s in As-moll ist von eigenthümlichem Reiz und Wohllaut; eine der schönen italienischen Volksweisen scheint durchzuklingen, wie wir sie so zahlreich G o r d i g i a n i ’ s liederreichem Munde verdanken. Das scherzende Alleg-retto, womit Riccardo die Unglücksprophezeiung verlacht, ist ein hübscher Einfall, der mit dem Eintritt der Sopranstimme (Oscar), die eine ausdrucks-volle Melodie in weitem Bogen darüber baut, tiefere Bedeutung gewinnt, und einem Ensemble zur Folie wird, das wir zu den besten Erzeugnissen der neuern italienischen Opernmusik zählen. Scenen, wie die eben genann-ten, kann man nur verdammen, wenn man von italienischer Musik über-haupt nichts wissen will. Es gibt viele Musiker in Deutschland, welchen in der That jedes Organ für die eigenthümliche Schönheit der italienischen Melodie abgeht; andere wieder, die aus übelverstandenem kritischen oder nationalen Hochmuth meinen, diese Schönheit leugnen und verwerfen zu müssen. Wie bedauern die Einen und tadeln die Andern. Wer für die große, weite Welt der Töne keinen andern Maßstab hat, als Beethoven’s und Bach’s Compositionen, der thut freilich am besten, wenn er in italienische Opern weder geht, noch darüber spricht. Die Actschlüsse des ersten und zweiten Aufzuges sind nicht ohne rhythmische und melodische Kraft, aber zu grell und lärmend. Darauf muß man leider ein- für allemal gefaßt sein. Die Sce-nen Amalia’s und Riccardo’s sind zu gedehnt und behelfen sich vielfach mit der conventionellen Phraseologie der italienischen und neufranzösischen Oper. In Bezug auf den dramatischen Ausdruck gehören sie zu jenen Par-tien, in welchen der Componist sich am meisten zusammengenommen hat.

In Amalia’s Scene ist die Stimmung mitunter glücklich getroffen; nach dem aufregenden krampfhaften Wühlen in Schauder, Angst und Seelen-schmerz, fällt der ruhige Schlußsatz in F-Dur ( „Deh! mi reggi, m’aita“) mit wohlthuender Helle ein; die Schönheit der Stimme und des getragenen Gesanges ist natürlich hier wie überall ein Factor, mit dem der Componist rechnet. Aus dem hübschen Allegretto des großen Duettes („Non sai tu“

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F-Dur, 6/8) spricht wahre, zärtliche Empfindung; der folgende C-Dur-Satz („O qual soave“) mit Harfenbegleitung ist viel anspruchsvoller; er schließt das Duett in flacher, theatralischer Weise. Das Finale des dritten Actes hat sich auf den meisten Bühnen als die wirksamste Nummer der Oper bewährt; der Spottchor mit seinem echt V e r d i ’ schen Rhythmus ist tri-vial, aber seine Verflechtung in das ganze Ensemble mit großem Geschick und sicherer Kenntniß des theatralischen Effectes vorgenommen. – Der vierte Act der Oper ist der längste und schwächste, ein Mißverhältniß, das durch die Vergleichung mit der in den analogen Scenen culminirenden Oper A u b e r ’ s doppelt ungünstig auffällt. Renato’s Duett mit Amalia ist gewöhnlich und ohne innere Kraft; etwas besser, wenigstens sehr sangbar, läßt sich Renato’s Arioso an („Eri tu“). Das Terzett der drei Verschwore-nen ist vielleicht die schlechteste Nummer der Oper und gewiß diejenige, die V e r d i zu der besten machen gewollt. Er häuft die Ausdrucksmittel und die äußerlichen Effecte (Harfen, Posaunen, Unisono-Melodie der drei Bassisten) so maßlos und bleibt dabei von seiner melodischen Erfindung so gründlich im Stich gelassen, daß wir den mit einem muntern Liedchen hereinhüpfenden Pagen diesmal als Rettungsengel begrüßen. Ein zweites Liedchen desselben Pagen („saper vorreste“) beginnt einfach und anmuthig, bleibt es aber nur zwölf Tacte lang; mit dem dreizehnten bindet es sich ei-nen Cometenschweif von „Tralalala“ an, der zu den unsaubersten Anhäng-seln dieser Art gehört. Auf der Bühne befindet sich eine Militärmusik, die an Rohheit nichts vermissen läßt, links in der Coulisse ein Streichquartett, das mit einer recht gefälligen, zwischen Menuett und Mazur etwa die Mitte haltenden Tanzmusik einen willkommenen Gegensatz zu jenem bildet. Da dieser Act, wie gesagt, musikalisch sehr unerquicklich wirkt, die eingeleg-ten Tänze ziemlich umfangreich sind, und der arme Riccardo mit dem Stich in der Brust noch sehr lange singt, wären einige herzhafte Kürzungen drin-gend zu empfehlen.

