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Auswirkungen unterschiedlicher Dehnarten auf Funktion und Struktur des Muskel-

2. Theoretische Grundlagen

2.4. Aktueller Stand der Literatur

2.4.4. Auswirkungen unterschiedlicher Dehnarten auf Funktion und Struktur des Muskel-

Die unterschiedliche Wirkung von statischem und dynamischem Dehnen untersuchte ein amerikani-sches Forscherteam rund um Herda et al. (2008). Analysiert wurden das maximale Drehmoment, die EMG- und Mechanomyographie (MMG)- Amplitude des Muskulus bizeps femoris während einer MVC der Beinbeugemuskulatur. Das maximal erreichbare Drehmoment wurde in vier verschiedenen Win-kelpositionen vor und nach dem Dehnen gemessen. Weiters wurden in jeder Winkelposition zwei MVC-Testungen mit 30 Sekunden Pause zwischen den Wiederholungen und einer neuen Winkelein-stellung durchgeführt. Nach der ersten Testserie wurde je nach Gruppenzuteilung statisch oder dyna-misch gedehnt. Die statischen Dehninterventionen umfassten drei Dehnübungen mit vier Dehnungen von je 30 Sekunden. Die Dehnung wurde am Schmerzpunkt gehalten. Bei der dynamischen Dehninter-vention wurde der Muskel in drei verschiedenen Übungen vier Mal mit einer langsamen Geschwindig-keit 30 Sekunden gedehnt. Zwischen zwölf und fünfzehn Dehnungen wurden in dieser Zeit durchge-führt. Zwischen allen Dehnungen wurde 15 Sekunden pausiert. In einem Kniewinkel von 101 und 81 Grad sank das Drehmoment bei statischen Dehnungen, während dynamisches Dehnen keine Auswir-kungen hatte. Nach dem statischen Dehnen war die Kraftentwicklung in der getesteten Muskulatur verringert, wohingegen beim dynamischen Dehnen keine Veränderung auftrat.

Zusammenfassend kann die Aussage getroffen werden, dass es Unterschiede zwischen statischen und dynamischen Dehnungen gibt.

Konrad, Budini & Tilp (2017) untersuchten die unmittelbaren Auswirkungen zweier Dehnmethoden auf die funktionellen und strukturellen Parameter des Muskel-Sehnen-Apparats. Dabei ging es darum, die Unterschiede von konstantem statischen Winkel-Dehnen und konstantem statischen Drehmoment-Dehnen aufzuzeigen. Die Messungen wurden vor und nach dem Drehmoment-Dehnen durchgeführt und umfassten die maximale Dorsalflexion des Sprunggelenks, eine passive Widerstandmessung, eine MVC und die Analyse der Steifigkeit von Sehne, Muskel und der Kombination aus beiden. Die Dehnintervention star-tete bei 90 Grad Sprunggelenkswinkel und dauerte vier Mal 30 Sekunden. Pausen bis zu 20 Sekunden zwischen den Dehnungen waren möglich. Bei der Methode mit gleichbleibendem Winkel bewegte der

28 Proband/die Probandin das Dynamometer selbst zu 95 Prozent des zuvor bestimmten maximalen Dor-salflexionswinkels. Bei der Variante mit dem gleichbleibenden Drehmoment wurde der Proband/die Probandin angehalten, den Widerstand auf 95 Prozent des zuvor maximal erreichten Wertes zu brin-gen und diesen durch ständiges Anpassen des Winkels während der Dehndauer von 30 Sekunden zu halten. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass beide Varianten zu einer signifikanten Erhöhung des Bewegungsumfangs im Sprunggelenk führten. Jedoch zeigte die Methode mit dem gleichbleibenden Drehmoment erheblich größere Veränderungen. Weiters führten beide Methoden zu einer Verringe-rung des passiven Widerstandes, der Muskel-Sehnen-Steifigkeit und der Muskelsteifigkeit an sich. Be-züglich der Daten des passiven Widerstandes fielen die Veränderungen bei der Methode mit dem gleichbleibenden Drehmoment signifikant höher aus. Es gab keine auffallenden Unterschiede zwischen den Dehnmethoden bezüglich der MVC und der aktiven Sehnen-Steifigkeit. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass beide Methoden zur Verbesserung der Bewegungsamplitude und Minimierung des passiven Widerstandes beitragen. Auch die Muskel-Sehnen- und Muskelsteifigkeit nehmen ab.

