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Ausschüsse mit Beschlusskompetenz im Recht der gesetzlichen Krankenversi- Krankenversi-cherung

C. Die Bestandsaufnahme: Konfliktlösung bei Verträgen und Beschlüs- Beschlüs-sen der gemeinsamen Selbstverwaltung

III. Dreiseitige Beschlüsse der Selbstverwaltung im System der gesetzlichen Kran- Kran-kenversicherung

3. Ausschüsse mit Beschlusskompetenz im Recht der gesetzlichen Krankenversi- Krankenversi-cherung

Die folgenden Ausführungen sind der näheren Betrachtung derjenigen Ausschüsse im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung gewidmet, die eine echte Beschlusskompetenz haben.

Dabei sollen diese Ausschüsse – insoweit dem Vorgehen im Kontext des Schiedswesens folgend – zunächst chronologisch, d.h. nach Maßgabe ihrer Erwähnung im SGB V – vorge-stellt werden, um später eine Bewertung der „dreiseitigen Beschlüsse“ vornehmen zu kön-nen.

a. Der Bewertungsausschuss nach § 87 SGB V (a) Allgemeines

Eine bedeutende Rolle im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung kommt dem in § 87 Abs. 3 SGB V geregelten und auch in anderen Normen des SGB V in Bezug genomme-nen749 Bewertungsausschuss zu.750 Nach § 87 Abs. 1 S. 1 SGB V vereinbaren die Kassenärzt-lichen Bundesvereinigungen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen als Bestand-teil der Bundesmantelverträge751 einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen752

746 Das gilt etwa für den Gemeinsamen Bundesausschuss oder die Nationale Präventionskonferenz (vgl.

hierzu § 140f Abs. 2 SGB V).

747 Zur Motivation des Gesetzgebers BT-Drs. 490/16, S. 35 ff.

748 So BT-Drs. 490/16, S. 37.

749 Die Aufgaben des Bewertungsausschusses sind im Übrigen vielfältig (vgl. etwa §§ 87a Abs. 5 und 140a Abs. 6 SGB V).

750 Vgl. etwa Altmiks, WzS 2016, S. 9 ff. Zur Beteiligungsfähigkeit des Gremiums und zur Frage des Klage-gegners BSG v. 11.9.2002 – B 6 KA 34/01 R.

751 Hierzu umfassend § 82 SGB V.

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und einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die zahnärztlichen Leistungen – und das tun sie „durch Bewertungsausschüsse“.753 Durch die Regelung des § 87 SGB V, der in den weiteren Absätzen zahlreiche detaillierte Regelungsbefugnisse enthält,754 wird das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Leistungserbringungsrecht verzahnt.755 Die ver-einbarten Bewertungsmaßstäbe sind im ärztlichen und zahnärztlichen Bereich gleichsam der Katalog derjenigen Leistungen, die zum Leistungsumfang gehören; zugleich bilden sie die Grundlage des vertragsärztlichen Vergütungsanspruchs. Die in § 87 SGB V normierten Be-wertungsmaßstäbe dienen aber auch der Steuerung des ärztlichen Leistungsverhaltens: „Die Funktion des EBM erschöpft sich indessen nicht darin, daß in ihm einzelne ärztliche Leistungen unter Be-rücksichtigung medizinischer, betriebswirtschaftlicher und sonstiger Gesichtspunkte bewertet werden. Der den EBM erlassende Bewertungsausschuß ist darüber hinaus berechtigt und verpflichtet, über die Definition und Bewertung ärztlicher Leistungen das Leistungsverhalten der Ärzte steuernd zu beeinflussen… Die dem Bewertungsmaßstab von Gesetzes wegen zukommende Steuerungsfunktion gestattet und erfordert die Einfüh-rung ergänzender Bewertungsformen wie Komplexgebühren und BudgetieEinfüh-rung bestimmter Leistungen, um die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zu fördern oder Verteilungseffekte mit dem Ziel einer angemesse-nen Vergütung zu erzielen… “756

