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KAPITEL 5 : EMPIRISCHE ANALYSEN ZU GRÜNEN GRÜNDERINNEN

5.1 F RAGESTELLUNGEN

Aufgabe dieses Kapitels ist es, auf Basis der in Kapitel 3 und 4 gelegten, theoretischen Grundlagen einen Beitrag zur Beantwortung der in der zweiten und dritten Fragestellung (vgl. Kapitel 1) aufgeworfenen Fragen zu leisten. Dies umfasst die Fragen nach den Entrepreneuren, die Unternehmen gründen, nach den Entwicklungen, die zu einer Gründung führen, und der Rolle, die gesellschaftliche Entwicklungen und soziale Beziehungen im Vorfeld der Gründung spielen. Weiter sind die Unterschiede von Interesse, die zwischen konventionellen und ökologischen Unternehmen sowohl hinsichtlich des Ursprungs der ökologischen Unternehmenspolitik wie auch hinsichtlich ihrer Umsetzung bestehen. Dabei baut die empirische Arbeit auf der Grundüberlegung auf, dass die Grüne GründerIn eben deshalb eine solche ist, weil sie in ihrem Unternehmen bestimmte, in Hinblick auf die Umwelt optimierte Produkte herstellt. Für den hier näher betrachteten Fall der Lebensmittelbranche heißt das, dass die Grüne GründerIn ökologisch zertifizierte Produkte herstellt oder vertreibt. Zur Analyse dienen die folgenden Einzelfragestellungen:

Zunächst sind mögliche Unterschiede zwischen konventionellen Unternehmen und Grünen Gründungen herauszuarbeiten. Hier ist zunächst nach der Breite der Umsetzung einer ökologischen Unternehmenspolitik zu fragen, wie sie sich in der Umweltstrategie und in Initiativen des prozess- und produktbezogenen Umweltschutzes, des Umweltmanagements und der Umweltkommunikation manifestiert. Dabei wäre speziell zu prüfen, ob Grüne Gründungen den Erwartungen an produktbezogene Umweltmaßnahmen in höherem Maße entsprechen als konventionelle Anwender von Umweltmanagementsystemen (vgl.

Kapitel 2) und ob sie ggf. in einem der anderen Bereiche deutliche Schwächen zeigen.

Dass die Grüne GründerIn durch intensive Werbung und Kommunikation eine möglichst weite Verbreitung ihrer Waren im (Massen-) Markt anstrebt, wäre an die Arbeiten von Schaltegger und Petersen (2001) sowie den „erfolgreichen Idealisten“, den Linnanen (2002) beschreibt und der die Welt verbessern und daher ökologische Märkte schaffen will, anschlussfähig. Hinsichtlich der notwendigen starken Veränderungen von Märkten und Konsumstilen hin zu ökologischer Ausrichtung ist demnach zu fragen, ob Grüne GründerInnen eine intensive, produktorientierte Kommunikation betreiben, um einerseits für ihre Produkte zu werben, aber auch, um andererseits über ökologische Produkte insgesamt aufzuklären. Hier ist weiter interessant, inwiefern sich diese Aufwände von denen konventioneller Unternehmen unterscheiden.

Weiter sind die Faktoren der Wettbewerbsfähigkeit sowie der ökonomische Erfolg von ökologisch motivierten Gründungen zu ermitteln. Die Tatsache, dass Petersen (2002) eine Reihe grüner Marktführer - auch auf internationalen Märkten - findet, weist darauf hin, dass Wachstum und Exporterfolg in die Untersuchung als ökonomische Indikatoren einbezogen werden sollten. Weiter wird aber auch nach Gewinn, Wertschöpfung und dem durchschnittlichen Alter des Maschinenparks des Unternehmens gefragt.

Wenn wir eine Reihe von Gedanken der Gründungsforschung, wie sie in Kapitel 3 dargelegt wurde, kombinieren, so ist weiter die Frage nach den Motiven für die Gründung von Bedeutung. Hier ist insbesondere nach nichtmonetären Motiven zu fragen. Aber daneben darf auch das Profitmotiv (Linnanen 2002) erwartet werden, worin Zabel (1999) ein auf Lebensdienlichkeit ausgerichtetes Gleichgewicht von Altruismus und Egoismus sieht. Von Interesse ist es daher, zu prüfen, welchen relativen Stellenwert die nichtmonetäre gegenüber der monetären Motivation der Grünen GründerInnen hat. Für die Befragung von Entrepreneuren ist weiter festzuhalten, dass auch eine Reihe von anderen Motivationen, wie z. B. das Ziel der Selbständigkeit, die Gelegenheit zur Nutzung einer Chance, aber auch die Not, aus der Arbeitslosigkeit ein Einkommen zu erzielen, in der Literatur (vgl. Abschnitt 3.2 und 3.3) erwähnt werden und bei der Untersuchung der Motivationen zur Abgrenzung mit abgefragt werden sollten.

