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6   Numerische Simulationen

6.5   Ermüdungsversuche

6.5.3   Auswertung der Ermüdungs-Schädigungs-Berechnung

Wie auch für die Versuche unter statischer Last werden die Last-Verformungskurven sowie die Rissbilder des Versuches V16a ausgewertet. Die Auswertung erfolgt nach dem ersten Zyklus und nach idealisierten n = 106 Zyklen.

Aus Bild 6.5-12 wird ersichtlich, dass die Entwicklung der Risse beim ersten Anfahren der Ober- und Unterlast durch die plastischen Dehnungen in ihrer Tendenz beschrieben wird.

Auffällig ist, dass sich im Versuch kleinere Rissabstände eingestellt haben. Diese betrugen lediglich den halben Rissabstand verglichen mit den FE-Berechnungen. Nach 106 Zyklen verbessert sich die Übereinstimmung der Rissbilder. Gut zu erkennen ist, dass sowohl im Versuch wie auch in der FE-Simulation ein Eindrehen der Biegerisse zur Lasteinleitung bzw.

zur Biegelängsbewehrung stattfindet.

Zur verbesserten Simulation des Rissverhaltens sind weitere theoretische und numerische Betrachtungen erforderlich. Diese würden den Rahmen der vorliegenden Arbeit übersteigen.

Für die Umsetzung des Ermüdungs-Schädigungs-Modells anhand V16 wird die Abbildung der Rissentwicklung als ausreichend genau angesehen.

Die Last-Verformungskurve in Bild 6.5-13b zeigt, dass diese Annahme zutreffend ist. Die FE-Berechnung nach n = 106Zyklen ergibt eine Verformung in Feldmitte von wABA = 9,57 mm unter einer Last von FABA = 107,9 kN. Im Versuch stellte sich nach 106 Zyklen eine maximale Verformung wm = 9,62 mm unter der Oberlast Fsup = 108,3 kN ein.

Damit stellt das Ermüdungs-Schädigungs-Modell nach PFANNER ein Werkzeug dar, das Ermüdungsverhalten eines Stahlbetonbauteils ohne Querkraftbewehrung zu simulieren.

V16a 10 Zyklen6 V16a 1. Zyklus

Bild 6.5-12: Rissbilder V16a nach dem ersten Zyklus und nach 106 Zyklen (Versuch und FE-Berechnung)

Die Verwendung der Ober- und Unterspannungen sowie der Schädigungen nach dem 1. Zyklus als Basis der Berechnung nach n Zyklen ist gerechtfertigt, da die Last-Verformungskurve mittels der FE-Analyse beschrieben werden kann. Im Bereich der Oberlast Fsup korrespondieren FE-Berechnung und Versuch sehr gut, im Bereich der Unterlast Finf zufriedenstellend. Dies zeigt Bild 6.5-13a sowie Tabelle 6.5-2.

2

0 4 6 8 10

20 0 40 60 80 100 120

F[kN]

w[mm]

V16a, 10 Zyklen Versuch

0 20 0 40 60 80 100 120

F[kN]

2 4 6 8

V16a, 1. Zyklus ABAQUS

V16a, 1. Zyklus Versuch

w[mm]

b) a)

6

V16a, 10 Zyklen ABAQUS

6

Bild 6.5-13: a) Last-Verformungskurve nach dem ersten Zyklus und b) nach 106 Zyklen (Versuch und FE-Berechnung)

Tabelle 6.5-2: Last-Verformungswerte V16a (1. Zyklus und 106 Zyklen)

Fsup [kN] wsup [mm] Finf [kN] winf [mm] FABA [kN] wABA [mm]

V16a

(1. Zyklus)

108,3 7,7 49,6 4,9 108,9 (sup)

43,2 (inf)

7,6 (sup)

5,1 (inf)

V16a

(106 Zyklen)

108,3 9,62 - - 107,9 9,57

In den Versuchen unter statischer Last zeigte sich ein prozentualer Traganteil der Druckzone von mehr als 75 % an der vorhandenen Querkraft. Dies ergibt sich auch für den Versuch V16a nach 106 Zyklen. Die Druckzone besitzt nach Gl. (6.4-5) bzw. den Kennwerten xII und τ nach Bild 6.5-14 einen Querkraftanteil von Vc,c = 43,3 kN. Das entspricht 80 % der Querkraft V = 0,5∙Fsup = 54,2 kN und bestätigt die gute Tendenz der Ergebnisse.

x»0,75d

-2,5 13 cm

t[MPa]

x

Bild 6.5-14: Schubspannungsverteilung τ in V16a nach der idealisierten Berechnung von 106 Zyklen

6.6 Zusammenfassung

Kapitel 6 umfasst die durchgeführten numerischen Simulationen an statisch und dynamisch belasteten Stahlbetonbalken. Diese sind mit dem FE-Programm ABAQUS/Explicit der Fa. Dassault Systèmes durchgeführt worden. Eingeleitet wird das Kapitel durch eine allgemeine Beschreibung der FE-Methode.

Die numerische Analyse eines Stahlbetonträgers, der an der TUHH geprüft und ausführlich dokumentiert wurde, enthält Kapitel 6.3. Es zeigte sich, dass ABAQUS/Explicit mit dem verwendeten Materialmodell (concrete damaged plasticity) für die durchzuführenden Berechnungen geeignet war. Daher sind die statischen Versuche V1, V2, V11 und V12 mittels ABAQUS abgebildet worden.

