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4.7 Untersuchung von Gewässerproben

4.7.1 Abwasser

Situation in den sechs Berliner Klärwerken

Aus allen Klärwerken wurden von den Berliner Wasserbetrieben 24-Stunden-Mischproben aus Zulauf und Ablauf bereitgestellt. Abbildung 50 zeigt die Konzentrationen von CBZ und Cetirizin, die in diesen Proben mit ELISA und LC-MS/MS ermittelt wurden. Der CBZ-Gehalt lag in der Regel auf einem relativ einheitlichen Niveau zwischen 1,5 und 2,6 µg/L (LC-MS/MS). Einzig im Klärwerkszulauf Ruhleben wurde mit 5,0 µg/L eine etwa doppelt so hohe Konzentration gefunden. Dieser Wert ist auch deswegen auffällig, weil im Ablauf dieses Klärwerks, der einen Tag später beprobt wurde, eine deutlich niedrigere CBZ-Konzentration von 1,6 µg/L gefunden wurde. Für diese Diskrepanz konnte auch nach Rücksprache mit der Betreibergesellschaft keine unmittelbare Erklärung gefunden werden.

An den beiden Tagen der Probennahme fiel kein bzw. nur geringer Niederschlag (1,6 mm),

so dass eine Verdünnung durch Regenwasser als Grund für den Konzentrationsunterschied auszuschließen ist.

In allen anderen Klärwerken war die CBZ-Konzentration im Ablauf im Durchschnitt um 14 % höher als im Zulauf. Für diesen bereits früher berichteten Befund ist vermutlich die Spaltung des Metaboliten CBZ-N-Glucuronid verantwortlich. Die Höhe der CBZ-Konzentration stimmt gut überein mit früheren Studien des Berliner Abwassers [123].

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ELISA, Zulauf LC-MS/MS, Zulauf ELISA, Ablauf LC-MS/MS, Ablauf

Ruh

Abbildung 50: Der Gehalt an CBZ und Cetirizin wurde in sechs Berliner Klärwerken im Jahr 2010 mit ELISA (n = 2) und LC-MS/MS (n = 1 oder 2) bestimmt. Siehe auch Tabelle 36. Mit Sternchen versehene Proben wurden nicht gemessen. Angegeben sind die Mittelwerte und Standardabweichungen aus n Messungen. Die per ELISA bestimmten Cetirizin-Konzentrationen wurden aus zwei Messungen bei pH 4,5 und pH 10,5 berechnet, die zugehörige Standardabweichung wurde nach der Gaußschen Fehlerfortpflanzung errechnet.

Die Median-Konzentration von Cetirizin in den sechs Klärwerken betrug sowohl im Zulauf als auch im Ablauf 0,36 µg/L (LC-MS/MS). Die ELISA-Ergebnisse deuten im Gegensatz dazu einen ca. 10 %igen Cetirizin-Abbau im Klärwerk an, der allerdings aufgrund der relativ niedrigen Präzision der Methode nicht signifikant sein dürfte. Die Übereinstimmung zwischen ELISA und LC-MS/MS war in den meisten Fällen zufriedenstellend.

Anzumerken ist, dass die mit dem ELISA bestimmten Cetirizin-Konzentrationen wie in Kapitel 4.5.2 beschrieben berechnet wurden. Die Messunsicherheit wurde ebenfalls berechnet, indem nach der Gaußschen Fehlerfortpflanzung die durch beide ELISA-Platten anfallenden Fehlerbeiträge addiert wurden. Hierdurch wird allerdings außer Acht gelassen, dass ein erheblicher Teil der Varianz innerhalb einer ELISA-Platte durch die Plattendrift erzeugt wird, die durch eine geeignete Verteilung von Proben und Kalibratoren weitgehend

neutralisiert werden kann. Diese Kompensation äußert sich zwar in einer deutlich verbesserten Richtigkeit der Analysenergebnisse, gleichzeitig führt sie rechnerisch zu einer höheren Streuung der Messwerte innerhalb einer Platte. Dies erklärt die in Abbildung 50 und in späteren Kapiteln gezeigte relativ hohe Messunsicherheit bei der Bestimmung von Cetirizin mit dem ELISA. Die gute Übereinstimmung zwischen ELISA und LC-MS/MS mag als Indiz dafür gelten, dass die tatsächliche Messunsicherheit deutlich niedriger sein dürfte als berechnet.

Zeitliche Varianz der Analytkonzentrationen am Beispiel des Klärwerks Waßmannsdorf Die zeitliche Variation der Konzentration von CBZ und Cetirizin im Klärwerksablauf wurde am Beispiel des Klärwerks Waßmannsdorf untersucht. Dabei wurden sowohl die Konzentrationsveränderungen innerhalb eines Tages als auch über mehrere Monate hinweg beobachtet.

Von den Berliner Wasserbetrieben wurden zweimal je zwölf 2-Stunden-Mischproben zur Verfügung gestellt, die am 24.3. und 7.4.2010 dem Klärwerksablauf Waßmannsdorf entnommen wurden. An beiden Tagen wurden annähernd konstante Konzentration von CBZ gemessen, wobei zwischen den Ergebnissen von ELISA und LC-MS/MS nur ein geringfügiger Unterschied bestand (s. Abbildung 51a). Der CBZ-Pegel zeigt also nur geringe Schwankungen innerhalb eines Tages, was auch von Nelson et al. berichtet worden ist [112].