Den Ergebnissen dieser Studie zufolge ist es zielführender, den passiven Widerstand im Gewebe wäh-rend des Dehnens auf demselben Niveau zu halten.

Die australischen Wissenschaftler McNair et al. (2000) gingen der Frage nach, ob die Wirkung von sta-tischen Dehnungen und kontinuierlichen passiven Bewegungen in Bezug auf Steifigkeit und Wider-standsverringerung bei einer Dorsalflexion im Sprunggelenk unterschiedlich war. Die maximale Beweg-lichkeit der Probanden/Probandinnen wurde eine Woche vor den Testungen bestimmt. Am Testtag wurde bei der passiven Testung das Sprunggelenk mit einer Winkelgeschwindigkeit von fünf Grad pro Sekunde bis 80 Prozent der maximalen Dorsalflexion bewegt. Vier Testtermine wurden innerhalb von vier Wochen immer am selben Tag und zur selben Uhrzeit durchgeführt. Die Tests erfolgten in zufälli-ger Reihenfolge. Folgende Testvariationen wurden durchgeführt: 60 Sekunden statisches Dehnen, zwei Mal 30 Sekunden statisches Dehnen, vier Mal 15 Sekunden statisches Dehnen mit je zehn Sekun-den Pause zwischen Sekun-den Dehnungen oder 60 SekunSekun-den kontinuierliche passive Bewegungen. Es wur-den die ersten zehn Prozent zu Beginn und die letzten zehn Prozent am Ende der Bewegungsdauer analysiert und miteinander verglichen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Steifigkeit in den letzten zehn Prozent der Bewegungsamplitude signifikant höher war als in den zehn Prozent zu Beginn der Bewe-gung. Die Steifigkeit nahm während der kontinuierlichen passiven Bewegung signifikant ab, bei den statischen Dehnungen wurde kein Unterschied gefunden. Bei diesen kam es zu einer signifikanten Ab-nahme des Widerstandes. Es gab einen signifikanten Unterschied zwischen der kontinuierlichen passi-ven Bewegung und den statischen Dehnungen, aber keinen Unterschied im Vergleich der zwei Mal 30 Sekunden, vier Mal 15 Sekunden und den 60 Sekunden Dehnzeiten. Am stärksten sank der Widerstand

29 in den ersten 20 Sekunden der 60 Sekunden Dehnintervention. Bei den wiederholten passiven Bewe-gungen sank der Widerstand während der ersten Wiederholung am stärksten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass kontinuierliche, passive Bewegungen effektiver sind, die Stei-figkeit zu verringern, als statisches Dehnen. Möchte man jedoch eine Verringerung des Widerstandes erzielen, sind statische Dehnungen zielführender.

Konrad, Stafilidis & Tilp (2016) untersuchten die unterschiedlichen Effekte der drei meist genutzten Dehnmethoden. Die drei Methoden sind statisches, ballistisches Dehnen und propriozeptive neuro-muskuläre Fazilitation (PNF). Bei den Messungen vor und nach der Dehnintervention wurden der ma-ximale Bewegungsradius im Sprunggelenk, der passive Widerstand im Gelenk, die maximal willentlich erzeugte Kraft und einige Parameter in Bezug auf den Muskel-Sehnen-Apparat gemessen. Bei der Aus-wertung der Daten konnte gezeigt werden, dass nach allen drei Dehnmethoden die maximale Beweg-lichkeit der Dorsalflexion signifikant anstieg. Der Fiederungswinkel der Muskulatur sank nur bei der PNF-Methode in der maximalen Dehnung, nicht aber in der neutralen Position. Es gab einen signifikan-ten Unterschied der Fiederungswinkel zwischen der statischen und PNF-Methode. Im Vergleich zu den Ausgangswerten verringerte sich der passive Widerstand im maximalen Winkel der Dehnung bei allen Dehnmethoden signifikant. Weiters sank die Muskel-Sehnen-Steifigkeit und die Muskelsteifigkeit bei den Messungen nach den Dehninterventionen. Die maximal erzeugbare Kraft verringerte sich nach der PNF-Dehnintervention. Sowohl statisches, ballistisches als auch PNF-Dehnprogramm vergrößert den Bewegungsradius im Sprunggelenk und verringert die Muskelsteifigkeit. Keine relevanten Unter-schiede zwischen den Dehnmethoden konnten aufgezeigt werden.

