• Keine Ergebnisse gefunden

Es existieren viele methodische Verfahrensweisen, die zur Aufklärung des molekularen Ursprungs der phänotypischen Heterogenität bei Bakterien herangezogen werden. Diesen liegen Untersuchungen auf Einzelzellebene zugrunde, die zu einem hohen Maß von der technischen Entwicklung abhängen. Das Forschungsfeld wird dabei dominiert von mathematischen Modellierungen (Kiviet et al., 2014), Einsatz von mikrofluidischen Systeme mit cell-tracking Software (Binder et al., 2016; Klein et al., 2012) oder der SPR-Spektroskopie (Behr et al., 2016). Idealerweise sollte die Einzelmolekül-Technologie ihre Anwendung finden, indem die Produktion, der Abbau und der funktionelle Zustand der Biomoleküle in Echtzeit in lebenden Zellen analysiert werden kann (Raj & van Oudenaarden, 2009; Larson et al., 2009).

Die SPR-Spektroskopie bietet viele Einsatzmöglichkeiten, die eine weitere und detaillierte Aufklärung der iol-Genregulation ermöglichen. Beispielsweise könnte die Fragestellung geklärt werden, ob das Intermediat DKGP die Affinität des Repressors beeinflusst. Für diesen Ansatz muss DKGP nach Yoshida et al. aus Salmonella isoliert werden (Yoshida et al., 2008). Mit Hilfe der Vektoren pET28b-iolC bzw. pBAD-Myc/HisC-iolC würde die IolC-Kinase isoliert, mit 250 mg kommerziell erwerblichem Kaliumgluconat inkubiert und durch die Kinaseaktivität zu DKGP umgesetzt werden.

Mittels Gelmobilitätsstudien könnte vor der SPR-Spektroskopie getestet werden, ob die gewonnene DKGP-Menge die Funktion von IolR inhibiert. Vor der Durchführung der SPR-Spektroskopie muss der Repressor über seinen Polyhistidin-Anhang mit Hilfe eines His Capture Kit (GE Healthcare, Freiburg, DE) auf der Sensorchipoberfläche immobilisiert werden. Dieser Versuchsaufbau ermöglicht die Analyse der Interaktion zwischen dem immobilisierten IolR-Protein und des Intermediates DKGP, dass in die mobile Phase zugegeben wird. In einem weiteren Ansatz kann durch eine Injektion des Repressors und der RNA-Polymerase festgestellt werden, ob sich die Bindestellen in den iol-Promotorbereichen überlappen und inwiefern die Affinität der RNA-Polymerase die Transkriptionseffizienz diktiert. Zunächst wird die RNA-Polymerase in die mobile Phase gegeben, und sollte überlappenden DNS-Zielstrukturen vorliegen, ist eine nachfolgende Bindung von IolR nicht mehr möglich. Überlappen sich die Bindestellen der beiden Proteine nicht, wäre nach Injektion des Repressors der typische Verlauf eines Sensogrammes zu erkennen. Eine detailliertere Aufklärung der Bindungskinetik und Lokalisation der Bindestelle des anderen Regulators der GEI4417/4436 könnte zur

Ausblick

122

Klärung des molekularen Ursprungs der Bistabilität beitragen. In dieser Arbeit gelang es zwar ReiD in ausreichender Menge unter denaturierenden Bedingungen zu isolieren, aber eine Rückfaltung des Proteins in seine funktionale Konformation konnte nicht erzielt werden. Um die Bedingungen der Rückfaltung zu optimieren, sollte das isolierte Protein in einem größeren Volumen von 2 Litern Rückfaltungspuffer, mit einmaligen Wechsel innerhalb der 36-stündigen Inkubation, bei 4 °C dialysiert werden. Für die SPR-Spektroskopie ist bereits ein geringer aktiver Proteinanteil für die Aufnahme der Bindungskinetik ausreichend. Durch die Daten der SPR-Spektroskopie kann geklärt werden, wie der Aktivator mit seinen Zielstrukturen interagiert und so im Vergleich mit dem Repressor die Stärke der beiden Rückkopplungsmechanismen verglichen werden.

Diese müssten jedoch nahezu gleich sein, da nur dann das Auftreten einer Bistabilität möglich ist. In dieser Arbeit wurde versucht die IolR-Bindestelle mittels DNS-Protektionsexperiment und anschließender Subklonierung zu identifizieren, wobei eine weitere Methodenetablierung zur Überprüfung der Anwesenheit und Anreicherung der unverdauten Nukleotidsequenz erforderlich ist. Eine genaue Identifizierung der Nukleotidsequenz der Bindestellen der Regulatoren könnte nach Heinrich et al. mittels Gelmobilitätsstudien erfolgen (Heinrich et al., 2016).

In einem anderen Ansatzpunkt könnte der Ursprung der phänotypischen Heterogenität durch eine nähere Betrachtung der Transportproteine für MI aufgedeckt werden. Der Haupttransporter IolT1 befördert MI in das Zytosol der Zelle, wo es infolge des initialen Abbau zu DKGP umgewandelt und die positive Rückkopplung einleitet werden kann.

