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B1 Menschenrechte in den bilateralen und multilateralen Beziehungen der

Im Dokument 13. Menschenrechtsbericht (Seite 132-152)

Bundesrepublik Deutschland und im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union

Sitzungssaal der Generalversammlung der Vereinten Nationen © UN Photo/Sophia Paris

Menschenrechte in den bilateralen und multilateralen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland

und im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union

B1

Artikel 1 des Grundgesetzes stellt einen klaren Auftrag an das staatliche Handeln in Deutschland: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Er stellt diesen Auftrag in Absatz 2 in einen internationalen Kontext: „Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemein-schaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt“.

Menschenrechtspolitik ist daher eine Querschnittsaufgabe, die in ihrer außenpolitischen Dimension die Förderung und den Schutz der Menschenrechte weltweit beinhaltet. Die Menschenrechte bilden den Kern einer werteorientierten und interessengeleiteten Außenpolitik. Das Eintreten für die universelle Geltung der Menschenrechte bedeutet dabei stets auch präventives Handeln im Interesse von Friedenserhalt und Entwicklung.

Diesem Ziel dient das deutsche Engagement, vor allem in den Vereinten Nationen (VN), der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), dem Europarat und im Rahmen der Europäischen Union (EU).

Der globale Werterahmen als Basis unseres menschenrechtlichen Handelns ergibt sich aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) von 1948 und den ihr nachfolgenden menschenrechtlichen Konventionen der Vereinten Nationen, deren ge-meinsamer Kern die Verpflichtung zum Schutz des Individuums und seiner Freiheit vor staatlichen bzw. dem Staat mittelbar zuzurechnenden Übergriffen ist. 22 Dass es dabei keine

„Rangunterschiede“ zwischen unterschiedlichen Menschenrechten gibt, bekräftigte die Wiener Weltmenschenrechtskonferenz von 1993, deren Abschlussdokument feststellt, dass „alle Menschenrechte universell, unteilbar, zusammenhängend und voneinander abhängig“ sind. 23 Zum globalen Werterahmen zählen auch die „Sustainable Develop-ment Goals“ (SDGs) der im Jahre 2015 verabschiedeten Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Die Menschenrechte selbst, insbesondere die menschenrechtlichen Prinzipien wie Partizipation, Transparenz, Zugänglichkeit etc., sind für das Erreichen der SDGs extrem wichtige rechtliche wie auch prozedurale Grundlagen.

22 Für eine Übersicht über die neun zentralen internationalen Menschenrechtsverträge siehe www2.ohchr.org/

english/law/

23 Siehe www2.ohchr.org/english/law/vienna.htm

Die EU erkennt die Rechte, Freiheiten und Grundsätze an, die in der Charta der Grund-rechte der Europäischen Union niedergelegt sind. Der Kern dieser GrundGrund-rechte leitet – im Verein mit weiteren Grundsätzen – nach Maßgabe von Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) 24 ihr auswärtiges Handeln. Die Grundrechte, wie sie sich aus der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergeben, sind als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts. Die EU hat mit der erstmaligen Verabschiedung der EU-Menschenrechtsstrategie im Juni 2012 und der Ein-setzung eines Sonderbeauftragten für Menschenrechte ihrem Engagement für Menschen-rechte in den Außenbeziehungen einen adäquaten Rahmen gegeben. Im Sommer 2015 wurden zum zweiten Mal in einem Aktionsplan der EU 25 konkrete Umsetzungsschritte für diese Strategie für die Zeit bis zum Jahr 2019 festgeschrieben.

Angesichts zahlreicher Entwicklungen der letzten Jahre – zu denen die zunehmende Befassung des VN-Sicherheitsrats mit Menschenrechtsaspekten ebenso wie der Auf-bau einer internationalen Strafgerichtsbarkeit und die Entwicklung von Konzepten wie der Internationalen Schutzverantwortung („responsibility to protect“) 26 zählen – sind Menschenrechtsfragen weder allein innere Angelegenheit der Staaten oder ihre „domaine réservé“, noch bestimmten Menschenrechtsgremien vorbehalten. Oft ermöglicht inter-nationales Engagement erst das Erreichen menschenrechtspolitischer Ziele.

Die im nachfolgenden Überblick enthaltene Darstellung der wichtigsten Instrumente, Akteure und Themen bildet den Rahmen der deutschen Menschenrechtspolitik.

