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Auswahl der in Monitoringprogrammen berücksichtigten Zoonoseerreger und Stufen der Lebensmittelkette

Beispiel 2. In einem weiteren Ansatz, der auf die Rückverfolgung von verdächtigen Lebens- Lebens-mitteln ausgerichtet war, konnten wichtige Erkenntnisse für die Bewertung der verschiedenen

2.3.2 Auswahl der in Monitoringprogrammen berücksichtigten Zoonoseerreger und Stufen der Lebensmittelkette

Eine konkrete Anwendung der verschiedenen Abwägungen mit dem Ziel, Erreger, Lebensmit-telketten und Stufen in der Lebensmittelkette für die Durchführung von Monitoringprogram-men auszuwählen, erfolgte in einem Projekt „DevelopMonitoringprogram-ment of harmonised survey methods for food-borne pathogens in foodstuffs in the European Union“ (Käsbohrer et al., 2010), das im Auftrag der EFSA durchgeführt wurde. In diesem wissenschaftlichen Projekt wurden die Eckpunkte für die Planung und Durchführung von Surveys erarbeitet, die den Mitgliedsstaa-ten helfen sollen, harmonisierte Studien zum Vorkommen von Zoonoseerregern in der Le-bensmittelkette durchzuführen. Hierbei wurden auch die Kriterien herausgearbeitet, die für die Auswahl der relevanten Erreger herangezogen werden sollten. Drei Eigenschaften der Erreger sind hierbei von besonderer Bedeutung,

(1) die Relevanz des Erregers für die öffentliche Gesundheit, (2) die epidemiologischen Eigenschaften des Erregers und (3) der Bedarf an solchen Daten.

Für eine positive Entscheidung, einen Survey durchzuführen, sollte der Erreger zumindest eines der oben genannten Kriterien erfüllen, optimalerweise alle drei. Zusätzlich muss in die

Überlegungen die Machbarkeit einbezogen werden. In Abhängigkeit von der Zielstellung müssen ggf. weitere Kriterien berücksichtigt werden.

Erreger. Bei der Gewichtung der Bedeutung der Erreger im Hinblick auf die Gefährdung der öffentlichen Gesundheit sollten zumindest die Schwere der Erkrankungen und der Anteil To-desfälle, die Häufigkeit dieser Erkrankungen beim Menschen sowie die hieraus resultierenden Kosten berücksichtigt werden. Bei den epidemiologischen Eigenschaften stehen die Ausbrei-tungstendenz (Ansteckungsgrad) des Erregers, insbesondere eine Vielzahl von Krankheitsfäl-len zu verursachen und die Entwicklungstendenz der Krankheitsfälle über die Zeit (z. B. deut-licher Anstieg) im Vordergrund.

Matrix. Generell können einen Vielzahl von Lebensmitteln bei einer Lebensmittel-bedingten Erkrankung des Menschen beteiligt sein. Dies wird auch aus den Berichten zu Ausbruchsun-tersuchungen deutlich (EFSA, 2013; BfR, 2013a). Da aber Ressourcen begrenzt sind und da-her effizient eingesetzt werden müssen, sollte der Schwerpunkt bei der Planung von Surveys auf Lebensmittel gelegt werden, die möglichst exakt die Exposition des Verbrauchers reflek-tieren. Dies trifft in besonderem Maße für verzehrsfertige (ready-to-eat) Produkte zu. Ergän-zend sollten solche Lebensmittel berücksichtigt werden, die häufig bei Lebensmittel beding-ten Ausbrüchen beteiligt sind. Auch Lebensmittel, die häufig oder in großen Mengen verzehrt werden, sind von besonderem Interesse. Vorwissen, dass bestimmte Produkte in besonderem Maße kontaminiert sind, sollte ebenso Berücksichtigung finden. Dagegen können solche Pro-dukte ausgeschlossen werden, die vor der Abgabe an den Verbraucher mit Herstellungsver-fahren bearbeitet werden, die eine sichere Abtötung von mikrobiellen Kontaminationen ge-währleisten. Ein wichtiges derartiges Verfahren ist die Pasteurisierung von Trinkmilch. Auch Lebensmittel, die per se das Überleben oder Wachstum von Kontaminanten nicht unterstüt-zen, können ggf. bei derartigen Studien ausgeschlossen werden. Bekannte Beispiele hierfür sind lang gereifte Hartkäsearten, oder auch lang gereifter Schinken. Derartige generelle Ab-wägungen werden auch in der Festlegung von mikrobiologischen Kriterien, wie in der Ver-ordnung (EG) Nr. 2073/2005 festgelegt, widergespiegelt.

