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5 Analyse

5.8 Fallstudien  Außenraum

5.8.2 Bürogebäude

Hochhäuser mit Büronutzung erlauben dem Bürger zwar nur selten mehr als einen Zugang zum Foyer, jedoch präsentieren solche Gebäude über ihre Fassade ein weithin sichtbares Bild des Eigentümers im Stadtraum. Der Commerzbank Tower in Frankfurt von 1997 und der Dexia Tower in Brüssel von 2006 als Hauptquartiere zweier europäischer Banken re-präsentieren dabei einen Vergleich für den Finanzsektor (Abbildung 37).

Der Commerzbank Tower mit 259 Metern Höhe bildet in der Frankfurter Innenstadt mit mehreren weiteren Gebäuden die Zentrale der zweitgrößten Großbank Deutschlands. Als höchstes Gebäude in Frankfurt nimmt er einen dominanten Platz in der Skyline von Frankfurt ein und findet sich demzufolge auf zahlreichen touristischen Fotos sowie auf Unterlagen zum Stadtmarketing wieder. Im Vergleich zu den Grautönen der Metallfassade am Tag wurde das Gebäude in den Bereichen der mehrgeschossigen verglasten Wintergärten und an der Spitze des Hochhauses seit 2000 nachts gelb geflutet. Die Verbindung zur Farbe erfolgte auf einfache Weise über die Farbcodierung in Anlehnung an die gelbe Unternehmensfarbe. Auf Grund der Dimension der farbigen gelben Beleuchtung erscheint dieses Element für die Skyline von Frankfurt in der Fernwirkung relevanter als das gelb leuchtende Firmenlogo.

Wenngleich die Farbcodierung einen unmittelbaren Bezug zur Unternehmensfarbe herstellt und damit den kommerziellen Charakter unterstreicht, betont Ungern-Sternberg in ihrem Bericht über die Commerzbank-Lichtinstallation stark die künstlerische Rolle, wenn sie Thomas Emde als Künstler zitiert: „...wir wollen Gebäude nicht bloß beleuchten, sondern mit dem Licht die Kunst des Baus definieren und eine die Architektur interpretierende Lichtgestaltung entwerfen. Der Anspruch an das Resultat ist ein eigenständiges Kunstwerk. Es ist eine Lichtskulptur, ein Lichtbild der Architektur. In diesem Sinne ist auch die Lichtinszenierung der Frankfurter Commerzbank zu sehen.“ (von Ungern-Sternberg 2000).

Im Gegensatz zu der partiellen gelben Flutlichtbeleuchtung des Commerzbank Towers wirkt der Dexia Tower in Brüssel heller und dynamischer durch seine flächige Fassadenillumination mit farbigen Lichtsequenzen. Als dritthöchstes Gebäude von Brüssel geht von dem Dexia Tower mit 137m im nördlichen Geschäftsviertel Saint-Josse-ten-Noode eine markante Fernwirkung aus. Die Pixel der Medienfassade entstehen bei diesem Hochhaus über beleuchtete Jalousie in den 4200 Fenstern der Fassade. Das Unternehmen Dexia möchte mit dieser Lichtinstallation zu einer Landmarke für Brüssel werden, wie sich der Pressemeldung im Internet mit dem Titel

„Light up the city with Dexia“ entnehmen lässt: „This real-time and collective interaction on an urban scale transforms the Dexia Tower into a new Brussels landmark which presents art to the city.“ (Dexia 2006). Trotz der RGB-LEDs, die für dieses System eine energiesparsame Lösung darstellen, wurde seit 2009 die nächtliche Beleuchtung aus finanziellen Aspekten erheblich reduziert, sodass die Beleuchtung nur 10 Minuten pro Stunde eingeschaltet wird. So lässt sich auf der offiziellen Webseite nachlesen: „Due to the economic and financial crisis, the lighting of the Dexia Tower has been drastically reduced. Between sunset and midnight the tower lights burn only 10 minutes per hour. No new lighting project is planned.“ (Dexia 2012). Die meistens farblich sehr gesättigten Beleuchtungssequenzen führten zu hohen Kontrasten. Die schnelle Abfolge von Lichtszenen erinnerte mitunter an Computerspiele wie Tetris, und es entstand daher ein recht spielerischer Eindruck in Relation zu den differenzierten Farbnuancen in der bildenden Kunst. Die hohe Leuchtdichte führte außerdem dazu, dass von den benachbarten Luxushotels ebenfalls ein bunter Eindruck ausgeht, ohne dass die Eigentümer der Hotels darauf Einfluss nehmen können.

