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2.4 Immunchemische Methoden

2.4.2 Auswertung eines Immunoassays

Die Abhängigkeit zwischen der gemessenen Extinktion f(x) und der Analytkonzentration x im ELISA lässt sich mit der von Rodbard vorgeschlagenen sigmoidalen 4-Parameter-Formel beschreiben [263]:

=

1 (1)

Je weniger Analyt in der Probe enthalten ist, desto mehr Tracer bindet an die Bindungsstellen des Antikörpers. Die obere Asymptote (A-Wert) entspricht im idealen Fall dem Messsignal bei Abwesenheit des Analyten (s. Abbildung 8). Bei großem Überschuss an Analyten wird die Bindung des Tracers an den Antikörper weitgehend unterbunden, so dass bei hohen Analytkonzentrationen ebenfalls ein asymptotischer Kurvenverlauf vorliegt. Dieser D-Wert nimmt in der Praxis Werte oberhalb von Null an, da ein Teil des Tracers unspezifisch an die Plattenoberfläche adsorbiert. Der Wendepunkt der Kalibrierfunktion wird Testmittelpunkt (C-Wert) genannt, der Parameter B ist ein Maß für die Steigung am Testmittelpunkt.

0 1E-4 1E-3 0,01 0,1 1 10 100

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2

=

Steigung im Test-mittelpunkt B

Testmittelpunkt = C

untere Asymptote = D

OD

Konzentration [µg/L]

obere Asymptote = A

<

Abbildung 8: Kalibrierkurve eines ELISAs mit Veranschaulichung der vier Parameter der sigmoidalen Kalibrierfunktion nach Rodbard.

Nach der Kalibrierung kann die Analytkonzentration in einer Probe über die Messung der optischen Dichte bestimmt werden. Nach Umstellung von Gleichung (1) ergibt sich die Konzentration x in der Probe:

= C 1 (2)

Nachweisgrenze

Für analytische Methoden mit einer linearen Kalibrierkurve gilt laut ICH (International Conference on Harmonisation) folgende allgemeine Definition der Nachweisgrenze (LOD – Limit of Detection) [264]:

mu = 3,3 (3)

: Standardabweichung der Observablen : Steigung der Kalibrierkurve

Diese Definition ähnelt der Definition der Nachweisgrenze nach DIN 32645, die hierfür die dreifache Standardabweichung („3s-Kriterium“) heranzieht. Für den sigmoidalen Kurven-verlauf im ELISA ist diese Definition nicht direkt anwendbar. Aus diesem Grund sind zahlreiche, teils willkürliche Methoden in Gebrauch, die Nachweisgrenze eines ELISAs zu bestimmen [265]. Tatsächlich kann die Definition nach Gleichung (3) in abgewandelter Form auch für den ELISA verwendet werden. Sie ist äquivalent mit der Forderung, dass die Konzentrationsbestimmung mit einer relativen Standardabweichung von maximal 30 % erfolgt [266]. Dieses Kriterium kann über das Präzisionsprofil nach Ekins überprüft werden [267].

Präzisionsprofil

Das Präzisionsprofil beschreibt die Konzentrationsabhängigkeit der Präzision, mit der die Konzentration bestimmt werden kann. Die beim ELISA aus den Messungen der optischen Dichte erhaltene Standardabweichung s kann über eine lineare Approximation in die relative Standardabweichung der Konzentration x umgewandelt werden [267]:

∆x = (4)

Diese Formel reicht im Prinzip aus, um experimentell die Konzentration zu bestimmen, bei der x einen Wert von 30 % annimmt.

Nach Ableitung der Funktion f(x) ergibt sich aus Gleichung (4):

∆x = 2 (5)

Hieraus lassen sich allgemeine Informationen über die Form und Lage des Präzisionsprofils entnehmen. Unter der sicher erfüllten Voraussetzung, dass s nicht beliebig klein werden kann, ergibt sich hieraus, dass ∆x für x → ∞ und x → 0 gegen unendlich strebt. Aufgrund des beidseitig asymptotischen Verlaufs der Kalibrierkurve nimmt das Präzisionsprofil deshalb einen U-förmigen Verlauf an. Dies bedeutet, dass die Präzision sowohl bei sehr kleiner als auch bei sehr hoher Konzentration abnimmt. Daher existiert neben einer unteren auch eine obere Nachweisgrenze.