24 Art. 21 Abs. 1 EUV lautet auszugsweise: „Die Union lässt sich bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene von den Grundsätzen leiten, die für ihre eigene Entstehung, Entwicklung und Erweiterung maßgebend waren und denen sie auch weltweit zu stärkerer Geltung verhelfen will: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Achtung der Menschenwürde, der Grundsatz der Gleichheit und der Grundsatz der Solidarität sowie die Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts.“

25 Siehe eeas.europa.eu/human_rights/docs/eu_action_plan_on_human_rights_and_democracy_en.pdf

26 Siehe das Ergebnisdokument des Welt-Reformgipfel 2005, UN-Doc. A/60/1 vom 24. Oktober 2005, Abs. 138-139, das durch die Sicherheitsratsresolution UN-Doc. S/RES/1674 vom 28. April 2006 bestätigt wurde.

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Instrumente

Die Bundesregierung bedient sich im Rahmen ihrer bilateralen Politik einer Reihe von Instrumenten und Formaten zur Beförderung ihrer menschenrechtspolitischen Anliegen. Hierzu zählen in erster Linie die in verschiedenen Formen und Formaten betriebenen Menschenrechtsdialoge (bilateral oder durch die EU, eigenständig oder als integraler Bestandteil eines allgemeinen politischen Dialogs) mit jeweils vorher verein-barter Tagesordnung. Die Bundesregierung handelt entweder allein oder im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU im Verbund mit den EU-Partnern. Allein die EU unterhält mit rund vierzig Nicht-EU-Staaten regelmäßige Menschenrechtsdialoge.

Diese Dialoge dienen dem Austausch zu allgemeinen menschenrechtlichen Fragen sowie der Erörterung von Einzelfällen. Häufig wird hierdurch konkreter Förderungsbedarf offen-bart, den Deutschland im Rahmen der Außen- und Entwicklungspolitik aufgreifen kann.

Die praktische Unterstützung zur Förderung der Menschenrechte, bei der Stärkung von Menschenrechtsinstitutionen, bei Demokratisierungshilfe, Wahlbeobachtung, beim Aufbau von Verwaltungs- und Polizeistrukturen, bei der Ertüchtigung von Streitkräften und anderen Sicherheitskräften oder anderen Maßnahmen der Krisenprävention und der Entwicklungszusammenarbeit bildet ein kooperatives Instrument der bilateralen Menschenrechtspolitik. Im Rahmen der Förderung diesbezüglicher Projekte arbeitet die Bundesregierung häufig mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammen.

Neben der praktischen Förderung der Menschenrechte betreibt die Bundesregierung Menschenrechtspolitik auch durch kritische bilaterale Ansprache des Themas gegenüber Staaten, in denen Menschenrechtsverletzungen stattfinden („stille Diplomatie“) sowie durch verschiedene Formen der öffentlichen Kritik oder Verurteilung. Letzteres erfolgt beispielsweise in Form von Erklärungen der Bundesregierung bzw. der EU. Darüber hinaus können konkrete menschenrechtliche Situationen in den multilateralen Foren wie dem VN-Menschenrechtsrat oder dem Dritten Ausschuss der VN-Generalversammlung thematisiert werden. Schärfere Instrumente können die Rücknahme oder das „Ein-frieren“ bestehender Kooperationen oder Vereinbarungen sein, wie etwa die Rücknahme von Zollermäßigungen oder die Einstellung von Hermes-Bürgschaften. Die schärfste Reaktionsform stellen schließlich Sanktionen dar. Die Bandbreite der Instrumente gibt der Menschenrechtspolitik Spielraum für ein der jeweiligen Sachlage angepasstes und möglichst effektives Vorgehen.

Auf regionaler und internationaler Ebene engagiert sich Deutschland im Rahmen seiner Menschenrechtspolitik und der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU für die aktive Nutzung und Weiterentwicklung der durch die verschiedenen internationalen

Organisationen geschaffenen Menschenrechtsinstrumente. So konnten vor allem im Rahmen des Europarats, aber auch im VN-Menschenrechtsrat und dem Dritten Ausschuss der VN-Generalversammlung im Bereich der Normsetzung und der Entwicklung neuer Implementierungsmechanismen große Erfolge erzielt werden. Unabhängig von Ebene und Forum bleibt die Durchdringung aller Politikbereiche mit einem Menschenrechtsansatz als Querschnittsthema (sogenanntes „Mainstreaming“) Aufgabe und Instrument deutscher Menschenrechtspolitik. Die Bundesregierung setzt sich auch in den internationalen Organisationen dafür ein, einen „menschenrechtsbasierten Ansatz“ durchzusetzen.