Bezüglich des Materialmodells muss beachtet werden, dass die Parameter z. T. nur angenähert bzw. abgeschätzt werden können. So sind die Bruch- bzw. Zerstauchungsenergie (Gf und Gcl) von entscheidendem Einfluss, können aber bislang nur innerhalb von Grenzen angenommen werden (Kapitel 5.2 und Kapitel 6.3.2). Gleiches gilt für die Zugfestigkeit des Betons, die ebenfalls oftmals nicht eindeutig bestimmt werden kann (Kapitel 6.4).

Aus den numerischen Simulationen der 4 statischen Versuche geht hervor, dass die Last-Verformungskurven vor allem im Bereich der Bruchlast gut abgebildet werden können.

Auch in den Rissbildern liegen zufriedenstellende Übereinstimmungen zwischen den Versuchen und den FE-Berechnungen vor. Der Ansatz eines 50 %-igen Abtrags der vorhandenen Querkraft über die Druckzone ist nach den eigenen Versuchen zu konservativ.

Vielmehr bestätigen die FE-Analysen die Beobachtungen und Ergebnisse der Versuche V13 und V17. Diese sprechen der Druckzone den weitaus größten Anteil am Querkraftabtrag von Stahlbetonbauteilen ohne Querkraftbewehrung zu. Basierend auf dem Bemessungsansatz nach NGHIEP [117] wird der Anteil der Druckzone mit mindestens 60 % beziffert.

Für die Untersuchung der dynamischen Versuche ist das Ermüdungs-Schädigungs-Modell, das PFANNER in [119] entwickelt und beschrieben hat, genutzt und in seiner Vorgehensweise erläutert worden. Es erfolgte dann die mathematische Umsetzung des PFANNER’schen

Modells in einer Berechnungsroutine (Matlab). Deren Richtigkeit konnte an einer Parameterstudie gezeigt werden, die auch von PFANNER vorgenommen worden ist. Ziel des Algorithmus war es, die Schädigung Dfat während der Lebensdauer des Bauteils zu errechnen.

Mit ihrer Kenntnis konnte die Materialkennlinie eines jeden Strukturpunktes des FE-Systems (Betonkörper) zum betrachteten Zeitpunkt sowohl im Druck- wie auch im Zugbereich bestimmt werden. Dies geschah mit den Gln. (6.5-27) bis (6.5-34).

Die Anwendung des Ermüdungs-Schädigungs-Modells erfolgte für ein einstufiges Lastkollektiv. Einen Ansatz zur Untersuchung mehrstufiger Lastkollektive liefert [59].

Der Vergleich der FE-Berechnung mit den Versuchen ist anhand V16 der eigenen Versuchsserie V02 geführt worden. Bei V16 handelt es sich um einen Versuch, der erst im 3. Durchlauf versagte. Zwar sind die Oberlasten Fsup sowohl nach dem 1. wie auch dem 2. Durchlauf gesteigert worden, allerdings waren sie innerhalb der Durchläufe konstant, so dass eine konstante Schwingbreite pro Durchlauf vorliegt. Da V16 am Ende des 1. Durchlaufs (106 Zyklen) noch keinen Schrägriss aufwies, ist die Berechnung bei 49,6 % der Lebensdauer, also n/N = 106/2.017.624 = 0,496, durchgeführt worden. Es wurde folgendes Vorgehen gewählt:

Berechnung des 1. Belastungszyklus mit ABAQUS/Explicit → Auslesen der Spannungen und Schädigungen bei Erreichen von Fsup = 108,3 kN und Finf = 49,8 kN → Übergabe der Werte an die Matlab Routine und Berechnung der neuen Materialkennwerte jedes Strukturpunktes

→ Übergabe der neuen Arbeitslinien an ABAQUS/Explicit als neue Eingabedatei → erneute (n = 106 Zyklen idealisierende) statische Berechnung bis zur Oberlast Fsup.

An Versuch V16 konnte gezeigt werden, dass das Ermüdungs-Schädigungs-Modell nach PFANNER [119] ein Werkzeug darstellt, das Ermüdungsverhalten eines Stahlbetonträgers ohne Querkraftbewehrung nach n Zyklen zu simulieren. Die Rissbilder lieferten in ihrer Tendenz eine zufriedenstellende Übereinstimmung, wobei der Rissabstand des Versuches jedoch nur halb so groß wie der in den FE-Berechnungen war. Die Last-Verformungskurve nach 106 Zyklen zeigte in der FE-Analyse hingegen nahezu die Durchbiegung des realen Balkens. Der ausgeprägte Querkraftabtrag über die Druckzone konnte ebenfalls bestätigt werden.

Zu berücksichtigen bleibt, dass die Berechnung in noch stärkerem Masse als in den rein statischen Versuchen von den getroffenen Annahmen abhängt. So seien beispielhaft die Parameter χc bzw. χt oder Δε¯2 und Δε¯3 (vor allem im Zugbereich) erwähnt, die wenig fundiert und vielmehr pragmatisch festgelegt werden. Diese Parameter betreffende Untersuchungen sind, wie von PFANNER [119] berichtet, bislang nur wenige durchgeführt worden.