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Ausbildungsbereiche auf der Sekundarstufe II

Im Dokument 2017 Bildungsbericht Nordwestschweiz (Seite 86-90)

Die Sekundarstufe II umfasst mit der Allgemeinbildung und der beruflichen Grundbildung Ausbildungsangebote, die für den Arbeitsmarkt qualifizieren und Zugangsberechtigungen zu Angeboten der Tertiärstufe erteilen. Die Zielsetzung, die Art der Ausbildung und die Reglementierung der beiden Ausbildungsbereiche unterscheiden sich. Allgemeinbildende Bildungsangebote sind vollzeitschulisch an einem Bildungsstandort organisiert. Sie zie-len in erster Linie auf die Zugangsberechtigung zu tertiären Bildungsangeboten ab. Die berufliche Grundbildung wird in der Regel gemeinsam von Lehrbetrieben und Berufs-fachschulen getragen und daher meist als dual bezeichnet. Wenn es die zu erlernende Berufstätigkeit erfordert, werden zusätzlich überbetriebliche Kurse durchgeführt.

Zu den allgemeinbildenden Bildungsangeboten gehören die gymnasiale Maturitätsschule, die Fachmittelschule und die Fachmaturitätsprüfung. Zudem werden Lehrgänge ange-boten, die zusätzlich zur Berufsmaturität als Ergänzungsprüfung den Zugang zu den universitären Hochschulen der Schweiz ermöglichen (Passerellenlehrgang). Die Bildung-sangebote der beruflichen Grundbildung umfassen die zweijährige berufliche Grund-bildung, die drei- bis vierjährige berufliche Grundbildung und die Berufsmaturität (SR 412.10). Die reguläre Dauer der Bildungsangebote auf der Sekundarstufe II liegt zwischen zwei und fünf Jahren (Tab. 4.1). Strukturen, Ziele und Anforderungen an Abschlüsse der unterschiedlichen Bildungsangebote werden durch interkantonale Vereinbarungen und Bundesvorgaben bestimmt.

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Allgemeinbildung und berufliche Grundbildung

Bildungsangebote

Tabelle 4.1 Bildungsangebote der Sekundarstufe II

Bildungsangebot Dauer

Allgemeinbildung Gymnasiale Maturitätsschulen Mindestens 3 Jahre

Fachmittelschule (FMS) 3 Jahre

Fachmaturitätsprüfung 1 Jahr im Anschluss an die FMS Passerellenlehrgang 1 Jahr im Anschluss an die Berufs

-maturität, ab 2017/18 auch Fachmaturität Berufliche

Grundbildung Berufliche Grundbildung mit

eidgenössischem Berufsattest (EBA) 2 Jahre Berufliche Grundbildung mit

eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) 3–4 Jahre

Berufsmaturität I (BM I) Begleitend zur Berufslehre mit EFZ Berufsmaturität II (BM II) 1 Jahr Voll- oder 2 Jahre Teilzeit im Anschluss an die Berufslehre mit EFZ Brückenangebote Angebote für Jugendliche ohne

Anschluss-lösung nach der obligatorischen Schulzeit 1 Jahr Quelle: eigene Darstellung nach EDK, 2016b; SR 412.10

Im Schuljahr 2014/15 existierten im Bildungsraum Nordwestschweiz insgesamt 29 orte mit allgemeinbildenden Bildungsangeboten, 8 davon in privater Hand, und 55 Stand-orte für die berufliche Grundbildung, 15 davon in privater Hand (davon 11 kantonal subventioniert). Der Anteil privater Institutionen in den Kantonen hat sich in den letzten Jahren kaum verändert. Über das gesamte Angebot der Sekundarstufe II hinweg (ohne Übergangs- oder Zusatzausbildungen) weisen die Kantone Aargau und Solothurn mit 15 bis 20 Prozent geringere Anteile privater Institutionen auf als die Kantone Basel-Land-schaft und Basel-Stadt mit 30 bis 35 Prozent. Innerhalb der Allgemeinbildung existieren im Kanton Aargau keine Privatinstitutionen, in den anderen drei Kantonen beträgt ihr Anteil rund 35 Prozent. Im Kanton Basel-Stadt ist der Anteil privater Institutionen an der beruflichen Grundbildung mit mehr als 55 Prozent besonders hoch (BFS, 2016a). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kanton vor allem Institutionen der beruflichen Grundbildung massgeblich subventioniert, auch wenn er sie nicht selbst betreibt.