(b) Vereinbarung durch die Bewertungsausschüsse

Die Tatsache, dass die einheitlichen Bewertungsmaßstäbe zwischen den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen „vereinbart“ wer-den, hätte es auf den ersten Blick nahe gelegt, diese Thematik im Kontext des Schiedswe-sens zu erörtern.757 Allerdings erfolgt diese Vereinbarung nach dem Wortlaut des § 87 Abs. 1 S. 1 SGB V „durch Bewertungsausschüsse“, d.h. es ist ein im Gesetz ausdrücklich genanntes Gremium, das durch seine Entscheidung den Inhalt der Verträge „beschließt“. Unbeschadet seiner auch organisationsrechtlichen Verselbständigung hat der Bewertungsausschuss nach dem Gesetz die „Stellung und Funktion eines Vertragsorgans“;758 die Zuständigkeitsverlagerung auf den Ausschuss dient letztlich nur der Schaffung bundeseinheitlicher Vergütungsgrundla-gen für sämtliche Kassenarten.759

Gemäß § 87 Abs. 3 SGB V besteht der Bewertungsausschuss aus jeweils drei von der Kas-senärztlichen Bundesvereinigung sowie vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen be-stellten Vertretern, die alle keine Weisungsfreiheit für sich beanspruchen können.760 Eine konkrete Amtsdauer ist nicht vorgesehen; die Vertreter können von ihren Organisationen also jederzeit abberufen werden.761 Den Vorsitz im Ausschuss führt abwechselnd ein Vertre-ter der Ärzte und ein VertreVertre-ter der Krankenkassen. Nach § 87 Abs. 3e S. 1 SGB V

752 Erfasst werden nach Satz 1 hier auch die Sachkosten.

753 Zu den Details vgl. § 87 Abs. 1 S. 3 ff. SGB V.

754 Vgl. im Übrigen auch § 87a SGB V.

755 So Freudenberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 87 Rn. 37.

756 BSG v. 17.9.1997 – 6 RKa 36/97, Rn. 30 zur verfassungswidrigen rückwirkenden Budgetierung bestimm-ter Leistungen.

757 Hierzu unter C. II.

758 BSG v. 29.9.1993 – 6 RKa 65/91, Rn. 17.

759 BSG v. 29.9.1993 – 6 RKa 65/91, Rn. 17.

760 BSG v. 29.9.1993 – 6 RKa 65/91, Rn. 17.

761 Ausführlich hierzu BSG v. 8.5.1996 – 6 RKa 49/95, Rn. 19.

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schließt der Bewertungsausschuss eine Verfahrensordnung (Nr. 1) sowie eine Geschäftsord-nung (Nr. 2).762 In der Praxis wurden offenbar beide Regelungskomplexe in der „Geschäfts-ordnung des Bewertungsausschusses für die ärztlichen Leistungen nach § 87 Abs. 3e Nr. 1 SGB V“ zu-sammengefasst; dort finden sich Regelungen zu beiden Aspekten. Geregelt wurde etwa die Zahl der Stellvertreter und ihr Teilnahmerecht an den Sitzungen;763 es finden sich aber auch Vorschriften zur Beschlussfähigkeit und Beschlussfassung des Gremiums764 sowie zum Institut nach Maßgabe von § 87 Abs. 3b SGB V.

Die Vorgaben für die Tätigkeit des Bewertungsausschusses sind in § 87 SGB V überwiegend sehr detailliert geregelt, wobei die Absätze 3a bis 3f nach § 87 Abs. 3g SGB V nicht für den für zahnärztliche Leistungen zuständigen Bewertungsausschuss gelten. Die Norm regelt die Zusammenarbeit mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss; maßgeblich ist hier vor allem

§ 87 Abs. 3e S. 4 ff. SGB V,765 aber auch § 87 Abs. 5b SGB V.766 Der Bewertungsausschuss, der gemäß § 87 Abs. 3a SGB V verpflichtet ist, „die Auswirkungen seiner Beschlüsse insbesondere auf die Versorgung der Versicherten mit vertragsärztlichen Leistungen, auf die vertragsärztlichen Honorare sowie auf die Ausgaben der Krankenkassen“ zu analysieren, wird bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben gemäß § 87 Abs. 3b SGB V von einem von den Kassenärztlichen Vereinigungen und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen getragenen Institut unterstützt, das seine Beschlüsse vorbereitet und im Jahr 2009 im Übrigen auch die Geschäftsführung des Bewer-tungsausschusses übernommen hat.767 Finanziert wird dieses Institut über den in § 87 Abs.

3c SGB V geregelten Behandlungszuschlag; über seine Ausstattung und die Einstellung des Personals entscheidet der Bewertungsausschuss gemäß § 87 Abs. 3d SGB V.

