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Ausschluss als Bruthabitat ungeeigneter tiefliegender Bereiche

6.1 Ermittlung von als Bruthabitat für relevante Brutvogelarten geeigneten

6.2.1 Ausschluss als Bruthabitat ungeeigneter tiefliegender Bereiche

Die Tidekurve in der unteren Tideelbe ist durch das Gezeitensignal mit den regelmäßigen Schwan-kungen des 14-tägigen Spring-Nipp-Zyklus geprägt. Neben diesen SchwanSchwan-kungen kommt es zu sto-chastischen Ereignissen, die das Gezeitensignal überlagern. Diese sind vornehmlich durch meteoro-logische Randbedingungen über der Nordsee bestimmt. Winde aus südwestlichen bis nordwestlichen Richtungen bedingen erhöhte Wasserstände, die bei Sturmfluten mehrere Meter oberhalb der astro-nomischen Tide liegen können. Ostwindlagen hingegen können zu einem Absunk des Wasserstandes deutlich unter die gravitationsbedingten Werte führen. Das Mittlere Tidehochwasser (MThw) stellt ei-nen Mittelwert aller Tidescheitelwasserstände aus einem gewählten Betrachtungszeitraum dar. Somit schwanken die Tidescheitelwasserstände um diesen Mittelwert, und Wasserstände über MThw sind häufig.

Dieses wird in Tabelle 6-5 beispielhaft auf monatlicher Basis für einen 10-Jahreszeitraum (2004 – 2013) am Pegel Glückstadt dargestellt. In der Tabelle ist jeweils der niedrigste Pegelstand rot mar-kiert, der während des betrachteten Monats in jedem Jahr überschritten wurde. Im Flussabschnitt Glückstadt wurde der Pegelstand von 185 cm ü. NHN alljährlich im April überschritten. Der Pegelstand von 190 cm ü. NHN wurde in mindestens einem Jahr im April nicht überschritten. Lediglich im Mai 2008 wurde ein Pegelstand von 175 cm ü. NHN nicht erreicht. Im Juni wurden in jedem Jahr mindes-tens einmalig Vorländer unter der Höhenstufe von 210 cm ü. NHN überflutet, im Juli unter 195 cm ü.

NHN.

Das heißt, dass Brutvögel, die Anfang eines beliebigen Monates in der Brutzeit mit der Brut beginnen und rund 30 Tage hochwassergefährdet sind, bei einem Brutplatz auf 175 cm ü. NHN im Mai 2008 zumindest hochwasserbedingt keinen Brutverlust gehabt hätten (vgl. Tabelle 6-5). Sie hätten im Mai 2008 ihre Jungen erfolgreich aufziehen können, wenn keine anderweitigen Gefährdungen (z.B. Präda-toren) wirksam gewesen wären (was eine theoretische Annahme ist). Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass erstens im IstZustand ein Bruterfolg auf einem Gelände der Höhenstufe von 175 180 cm ü. NHN in jedem Monat der Brutzeit in jedem der 10 Jahre ausgeschlossen wäre - außer im Mai 2008. Und zweitens wird deutlich, dass derart tief gelegene Bereiche offensichtlich ohne Belang für eine hinreichende Reproduktion der relevanten Brutvogelarten sind. Da aber ein einmaliger Bruter-folg theoretisch möglich gewesen ist, werden im Flussabschnitt Glückstadt vorsorglich nur Bereiche unter 175 cm ü. NHN als 100 % vorbelastet eingestellt6.