Ueber die im „Maskenball“ beschäftigten, für uns größtentheils neuen Sänger müßen wir uns für diesmal mit wenigen Andeutungen begnügen;

im Verlauf der nächsten Opern-Vorstellungen werden wir mehr Anhalts-punkte zu einer eingehenderen Charakteristik derselben gewinnen. Herr G r a z i a n i sang den Riccardo ungemein schön; seine Stimme erobert nicht durch glänzende Kraft und Fülle, aber ihr warmer, seelenvoller Klang, durch den musterhaftesten Vortrag und die deutlichste, schönste Ausspra-che gehoben, gewinnt jedes Herz. G r a z i a n i ’ s Spiel erreicht nicht die Höhe eigentlicher Charakter-Darstellung, wirkt aber durch ruhigen Adel der Bewegung äußerst gewinnend. Herr B a r t o l i n i (Renato) verfügt über

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eine kraftvolle, das hohe g mit Leichtigkeit erreichende Baritonstimme, die er namentlich im getragenen Gesang trefflich zu behandeln versteht;

als Schauspieler überragt er Herrn Graziani; seine Leistung war bei aller Mäßigung voll Leben und Energie. Hinter diesen beiden Sängern, auf die sich der lebhafteste Beifall concentrirte, stehen die Damen etwas zurück.

Signora L o t t i d e l l a S a n t a (Amalia) ist noch immer die wohlgeschulte, verständige und maßvolle Sängerin, die uns vor sieben Jahren erfreute;

leider sind diese sieben Jahre nicht ohne zerstörende Wirkung an ihr vo-rübergegangen: die Stimme hat viel von ihrem Silberton eingebüßt, und klingt schon von f aufwärts im Forte scharf und angestrengt. Den Pagen sang ein Fräulein V o l p i n i , eine zierliche, jugendliche Erscheinung, mit einem hübschen Stimmchen, das nur zu schwach ist, ein Ensemble wie das im zweiten Finale zu beherrschen. Der Vortrag war nett und correct, aber nicht glänzend genug. Signora C i a s c h e t t i (Ulrica) dürfte als routinirte Sängerin und Schauspielerin für kleinere dramatische Partien sehr nütz-lich werden, für die „Wahrsagerin“ hat sie zu wenig Stimme. Die kleineren Partien wurden durch die Herren C o r n a g o , M i l e s i und L a y gut darge-stellt. In dem Ballet erfreute sich Fräulein F r i e d b e r g eines glänzenden Erfolges. Die Oper ist hübsch ausgestattet und vom Herrn Capellmeister P r o c h gut einstudirt.

Lesarten (WA MO 1, 238–240 unter Verdi.) 1–12) „Un B a l l o … that. ] entfällt

13–15) V e r d i ’ s Oper … Scene.] Verdi folgt der Scribe-Auber’schen Ball-nacht Scene für Scene.

15–38) Der … verehren. ] entfällt 38) Auch V e r d i ] Er

38) Sujet, ] Süjet

39) Scribe, componirt, ] ohne Komma 40) jedoch ] aber

42) des Textbuchs; ] des königsmörderischen Textbuchs, 43) Ohnmacht, ] ohne Komma

44) Entschädigungs-Ansprüchen ] Entschädigungsansprüchen 45) Maestro ] Maëstro

45) Arm, ] ohne Komma

45f.) bestieg … hingebracht, ] entfällt 47f.) „Gustav III.“ ] Gustav III.

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48f.) ihn, … nachgebend, ] ihn auf wiederholtes Drängen

49) 1859 … Eine ] 1850 [!] dem Teatro Apollo in Rom überließ, – eine 50) Verdi’s ] des Componisten

51) größern ] größeren 53) weit!); ] weit!),

54) wurde … Boston“, ] entpuppte sich ein Graf Warwick, Gouverneur von Boston

55) A n k a r s t r ö m , ] nicht gesperrt

56) „Renato, … Gouverneurs“. ] Renato, Secretair des Gouverneurs.