Auffallend ist die starke Stellung der Ministerialverwaltung im Kontext von § 87 SGB V:768 Das Bundesministerium für Gesundheit genehmigt nicht nur die Geschäfts- und Verfah-rensordnung des Bewertungsausschusses. Es kann auch Vorgaben zum Inhalt der in § 87 Abs. 3a SGB V normierten Analyse machen und zudem die Einrichtung des Instituts er-zwingen bzw. einen Dritten mit dessen Aufgaben beauftragen.769 Besonders relevant ist in diesem Kontext aber § 87 Abs. 6 SGB V: Danach kann das Bundesministerium für Ge-sundheit an den Sitzungen der Bewertungsausschüsse, des Instituts oder des beauftragten Dritten nach § 87 Abs. 3b SGB V sowie der von diesen jeweils gebildeten Unterausschüssen und Arbeitsgruppen teilnehmen. Ihm sind die Beschlüsse der Bewertungsausschüsse zu-sammen mit den ihnen zugrunde liegenden Beratungsunterlagen und den für die Beschlüsse

762 Zu den konkreten Inhalten vgl. § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 2 SGB V. Hinzu kommt noch eine Finanzie-rungsregelung, die das Nähere zur Erhebung des Zuschlags nach Absatz 3c bestimmt; hier geht es um die Finanzierung des Instituts, das den Bewertungsausschuss unterstützen soll.

763 § 2 der Geschäftsordnung.

764 § 3 der Geschäftsordnung.

765 Gegebenenfalls ist zu klären, ob eine Methode zunächst der Bewertung durch den Gemeinsamen Bun-desausschuss nach § 135 SGB V bedarf. Vgl. insoweit aber auch § 87 Abs. 5b SGB V.

766 Hier geht es um die Anpassung des EBM nach Beschlussfassung durch den Gemeinsamen Bundesaus-schuss.

767 Vgl. zum „Institut des Bewertungsausschusses“ unter https://institut-ba.de. Das Institut hat die Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts; Gesellschafter sind zu gleichen Teilen der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung.

768 Ausführlich zu den Einflussmöglichkeiten des Bundesministeriums für Gesundheit Engelhard in:

Hauck/Noftz, SGB V, § 87 Rn. 413 ff.

769 Vgl. hierzu auch § 87 Abs. 3b SGB V.

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jeweils entscheidungserheblichen Gründen vorzulegen. Innerhalb von zwei Monaten kann das Bundesministerium für Gesundheit die Beschlüsse beanstanden. Im Rahmen der Prü-fung eines Beschlusses vom Bewertungsausschuss kann das Ministerium zusätzliche Infor-mationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Zwei-Monats-Frist unterbrochen. Die Nichtbeanstandung eines Beschlusses kann vom Bundesministerium für Gesundheit mit Auflagen verbunden werden; das Ministe-rium kann zur Erfüllung einer Auflage eine angemessene Frist setzen. Kommen Beschlüsse der Bewertungsausschüsse ganz oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Bun-desministerium für Gesundheit gesetzten Frist zustande oder werden seine Beanstandungen nicht innerhalb einer von ihm gesetzten Frist behoben, kann schließlich nach § 87 Abs. 6 S.

4 SGB V das Bundesministerium für Gesundheit die Vereinbarungen selbst festsetzen.770 Die in diesem Kontext entstehenden Kosten sind nach § 87 Abs. 6 S. 6 SGB V vom Spit-zenverband Bund der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung jeweils zur Hälfte zu tragen.

(c) Der erweiterte Bewertungsausschuss

Das Bundesministerium kann aber – insoweit regelt § 87 Abs. 6 S. 7 SGB V ein alternatives Vorgehen – statt einer Selbstvornahme auch den so genannten erweiterten Bewertungsaus-schuss mit Wirkung für die Vertragspartner anrufen. Dieser setzt nach Satz 8 mit der Mehr-heit seiner Mitglieder innerhalb einer vom Bundesministerium für GesundMehr-heit gesetzten Frist die Vereinbarung fest.771

Der erweiterte Bewertungsausschuss ist in § 87 Abs. 4 SGB V normiert: Kommt im Bewer-tungsausschuss durch übereinstimmenden Beschluss aller Mitglieder eine Vereinbarung ganz oder teilweise nicht zustande, wird der Bewertungsausschuss auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern – oder eben durch Anrufung des Bundesministeriums für Gesundheit – um einen unparteiischen Vorsitzenden und zwei weitere unparteiische Mitglieder erweitert.