Betrachtet man die Ergebnisse der einzelnen Studien, so ist erkennbar, dass es unterschiedliche Aus-wirkungen der Dehnmethoden gibt und jede Methode unterschiedliche Veränderungen hervorruft.

Die Ergebnisse werden in Tabelle 5 zusammenfassend dargestellt.

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Tabelle 4:Überblick über die Ergebnisse der Studien mit dem Schwerpunkt "Geschlechtsspezifität"

Autoren Dehndauer RoM Gewebesteifigkeit Hysterese Gewebelänge

Burgess, sig-nifikant geringer im Verglich zu Männer; nach Dehnen

Tabelle 5:Überblick der Ergebnisse zur Schwerpunkt "Unterschiedliche Dehnarten"

Autoren Dehnmethode und -dauer Gewebesteifigkeit RoM Passiver Widerstand MVC

Herda et al. (2008).

statisch 3 Übungen-4x30 sek vs.

dynamisch: 3 Übungen 4x 12-15 Dehnungen in 30 sek

Max: verringert nach Deh-nung bei 81° und 101°

Durchschnittlich bei 41° und 101° geringer als bei 61° und

81° Me-thoden, aber stärker bei CT

McNair et al.

Statisch vs ballistisch vs PNF je 4x30 sek

31 2.4.5 Weitere Studien mit Ergebnissen in Bezug auf strukturelle Veränderungen im Ge-webe

Das Verhalten viskoelastischer Eigenschaften menschlicher Sehnenstrukturen nach statischen Deh-nungen bzw. wiederholten Muskelkontraktionen wurde von Kubo et al. (2002) untersucht. Die Tests wurden an zwei verschiedenen Tagen mit zwei (maximal vier) Wochen Abstand vor und nach der Dehn- und Kontraktionsintervention durchgeführt. Eine MVC der Wadenmuskulatur wurde untersucht. Dabei sollte die Kraft ansteigend innerhalb von fünf Sekunden auf- und innerhalb von weiteren fünf Sekun-den wieder abgebaut werSekun-den. Der Test wurde zwei Mal mit drei Minuten Pause durchgeführt. Es folgte eine Dehnintervention. Es wurde fünf Minuten bei 35 Grad

Dorsalflexion statisch gedehnt. Anschließend wurden 50 Muskelkontraktionen mit je drei Sekunden Kontraktionszeit und drei Sekunden Erholungszeit durchgeführt. Vor und nach jedem Test bzw. der Dehnintervention wurden die Verände-rungen der Sehne und Aponeurosis des Muskulus gastrocne-mius medialis sowie das erzeugte Drehmoment kontinuier-lich aufgezeichnet. Die Messung der viskoelastischen Be-standteile der Sehne erfolgte direkt nach einer MVC bzw.

Dehnintervention. Die Ergebnisse zeigen, dass der passive Widerstand zu Beginn der Dehnung den Höchstwert er-reichte. Die durchschnittliche Abnahme des passiven Wider-standes betrug 21.1 ± 7.7 Prozent (Abbildung 18). Die Ab-nahme des Maximalwertes der Plantarflexionen betrug 36.3

± 17.2 Prozent. Es gab keinen Unterschied der MVC-Werte vor und nach dem Dehnen. Bei der Kontraktionsintervention gab es eine Tendenz zur Verlängerung der Sehnenstruktur.