Neben der Frage nach den Gründungsmotiven ist die Frage nach Meinungen und Werthaltungen der GründerIn zu stellen. Diese ist von besonderem Belang im Kontext der Theorie der Unternehmenskultur (vgl. Abschnitt 3.1.7) und hier besonders für die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Meinungen und Werthaltungen der GründerIn bzw. des Managements einerseits und der

erfolgreichen Verankerung dieser Werte in Form einer ökologischen Orientierung des Unternehmens andererseits.

Der Doppelcharakter der Grünen GründerInnen als wirtschaftliche und politische Person wirft weiter die Frage auf, wie weit diese ihre Unternehmensgründung in den politischen Kontext stellen oder ob sie die Gründung letztlich als losgelöst von den politischen Absichten, die zur Gründung führten, betrachten. Es ist zu fragen, ob der Anspruch, an der Verwirklichung einer sozialen Utopie teilzuhaben, aufrechterhalten oder aber aufgegeben wird (Schaltegger und Petersen 2001).

Sowohl dem Entrepreneur (vgl. Abschnitt 3.2.2) wie auch dem homo politicus (Faber et al. 1997) werden eine Reihe von Persönlichkeitseigenschaften wie Handlungsfähigkeit und Tatkraft, Risikobewusstsein und Kreativität, Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit zugeschrieben184. In der Befragung von Entrepreneuren wird daher auch die Frage nach Persönlichkeitseigenschaften gestellt. Als bedeutende, den Erfolg beeinflussende Variable ist aber auch nach Ausbildungsstand und Berufserfahrung in der Branche der GründerIn zu fragen.

Aus den sozioökonomischen Arbeiten ergibt sich die Frage nach dem jeweiligen persönlichen und politischen Umfeld, aus dem die GründerIn ihre Ideen und Motivationen zieht und dessen Respekt sie – zumindest implizit - anstrebt. Hier ist der Gedanke von Casson, dass gerade der Respekt des persönlichen Umfeldes einen wesentlichen Erfolgsfaktor darstellen kann, sowie der Gedanke von Barnett (vgl.

Abschnitt 3.1.8.2), dass die zur Gründung führenden Ideen letztlich ihren Ursprung in der Kultur haben müssen, in der die GründerIn lebt, von Bedeutung. Konkret zu untersuchen wäre die Verbindung zwischen Grünen GründerInnen und der politischen Umweltbewegung. Nach Siebenhüner (2001) würde die Sozialisation zukünftiger Grüner GründerInnen in der Umweltbewegung sowohl Betroffenheitsgefühl als auch Verantwortungslernen fördern und daneben geeignet sein, erhebliches ökologisches Sachwissen zu vermitteln. Die Verbindung zur Umweltbewegung sehen auch Schick et al. (2002). Neben der Möglichkeit, dass die Diskussionen und Aktionen umweltpolitischer Gruppen geeignet sind, eine ganzheitliche Zukunftsvision in den Köpfen ihrer Mitglieder zu fördern,185 kann aus

184 Es folgt aus der Kritik der Arbeiten zu psychischen Persönlichkeitseigenschaften allerdings, dass ein Rückschluss aus dem Vorhandensein solcher Eigenschaften auf die Eignung zum Entrepreneur kaum zulässig ist.

185 Dies mag auch deshalb interessant erscheinen, weil breite Bereiche der Umweltmanagementliteratur zwar Visionen und eine visionäre Unternehmensleitung fordern, aber letztlich regelmäßig offen bleibt, woher denn die ökologischen Visionen stammen und wo sie ihren

den Arbeiten von Faltin (1998) und Ripsas (1997) abgeleitet werden, dass aus der konkreten Lebensvision der Umweltbewegten auch eine Reihe von Gründungsideen mehr oder weniger direkt ableitbar sind. Zu fragen wäre dementsprechend in den Fallstudien nach der Genese der Gründungsideen und den beeinflussenden Faktoren, wie sie die jeweiligen GründerInnen selber sehen.

Durch die Frage nach Netzwerkstrukturen und Kooperationspartnern in der Gründungsphase, aber auch während der weiteren Existenz des Unternehmens, wird anhand der drei Fallstudien weiter untersucht, inwieweit sich in der Gemeinschaft der Umweltbewegten auch die zukünftigen KundInnen der Produkte finden und welche anderen externen Unterstützungsstrukturen für Gründung und Betrieb des Unternehmens von Belang sind.

5.2 Die Auswertung der Studie Wettbewerbsfähigkeit