Dabei gilt für die Benennung des unparteiischen Vorsitzenden § 89 Abs. 3 SGB V entspre-chend, d.h. gegebenenfalls entscheidet das Los über die Person des Vorsitzenden.772 Jede Seite benennt im Übrigen eines der unparteiischen Mitglieder.773

Für den erweiterten Bewertungsausschuss gilt gemäß § 87 Abs. 5 SGB V das Mehrheitsprin-zip: Er setzt mit der Mehrheit seiner Mitglieder die Vereinbarung fest;774 diese Festsetzung hat nach § 87 Abs. 5 S. 2 SGB V die Rechtswirkung einer vertraglichen Vereinbarung im Sinne des § 82 Abs. 1 SGB V.

770 Zu diesem Zweck können Datenerhebungen erfolgen oder Sachverständigengutachten eingeholt werden;

das unterstützende Institut hat dem Bundesministerium für Gesundheit nach § 87 Abs. 6 S. 5 SGB V

„zuzuarbeiten“.

771 Die Sätze 1 bis 6 des § 87 Abs. 6 SGB V gelten in diesem Fall entsprechend.

772 Ausführlich hierzu C. II. 2. e. Vgl. hierzu auch § 9 der Geschäftsordnung. Während beim regulären Be-wertungsausschuss Beschlussfähigkeit nur gegeben ist, wenn alle Mitglieder bzw. deren Stellvertreter an-wesend sind (§ 3 Abs. 3 der Geschäftsordnung; vgl. aber auch § 4 zum schriftlichen Beschlussverfahren), genügt es beim erweiterten Bewertungsausschuss bei einer erneuten Sitzung (vgl. § 10 Abs. 3 der Ge-schäftsordnung), dass „mehr als die Hälfte der Stimmen vertreten sind.“ Jedenfalls aber müssen der Vorsitzende bzw. sein Stellvertreter und ein weiteres unparteiisches Mitglied anwesend sein.

773 § 87 Abs. 4 S. 3 SGB V.

774 Dabei gilt das Entscheidungsrecht für alle im Gesetz angesprochenen Aspekte (hierzu BT-Drs. 18/4095, S. 95).

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Der erweiterte Bewertungsausschuss kann gemäß § 87 Abs. 2a S. 14 SGB V vom Bundes-ministerium für Gesundheit mit Wirkung für die Vertragsparteien angerufen werden, wenn Beschlüsse des Bewertungsausschusses nicht oder teilweise nicht oder nicht innerhalb einer vom Ministerium gesetzten Frist zustande kommen; § 87 Abs. 2a S. 14 2. HS SGB V be-stimmt: „Absatz 6 gilt“. Jüngst775 hat der Gesetzgeber durch die Ergänzung des § 87 SGB V um seinen Absatz 7 klargestellt, dass „Klagen gegen Maßnahmen des Bundesministeriums für Ge-sundheit nach Absatz 2a Satz 14 und Absatz 6“ keine aufschiebende Wirkung haben. Der erwei-terte Bewertungsausschuss entscheidet also auch dann, wenn eine der Vertragsparteien ge-gen die Anrufung klagt.

Der erweiterte Bewertungsausschuss hat in gewisser Weise schiedsamtsähnlichen Charak-ter,776 allerdings weist die Rechtskonstruktion erhebliche Besonderheiten auf. Letztlich han-delt es sich beim einfachen und beim erweiterten Bewertungsausschuss im rechtlichen Sinne um dasselbe Gremium,777 das lediglich um unparteiische Mitglieder ergänzt wird und dann anderen Regeln der Beschlussfassung – Mehrheitsprinzip statt Einstimmigkeit – unterliegt.

(d) Der ergänzte Bewertungsausschuss; § 87 Abs. 5a SGB V

Im Kontext der spezialfachärztlichen Versorgung nach § 116b SGB V werden die Beschlüs-se zur Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabs zur Vergütung der Leistungen – jedenfalls für eine bestimmte Zeit – durch den so genannten ergänzten Bewertungsaus-schuss gefasst.778 Gemäß § 116b Abs. 6 S. 9 SGB V gilt dies „bis zum Inkrafttreten einer Verein-barung nach Satz 2“, d.h. bis zum Zustandekommen einer VergütungsvereinVerein-barung zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.779 Der Gesetzgeber ist hier offenbar davon ausge-gangen, dass die Vereinbarung längere Zeit in Anspruch nehmen wird.