Akteure

Staaten und Staatengruppen

Auch wenn die Menschenrechte weiterhin in erster Linie Staaten und ihre Funktions-träger verpflichten, ist das Feld der in die Schaffung und Umsetzung menschenrechtlicher Verpflichtungen einzubeziehenden Akteure wesentlich weiter.

So beeinflussen Staatengruppen in besonderem Maße die Willensbildungsprozesse. Neben vielen verschiedenen Regional- und Interessengruppen (z. B. Regionalgruppen der VN, die Afrikanische Union, der Verband Südostasiatischer Nationen, die Organisation der Islamischen Zusammenarbeit) hat sich hier vor allem die EU als kohärenteste Staaten-gruppe herausgebildet. Angesichts einer vor allem in den VN-Gremien zunehmenden Blockbildung bildet ein Hinwirken auf transregionale Zusammenarbeit eine besondere Herausforderung. Vor diesem Hintergrund engagiert sich die EU z. B. im VN-Menschen-rechtsrat für eine regelmäßige Zusammenarbeit mit Staaten anderer Regionalgruppen.

Nichtregierungsorganisationen (NRO), Kirchen und andere religiöse Akteure, politische Stiftungen, Gewerkschaften, nationale Menschenrechtsinstitutionen sowie einzelne Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger

Ebenso wie in der Innenpolitik sind Nichtregierungsorganisationen (NRO), Kirchen und andere religiöse Akteure, politische Stiftungen, Gewerkschaften, nationale rechtsinstitutionen sowie einzelne Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschen-rechtsverteidiger wichtige Akteure und Partner deutscher Menschenrechtspolitik, indem sie mahnen, unterstützen oder kritische Impulse bei der Entwicklung menschenrechts-politischer Positionen geben. Mit der Einbringung ihrer profunden Fachkenntnis und ihrer – sich häufig aus unmittelbarer Betroffenheit ergebenden – Nähe zu menschen-rechtlichen Problemen fördern sie das Bewusstsein für menschenrechtliche Ansätze, stärken Rechenschaftslegung und Transparenz des staatlichen Handelns und bereichern

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den menschenrechtlichen Diskurs. Darüber hinaus leisten NRO und nationale Menschen-rechtsinstitutionen einen festen und umfassenden Beitrag zur Menschenrechtsarbeit bei-spielsweise durch Konsultationen im Vorfeld menschenrechtlicher Entscheidungs- und Ver-handlungsprozesse. Deutschland setzt sich insbesondere im Rahmen der VN und der OSZE seit langem für den Ausbau dieser unverzichtbaren Beteiligungsrechte ein und verweist auf die bedeutende Rolle der Zivilgesellschaft bei der Umsetzung von Menschenrechten.

International tätige Wirtschaftsunternehmen

Auch international tätige Wirtschaftsunternehmen wirken durch ihre Tätigkeit und die Verantwortung für ihre Beschäftigten mittelbar an der Umsetzung von Menschen-rechtsstandards mit. Die im Jahr 2011 vom VN-Menschenrechtsrat verabschiedeten Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte („UN Guiding Principles on Business and Human Rights“, sogenannte „Ruggie Principles“) zur menschenrechtlichen Ver-antwortung von Unternehmen definieren einen über die gesellschaftliche VerVer-antwortung von Unternehmen hinausreichenden Aktionsrahmen zur Wahrung von Menschen-rechten, der derzeit von einer Reihe von Staaten, darunter Deutschland, unter anderem in nationalen Aktionsplänen umgesetzt wird. Für die Wirtschaftsunternehmen gilt das Prinzip „keine Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen, Achtung der Menschen-rechte im eigenen Einflussbereich“. Relevante Felder sind dabei unter anderem das Verbot von Kinderarbeit, die Einhaltung von Arbeitsstandards der „Internationalen Arbeitsorganisation“ („International Labour Organization“ – ILO), die Geschlechter-gleichberechtigung, Nicht-Diskriminierung und die Beachtung der Menschenrechtsver-pflichtungen bei der Ausfuhr von Rüstungsgütern. Die Bundesregierung begrüßt und unterstützt Initiativen der Wirtschaft und unternehmerisches Engagement zur Erfüllung menschenrechtlicher Vorgaben und Ziele. Die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen („Corporate Social Responsibility“ – CSR) in ihrem Kerngeschäft sowie die unternehmerische Sorgfaltspflicht („due diligence“) sind dabei wichtige Konzepte zur Stärkung der menschenrechtlichen Dimension der Globalisierung.

