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2   Literaturübersicht

2.4   Komposite

2.4.1   Aufbau und Klassifikation

Komposite sind Verbundwerkstoffe aus zwei oder mehr Materialien. In der Zahnmedizin bezeichnen sie zahnfarbene, plastische Füllungsmaterialien, die che-misch oder durch Energiezufuhr aushärten (4). Nach anfänglichen Versuchen mit im Mund polymerisierten Polymethylmethacrylaten (PMMA) legte Bowen im Jahre 1962 den Grundstein für die heutigen Komposite, indem er das Dimethacrylat Bisphenol-A-Diglycidylmethacrylat (Bis-GMA) mit anorganischen Füllerpartikeln versetzte (4,66).

Die zahlreichen Bestandteile dieser Werkstoffgruppe kann man den drei Hauptkom-ponenten organische Matrix, anorganische Füllstoffe und Verbundphase zuordnen:

 Organische Matrix

Mehrfunktionelle Methacrylate bilden den Hauptteil der organischen Matrix. Ne-ben BisGMA kommen auch Urethan-Dimethacrylate (UDMA) zum Einsatz, die gegenüber ersteren eine geringere Viskosität und Wasseraufnahme sowie eine höhere Zugfestigkeit aufweisen (53). Die Monomere bestehen aus einem organi-schen Zwiorgani-schenglied, das zwei Methacrylsäureester-Reste verbindet und für die mechanischen und physikalischen Eigenschaften wie Polymerisationsschrump-fung und -grad, Wasseraufnahme, Säureresistenz sowie Viskosität verantwortlich ist (4,36). Langkettige Monomere zeigen eine geringere Schrumpfung bei

gleich-zeitig erhöhter Viskosität. Durch Zugabe von kurzkettigen Komonomeren wie Ethylenglykol-dimethacrylat (EGDMA) oder Triethylenglykol-dimethacrylat (TEG-DMA) versucht man die Viskosität des Komposits zur leichteren Verarbeitung niedrig zu halten, bewirkt jedoch gleichzeitig wieder eine stärkere Polymerisa-tionsschrumpfung (4,36,53). Die heute gebräuchlichen Komposite besitzen eine Vielzahl unterschiedlicher Monomerkombinationen, wodurch ihre Eigenschaften stark variieren können.

Initiatoren zerfallen durch Aktivierung in Radikale, reagieren mit den Doppelbin-dungen der Monomere und bewirken die Ausbildung der dreidimensionalen Poly-merketten (36,53). Chemisch härtende Autopolymerisate verwenden Benzoylper-oxid, physikalisch härtende Photopolymerisate Kampferchinon als Initiator (4,53).

Ihre Reaktionsfreudigkeit ist dabei entscheidend für den Polymerisationsgrad und nachfolgend für die mechanischen und physikalischen Eigenschaften des Kompo-sits. Die Anregung erfolgt durch chemische Aktivatoren (z.B. tertiäre Amine) oder energiereiche Strahlung, deren Wellenlänge auf den verwendeten Photoinitiator abgestimmt sein muss (4,33). Im Gegensatz dazu fangen Stabilisatoren wie Eu-genol oder 4-Methoxyphenol die spontan in der organischen Matrix entstehenden Radikale ab (4). Als Inhibitoren verhindern sie so die vorzeitige Polymerisation, gewährleisten eine ausreichende Verarbeitungszeit und tragen zur Lagerfähigkeit des Materials bei (33,36,53).

Weitere Additiva in der organischen Matrix sind Weichmacher, Lichtschutzmittel, optische Aufheller sowie Pigmente organischer oder anorganischer Natur (4).

Letztere dienen der Herstellung unterschiedlich gefärbter Materialien. Häufig wer-den dazu Eisenoxide genutzt. Die Kunststoffmatrix allein ist niedrig viskös und kommt ungefüllt als Schmelzbonding oder als Fissurenversiegler zum Einsatz (4).

Dabei macht man sich ihre gute Fließfähigkeit zunutze.

 Anorganische Füllstoffe

Erst durch Zugabe der splitter-, plättchen-, stäbchen- oder perlenförmigen anor-ganischen Füller aus Keramik, Glas, Phosphat, Silikat, Quarz und feinstteiligem Siliziumdioxid erreichen die Komposite adäquate mechanische und physikalische Eigenschaften (4,36). Es kommt zu einer Erhöhung von Druck-, Zug- und Ver-schleißfestigkeit sowie Elastizitätsmodul bei gleichzeitiger Abnahme von Poly-merisationsschrumpfung, thermischem Expansionskoeffizienten und

Wasserauf-nahme (4,33,53). Auch Konsistenz, Transluzenz und Farbanpassung des geleg-ten Komposits werden beeinflusst (36). Die heute übliche Klassifikation der Kom-posite richtet sich nach Art und Größe der verwendeten Füllpartikel.