Gemäß § 87 Abs. 5a S. 1 SGB V werden hierbei sowohl der reguläre Bewertungsausschuss als auch der erweiterte Bewertungsausschuss um jeweils drei Vertreter der Krankenhausge-sellschaft und jeweils um drei weitere Vertreter des Spitzenverbandes Bund der

775 Vgl. Art. 8 Nr. 5 des Gesetzes zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften v. 18.7.2017 (BGBl. I, S. 2757).

776 So auch BSG v. 27.6.2012 – B 6 KA 28/11 R, Rn. 20 („ein in den Normsetzungsvorgang inkorporiertes Schieds-verfahren“). Hierzu auch Rompf, GesR 2003, S. 65 ff.

777 So auch BSG v. 8.5.1996 – 6 RKa 49/95, Rn. 16.

778 Dieser agiert im Übrigen auch im Rahmen von § 87 Abs. 2a S. 14 (Differenzierung der Fälle nach dem Schweregrad bezüglich der Regelungen für die Versorgung im Notfall und im Notdienst) und 15 (Evalua-tion der Entwicklung dieser Leistungen). Diese besonderen Konstella(Evalua-tionen sollen im Rahmen des vor-liegenden Gutachtens außer Betracht bleiben. Allerdings war gerade zu diesem Punkt Ende letzten Jahres eine Entscheidung des erweiterten und ergänzten Bewertungsausschusses erforderlich geworden, die zum 1.4.2017 in Kraft getreten ist (vgl. hierzu nur die Stellungnahme auf der Seite der Deutschen Kranken-hausgesellschaft – dkgev.de: „Mit diesen von KBV und GKV-SV gegen die Bedenken der unabhängigen Schiedsper-sonen festgelegten Vergütungen können die Krankenhäuser aus den hohen Defiziten bei den ambulanten Notfallleistungen nicht herauskommen“, so S. 2 der Pressemitteilung vom 8.1.2016).

779 Zu den verschiedenen „Phasen der Vergütung“ Schröder in: Beck‘scher Online-Kommentar Sozialrecht, § 87 SGB V Rn. 34 sowie Bogan in: Beck‘scher Online-Kommentar Sozialrecht, § 116b SGB V Rn. 50 ff. – dort auch zur bereits erfolgten Umsetzung der Vorgaben des Gesetzgebers.

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sen ergänzt. Der Gesetzgeber wollte hier offenbar die paritätische Besetzung des Gremiums sicherstellen.780 Der reguläre Bewertungsausschuss besteht in diesem Fall demnach aus 12 Vertretern.

Für den erweiterten Bewertungsausschuss ist gemäß § 87 Abs. 5a S. 2 SGB V zudem jeweils ein weiteres unparteiisches Mitglied von der Deutschen Krankenhausgesellschaft und vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu benennen.781 Dieses Gremium besteht damit dann aus 17 Personen, ohne dass sich die Mehrheitsverhältnisse geändert hätten.782

(e) Gestaltungsspielraum und Rechtsschutz

Der Gestaltungsspielraum sowohl des regulären wie des erweiterten Bewertungsausschus-ses783 ist durch die ihm gesetzlich zugewiesenen Kompetenzen begrenzt, d.h. das Gremium darf ohne explizite gesetzliche Ermächtigung nicht in die Kompetenz der regionalen Ver-tragspartner etwa zur Vereinbarung der Gesamtvergütungen eingreifen.784 Dem Bewertungs-ausschuss wurden bestimmte originäre Aufgaben übertragen; diese spezielle Aufgabenzu-weisung „lässt es nicht zu, in § 87 SGB V eine Art Generalermächtigung zur Regelung vertragsärztlicher Vergütungstatbestände zu sehen.“785 Bewegt sich die Entscheidung des Ausschusses allerdings im gesetzlich vorgegeben Rahmen, ist auch hier die gerichtliche Kontrolldichte beschränkt.786 Entscheidungen des erweiterten Bewertungsausschusses haben Doppelcharakter. Gegen-über den beiden an der Normsetzung beteiligten Institutionen ergehen sie als Verwaltungs-akte und können mit der Anfechtungsklage angefochten werden.787 Im Übrigen haben sie die Wirkung von normsetzenden Verträgen.788

b. Die Landesausschüsse nach § 90 SGB V (a) Bildung und Zusammensetzung

Gemäß § 90 Abs. 1 SGB V bilden die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesver-bände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen789 für den Bereich jedes Landes einen Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen und einen Landesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen.790 § 90 SGB V selbst enthält keine Aufgabenzuweisung an die