Bei der weiteren Festlegung, welche Lebensmittel oder Tierarten im Detail ausgewählt wer-den sollen, sollte vorhanwer-denes Vorwissen zu wer-den Produktionsstrukturen bzw. zu wer-den Herstel-lungs- und Verarbeitungsprozessen berücksichtigt werden. So muss z. B. entschieden werden, ob jede Tierart und Nutzungsrichtung getrennt oder mehrere Tierarten gemeinsam betrachtet werden sollen, oder ob verschiedene Verarbeitungsschritte eines Lebensmittels unterschiedli-che Risiken beherbergen können. Typisunterschiedli-che Beispiele hierfür sind Überlegungen, ob innerhalb

der Produktgruppe Geflügelfleisch Hähnchenfleisch und Putenfleisch getrennt betrachtet wer-den sollen. Bei Tieren gibt es entsprechend ggf. wer-den Bedarf, innerhalb der Gattung Haushuhn die Produktionsrichtungen Legehennen und Masthähnchen getrennt in solchen Studien zu untersuchen. Betrachtet man verschiedene Prozessschritte, so kann es von Bedeutung sein, Hackfleisch und frisches Fleisch getrennt zu betrachten, da sich Hackfleisch im Kontaminati-onsstatus deutlich von frischem Fleisch, das nicht zerkleinert wurde, unterscheiden kann.

Stufe der Lebensmittelkette. Anschließend muss erarbeitet werden, auf welcher Stufe in der Lebensmittelkette die Probenahme erfolgen soll. Der grundsätzliche Datenbedarf wird bereits durch die Richtlinie 2003/99/EG aufgezeigt. Diese sieht vor, dass die Prävalenz von Zoono-seerregern, die obigen Kriterien erfüllen, in der Lebensmittelkette ermittelt wird. Diese sollen zwischen den Mitgliedsstaaten vergleichbar sein. Aufbauend hierauf soll ein verbessertes Verständnis der Entwicklungstendenzen und der möglichen Quellen von humanen Infektio-nen ermöglicht und Entscheidungen über weitere erforderliche Managementmaßnahmen un-terstützt werden. Die Abschätzung der Exposition des Verbrauchers gegenüber verschiedenen Infektionsquellen ist ein wesentlicher Bestandteil der Risikobewertung.

Bei der Festlegung, auf welcher Stufe der Prozesskette die Probenahme erfolgen soll, sieht Artikel 4 der Richtlinie 2003/99/EG vor, dass dies auf der dafür am besten geeigneten Stufe erfolgen soll. Generell wird der Bereich vor der Lebensmittelgewinnung (pre-harvest) von dem nach der Lebensmittelgewinnung (post-harvest) unterschieden. Als Probenahmeorte kommen generell der landwirtschaftliche Betrieb (Primärproduktion), der Schlachthof, der Verarbeitungsbetrieb und der Einzelhandel in Frage. Prinzipiell könnten auch Großküchen oder andere Abgabestellen für verzehrsfertige Speisen, sowie gezielt Importstellen für Tiere oder Lebensmittel, betrachtet werden.

Die konkret zu bearbeitende Fragestellung einer Studie bzw. des Monitoringprogramms hat direkten Einfluss auf die Wahl des Probenahmeortes. Hierzu zählen:

– Soll die Exposition des Verbrauchers abgeschätzt werden, so sollte optimalerweise das verzehrsfertige Lebensmittel untersucht werden. Da dies nach der Zubereitung von Speisen im Haushalt in der Regel nicht machbar ist, wird im Rahmen von Monitoring-programmen der Eintrag über das rohe Lebensmittel in den Haushalt stattdessen als Maß für die mögliche Exposition abgeschätzt.