Die Kantone führen unterschiedlich viele Standorte der gymnasialen Ausbildung. In den Kantonen mit relativ vielen gymnasialen Ausbildungsangeboten fallen höhere Kosten an, da sie viele Schülerinnen und Schüler anderer Kantone aufnehmen. Neben dem Regio-nalen Schulabkommen der Kantone (vgl. 4.2 Schülerinnen, Schüler und Lernende, Mobi-lität) haben einzelne Gemeinden Abkommen zur Finanzierung ausserkantonaler Schüle-rinnen und Schüler getroffen. In einem Pilotversuch wurde im gesamten Bildungsraum Nordwestschweiz eine beschränkte Wahlfreiheit für Gymnasien und Fachmittelschulen getestet. Die finanzielle Situation in den Kantonen führte jedoch dazu, dass Gesuche zum Besuch einer Schule ausserhalb des Wohnkantons der Schülerin oder des Schülers oft nicht bewilligt werden konnten. Die beschränkte Wahlfreiheit im Bildungsraum Nordwest-schweiz wurde daraufhin sistiert (Bildungsraum NordwestNordwest-schweiz, 2015b; Bildungsraum Nordwestschweiz, 2014; Kanton Basel-Landschaft, 2015e).

Allgemeinbildung

Die gymnasiale Maturität wird interkantonal durch die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) und durch den Bund geregelt, die Fachmittel-schulabschlüsse und die Fachmaturität durch Reglemente der EDK. Neben diesen Re-gelungen besteht für die Kantone ein Spielraum. So sind die Angebote der Schweizer Gymnasien kantonal sehr unterschiedlich ausgestaltet – trotz schweizweiter Vorgaben zu den Abschlüssen und zum Rahmenlehrplan (REDK 4.1.1; REDK 4.2.1.2; SR 413.11; REDK 4.2.1.1; REDK 5.2).

Private Institutionen

Wahlfreiheit in der Allgemeinbildung

Rechtliche Regelungen

Die Ausbildung zur Erlangung der gymnasialen Maturität dauert am Gymnasium in der Regel vier, an Maturitätsschulen für Erwachsene mindestens drei Jahre. Der Maturitäts-ausweis gewährleistet den prüfungsfreien Zugang zu den meisten Studiengängen der universitären Hochschulen und pädagogischen Hochschulen sowie zusammen mit einer einjährigen Berufserfahrung zu einer Fachhochschule.

Das Maturitäts-Anerkennungs-Reglement (MAR) der EDK legt die Maturitätsfächer fest.

Sie umfassen sieben Grundlagenfächer sowie ein Schwerpunkt- und ein Ergänzungsfach, die aus einem festgelegten Kanon ausgewählt werden können. Für das konkrete Angebot an Schwerpunkt- und Ergänzungsfächern sowie für die Ausgestaltung der Ausbildungsan-gebote sind die Kantone zuständig. Der Erwerb einer bilingualen Maturität in Deutsch und Englisch ist in allen vier Kantonen des Bildungsraums Nordwestschweiz möglich. Zudem existiert in den Kantonen Aargau und Basel-Landschaft das Angebot einer bilingualen Maturität in Deutsch und Französisch.

Acht Schwerpunktfächer können in allen vier Kantonen des Bildungsraums Nordwest-schweiz, jedoch nicht an jeder Schule gewählt werden. Fünf Fächer stehen nur in be-stimmten Kantonen zur Wahl: Englisch, Französisch, Griechisch, Philosophie/Pädagogik/

Psychologie und Russisch (Tab. 4.2). Das Schwerpunktfach Englisch wird im Kanton Solothurn vorerst im Rahmen eines Schulversuchs angeboten. Französisch kann im Kan-ton Aargau als Schwerpunktfach gewählt werden, sofern ab der 3. Klasse des Gymnasi-ums nicht bereits Französisch, sondern Italienisch als Grundlagenfach belegt wurde. Das Schwerpunktfach Philosophie/Pädagogik/Psychologie haben einige Kantone im Zusam-menhang mit der Umwandlung der bisherigen Seminare zur Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern zu Maturitätsschulen eingeführt (Mombelli, 2011).

Die im MAR aufgeführten Ergänzungsfächer werden in allen vier Kantonen des Bildungs-raums Nordwestschweiz, jedoch nicht an allen Standorten eines Kantons angeboten.

Teilweise bestehen Kooperationen zwischen Gymnasien, um die Schülerzahl zu errei-chen, die zum Angebot eines Ergänzungsfaches nötig ist. Die Gymnasien der Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt bieten zudem interdisziplinäre Ergänzungsfächer wie Philosophie und Religionslehre und Biologie und Sport an.