Die Sehnensteifigkeit nahm nach den Kontraktionen (-26.6 Prozent) und nach dem Dehnen (-7.9 Prozent) signifikant ab.

Die Hysterese nahm nur nach dem Dehnen signifikant ab. Bei beiden Testmethoden, dehnen oder wiederholt kontrahie-ren, kam es zu einer Reduktion der Steifigkeit des Sehnenge-webes.

Die Ergebnisse dieser Studie lassen darauf schließen, dass Dehnen und wiederholte Kontraktionen die Sehnenstrukturen weicher machen. Bei der oben beschriebenen Arbeit wurde fünf Minuten gedehnt.

Kubo (2000) konnte Sehnenveränderungen zuvor auch nach einer zehn minütigen Dehnung feststellen.

Abbildung 18: (a) Passives Drehmoment wäh-rend fünfminütigem statischem Dehnen;(b) Ver-änderungen im Drehmoment während wieder-holten Muskelkontraktionen, dargestellt als durchschnittliche Absolutwerte für je fünf Kon-traktionen (Kubo et al. (2002))

32 Weir et al. (2005) beschäftigten sich mit der Frage, wie sich der maximale Kraftaufbau nach einer zehn-minütigen Dehnung verhält. Ihr Ziel war es, mechanische Veränderungen in der Muskulatur zu unter-suchen und die Muskelaktivierung nach der Dehnung und die einhergehenden Auswirkungen zu erklä-ren. Bei dem MVC-Test der Wadenmuskulatur war das Knie 90 Grad abgewinkelt. Eine „modified in-terpolated twitch“-Technik wurde verwendet, um zu überprüfen, ob die maximale Kontraktion auch maximal war. Dabei wurde im zehn Millisekunden-Intervall ein-Millisekunden-Impuls in höherer Inten-sität als notwendig an den Nerv tibialis posterior abgegeben. Während einer MVC-Testung wurde der interpolierte Stimulus beim Erreichen eines Maximalwertes bzw. eines Leistungsplateaus aktiviert. Um den Anteil der Motorischen-Endplatten-Aktivierung zu berechnen, wurden die EMG Signale, die wäh-rend der maximalen Werte gemessen wurden, mit denen in Ruhe in Zusammenhang gebracht. Die erste Testserie wurde vor und nach der Dehnintervention durchgeführt. Eine zweite Testserie wurde an die Tests nach der Dehnintervention angehängt, um zu überprüfen, ob verringerte Kräfte durch ein verändertes Längenverhältnis der Muskulatur zustande kamen. Die erste Testserie beinhaltete Mes-sungen des S-Reflexes bei 0 Grad Dorsalflexion, H-Reflexes und der M-Welle bei 20 Grad Dorsalflexion.

Beim S-Reflex handelte es sich um eine passive, vom Dynamometer bei 200 Grad pro Sekunde ausge-führte Bewegung in Richtung Dorsalflexion. Dieser Reflex wurde 15 Mal hintereinander mit fünf-Se-kunden-Pausen getestet. Beim Testen des H-Reflex und der M-Welle wurde der Nerv tibialis posterior mit ein-Millisekunden andauernden Impulsen mit passender Intensität stimuliert, um eine maximale

„Peak-to-Peak“-Amplitude des Muskulus Soleus zu erzeugen. Weiters wurde eine MVC der Waden-muskulatur bei 20 Grad Dorsalflexion durchgeführt. Die zweite Testserie arbeitete mit veränderten, an die Ausgangswerte angepasste Winkel und so wurde die M-Welle und die maximale Kraft in dem Win-kel getestet, in dem dasselbe Drehmoment erzeugt werden konnte als bei den Ausgangsmessungen.