Es wird davon ausgegangen, dass bei 100 % Vorbelastung kein Bruterfolg möglich ist. Höhenstufen, die nicht 100 % vorbelastet sind, werden mit ansteigender Geländehöhe im Ist-Zustand abnehmend häufig überflutet, sind also graduell vorbelastet. Eine 50%ige Vorbelastung ist wie folgt definiert: Ein bestimmter Pegelstand wird im Zeitraum eines Monats innerhalb der Brutzeit in der Hälfte der Jahre des Zeitraumes 2004 - 2013 unterschritten. So wurde im Monat April in 50 % der betrachteten Jahre ein Pegelstand von 215 cm ü. NHN nicht überschritten. Im Monat Mai war dies ein Pegelstand von 220 cm ü. NHN, im Juni und Juli jeweils ein Pegelstand von 240 cm ü. NHN (vgl. Tabelle 6-5). Für die Festlegung eines generellen Wertes der 50%igen Vorbelastung wurde der niedrigste Pegelstand ge-wählt, der in einem der vier Monate in der Hälfte der Jahre nicht überschritten wurde. Dieses ist in diesem Beispiel der Pegelstand von 215 cm ü. NHN. Dies ist eine konservative Vorgehensweise, weil nur in diesem einem Monat der Brutzeit in der Hälfte der betrachteten Jahre ein Bruterfolg theoretisch möglich war. In den anderen drei Monaten der Brutzeit war dies nicht der Fall.

6 Dies ist eine allgemeingültige vereinfachte Betrachtung der Überflutungsgefährdung für alle Arten. Tatsächlich liegt der Brutbeginn nicht grundsätzlich am Monatsanfang und die Gefährdungszeit kann von 30 Tagen abweichen. Somit kann es im Einzelfall einen Bruterfolg geben, wenn eine Vogelart beispielsweise von Mitte April bis Mitte Mai brütet und Überflutungen nur Anfang April und Ende Mai auftreten. Diese artspezifische Betrachtung erfolgt in Kapitel 6.3.4 und in Kapitel 7.

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Tabelle 6-5: Analyse der Tidescheitelwasserstände April - Juli im Zeitraum 2004 - 2013 am Pegel Glückstadt (Anzahl der Tage mit Überflutungen)

Scheitelwasserstand Pegel Glückstadt

Fortsetzung Tabelle 6-5

Erläuterung: Rot unterlegte Zeilen markieren den höchsten Pegelstand, der in jedem Jahr innerhalb des jeweiligen Monats von einem Tidescheitelwasserstand überschritten wurde. Der niedrigste rot markierte Pegel-stand bildet die Grenze der 100%-Vorbelastung.

Orange unterlegte Zeilen markieren den niedrigsten Pegelstand, der in mindestens der Hälfte der Jahre von einem Tidescheitelwasserstand überschritten wurde. Der niedrigste orange markierte Pe-gelstand bildet die Grenze der 50%-Vorbelastung.

Bezogen auf den Pegel Glückstadt ergibt sich eine 100%ige Vorbelastung unterhalb einer Höhenstufe von 175 cm ü. NHN. Alle Höhenstufen unter 175 cm ü. NHN sind im Zeitraum 2004 bis 2013 in den Monaten April, Mai, Juni und Juli mehrfach überflutet. Dies bedeutet, dass in dem betrachteten Zeit-raum 2004 bis 2013 auf Geländehöhen < NHN +1,75 m kein Bruterfolg möglich war. Eine 50%ige Vorbelastung ist bei 215 cm ü. NHN gegeben. Dies bedeutet, dass in dem betrachteten Zeitraum 2004 bis 2013 auf Geländehöhen < NHN +2,15 m in einem Monat (hier April) in der Hälfte der Jahre kein Bruterfolg möglich war.