56f.) Einer … wenigstens ] Infolge einer mächtigen Protection wahr-scheinlich durfte wenigstens

58f.) Statthalterei-Secretärs … Fußnote ] Statthaltereisecretairs ihren Namen Amalia beibehalten. Fußnote entfällt

60–76) Und … müssen, ] Die Musik zum Ballo in maschera gehört zu Verdi’s gelungensten Leistungen:

76f.) daß … verräth. ] sie enthält glückliche Einfälle und verräth eine zwar derbe, aber sichere und geschickte Hand.

77–80) Verdi hat sich … gewesen. ] Verdi auf die höchsten Eigenschaften der dramatischen Kunst hin zu untersuchen, wird natürlich Nie-mandem einfallen. Gewiß aber hat er sich redliche Mühe gegeben, seine Musikstücke dramatischer zu erfinden, sorgsamer auszufüh-ren, charakteristischer zu instrumentiren – und diese Mühe ist keine vergebliche gewesen.

80–82) Crasse Trivialitäten … Opern. ] entfällt

82f.) So … „Maskenball“ ] So vermißt man im Maskenball 83f.) einen Gemeinplatz vermißt, ] jenen Gemeinplatz, 84) systematisch und ] entfällt

85) Allegrosätze, welche dem ] Allegrosätze nach dem 86) unvermittelt folgen. ] – wahre gesungene Real-Injurien.

86–92) Man … abgelegt. ] Im Ballo ist diese den Ernani, Trovatore, Ri-goletto etc. beschmutzende Gewohnheit abgelegt, um auch in den späteren Opern (La forza del destin, Don Carlo) nicht wieder aufzu-tauchen.

93) A u b e r ’ s ] nicht gesperrt 94) gerade in dieser Oper ] entfällt 95f.) Diesen … vermögen. ] entfällt 96f.) in der Ansicht ] entfällt 97) „Bal masqué“ ] Bal masqué

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98) Anmuth der Erfindung, ] Anmuth, 98) zierlicher ] geistreicher

98f.) „Ballo in Maschera“ ] Ballo in maschera 99) vornehmlich ] namentlich

100) in welchen ] wo 101) Koketterie ] Grazie 101) an ihrem ] auf ihrem

102f.) Wenn … Verdi ] Eine Eigenschaft, die Verdi 103) vollständig … dies ] gänzlich abgeht, ist aber

104f.) pathetisch … Pathos ] pathetisch, wie in der Regel seine componi-renden und dichtenden Landsleute; dieses Pathos

105) leere, ] ohne Komma

106f.) auch … Energie. ] zu einer bedeutenden dramatischen und musi-kalischen Energie.

107–146) Wie A u b e r … Momente. ] In letzterer Eigenschaft ist Verdi’s Ballo wieder stärker als Auber’s Oper. Der erste Act ist unbedeu-tend und vielfach banal. Der zweite hingegen, die Scenen bei der Wahrsagerin, zeigen Verdi’s Talent in frischem Fluß.

146–149) Das Duett … „Pace!“ ] Das Duett Amalien’s mit der Zigeunerin enthält sehr hübsche Züge; namentlich in dem schmerzlichen Ausruf Amalien’s: Pace!

149f.) Empfindung; ] Empfindung. Danach: Das klingt gar nicht mehr Verdisch im frühern Sinn.

150) in solch ] In solch’

151) war … nie ] ist ihm vordem doch kaum 152) breiter, ] ohne Komma

153) Die … Barcarole ] Durch die Barcarole

154–156) ist … verdanken. ] mit ihrem eigenthümlichen Wohllaut scheint eine der schönen italienischen Volksweisen durchzuklingen.

156f.) Das scherzende Allegretto, ] Es folgt ein scherzendes Allegretto, 157) verlacht, ] verlacht;

157f.) ist …, der ] entfällt 158) (Oscar) ] entfällt 159) baut, ] spannt,

159–161) tiefere … zählen. ] gewinnt der Satz tiefere Bedeutung und wächst zu einem Ensemble, das zu den besten Erzeugnissen der neuen italienischen Oper gehört.

161–176) Scenen, … hat. ] entfällt

177–185) In Amalia’s … Weise. ] Die Arie Amalia’s und ihr Duett mit

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cardo im dritten Acte sind von energischem, leidenschaftlichen Zug, wenn auch nicht frei von italienischen Gewohnheitsphrasen.

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