Der S-Reflex wurde über null Grad getestet. Das EMG-Signal der Muskeln Gastrocnemius medialis und Tibialis anterior wurde aufgenommen. Es wurde fünf Mal für 120 Sekunden zwei Grad unter dem indi-viduellen maximalen Bewegungsradius statisch gedehnt. Die Ergebnisse zeigen, dass das Drehmoment nach der Dehnung bei allen Probandinnen signifikant sank. Das Drehmoment der ersten Dehnung war erheblich höher als bei den vier weiteren Dehnungen. Während der vier durchgeführten Dehnungen sank das gemessene Drehmoment bei jeder Dehnung signifikant. Die Werte der MVC waren nach der Dehnintervention eindeutig verringert. Die Werte der MVC der zweiten Testserie nach den Dehnungen waren wesentlich höher als die der ersten Testserie, jedoch nicht signifikant unterschiedlich zu den Ausgangswerten. Weiters wurde keine Veränderung hinsichtlich der Aktivierung motorischer Endplat-ten erkannt. Die Abstände der S-Reflex Amplituden waren nach den Dehninterventionen signifikant kürzer. Nach der Dehnung war das durchschnittliche Reflex-Drehmoment signifikant niedriger und der H-Reflex nahm wesentich ab. Die maximalen Werte des H-Reflexes und der M-Welle wurden durch die Dehnintervention nicht verändert.

33 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass zehnminütiges Dehnen die MVC in der Wadenmuskulatur ver-ringert. Die geringere Kraftentwicklung hängt mit veränderten mechanischen Gegebenheiten, nicht aber mit einer geringeren Aktivierung der Muskulatur zusammen.

Die akuten Auswirkungen einer statischen Dehnung des Muskulus gastrocnemius auf die Muskel-Seh-nen-Steifigkeit untersuchten Hirata, Kanehisa & Miyamoto (2017). Gemessen wurden das passive Drehmoment und der Sprunggelenkswinkel. Außerdem wurde die Muskulatur mittels Ultraschall-Scherwellen-Elastographie und EMG untersucht. Es wurden Tests vor und nach der Dehnintervention durchgeführt. Dabei wurde die Fußhalterung am Dynamometer mit einem Grad pro Sekunde von 40 Grad Plantarflexion bis in die jeweilige individuelle maximale Dorsalflexion bewegt. Drei Zyklen der passiven Sprunggelenksbewegung bis zur maximalen Dorsalflexion wurden durchgeführt, wobei die Daten vom dritten Zyklus zur Auswertung herangezogen wurden. Derselbe Ablauf fand auch nach der Dehnintervention statt. Gedehnt wurde die Plantarflexor-Muskulatur im maximal möglichen Winkel der Dorsalflexion. Die Dehndauer betrug fünf Minuten. Die Dehnintervention führte zu einem signifi-kant vergrößerten maximalen Bewegungsradius im Sprunggelenk. Nach dem Dehnen war der passive Wiederstand zwischen 50 und 90 Prozent des maximalen Bewegungsradius signifikant verringert (Ab-bildung 19). Die Muskelfaserlänge des Wadenmuskels nahm mit größer werdendem Winkel zu, wohin-gegen der Fiederungswinkel geringer wurde (Abbildung 20). Es konnte ein signifikanter Dehndauer-Muskelfaserlänge-Zusammenhang festgestellt werden.

Das passive Drehmoment der Plantar-Flexor-Muskulatur war bei 50 Prozent des maximalen RoM im Vergleich zu den Werten vor der fünfminütigen Dehnung geringer. Nach dem Dehnen war der Shear

Abbildung 20: Darstellung passiver Widerstand während der passiven Dorsalflexion vor (pre) und nach (post) einer fünfminütigen Dehnung; die % des Winkels bezieht sich auf die Pre-Werte der RoM; * signifikanter Unterschied zwischen pre und post (p<0.05) (Hirata, Kanehisa &

Miyamoto (2017))

Abbildung 19: Zusammenhang zwischen Shear modulus und Faszikellänge während passiver Dor-salflexion vor (pre) und nach (post) einer fünfminütigen Dehnung. Die % der Faszikellänge bezieht sich auf die Pre-Werte einer jeden Person.