780 Kritisch Schröder in: Beck‘scher Online-Kommentar Sozialrecht, § 87 SGB V Rn. 35: „Nicht berücksichtigt wurde jedoch, dass gerade bei der ASV die DKG und KBV unterschiedliche Interessen verfolgen.“ Zu Konkurrenten-klagen im Zusammenhang mit § 116b Abs. 2 SGB V vgl. auch Quaas, Rechtsfragen der ambulanten Ver-sorgung im Krankenhaus, 2011, S. 348 ff.

781 Die Benennung soll dabei bis zum 31. März 2016 erfolgen (§ 87 Abs. 5b S. 3 SGB V).

782 So Schröder in: Beck‘scher Online-Kommentar Sozialrecht, § 87 SGB V Rn. 35.

783 Hierzu Reuter/Weinrich, MedR 2013, S. 584 ff. sowie Wimmer, NZS 2001, S. 287 ff.

784 BSG v. 27.6.2012 – B 6 KA 28/11 R, Rn. 24 ff.

785 BSG 27.6.2012 – B 6 KA 28/11 R, Rn. 27.

786 BSG 27.6.2012 – B 6 KA 28/11 R, Rn. 27 – allerdings ist dieser durch die dem Bewertungsausschuss übertragenen Kompetenzen beschränkt (Leitsatz 1).

787 So auch BSG v. 27.6.2012 – B 6 KA 28/11 R, Rn. 20.

788 BSG v. 27.6.2012 – B 6 KA 28/11 R, Rn. 28 („Normsetzungskompetenz des eBewA“).

789 Sie könnte diese Aufgabe auf eine im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung von den Ersatzkassen gebildete Arbeitsgemeinschaft oder eine Ersatzkasse übertragen (§ 90 Abs. 1 S. 2 SGB V).

790 Zur Bildung von zwei Landesausschüssen in Nordrhein-Westfalen Wiegand in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 90 Rn. 9. Zur Historie auch Vahldieck in: Hauck/Noftz, jurisPK-SGB V, § 90 Rn. 4 f.

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ausschüsse, sondern etabliert sie als Gremien und regelt ihre Zusammensetzung sowie wei-tere Fragen wie etwa die der Aufsicht. Insoweit ist die Norm ähnlich gestaltet wie § 114 SGB V oder § 18a KHG.

Nach § 90 Abs. 2 SGB V bestehen die Landesausschüsse aus einem unparteiischen Vorsit-zenden, zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern, neun Vertretern der Ärzte, drei Vertre-tern der Ortskrankenkassen, drei VertreVertre-tern der Ersatzkassen, je einem Vertreter der Be-triebskrankenkassen und der Innungskrankenkassen sowie einem gemeinsamen Vertreter der landwirtschaftlichen Krankenkasse und der Knappschaft Bahn-See. Das Gremium hat also insgesamt 21 Mitglieder. Über den Vorsitzenden und die beiden weiteren unpartei-ischen Mitglieder sollen sich die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände sowie die Ersatzkassen nach § 90 Abs. 2 S. 2 SGB V einigen; kommt eine Einigung nicht zustande, werden diese Personen nach Satz 3 durch die für die Sozialversicherung zuständi-ge oberste Verwaltungsbehörde des Landes im Benehmen791 mit den Kassenärztlichen Ver-einigungen, den Landesverbänden der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen berufen.792 Der Sicherung der paritätischen Besetzung dient § 90 Abs. 2 S. 4 SGB V: „Besteht in dem Be-reich eines Landesausschusses ein Landesverband einer bestimmten Kassenart nicht und verringert sich dadurch die Zahl der Vertreter der Krankenkassen, verringert sich die Zahl der Ärzte entsprechend.“ Das Gremium ist also stets mit einer „ungeraden“ Zahl von Mitgliedern besetzt, was eine Ent-scheidungsfindung vereinfacht, weil ein „Patt“ verhindert wird.