Tabelle 4.2 Angebot an Schwerpunktfächern

AG BL BS SO

Bildnerisches Gestalten × × × ×

Biologie und Chemie × × × ×

Italienisch × × × ×

Latein × × × ×

Musik × × × ×

Physik u. Anwendungen der Mathematik × × × ×

Spanisch × × × ×

Wirtschaft und Recht × × × ×

Englisch x

Französisch ×

Griechisch × × ×

Philosophie/Pädagogik/Psychologie × ×

Russisch ×

Quelle: REDK 4.2.1.1; SR 413.11

In den Kantonen Basel-Stadt und Aargau bieten jeweils zwei Gymnasien das International Baccalaureate (IB) an. Zudem ist der Abschluss des IB an den International Schools der Kantone Aargau, Basel-Stadt und Solothurn möglich. Dabei durchlaufen die Schülerinnen und Schüler neben dem Maturitätslehrgang das International Baccalaureate (IB) Diploma Programme (DP) – einen zweijährigen Lehrgang, der zu einem zusätzlichen, international anerkannten Abschluss führt. In den Kantonen Aargau, Basel-Stadt und Solothurn wird das IB in Englisch angeboten.

Gymnasiale Maturitätsschulen

Fächerangebot am Gymnasium

Schwerpunktfächer und Ergänzungsfächer am Gymnasium

International Baccalaureate

Die Kantone des Bildungsraums Nordwestschweiz koordinieren ihre bestehenden Ange-bote im Bereich Begabungs- und Begabtenförderung. Während die Begabungsförderung als schulisches Grundangebot allen Schülerinnen und Schülern im Regelunterricht zur Verfügung steht, geht die Begabtenförderung über den regulären Unterricht hinaus. So-wohl innerhalb als auch ausserhalb des Regelunterrichts bestehen Angebote des «Enrich-ments» (Anreicherung) wie Freifächer, Sporttage oder Talentpools für besonders begabte Schülerinnen und Schüler. Zudem lässt sich die Schullaufbahn durch das Überspringen einer Klasse beschleunigen (Akzeleration). An jedem Gymnasium stehen Lehrpersonen als Koordinatorinnen und Koordinatoren zur Verfügung. Sie bilden die Gruppe «Bega-bungsförderung im Bildungsraum», deren Ziel der Erfahrungs- und Ideenaustausch sowie die gemeinsame Weiterentwicklung der Angebote ist. Mit den Universitäten Basel und Bern bestehen Vereinbarungen, um Schülerinnen und Schülern innerhalb eines «Schüler-studiums» die Teilnahme an Lehrveranstaltungen zu ermöglichen (Bildungsraum Nord-westschweiz, 2015a; Bildungsraum NordNord-westschweiz, 2013).

In den letzten Jahren haben die Kantone des Bildungsraums Nordwestschweiz die Po-sition des Gymnasiums auf der Sekundarstufe II verändert und teilweise harmonisiert (Abb. 4.1).

In den Kantonen Aargau und Basel-Landschaft dauert die gymnasiale Ausbildung vier Jahre und findet vollständig im nachobligatorischen Bereich, auf der Sekundarstufe II, statt. Das Gymnasium im Kanton Basel-Landschaft dauerte bis zum Schuljahr 2013/14 dreieinhalb Jahre und wurde 2014/15 um ein halbes Jahr verlängert. Im Kanton Solothurn dauert das Gymnasium im nachobligatorischen Bereich nur drei Jahre, beginnt jedoch bereits im letzten Schuljahr der Sekundarstufe I. Es umfasst somit insgesamt ebenfalls vier Jahre. Bis zum Schuljahr 2014/15 bestand zudem das Untergymnasium auf der Se-kundarstufe I. Dieses wurde durch die Reform der SeSe-kundarstufe I abgeschafft (→ Kapitel 3 Sekundarstufe I, 3.1 Strukturen und Rahmenbedingungen, Strukturharmonisierung).