*signifikanter Unterschied pre-post (p<0.05) (Hirata, Kanehisa & Miyamoto (2017))

34 modulus bei der fixierten Muskelfaserlänge von 80 und 90 Prozent des Bewegungsradius im Vergleich zu den Testungen vor der Dehnung verringert.

Abellaneda, Guissard & Duchateau (2009) untersuchten die Fragestellung, ob Dehnungen unterschied-liche Veränderungen im Gewebe des Wadenmuskels hervorrufen, wenn dessen passive Widerstände verschieden sind. Weiters versuchten sie aufzuzeigen, ob einzelne Veränderungen im Muskel-bzw.

Sehnengewebe eine Verlängerung des gesamten Muskel-Sehnen-Apparats unterschiedlich beeinflus-sen. Dafür wurden die 16 teilnehmenden Personen aufgrund der Ausgangswerte auf zwei Gruppen aufgeteilt. Das Sprunggelenk wurde passiv von zehn Grad Plantarflexion bis 30 Grad Dorsalflexion be-wegt. Die Fußplatte wurde mit zweieinhalb Grad pro Sekunde bewegt, wobei diese alle zehn Grad für 20 Sekunden in der jeweiligen Position stoppte. Am Ende der Dehnintervention führten die Teilneh-mer/Teilnehmerinnen bei null Grad Sprunggelenkswinkel eine MVC der Wadenmuskulatur durch.

Während der gesamten Intervention wurden Winkelverlauf, passiver Widerstand, Ultraschall und EMG des Muskulus gastrocnemius und Soleus aufgezeichnet. Während der MVC wurde die EMG Aktivität des Muskels gemessen. Die Steifigkeit der Muskulatur wurde aus dem Verhältnis Winkel und passiver Widerstand berechnet. Es wurden die Daten zwischen 20 bis 30 Grad Dorsalflexion ausgewertet. Der durchschnittliche passive Widerstand stieg zwischen zehn Grad Plantarflexion und 30 Grad Dorsalfle-xion exponentiell an. Die Verlängerungen des gesamten Muskel-Sehnen-Apparates während der Dehn-intervention wurden durch strukturelle Veränderungen des Wadenmuskels begleitet. Der Fiederungs-winkel der Muskulatur nahm linear ab und die Muskelfasern verlängerten sich. Weiters gab es eine signifikante, im Verhältnis zum veränderten Winkel, lineare distale Verschiebung der Aponeurosis.

Diese Verschiebung bei 30 Grad Dorsalflexion im Vergleich zur neutralen Position bei 90 Grad war im Gastrocnemius signifikant größer als im Soleus. Bei der MVC verkürzten sich die Fasern wesentlich und der Fiederungswinkel wurde größer. Von der Längenveränderung des gesamten Muskel-Sehnen-Ap-parats entfielen 28.2 ± 27.3 Prozent auf die Sehne und 71.8 ± 27.3 Prozent auf das Muskelgewebe. Die Daten der Probanden/Probandinnen zeigten, dass zehn von 16 Personen bei 30 Grad Dorsalflexion einen erheblich geringeren passiven Widerstand aufwiesen. Diese in Gruppe 1 eingeteilte Testperso-nen zeigten auch Ähnlichkeiten bzgl. der morphologischen Parameter, der Länge des Muskel-SehTestperso-nen- Muskel-Sehnen-Apparates bzw. des Verhältnisses der Sehnen- oder Muskelfaserverlängerung. In der zweiten Gruppe (sechs Personen) wurde bei 30 Grad Dorsalflexion eine geringe Verlängerung der Muskelfasern und eine gesteigerte EMG – Aktivierung beobachtet. Weiters wurde bei diesen Testpersonen eine signifi-kante Verlängerung der Muskelfasern während der MVC erkannt. Die Längenveränderungen im Wa-denmuskel zwischen den zwei Gruppen waren unterschiedlich, jedoch gab es keine Unterschiede im Muskulus soleus.