Makrofüllerkomposite enthalten splitterförmige Füllpartikel aus Quarz, Glas oder Keramik, die bis zu 75 Gew.-% des Komposits ausmachen können. Mit einer durchschnittlichen Größe von 5-10 µm zeigen die relativ großen Partikel sub-optimale Transluzenzwerte und Brechungsindizes (4,36,53). Zum Erzielen einer Röntgenopazität werden Barium- oder Strontiumgläser hinzugefügt, um den Nachweis von überstehenden Füllungsrändern, Sekundärkaries oder Füllungsde-fekten zu ermöglichen (53). Die Makrofüller dieser konventionellen Komposite lassen sich jedoch nicht auf Hochglanz polieren, was zu ästhetischen Beeinträch-tigungen durch Verfärbung, einer verstärkten Plaqueakkumulation und zu einem beschleunigten Verschleiß der Füllung durch Herausbrechen einzelner Füllparti-kel führt (4,36,53).

Homogene Mikrofüllerkomposite enthalten Siliziumdioxidpartikel in einer mittle-ren Größe von 0,007-0,04 µm und liegen damit im Nanometerbereich (4,53). Auf-grund ihrer Kugelform besitzen diese Füller eine große Oberfläche und erhöhen die Viskosität bei Zugabe in die organische Matrix sehr schnell (4,33). Mit einem Füllstoffgehalt von nur maximal 50 Gew.-% können keine optimalen mechani-schen Eigenschaften erzielt werden (53).

Inhomogene Mikrofüllerkomposite enthalten neben kugel- und splitterförmigen Mikrofüllkörpern auch Vorpolymerisate von bis zu 200 µm Größe, wodurch ihr Füllstoffgehalt auf 80 Gew.-% angehoben werden kann (4,33,53). Sie lassen sich gut polieren und zeichnen sich durch eine angenehme Ästhetik und eine höhere Verschleißfestigkeit aus (33,53). Nachteilig sind die fehlende Röntgenopazität und die im Vergleich zu den makrogefüllten Kompositen schlechteren physikalischen Eigenschaften, die sich in Form von verstärkter Wasseraufnahme sowie erhöhter Polymerisationsschrumpfung bemerkbar machen (4).

Hybridkomposite vereinen die Vorteile von Makro- und Mikrofüllerkompositen und erreichen Füllstoffgehalte von bis zu 86 Gew.-% (53). Davon entfallen ca. 85-90 % auf Makrofüller und 10-15 % auf Mikrofüller (4). Diese Komposite verfügen neben Polierbarkeit und Röntgenopazität über sehr gute mechanische und physi-kalische Eigenschaften (33). Je nach Maximalgröße der Füllpartikel unterscheidet

man Feinpartikelhybridkomposite (< 5 µm) von Feinstpartikelhybridkompositen (< 3 µm) und Submikrometerhybridkompositen (< 1 µm) (4).

Nanofüllerkomposite enthalten Füllkörper, deren Durchschnittsgrößen im Nano-meterbereich liegen (4). Dies erlaubt eine exzellente Hochglanzpolitur. Mit einem Füllstoffgehalt von bis zu 85 Gew.-% erreichen diese Komposite die guten me-chanischen und physikalischen Eigenschaften der Hybridkomposite (4).

Fließfähige Komposite entstehen durch Verringerung des Füllstoffanteils oder durch Zugabe von Komonomeren zu der Kunststoffmatrix. Die daraus resultieren-den schlechteren physikalischen und mechanischen Eigenschaften, insbesondere die erhöhte Polymerisationsschrumpfung, beschränken den Indikationsbereich auf minimalinvasive Kavitäten, schwer zugängliche approximal-zervikale Bereiche und die Composite-bonded-to-flowable-Technik bei Klasse-II-Kavitäten (4). So werden sie überwiegend zur erweiterten Fissurenversiegelung gewinnbringend eingesetzt. Zum Restaurieren größerer Defekte fehlt ihnen eine ausreichende Verschleißfestigkeit, Härte und Röntgenopazität (4).

 Verbundphase:

Um die anorganischen Füller in die organische Matrix einbinden zu können, be-darf es einer Verbundphase. Die Silanisierung der Füllstoffe erfolgt in der Regel durch organische Siliziumverbindungen (z.B. 3-Methacryloxypropyl-trimethoxy-silan), wodurch eine Hydrophobisierung stattfindet (36,53). Die Anbindung an die organische Matrix kommt anschließend durch Polymerisation der Monomere mit dem Methacrylsäurerest des Silans zustande (4,33).

Der Verbund zwischen den beiden Phasen ist nach wie vor die Schwachstelle al-ler Kompositmaterialien, da die Silanisierung durch saure Hydrolyse gelöst und nachfolgend Füllkörper verloren gehen können (4,53). Entlang der Grenzfläche zwischen organischer und anorganischer Phase ist eine Wasseraufnahme mög-lich, die den Verbund schwächt und durch Einschwemmen von Farbpartikeln zu Verfärbungen führen kann (36). Nur eine suffiziente Einbindung der anorgani-schen Füller sorgt für die Aufrechterhaltung der mechanianorgani-schen Werte wie Biege- und Druckfestigkeit sowie Härte und verlängert die Lebensdauer der Kompositfül-lungen durch Erhöhung der Verschleißfestigkeit (4,36).