Für weitere Aussagen über das Präzisionsprofil sind Kenntnisse über die Konzentrations-abhängigkeit von s nötig. Einige interessante Schlussfolgerungen lassen sich ziehen, wenn man die Messunsicherheit der Extinktion näherungsweise als Summe zweier Teile begreift.

Zum einen sind die Anteile zur Messunsicherheit zu berücksichtigen, die bei der Signal-erzeugung im ELISA entstehen. Die letztlich gemessene Signalintensität hängt von der Menge des Tracers ab, die während der Bindungsreaktion vom immobilisierten Antikörper gebunden wird. Hayashi et al. haben gezeigt, dass dieser Beitrag zur Messunsicherheit maßgeblich von der Präzision der Pipetten abhängt und letzten Endes proportional zur Messunsicherheit des Messsignals ist [266]. Dieser Beitrag lässt sich formulieren als Produkt aus relativer Messunsicherheit srelativ und dem Messsignal f(x).

Zum anderen sind die Anteile zu berücksichtigen, die unabhängig von der Bindungsreaktion zwischen Tracer und Antikörper sind. Diese Faktoren können als „Rauschen“ zusammen-gefasst werden. Hierzu zählen zum Beispiel die Messunsicherheit des Photometers sowie das Signal, das durch die unspezifische Bindung von Tracermolekülen an die Oberfläche der Mikrotiterplatte erzeugt wird.

Die gesamte Messunsicherheit s lässt sich demnach formulieren als Summe aus einem absoluten Anteil sabsolut und einem relativen Anteil, der proportional zum Messsignal f ist:

∗ (6)

srelativ und sabsolut sind in der Praxis beide relevant und lassen sich näherungsweise abschätzen. Aufgrund des sigmoidalen Kurvenverlaufs von f(x) ist der zweite Teil dieses Terms, ∗ , bei kleinen Konzentrationen maximal, während er bei großen Konzentrationen gegen Null strebt. srelativ entspricht näherungsweise der relativen Standardabweichung der optischen Dichte bei einer Analytkonzentration von Null, während sabsolut der Standardabweichung bei einer unendlichen Analytkonzentration entspricht.

Nach Einsetzen von Gleichung (6) in Gleichung (5) ergibt sich für den relativen Fehler der Konzentration x:

∆ = 2 (7)

Die grün markierten Terme sind bei niedrigen Konzentrationen vernachlässigbar klein, während dies für den gelb markierten Term bei hohen Konzentrationen zutrifft.

Mit Hilfe dieser Formel lassen sich Präzisionsprofile bei beliebigen Werten für sabsolut und srelativ simulieren. Abbildung 9a zeigt anschaulich, dass eine Reduktion des relativen Fehlers srelativ bei gleichbleibendem sabsolut die Präzision der Konzentrationsbestimmung bei niedrigen Konzentrationen verbessert, während sie bei hohen Konzentrationen annähernd identisch bleibt. Umgekehrt zeigt eine Verringerung von sabsolut bei gleichbleibendem srelativ

im Wesentlichen nur Auswirkungen bei hohen Konzentrationen (s. Abbildung 9b).

Für die Praxis bedeutet dies, dass die untere Nachweisgrenze wesentlich von der Pipettiergenauigkeit abhängt. Auf der anderen Seite kann die obere Nachweisgrenze nicht wesentlich durch eine bessere Pipettiergenauigkeit verbessert werden. Hierfür sind vielmehr absolute Unsicherheitsbeiträge wie die unspezifische Bindung des Tracers an die Plattenoberfläche oder die Detektorgenauigkeit von Belang.

1E-4 1E-3 0,01 0,1 1 10 100

Abbildung 9: Form und Lage des Präzisionsprofils bei simulierter Standardabweichung der Absorption als Summe aus absoluter Standardabweichung sabsolut und Standardabweichung relativ zur OD (srelativ). a) bei einem absoluten Fehler von 0,002 und relativem Fehler von 1 %, 3 %, 5 %; b) bei einem relativen Fehler von 3 % und absolutem Fehler von 0,001; 0,002 und 0,004. Die zugehörige Kalibrierkurve ist grau dargestellt, mit A = 1; B = 1;

C = 0,1 und D = 0.