Die Richtlinie 2014/95/EU bildet für die Europäische Union den maßgeblichen, ver-bindlichen Rechtsrahmen für die Unternehmensberichterstattung, wonach vom An-wendungsbereich der Richtlinie erfasste große Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Mitarbeitern unter anderem über die Achtung der Menschenrechte be-richten müssen. In Deutschland ist dies aufgrund des „CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes“

seit dem Jahr 2017 der Fall. Ferner geben die Leitsätze für multinationale Unternehmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), der „Global Compact“ der VN, die weltweit umfassendste freiwillige Initiative zur Förderung unter-nehmerischer Verantwortung, und die Vereinbarung von CSR-relevanten Verhaltens-kodizes für international tätige Wirtschaftsunternehmen den Orientierungsrahmen vor.

Erarbeitung eines rechtsverbindlichen internationalen Instruments zur Regulierung der menschenrechtlichen Haftbarkeiten von Unternehmen („Treaty-Prozess“)

Im Jahr 2014 haben Ecuador und Südafrika im VN-Menschenrechtsrat eine „Open-Ended Intergovernmental Working Group on Transnational Corporations and Other Business Enterprises with Respect to Human Rights“ (IGWG) initiiert. Ziel ist die Erarbeitung eines rechtsverbindlichen internationalen Instruments zur Regulierung der menschenrecht-lichen Haftbarkeiten von Unternehmen („Treaty-Prozess“).

Die Bundesregierung agiert im „Treaty-Prozess“ stets eng im EU-Verbund. Die Bundes-regierung und die EU-Delegation nehmen seit 2016 an den jährlich im Oktober statt-findenden Sitzungen kritisch-konstruktiv teil. Trotz gewichtiger Bedenken inhaltlicher und prozeduraler Art hat die EU-Delegation (auch im Namen der EU-Mitgliedstaaten) konstruktive Beiträge geleistet, die eigene Haltung erklärt und Fragen gestellt.

Den seit Sommer 2018 vorliegenden ersten Vertragsentwurf mit konkreten Regelungs-inhalten für ein „verbindliches Rechtsinstrument“ hat die EU bisher nicht kommentiert.

Die Bundesregierung befindet sich in der Prüfung des Vertragsentwurfs, wie auch diverse EU-Partner und die EU-Institutionen. Aufgrund der im Vertragsentwurf berührten Zuständigkeiten von EU-Mitgliedstaaten und der EU-Kommission („gemischtes Ab-kommen“) bedürfte es für eine Teilnahme an Textverhandlungen eines Verhandlungs-mandats von EU-Kommission und Rat der EU. Die EU kritisiert bislang vor allem die einseitige Fokussierung des Vertragsentwurfs auf transnational agierende statt auf alle, auch staatliche und nationale, Unternehmen sowie eine mögliche Schwächung der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, die der VN-Menschenrechtsrat 2011 im Konsens angenommen hatte und die Grundlage des Engagements der Bundes-regierung im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte – auch des Nationalen Aktions-plans – sind. Der „Treaty“-Vertragsentwurf stellt sein angestrebtes Verhältnis zu den VN-Leitprinzipien nicht klar.

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Kernthemen der internationalen Menschenrechtspolitik

Deutschland setzt sich, häufig mit Partnern innerhalb und außerhalb der EU, für alle Kernthemen der internationalen Menschenrechtspolitik ein, das heißt:

. für bürgerliche und politische Rechte, insbesondere gegen Folter und Todesstrafe sowie zugunsten von Meinungs-, Gewissens-, Religions-, Koalitions- und Ver-sammlungsfreiheit und für den Schutz gegen jede Art von Diskriminierung. Seit dem Jahr 2013 setzt sich Deutschland in den Vereinten Nationen für Fragen rund um den Schutz der Privatheit, insbesondere im Internet, ein;