Auch in den acht 24-Stunden-Mischproben (s. Abbildung 51b), die vom 24.3. bis 7.4.2010 im Abstand von je zwei Tagen gesammelt wurden, waren die Konzentrationsschwankungen gering. Im beobachteten Zeitraum betrug die Differenz zwischen dem größten Wert (2,6 µg/L) und dem kleinsten Wert (1,9 µg/L) etwa 25 %. An allen Wochentagen wurden ähnliche Konzentrationen gemessen, ein Einfluss des Wochenendes auf die Analytkonzentration konnte damit anders als bei den Markern Benzoylecgonin [356] und medizinischen Kontrastmitteln [109, 111] nicht festgestellt werden. Eine nur geringe wöchentliche Varianz der CBZ-Konzentration im Klärwerksablauf ist auch von Kreuzinger berichtet worden [366].

Darüber hinaus wurden zwischen März und August 2010 mehrmals pro Woche Schöpfproben aus dem Klärwerksablauf entnommen. Aus logistischen Gründen wurden keine Mischproben gesammelt, was aufgrund der geschilderten geringen Varianz im Kurzzeitbereich als wenig problematisch gelten kann. Die Analyse mit dem ELISA ergab im Median eine Konzentration von 2,1 µg/L. Erwähnenswert sind extrem hohe CBZ-Konzentrationen von 4,5 bzw. 4,4 µg/L, die am 16.3. und am darauffolgenden Tag gemessen wurden. Am 22.3. war der CBZ-Pegel mit 3,5 µg/L immer noch deutlich erhöht und erst am darauffolgenden Tag mit 2,4 µg/L etwa wieder auf dem ursprünglichen Niveau.

Diese ungewöhnlichen Werte konnten mit LC-MS/MS bestätigt werden.

Abbildung 51: Aus dem Ablauf des Klärwerks Wmannsdorf wurden 2h-Mischproben (a), 24h-Mischproben (b) und Schöpfproben (c) entnommen. In den Proben wurden per ELISA (n = 2 oder 3) Cetirizin und CBZ bestimmt, weitere Analyten wurden zudem in einigen Proben mit LC-MS/MS (n = 1) quantifiziert. Zu den Ergebnissen von ELISA und LC-MS/MS siehe auch Tabelle 32, Tabelle 33 und Tabelle 37.

Eine Rücksprache mit den Berliner Wasserbetrieben ergab keine ungewöhnlichen Vorfälle im Klärwerksbetrieb sowie keine auffälligen Analyseergebnisse bei den routinemäßig erhobenen anorganischen Messparametern. Die Wetterverhältnisse lieferten ebenfalls keine offensichtliche Erklärung2. Interessant ist an dieser Stelle der Blick auf die Konzentration des Metaboliten DiOH-CBZ, der in den menschlichen Ausscheidungen sowie in Abwässern und Oberflächengewässern in höheren Konzentrationen als CBZ selbst vorkommt. Die Konzentration von DiOH-CBZ blieb im Abwasser über den gesamten beobachteten Zeitraum im Bereich zwischen 2,6 und 3,4 µg/L und stieg auch in den Proben mit auffällig hohen CBZ-Werten nicht an. Auch in der Probe aus dem Klärwerkszulauf Ruhleben, die ebenfalls eine ungewöhnlich hohe CBZ-Konzentration von 5 µg/L aufwies, wurde keine erhöhte Konzentration von DiOH-CBZ festgestellt. Dies legt den Schluss nahe, dass die erhöhten CBZ-Konzentrationen an den fraglichen Tagen nicht durch einen erhöhten Verbrauch an CBZ verursacht wurden.

Eine mögliche Erklärung wäre, dass im Klärwerk aus unbekannten Gründen mehr CBZ-N-Glucuronid zu CBZ umgesetzt wurde als dies normalerweise der Fall ist (s. Kapitel 2.2.4).

Eine vollständige Spaltung des ausgeschiedenen CBZ-N-Glucuronids würde die Konzen-tration von CBZ annähernd verdoppeln und die beobachteten KonzenKonzen-trationsmaxima ließen sich erklären.

Denkbar ist weiterhin, dass nicht mehr benötigte CBZ-Tabletten über die Toilette entsorgt wurden. Für die beobachteten Steigerungen im Klärwerk Waßmannsdorf wären etwa 400 g CBZ pro Tag nötig, was angesichts von Packungsgrößen mit bis zu 120 g auf dem deutschen Markt durchaus möglich, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich wäre.

Ähnlich wie bei CBZ blieb die Konzentration von Cetirizin innerhalb eines Tages und innerhalb einer Woche relativ konstant (s. Abbildung 51), wobei hier wieder die hohe Messunsicherheit des ELISAs sichtbar wurde. Auf die saisonalen Schwankungen der Cetirizin-Konzentration wird in Kapitel 4.7.4 gesondert eingegangen.

Genau wie CBZ war auch die Konzentration der übrigen CBZ-Metaboliten im Klärwerksablauf annähernd konstant. Nur 10-OH-CBZ, der Hauptmetabolit von Ox-CBZ, zeigte deutliche Schwankungen.