Im Kanton Basel-Stadt umfasste das Gymnasium bis zum Schuljahr 2013/14 fünf Schul-jahre, wovon die ersten zwei auf der Sekundarstufe I, weitere drei Jahre auf der Sekun-darstufe II lagen. In den Schuljahren 2016/17 und 2017/18 laufen die beiden auf der Sekundarstufe I liegenden Jahre des Gymnasiums aus, im Schuljahr 2018/19 wird das Gymnasium auf der Sekundarstufe II um ein Jahr verlängert. Damit dauert es, wie in den anderen drei Kantonen, vier Jahre. Es liegt, wie in den Kantonen Aargau und Basel-Landschaft, vollständig im nachobligatorischen Bereich. In einer Übergangsphase von 2014/15 bis 2017/18 wird je nach Notendurchschnitt am Ende des 12. Schuljahres (Har-moS-Zählweise) darüber entschieden, ob eine Schülerin oder ein Schüler das Gymnasium auf der Sekundarstufe II in drei oder in vier Jahren durchläuft.

Abbildung 4.1 Dauer der gymnasialen Ausbildung, Schuljahre 2012/13–2018/19

Quelle: eigene Darstellung

Förderung leistungs-starker Schülerinnen und Schüler am Gymnasium

Harmonisierung der gymnasialen Ausbildung

Schuljahr

(HarmoS-Zählweise)

10 11 12 13 14 15

Viertes Jahr Gymnasium Basel-Stadt (Übergangsphase)

Gymnasium auf Sekundarstufe II Gymnasium auf Sekundarstufe I

Aargau

12/13 18/19

Basel-Stadt

Basel-Landschaft Solothurn

12/13 18/19 12/13 18/1912/13 18/19

Die Ausbildung an einer Fachmittelschule wird nach drei Jahren mit einem eidgenössisch anerkannten Fachmittelschulausweis abgeschlossen. Im Anschluss daran kann zusätzlich innerhalb eines Jahres die Fachmaturität erlangt werden. Die Inhalte der beiden Angebote sind allgemeinbildend, allerdings wird in einem ausgewählten Berufsfeld ein thematischer Schwerpunkt gesetzt.

Mit dem Fachmittelschulausweis kann an einer höheren Fachschule ein Studiengang im gewählten Berufsfeld aufgenommen werden. Die Fachmaturität ermöglicht die Auf-nahme eines Fachhochschulstudiums im gewählten Berufsfeld. Zusätzlich gilt für einige Fachhochschul-Studiengänge ein Aufnahmeverfahren (REDK 4.2.1.2).

Das Angebot der Fachmittelschulen an Studiengängen ist in den Kantonen des Bildungs-raums Nordwestschweiz unterschiedlich (Tab. 4.3). Während alle Kantone Studiengänge in den Berufsfeldern Gesundheit, Soziale Arbeit und Pädagogik führen, bieten lediglich die Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt Studiengänge in den Berufsfeldern Gestaltung und Kunst und Musik und Theater an.

Tabelle 4.3 Berufsfelder an Fachmittelschulen Berufsfeld

(EDK-Bezeichnung) Kantonale Bezeichnung

der Studiengänge AG BL BS SO

Gesundheit Gesundheit × × ×

Gesundheit/Naturwissenschaften ×

Soziale Arbeit Soziale Arbeit × × × ×

Pädagogik Pädagogik × × ×

Erziehung und Gestaltung ×

Kommunikation

und Innovation Kommunikation ×

Kommunikation/Medien ×

Gestaltung

und Kunst Kunst (Gestalten, Musik/Theater) ×

Gestaltung/Kunst ×

Musik und Theater Musik/Theater/Tanz ×

Quelle: REDK 4.2.1.2; REDK 5.1; D-EDK, 2016c

Passerellenlehrgänge bieten eine Möglichkeit, auch ohne gymnasiale Maturität in eine universitäre Hochschule überzutreten. Inhaberinnen und Inhaber der Berufsmaturität, ab dem Schuljahr 2017/18 auch der Fachmaturität, können einen einjährigen Vorbereitungs-kurs, beispielsweise an einer gymnasialen Maturitätsschule, besuchen und anschliessend eine Abschlussprüfung ablegen (SMK, 2008; REDK 4.3.1.3). Damit erhalten sie die Zu-gangsberechtigung zu den meisten universitären Studiengängen.

Die Möglichkeit für Inhaberinnen und Inhaber einer gymnasialen Maturität mit einer zusätzlichen einjährigen Berufserfahrung, in eine Fachhochschule überzutreten, ist mit der Passerelle vergleichbar. Sie müssen, um ein Studium an einer Fachhochschule aufzu-nehmen, ein Praktikum in dem Berufsfeld absolvieren, das dem Studiengang entspricht (SR 413.11; SR 414.71).

Im Dokument 2017 Bildungsbericht Nordwestschweiz (Seite 86-90)