Durch die geringe Auflösungsgrenze der Durchflusszytometrie ist dieses Messverfahren ungeeignet für eine genauere Betrachtung der Transportproteine während der An- und Abwesenheit des induzierenden Stimulus, aber mittels anderer hochauflösender aber kostenintensivere Verfahren, wie z.B. PALM-(photoactived localization microscopy) Aufnahmen könnte die Verteilung des IolT1-Transporter während der Inkubation in nährstoffreichen Bedingungen untersucht werden (Manck & Fischer, 2012). Dessen Abundanz und Stabilität in der bakteriellen Zellmembran könnte den instabilen Hysterese-Effekt bzw. den epigenetischen Ursprung dieses Phänomen während der Zellteilung erklären. Durch die Ermittlung der extra- und intrazelluläre MI-Konzentration während des Wachstums von Salmonella mit MI könnte der Wechsel in einen induzierten Zustand für die iol-Genexpression näher beschrieben und ein Grenzwert für den Zustandswechsel identifiziert werden. Die Bestimmung der Konzentration des Polyols in

Ausblick

123

einer Salmonella-Kultur kann in Abhängigkeit des Wachstums der ino1-defizienten Sachharomyces cerevisiae erfolgen. Diese Mutante weist keine Inositolphosphat-Synthase auf, wodurch eine de novo Synthese von myo-Inositol nicht erfolgen kann und sie eine Auxotrophie gegenüber diesem Substrat aufweist (Henry et al., 2014). Die erreichte optische Dichte der Hefe-Kultur wird als Maß für die intrazellulären MI-Konzentration aus einem Zelllysat der bakteriellen Kultur oder für die extrazelluläre Konzentration des Polyols aus dem Kulturüberstand herangezogen. Zu den verschiedenen Wachstumsphasen der Salmonellen mit MI würde die Konzentration des Substrates ermittelt und der Zustandswechsel in Abhängigkeit der extra- und intrazellulären MI-Konzentration charakterisiert werden.

Durch den Einsatz von time-lapse Experimenten in Kombination mit cell-tracking Software könnte das Einzelzellschicksal von Zellen im induzierten Zustand für die iol-Genexpression über einen längeren Zeitraum verfolgt werden. Durch die Berechnung der Teilungsrate mit simultaner Fluoreszenzabnahme in Echtzeit könnte der Hysterese-Effekt noch genauer charakterisiert werden. Der einfachste experimentelle Aufbau eines time-lapse Analyse könnte nach Jong et al. erfolgen, indem eine Salmonella-Kultur zu einer OD600 von 0,01 - 0,03 verdünnt und auf einem Agar-Pad aufgetragen wird (Jong et al., 2011). Nach der Anfertigung des mikroskopischen Präparates erfolgt die automatisierte Aufnahme von mindestens 10 markierten Positionen bzw. Bakterien an einem Fluoreszenzmikroskop. Für den Einsatz von mikrofluidischen Systemen müsste ein Flagella-defizienter Bakterienstamm von S. Typhimurium 14028 verwendet werden, damit die Salmonellen in den Kavitäten der Vorrichtung bleiben. Die Deletion des invA-Gens führt in Salmonella zu einem nicht-invasiven Phänotyp in Zellkulturanalysen und würde sich für den Einsatz in mikrofluidischen Systemen eignen (Galán et al., 1992).

Während der Versuchsdurchführung mit mikrofluidischen Systemen könnte durch einen ständigen Mediumwechsel zwischen MM mit MI und Glukose das Schicksal der Zellen im uninduzierten Zustand bei sich verändernden Umgebungsbedingungen verfolgt werden. Durch diesen Versuchsansatz könnte geklärt werden, ob die Zellen mit induzierter Genexpression die Zellen, die sich in einem uninduzierten Zustand der iol-Gene befinden, überwachsen oder ob letztere in einen induzierten Zustand aktiv wechseln.

Ausblick

124

Durch das Zusammentragen der Ergebnisse aus den zuvor erwähnten Versuchsbeschreibungen, wie z.B. die genaue Lokalisation der Bindestellen der Regulatoren innerhalb der GEI4417/4436, sowie dessen Affinitäten zu ihrer DNS-Zielstruktur, könnte in einer mathematischen Modellierung der molekulare Mechanismus der Bistabilität in seiner Komplexität dargestellt und die einflussnehmenden Faktoren identifiziert werden. Die Aufstellung eines mathematischen Modells ermöglicht aus einer Vielzahl von Möglichkeiten diejenige auszuwählen, die am ehesten zur phänotypischen Heterogenität führen kann. Bei diesem Modell handelt es sich um eine Vereinfachung, da nie der reale Vorgang mit all seiner Komplexität erfasst werden könnte. Durch ein qualitatives Modell könnte beispielsweise aufgeklärt werden, ob der molekularen Bindemechanismus des IolR-Repressors zur Bistabilität führen kann. In einem quantitativen Modell können Voraussagen der Werte von gewissen Variablen gemacht werden. Durch die Aufklärung der Bindungskinetik der Regulatoren der GEI4417/4436 und dessen Regulationsmechanismus, sowie die Identifizierung der DKGP-Konzentration, die für den Zustandswechsel erforderlich ist, können gewisse Variablen definiert werden. Es gilt zu klären, welche Faktoren die zelluläre Entscheidung eines Wechsels in den induzierten Zustand der iol-Genexpression in Salmonella beeinflusst und welche zellulären Komponenten für die Bistabilität verantwortlich sind.

Literaturverzeichnis

125