. für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, insbesondere für die Rechte auf Wasser und Sanitärversorgung, das Recht auf angemessenes Wohnen und das Recht auf Nahrung. Deren Nicht-Gewährung ist potenziell in höchstem Maße krisenträchtig und konfliktträchtig und stellt zugleich einen eklatanten Verstoß gegen die mensch-liche Würde dar. Thematische Schwerpunkte bilden in diesem Bereich deutsche Initiativen zum Recht auf angemessenes Wohnen, zu den Rechten auf Trinkwasser und Sanitärversorgung sowie bei der Umsetzung der Freiwilligen Leitlinien zum Recht auf Nahrung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen („Food and Agriculture Organization of the United Nations“ – FAO);

. für Rechte der Kinder und Jugendlichen, deren vielfach ungesicherter Status sie oft besonders verwundbar macht durch verschiedene Übergriffe, etwa durch sexualisierte Gewalt, Menschenhandel oder Zwangsrekrutierung als Kindersoldaten. Das VN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes von 1989 – mit 196 Vertragsstaaten heute das weltweit anerkannteste Menschenrechtsübereinkommen überhaupt – hat die Rechte von Kindern umfassend und mit weltweitem Geltungsanspruch verankert;

. für Rechte der Frauen, wobei neben massiven Menschenrechtsverletzungen, wie z. B. weiblicher Genitalverstümmelung und im Namen der sogenannten „Ehre“ be-gangene Verbrechen, vor allem die fortdauernde Benachteiligung von Frauen in vielen Lebensbereichen in zahlreichen Ländern der Welt abgebaut werden muss.

Diese Bemühungen sind nicht nur auf die sektorale Frauenpolitik beschränkt, sondern zielen vielmehr darauf, Frauenrechtsfragen, ebenso wie die Menschenrechte im All-gemeinen, als Querschnittsthema in allen Politikbereichen zu etablieren. Auch auf der Grundlage des Aktionsplans der Bundesregierung zur Umsetzung der Resolution 1325 des VN-Sicherheitsrats zu Frauen, Frieden, Sicherheit für den Zeitraum 2017 bis 2020 unterstützt Deutschland gemeinsam mit den EU-Partnern die VN bei ihren Anstrengungen für ein umfassendes „gender mainstreaming“. Resolution 1325 sieht neben dem verbesserten Schutz von Frauen vor sexualisierter Gewalt in Konflikten auch eine stärkere Mitwirkung von Frauen in allen Phasen eines Friedensprozesses vor. Der erste „Nationale Aktionsplan zur Umsetzung von Resolution 1325 des

Sicherheitsrats der Vereinten Nationen“ für den Zeitraum 2013 bis 2016 gab einen umfassenden und kohärenten Rahmen zur Umsetzung vor. Derzeit setzt die Bundes-regierung den zweiten Nationalen Aktionsplan für den Zeitraum 2017 bis 2020 um.

. für die Wahrung der Rechte von Migrantinnen und Migranten, Asylsuchenden und Flüchtlingen. Die Bundesregierung setzt sich im Rahmen ihrer Außenpolitik sowie in ihrer entwicklungspolitischen Zusammenarbeit und im Rahmen der humanitären Hilfe beispielsweise für die Förderung von Projekten des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) ein, für Stabilisierungsmaßnahmen, bilaterale Unterstützung der wichtigsten Herkunfts-, Erstaufnahme- und Transitländer sowie für eine verstärkte Auslands-kommunikation;

. für die Wahrung der Rechte der Opfer von Menschenhandel, für die die Bundes-regierung im VN-Menschenrechtsrat und im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit der VN-Sonderberichterstatterin für Menschenhandel wirbt;

. für die Rechte von indigenen Völkern, Minderheiten oder von besonders be-nachteiligten Gruppen: Religiös oder ethnisch motivierte Verfolgung oder Be-nachteiligung, Diskriminierung aufgrund von Krankheit (z. B. HIV/AIDS), einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Orientierung oder anderer Merkmale finden vielerorts statt. Die Bundesregierung tritt konsequent für den Grundsatz der Nicht-Dis-kriminierung und die Rechte besonders benachteiligter Personengruppen ein, bei-spielsweise im Rahmen des VN-Menschenrechtsrats, als Gastgeber von internationalen Expertenseminaren und durch die Unterstützung der „Charta der Vielfalt“.