Das österreichische Versicherungsunternehmen Uniqua hat das Element der Medienfassaden bereits an zwei Standorten, zunächst in Wien 2004 und später 2009 in Budapest, zur Definition seines nächtlichen dynamischen Erscheinungsbildes

eingesetzt. Damit wirkt das Gebäude moderner und temperamentvoller als konventionelle Bürogebäude (Tscherteu & Tomitsch 2010). Das Gebäude in Wien verfügt über eine einfarbige Installation aus vertikalen Linien, die stellenweise dekonstruktivistische Bilder erzeugt. Die Medienfassade in Budapest basiert hingegen auf horizontalen Streifen mit Pixelflächen zur Abbildung farbiger Sequenzen mit hoher Bildauflösung.

Folgerungen  

Die ausgewählten Projekte internationaler Unternehmen verdeutlichen, dass Bürogebäude zur Differenzierung gegenüber der Umgebung und zum Aufbau eines markanten Erscheinungsbildes im Stadtraum über farbige Beleuchtung verfügen. Für einen temperamentvollen und modernen Eindruck präsentieren sich einige Unternehmen mit dynamischen farbigen Medienfassaden. Im Vergleich zur sehr bunten und schnellen Medienfassade des Dexia Towers wirkt das Uniqua Gebäude in Wien seriöser und ernster. Die partielle Beleuchtung der Commerzbank vermittelt bei Nacht dagegen einen dezenteren Eindruck als die großflächige Medienfassade des Dexia Towers. Die Wirkung bei Nacht erzeugt bei dem Gebäude in Brüssel durch die kontrastreichen Farben und die Dynamik einen dominanteren Eindruck im Stadtraum als am Tage. Zugleich ergibt sich durch diese Medienfassade die Frage, inwieweit angrenzende Gebäude ein eigenständiges Erscheinungsbild am Abend erreichen können, wenn in der Nachbarschaft eine sehr hohe Leuchtdichte mit kontrastreichen Farben sowie schneller Dynamik existiert.

Greift man die von Bosch (Annette L.M. van den Bosch, Jong & Elving 2005) vorgestellten fünf Punkte für das visuelle Erscheinungsbild auf, so lassen sich bei den erwähnten Bürogebäuden Zusammenhänge für Sichtbarkeit, Besonderheit und Konsistenz mit der Beleuchtung feststellen. In Frankfurt geht die Sichtbarkeit der Marke von dem leuchtenden Unternehmenslogo an der Spitze des Hochhauses aus. Die schnelle farbige Beleuchtung des Dexia Towers erreicht hingegen nicht nur eine Sichtbarkeit des Gebäudes sondern fällt durch die Medienfassade auch als besonderes Bauwerk auf. Den Aspekt der Konsistenz erreicht die Commerzbank durch die Wahl der gelben Beleuchtung, die sich aus dem Unternehmenslogo ableitet. Bei der Dexia Bank mit Blau als Logofarbe bleibt eine eindeutig korrespondierende Farbwahl bei der Medienfassade offen. Damit ergibt sich für die Beleuchtung des Dexia Towers nur ein geringer Grad an Authentizität mit den weiteren Elementen des Corporate Designs. Aus semiotischer Sicht übernimmt die farbige Beleuchtung bei beiden Banken eine wichtige Rolle. Aus der Farbe leitet sich bei der Fassadenbeleuchtung der Commerzbank ein implizites Zeichen mit einem direkten Bezug zum Logo ab im Vergleich zu der Medienfassade des Dexia Towers, der mit einer impliziten Symbolik die Dynamik und Vielfalt abstrakter thematisiert.

a) Commerzbank Hochhaus. Frankfurt, 2000 b) Dexia Tower. Brüssel, 2006 Abbildung 37: Projekte Fallstudien Bürogebäude