Da das MThw in der Tideelbe flussaufwärts ansteigt, steigt auch die Überflutungswahrscheinlichkeit auf einer definierten Geländehöhe nach oberstrom hin an. Daher wurde die Bestimmung der oben erläuterten Vorbelastungen für jeden der sechs unterschiedenen Flussabschnitte separat durchge-führt. Die hier betrachtete 100%ige bzw. 50%ige Vorbelastung betrifft nach oberstrom Flächen mit zunehmenden Geländehöhen (Tabelle 6-6):

Tabelle 6-6: Ermittlung der Vorbelastung in den unterschiedenen Flussabschnitten

Flussab-schnitt 100%ige Vorbelastung 50%ige Vorbelastung

ü. NHN] [cm Monat der Unterschreitung [cm

ü. NHN] Monat der Unterschreitung

Glückstadt 175 Mai 2008 215 April

Erläuterung: Ermittlung der Vorbelastung anhand einer 10-Jahresperiode (2004 - 2013). 100%ige Vorbelastung:

Höhenstufe, die in keinem Monat zwischen April und Juli in den 10 Jahren überflutungsfrei blieb.

50%ige Vorbelastung: Höhenstufe, die in einem Monat in der Hälfte der Jahre überflutungsfrei bleibt.

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Eine 100%ige Vorbelastung in den der sechs unterschiedenen Flussabschnitte ist also wie folgt gegeben:

• Flussabschnitt Glückstadt: 100%ige Vorbelastung auf Flächen unter 175 cm ü. NHN

• Flussabschnitt Krautsand: 100%ige Vorbelastung auf Flächen unter 180 cm ü. NHN

• Flussabschnitt Kollmar: 100%ige Vorbelastung auf Flächen unter 180 cm ü. NHN

• Flussabschnitt Grauerort: 100%ige Vorbelastung auf Flächen unter 185 cm ü. NHN

• Flussabschnitt Stadersand: 100%ige Vorbelastung auf Flächen unter 190 cm ü. NHN

• Flussabschnitt Lühort: 100%ige Vorbelastung auf Flächen unter 200 cm ü. NHN

Die Ergebnisse zur Vorbelastung sind in dieser Unterlage kartographisch dargestellt worden. Abbil-dung 6-7 zeigt dies für den Flussabschnitt Glückstadt, die Darstellungen zu den übrigen Flussab-schnitten finden sich im Anhang.

Die Bereiche, die über MThw, aber unterhalb einer 100%igen Vorbelastung liegen, sind in der Abbil-dung 6-7 rot dargestellt, die Bereiche, die eine 100%ige bzw. 50%ige Vorbelastung aufweisen, sind orange dargestellt. Die Einteilung ist strikt nach den oben ermittelten Geländehöhen für die Vorbelas-tung erfolgt. Es wurde nicht berücksichtigt, wie oder ob das Wasser von der Elbe aus die Flächen erreichen kann. Tiefliegende Bereiche, die nicht direkt an der Elbe liegen, sind mit ihr oft durch Priele und Gräben verbunden. Somit können auch uferferne tiefliegende Bereiche dem Tideeinfluss unterlie-gen und stehen bereits unter Wasser, obwohl ufernah z.B. ein ggf. vorhandener höher geleunterlie-gener Uferwall noch nicht überflutet worden ist. Ausnahmen sind lediglich sommerbedeichte Flächen (ca.

Elbe-km 677 und 652). Diese sind dem Tidegeschehen unter mittleren Bedingungen entzogen und gehen erst bei Wind- und Sturmfluten landunter.

Abbildungen zu der natürlichen Vorbelastung in den Flussabschnitten Krautsand, Kollmar, Grauerort, Stadersand und Lühort finden sich im Anhang (Krautsand: Anhangsabbildung 9-1; Kollmar:

Anhangsabbildung 9-2; Grauerort: Anhangsabbildung 9-3; Stadersand: Anhangsabbildung 9-4; Lühort:

Anhangsabbildung 9-5).

Abbildung 6-7: Überflutungsbedingte Vorbelastung im Flussabschnitt Glückstadt Erläuterung: Unterhalb km 680 Absunk des MThw.

Tiefliegende Bereiche im Deichvorland Allwörden (ca. Elbe-km 677) sind bislang von einer sommer-deichartigen Verwallung umgeben (= keine Vorbelastung, kein Einfluss eines vorhabensbedingten MThw-Anstiegs).

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