– Soll die Prävalenz des Erregers nach einem Prozessschritt abgeschätzt werden, von dem erwartet wird, dass er zu einer deutlichen Veränderung der Keimkonzentration führt, so sollte die Probenahme nach Ablauf des Herstellungsprozesses im jeweiligen Betrieb

er-folgen oder derartig behandelte Lebensmittel in einer nachgelagerten Stufe, z. B. im Einzelhandel beprobt werden.

– Soll der Eintrag aus dem pre-harvest Bereich in den post-harvest Bereich abgeschätzt werden, so erfolgt die Beprobung zu Beginn des Schlachtprozesses. Alternativ kann auch eine Beprobung in der Primärproduktion erfolgen, allerdings bleibt dann der Ein-fluss des Transportes sowie ggf. der Wartephase im Schlachthof mit den möglicher-weise auftretenden Kreuzkontaminationen und dem Einfluss von Stress unberücksich-tigt.

– Soll frühzeitig ein gefährliches Produkt entdeckt werden, so kann dies auf allen Stufen der Prozesskette erfolgen, die Probenahme sollte auch Einfuhren aus Drittländern sowie den europäischen Handel berücksichtigen.

– Soll die Einhaltung von mikrobiologischen Kriterien oder Zielwerten, wie sie im natio-nalen oder Gemeinschaftsrecht festgelegt sind, überprüft werden, so muss die Proben-ahme wie in der Rechtssetzung festgelegt, erfolgen. Für Prozesshygienekriterien ist eine Probenahme im Verarbeitungsbetrieb vorgesehen, für Lebensmittelsicherheitskriterien soll dagegen das Produkt im Einzelhandel ausgewählt und am Ende der Mindesthaltbar-keit untersucht werden.

Für die verschiedenen Probenahmeorte wurden in mehreren Arbeitsbesprechungen mit Exper-ten aus den Ländern jeweils ihre Vor- und Nachteile herausgearbeitet. Tabelle 3 gibt einen Überblick über die Abwägungen, die derzeit der Erarbeitung des jährlichen Zoonosen-Stichprobenplans zugrunde gelegt werden. Ausgewählte Ergebnisse hierzu werden in Kapitel 3.3 beschrieben.

Tabelle 3. Übersicht über Stufen der Lebensmittelkette, die im Zoonosen-Stichprobenplan re-gelmäßig betrachtet werden sollen

Probenahmeort

(Art der Proben) Zielstellung Vorteile Nachteile

Zuchtbetriebe (Tier- und Umgebungs-proben)

Eintrag von Erregern und Resisten-zeigenschaften in die

Prävalenz der Erreger und Resisten-zeigenschaften in der Primärproduk-tion abschätzen

Eintrag in den Schlachthof und damit in die Lebensmittelkette abschätzen

Aufwand hoch wenn extra Besuch erforderlich

Surrogat für die Schätzung der Prävalenz des Erregers in der Pri-märproduktion

Eintrag in den Schlachthof abschät-zen

Daten zum Betrieb lückenhaft

Keine eindeutige Zuordnung zu Haltung in Deutschland möglich

Verschleppung der Erreger auf das Lebensmittel und den Eintrag in die Lebensmittelverarbeitung abschätzen

Probenahme vereinfacht, da amtliches Personal vor Ort

Weitere Verarbeitungsschritte verändern ggf. die Prävalenz

Keine eindeutige Zuordnung zur Tierhaltung in Deutschland mit dem das Lebensmittel in den Haushalt des Endverbrauchers

Es bleibt ggf. unberücksichtigt, ob das Lebensmittel verzehrsfertig ist oder einer Behandlung unterzogen werden soll

Reflektiert nicht die tatsächliche Exposition des Verbrauchers bei

Kontaminationsstatus, mit dem das Lebensmittel in den Haushalt des

Kein regionaler Bezug zur Expo-sition des Verbrauchers

Eintrag durch importierte Waren in die Lebensmittelkette abschätzen

Kontaminationsstatus, mit dem das Lebensmittel in den Haushalt des

Vorwissen zum Zeitpunkt der Importe erforderlich mit dem das Lebensmittel in den Haushalt des Endverbrauchers (oder

Kein regionaler Bezug zur Expo-sition des Verbrauchers

Veränderungen im Keimgehalt bedingt durch Transport und La-gerung werden nicht erfasst