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methaphorische Variation zu „Sammeln und Loslassen“

Es geht um einen kleinen Baum.

Ein Bäumchen, das irgendwann erst einmal ein Same war, der auf die Erde fiel, Wurzeln schlug, nach einiger Zeit einen Keimling trieb, das erste Blättchen ausstreckte und dann zu einem richti-gen kleinen Baum heran wuchs, die Äste wild durcheinander, in alle Himmelsrichtunrichti-gen rarichti-gend.

Das war die Zeit, in der das Bäumchen den Wind und auch die Sonne genoss, das Leben einfach so nahm und sich keine Gedanken darüber machte, weshalb alles so ist und wie es sich abspielt und warum es so und nicht anders ist.

Als das Bäumchen ein bisschen größer wurde, bemerkte es, dass es in einem Park aufwuchs, der nach ganz bestimmten Regeln geordnet und gepflegt wurde und wo es nicht einfach so drauflos wachsen konnte, sondern, wo es lebensnotwendig war, sich in bestimmte Formen und Figuren einzufügen. Und dass es nicht einfach erlaubt war, dass die Vögel in ihm Nester bauten oder dass es im Herbst die bunten Drachen der Kinder mit seinen Ästen einfing, und dass die Kinder dann

unter Lachen hinaufkletterten, um auf einem starken Ast zu schaukeln. Oder dass man sich beson-ders in die Richtung, wo die Sonne am wärmsten und schönsten und wohligsten schien, ausbreiten konnte, sondern dass man für die Belange von anderen gefällig zu sein hatte.

Die aber hatten ganz andere Wertmaßstäbe, die den Bedürfnissen des kleinen Baums wenig ent-sprachen. Und so rückten eines Tages die Gärtner des Parkes an. Und sie wollten eigentlich nichts Böses, sondern erledigten nur ihre Aufgabe, die sie gelernt hatten und die für sie ganz selbstver-ständlich war. So wurde das Bäumchen vermessen und für zu wild befunden, und sie lehrten das Bäumchen die Richtung, in die es zu wachsen hatte. Dafür beschnitten sie die Äste, so dass es eine ansehnliche Form bekam und sorgten dafür, dass das Bäumchen genau in das gewünschte Bild hinein passte. So tat es der künstlichen Anordnung des Parks keinen Abbruch und folgte einer bestimmten Ästhetik, die es gar nicht verstand. Aber notgedrungen, und später sogar selbstver-ständlich, spielte es mit und verrenkte sich manierlich. Erst einmal waren diese neuen Eingürtun-gen und FixierunEingürtun-gen und BeschneidunEingürtun-gen natürlich unanEingürtun-genehm und das Bäumchen versuchte sich zu wehren, doch das war aussichtslos. Es weinte im Stillen manch harzige Träne, bevor es sich fügte. Und so wurde das Bäumchen größer und größer und wuchs und wurde ein schöner gro-ßer Baum, aber immer geprägt von den Ansichten und Wünschen anderer. Und immer, wenn die Jahreszeit kam, die Bäume herzurichten, zu pflegen- wie man sagte- und zu beschneiden, dann kriegte der Baum wieder seine richtige Fasson.

Doch irgendwann geschah etwas Verwunderliches: Die Herrschaften des Parkes verließen die An-lage, zogen aus, räumten das Feld und trollten sich. Und damit auch die lästigen Gärtner, so dass der Park sich selbst überlassen war. Das Unkraut schoss ganz unverschämt, die Hecken schlugen aus, die Skulpturen kleideten sich kess mit Moos in frechem Grün, die Bäume balgten sich albern auf einer Wiese, die chaotisch von Maulwürfen mit Haufen verziert war. Eine überaus wilde Ge-sellschaft…!