Gemäß § 90 Abs. 2 S. 5 SGB V bestellen die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Lan-desverbände der Krankenkassen bzw. die Ersatzkassen jeweils ihre „parteiischen“ Vertre-ter.793 Gemäß § 90 Abs. 3 SGB V führen die Mitglieder ihr Amt als Ehrenamt; sie sind wei-sungsungebunden. Die Kosten des Landesausschusses tragen die Seiten jeweils zur Hälfte.794

§ 90 Abs. 3 S. 4 SGB V enthält die typische – allerdings leicht abgewandelte – Verordnungs-ermächtigung zugunsten des Bundesministeriums für Gesundheit: Es bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates – und nach Anhörung der Kassenärzt-lichen Bundesvereinigungen und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen – das Nä-here für die Amtsdauer, die Amtsführung, die Erstattung der baren Auslagen und die Ent-schädigung für Zeitaufwand der Ausschussmitglieder sowie über die Verteilung der Kos-ten.795

791 Die Herstellung des Benehmens setzt voraus, dass die Betroffenen noch vor der Beschlussfassung Stel-lung nehmen können und die eingebrachten Bedenken einbezogen werden (BSG v. 3.3.1999 – B 6 KA 15/98 R, Rn. 18 zu § 85 Abs. 4 S. 2 SGB V); dabei kann das Benehmen nach Ansicht des Gerichts auch noch nachträglich hergestellt werden.

792 Vgl. hierzu Wiegand in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 90 Rn. 12: „erhöhter Einigungsdruck“.

793 Dabei kann die Kassenärztliche Vereinigung als „Vertreter der Ärzte“ auch Personen bestellen, die nicht Ärzte sind (BSG v. 25.11.1998 – B 6 KA 81/97 R zum Berufungsausschuss).

794 § 90 Abs. 3 S. 3 SGB V.

795 Maßgeblich ist die „Verordnung über die Amtsdauer, Amtsführung und Entschädigung der Mitglieder des Gemeinsa-men Bundesausschusses und der Landessausschüsse der Ärzte (Zahnärzte) und Krankenkassen“ v. 10.11.1956 (BGBl.

I, 861), die sogenannte Ausschussmitglieder-Verordnung (AMV). Die Amtsdauer beträgt nach § 1 S. 1 AMV vier Jahre. Die Abberufung der Mitglieder sowie die Niederlegung ist in den §§ 3 und 4 AMV gere-gelt. Zur Beschlussfähigkeit des Gremiums äußert sich die Verordnung nicht.

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(b) Aufgaben der Landesausschüsse

Die Aufgaben der Landesausschüsse bestimmen sich gemäß § 90 Abs. 4 S. 1 SGB V „nach diesem Buch“; sie beschränken sich im Wesentlichen auf die Umsetzung der Bedarfsplanung sowie die Vermeidung sektoraler oder lokaler Fehlentwicklungen.

Gemäß § 99 Abs. 2 SGB V wirkt der Landesausschuss im Rahmen der Bedarfsplanung mit:

Kommt das nach § 99 Abs. 1 SGB V erforderliche Einvernehmen zwischen der Kassenärzt-lichen Vereinigung und dem Landesverband der Krankenkassen und den Ersatzkassen nicht zustande, kann jeder der Beteiligten den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen anrufen, der dann die Entscheidung trifft.796

Zuständig ist der Landesausschuss gemäß § 100 Abs. 1 S. 1 SGB V für die Feststellung, dass in bestimmten Gebieten eines Zulassungsbezirks eine ärztliche Unterversorgung eingetreten ist oder in absehbarer Zeit droht; gemäß § 100 Abs. 1 S. 2 SGB V hat er der für die be-troffenen Gebiete zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung eine angemessene Frist zur Beseitigung oder Abwendung der Unterversorgung einzuräumen. Gemäß § 100 Abs. 2 SGB V haben die Landesausschüsse mit verbindlicher Wirkung für die Zulassungsausschüsse nach deren Anhörung Zulassungsbeschränkungen in anderen Gebieten nach den

Zuständig ist der Landesausschuss gemäß § 100 Abs. 1 S. 1 SGB V für die Feststellung, dass in bestimmten Gebieten eines Zulassungsbezirks eine ärztliche Unterversorgung eingetreten ist oder in absehbarer Zeit droht; gemäß § 100 Abs. 1 S. 2 SGB V hat er der für die be-troffenen Gebiete zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung eine angemessene Frist zur Beseitigung oder Abwendung der Unterversorgung einzuräumen. Gemäß § 100 Abs. 2 SGB V haben die Landesausschüsse mit verbindlicher Wirkung für die Zulassungsausschüsse nach deren Anhörung Zulassungsbeschränkungen in anderen Gebieten nach den