35 Mit zunehmender passiver Dorsalflexion steigt der passive Widerstand und eine kontinuierliche Ver-längerung der Sehne und des Muskelgewebes tritt ein. Bei Testpersonen mit einer geringeren passiven Steifigkeit lässt sich eine geringere Verlängerung der Sehne, und dementsprechend eine vermehrte Verlängerung der Muskelfasern beobachten. Die Längenveränderungen des Muskel-Sehnen-Appara-tes werden vom Verhalten der einzelnen Gewebe beeinflusst.

Die Ergebnisse der in diesem Kapitel zusammengefassten Studien werden in Tabelle 6Tabelle 6 über-sichtlich dargestellt.

36

Tabelle 6: Überblick über die Ergebnisse der Studien mit Schwerpunkt: Veränderungen im Gewebe durch Dehnungen

Autoren Dehndauer Passiver Wider-stand

Veränderungen im

Gewebe MVC Gewebesteifigkeit Hysteresis Ansteuerung und Reflexe

Miyamoto (2017) 5 min Verringert

Muskelfaserlänge

37 2.4.6. Messungen zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Dehnintervention

Magnusson et al. (1996) untersuchten das Verhalten von Muskel-Sehnen-Steifigkeit und Energie in der dynamischen und in der statischen Dehnphase in einem menschlichen Oberschenkelrückseitenmuskel.

Die Energie stellte die berechnete Fläche unter der Kurve dar. Untersucht wurde mittels eines Test-Retest-Protokolls und einer Wiederholungsmethode. Die aufrechte Sitzposition und das etwas höher gelagerte Knie limitierten das Erreichen des maximalen Kniewinkels während der Testungen. Der sta-tische Dehntest wurde in einer zuvor definierten, maximal möglichen Position durchgeführt. In der dynamischen Phase wurde das Bein mit einer Geschwindigkeit von fünf Grad pro Sekunde gestreckt, bis die individuelle maximale Dehnposition im Kniegelenk eines Probanden/einer Probandin erreicht wurde. Diese Position wurde für 90 Sekunden gehalten. Der zweite Test fand 60 Minuten später mit demselben Endwinkel statt. Die Testpausen verbrachten die Testpersonen mit außersportlichen All-tagsaktivitäten. Auch beim Testprotokoll der Wiederholungsmethode wurde zu Beginn die maximal mögliche Kniestreckung erhoben. Zehn Minuten später folgten fünf statische Dehnungen mit einer Dauer von je 90 Sekunden und 30 Sekunden Pausendauer. Nach 60 Minuten wurde eine einzelne 90 Sekunden andauernde Dehnung durchgeführt. Beim Test-Retest-Protokoll wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen dem ersten und dem zweiten Test, weder in der dynamischen noch statischen Phase, gefunden. Im Vergleich der ersten zur letzten Dehnung der dynamischen Phase des Wiederho-lungsmethoden-Protokolls zeigte sich eine signifikante Verringerung der Energie (verringerte Fläche unter der Kurve) und der Steifigkeit im Gewebe. Auch das passive Drehmoment sank signifikant zwi-schen erster und fünfter Dehnung. Keine signifikanten Veränderungen gab es zwizwi-schen der ersten Wie-derholung und dem Retest eine Stunde später.

Fowles, Sale & MacDougall (2000) untersuchten, wie sich kontraktile Elemente nach einer länger an-dauernden maximalen passiven Dehnung verhalten und ob Auswirkungen in der Kraftproduktion er-kennbar sind. Zwei verschiedene Testprotokolle wurden angewandt. Die Tests des ersten Protokolls wurden vor und nach der Dehnintervention innerhalb einer Stunde an mehreren Zeitpunkten

Fowles, Sale & MacDougall (2000) untersuchten, wie sich kontraktile Elemente nach einer länger an-dauernden maximalen passiven Dehnung verhalten und ob Auswirkungen in der Kraftproduktion er-kennbar sind. Zwei verschiedene Testprotokolle wurden angewandt. Die Tests des ersten Protokolls wurden vor und nach der Dehnintervention innerhalb einer Stunde an mehreren Zeitpunkten