Nur unser Baum, der besonders schön und groß und prächtig war und der auch auf sich achtete, konnte nicht so mittun, wollte auch nicht, hatte höhere Ziele – und das war auch gut so. Und es blieb einige Zeit lang gut so. So entwickelte er einen mächtigen Stamm, dicke, tragfähige Äste und erlebte so einige Sommer und Winter, bis er irgendwann verspürte, dass er doch noch andere Regungen in sich hatte, die er eigentlich gerne mochte, die von ganz früher…

Und da stellte sich die große Frage: Wie kann er diese Stärken wieder nutzen, die so lange ge-schlafen hatten, wie sie wieder zum Leben erwecken? Und wo in der Größe des Baumes waren sie gelagert? In den Blättern, den Ästen, im Stamm, in den Wurzeln? Und wenn man an die vielen Jahresringe denkt, die der Baum inzwischen hatte, waren sie wohl in einem der inneren Ringe ge-wesen.

Und der Baum machte nun Folgendes:

In der Tiefe einer blauschwarzen Nacht, ganz unverständlich, wenn man das von Außen betrachte-te und nicht wussbetrachte-te, worum es ging, drehbetrachte-te er seine Blätbetrachte-ter um, so dass das Unbetrachte-tere nach oben schaute. Das können Sie einfach mal nachvollziehen, indem Sie die Hände umdrehen, das können Sie aktiv machen… Genau… dass Sie die Hände einfach umdrehen, mit den Handflächen nach oben, gut! Und dass der Baum in diese Hände, die er mit seinen Blättern bildete und die aussahen wie Hunderte von kleinen Schalen, diese ganzen bitteren Erfahrungen hinein fließen ließ.

Die Begrenzungen, die ungemäßen Bindungen, die achtlosen Worte der Gärtner, all die geweinten Tränen. All das ließ der Baum in seine Blätter hineinfließen, in die Blätterschalen. Auch die Zwänge und die Fesseln und all die dummen Beschneidungen seiner Kraft und seiner Fähigkeiten und seines ursprünglichen Wachstums. Und seine wehmütigen Gefühle… All das ließ der Baum in seine Blätter hinein fließen, eines Nachts… Und dann, was machte er dann? Er ging in tiefen Schlaf, tiefer als tief… Und vielleicht, ohne dass er es direkt bemerkte, floss noch diese oder jene Träne aus ihm heraus. Die Nacht wurde geheimnisvoll still und der Baum ging zur Ruhe. Da pas-sierte etwas Eigenartiges, ganz von alleine, ohne dass der Baum das machte, das machten die Blät-ter. Es wendeten sich die Blätter ganz von alleine in einer lautlosen Bewegung. Langsame, kleine langsame, ruckartige Bewegungen, die für solche Vorgänge typisch sind: Die Blätter drehten sich wieder in ihre natürliche Position und entleerten sich. Genauso wie Ihre Hände ganz von allein…

anfangen, sich zu drehen, nach innen zu drehen, sich zu wenden, so dass ganz – gut – ganz auto-matisch von alleine der Inhalt heraus fließt.

Und lassen Sie sich Zeit dafür – gut – und drehen sich und drehen sich in der Dunkelheit der Nacht und keiner merkt es. Nur der Baum fühlt ein leichtes Wehen in seiner Krone. So, als ob der Baum tief atmet, so als wenn er die Wurzeln noch tiefer in die Erde streckt und besser Nahrung tanken kann. Und bei jedem Ausatmen erfolgt ein neues kleines Drehen, eine ruckartige Bewe-gung, bei der die Blätter leicht erzittern. Die Hände drehen sich, die eine, die andre, gut, genau.

Gut, und es rutscht heraus. Wenn langsam die Dämmerung kommt und der Morgen graut, die ers-ten Sonnenstrahlen den Baum wieder vorfinden, hat sich etwas getan: Der Baum wirkt üppiger, der Stamm kräftiger, stärker, voluminöser.