Flucht und Migration

Laut UNHCR waren Ende 2017 68,5 Mio. Menschen weltweit vertrieben, darunter 25,4 Mio. Flüchtlinge und 40 Mio. Binnenvertriebene. Auslöser von Flucht sind beispiels-weise kriegerische Auseinandersetzungen und Verfolgung aus politischen, ethnischen oder religiösen Gründen. Schlechte Regierungsführung, Korruption, Ungleichheit, Diskriminierung, Folgen des Klimawandels, sowie allgemein schlechte wirtschaftliche Rahmenbedingungen sind Beispiele für strukturelle Ursachen, die Flucht und Migration auslösen oder verstärken. Auf den Flucht- und Migrationsrouten drohen diesen Menschen weitere Risiken, etwa bei der Überquerung des Mittelmeers oder in der Hand von kriminellen Schleusern und Menschenhändlern. Um Flüchtlingen und Migrantinnen und Migranten wirksam zu helfen und der Gefahr von Menschenrechtsverletzungen während der Flucht und auf der Migrationsroute zu begegnen, ist enge internationale Kooperation nötig, die Zielländer wie Deutschland ebenso einschließt wie Herkunfts- und Transitländer. Der übergroße Teil von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen findet in Entwicklungsländern Zuflucht. Diese Länder gilt es dabei zu unterstützen, Flüchtlingen

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und Binnenvertriebenen eine menschenwürdige Unterbringung zu ermöglichen und Perspektiven zu bieten. Dies entspricht dem Prinzip der Verantwortungsteilung, die zentrales Element einer wirksamen Flüchtlings- und Migrationspolitik ist.

Die Bundesregierung unterstützt sowohl die Flüchtlinge selbst als auch aufnehmende Staaten. Die Maßnahmen umfassen die Unterstützung von Notunterkünften und Flücht-lingslagern, Bildung und Ausbildung, die Integration der Flüchtlinge in die Aufnahme-gesellschaften und den Arbeitsmarkt, die Bereitstellung von Infrastruktur, Nahrungs-mitteln sowie medizinische und psychosoziale Versorgung. Dabei werden verstärkt auch digitale Ansätze für Informations-, Bildungs- und Vernetzungszwecke eingesetzt.

Daraus ergeben sich auch neue Potentiale, wie zum Beispiel Online-Hochschulbildungs-programme für Flüchtlinge.

Ein Schwerpunkt der internationalen Anstrengungen ist das Vorgehen gegen Flucht-ursachen und unfreiwillige und irreguläre Migration sowie das Schaffen von Zukunfts-perspektiven. Beim Valletta-Gipfel der EU mit afrikanischen Staaten wurde im November 2015 ein Aktionsplan verabschiedet und ein EU-Treuhandfonds Afrika über 4,1 Mrd. EUR aufgelegt, um in afrikanischen Herkunftsländern wirtschaftliche Perspektiven zu schaffen, Stabilität und Entwicklung zu fördern und Migrationsmanagement zu verbessern. Im Rahmen der Londoner Syrienkonferenz im Februar 2016 wurden insgesamt 12 Mrd. US-Dollar zugesagt, wobei Deutschland mit 2,3 Mrd. Euro der größte Einzelgeber war. Auf dem Humanitären Weltgipfel im Mai 2016 in Istanbul wurde die Aufstockung des VN-Nothilfefonds (CERF) auf 1 Mrd. US-Dollar sowie ein besseres Ineinandergreifen von humanitärer Hilfe, Krisenprävention, Stabilisierung und Entwicklungszusammenarbeit beschlossen. Ziel war es, die bessere Planbarkeit bei der Reaktion auf Krisen und damit ein Ende von ad-hoc-Reaktionen zu erreichen.

Im September 2016 beteiligte sich Deutschland aktiv am Flüchtlings- und Migrations-gipfel der Vereinten Nationen und unterstützte die Vorschläge des VN-Generalsekretärs für Vereinbarungen zu einer fairen internationalen Teilung der Verantwortung für Flücht-linge und für eine reguläre und geordnete Migration. Ergebnis des VN-Gipfels zu Flucht

Im September 2016 beteiligte sich Deutschland aktiv am Flüchtlings- und Migrations-gipfel der Vereinten Nationen und unterstützte die Vorschläge des VN-Generalsekretärs für Vereinbarungen zu einer fairen internationalen Teilung der Verantwortung für Flücht-linge und für eine reguläre und geordnete Migration. Ergebnis des VN-Gipfels zu Flucht

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