Und der erste Vogel der kommt, lässt sich nieder und trällert sein frühes Lied. Er singt dem Baum vom Leben, und der Baum versteht…

49. Wassertropfen

Ich erzähle jetzt eine Geschichte. Ich weiß nicht mehr, von wem ich sie gehört habe… Es ist die Geschichte von einem Wassertropfen… Ein runder, satter, schimmernder Wassertropfen… Prall

und rund… Dieser Wassertropfen bewegt sich so vor sich hin… Schwebt gleichsam horizontal…

Gleichförmig so vor sich hin. Links von ihm befinden sich Wolken und rechts davon irgendwel-che andere Strukturen. Und ich weiß nicht wirklich, welirgendwel-che anderen Strukturen das sind, welirgendwel-che Strukturen sich rechts von dem sich gleichförmig bewegenden Wassertropfen befinden, an denen sich der Wassertropfen vorbeibewegt… Schwebt horizontal an ihnen vorbei, in seiner eigenen Geschwindigkeit… In aller Ruhe…

Dann trifft der Wassertropfen auf ein Staubkörnchen und hüllt es ein… Schwere entsteht und der Tropfen sinkt herab, beginnt herabzusinken… Und folgt der Schwerkraft. Niemand kann den Tropfen vom Fallen abhalten, die Schwerkraft zieht ihn nach unten… Er fällt immer weiter, der Schwerkraft folgend… Links und rechts ziehen die Strukturen an dem Tropfen vorbei, der immer weiter fällt… Rechts davon und links davon ziehen die Strukturen scheinbar nach oben, während der Tropfen immer weiter nach unten fällt und auf ein Signal von mir bleibt der Tropfen stehen…

JETZT… Von hier aus kannst Du fortsetzen… und Dich fragen, ist der Traum Wirklichkeit oder erscheint in der Wirklichkeit ein Traum… Oder ist der Traum gleichsam Wirklichkeit oder ist die Wirklichkeit nur ein Traum… Und du setzt die Bewegung fort in Deiner eigenen Intensität, in Deiner eigenen Geschwindigkeit, in Deine eigene Richtung, so wie Du willst und zu Deinem ei-genen unbewussten Ziel…

Und wie groß ist die Wegstrecke zu diesem festgelegten Ziel, das Dein Bewusstsein gar nicht kennt? Dein Unbewusstes hat aber schon damit begonnen, sich auf den Weg zu machen… Und wie viel Prozent liegen davon noch vor dir? Und was ist der Unterschied zwischen 1% und 1 , 7 viiiiiiiier 9% (sehr langsam gesprochen)… Das Unbewusste weiß genau wohin und wie viel der Wegstrecke noch vor Dir liegt… Aber bewusst ist es nicht wichtig. Und JETZT fällt der Trop-fen weiter hinab, folgt der Schwerkraft, immer weiter hinunter… Und fällt in die Erde hinein…

Dort trifft er auf ein Samenkorn und hüllt es vollständig ein, umschließt es… Und heraus schießt nach oben… ein kleiner grüner Stängel, nach oben sich bewegend, als Fortsetzung von Zuständen der Ruhe… Scheinbar aus dem Nichts, sich fortsetzend, immer weiter…

Das Vertrauen, das aus dem Nichts entsteht, das Vertrauen, das in der Leere bereits unsichtbar enthalten ist… Und wann, wie bald wächst seitlich ein kleiner Seitenast heraus? Und im Winkel entsteht die Knospe, wo vorher nichts war, neues Leben und dann ein Deckblatt weiter oben…

Gibt den Schutz für das Zarte, gibt den Weg frei für das Licht der Sonne… Aus dem Innern schimmern die Farben des Regenbogens und es fühlt sich so an, ja genau so… Und jene Wahr-nehmung bewirkt… Du entfaltest diese Fähigkeit ganz autonom… Bewirkt dieses Gefühl… und Du kannst vergessen, Dich zu erinnern oder Dich erinnern, zu vergessen: Was genau ist die nächs-te Schicht unnächs-ter der Erde?