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3 Selbstregulationsförderung unter sozial-kognitiven Gesichtspunkten

3.2 Ansätze zur Förderung selbstregulierten Lernens

Die zahlreichen Belege für die Bedeutung selbstregulierten Lernens im Hinblick auf Schulleistung und den Erwerb akademisch relevanter Fähigkeiten und Fertigkeiten (z.B.

Schunk, 1994; Zimmerman & Bandura, 1994; Zimmerman & Martinez Pons, 1986, 1988, 1990) führten in den vergangenen Jahren verstärkt zur Entwicklung von Trainingsprogram-men zur Förderung der Selbstregulation von Schüler(inne)n (Schunk & Ertmer, 2000; Schunk

& Zimmerman, 1998). Forschungsprojekte solcher Art verfolgen zumeist zwei zentrale Ziele:

Zum einen ermöglichen (quasi-) experimentelle Interventionsstudien eine kritische statistische Überprüfung des Zusammenhangs zwischen Selbstregulationsfähigkeiten und fachbezogenen Schulleistungen, deren Aussagekraft über korrelative Studien (z.B. Zimmerman & Martinez-Pons, 1986) hinausgeht. Theoretische Annahmen (z.B. basierend auf der Theorie nach Zim-merman, 2000) werden auf diese Weise empirisch prüfbar. Das zweite Ziel von

Programm-evaluationen ist primär praktischer Natur: Aufgrund des angenommenen engen Zusammen-hangs zwischen Selbstregulation und Leistung sollte der Aufbau von Selbstregulationsfähig-keiten das Lernvermögen und damit die schulischen Erfolge verbessern. Selbstregulationsbe-zogene Interventionsforschung verfolgt daher auch das Ziel, konkrete Umsetzungsmöglich-keiten für die Schulpraxis zu konzipieren und zu evaluieren. Die Entwicklung der Programme erfolgt häufig basierend auf der sozial-kognitiven Theorie (Bandura, 1986; Zimmerman, 2000), die einen geeigneten Rahmen für Ansätze zur Implementation von Förderung in den Schulkontext darstellt. Entsprechend ist eine Leitlinie der meisten in den letzten Jahren er-folgreich evaluierten Trainingsprogramme die kontextspezifische Förderung, umgesetzt durch die Verknüpfung der Selbstregulationsinstruktion mit curricular validen Inhalten (vgl. Has-selhorn & Labuhn, 2008). Außerdem basieren die Interventionen in der Regel auf einem zyk-lischen Selbstregulationsmodell (Zimmerman, 2000 oder Pintrich, 2000; Schmitz, 2001;

Schmitz & Wiese, 2006), und selbst bei der fokussierten Förderung einzelner Komponenten wird bei der Konzeption der gesamte Selbstregulationsprozess berücksichtigt.

Ein Beispiel für einen prozessorientierten, kontextspezifischen Ansatz stellt das von Perels, Otto, Landmann, Hertel und Schmitz (2007) sowie Perels, Gürtler und Schmitz (2005) präsentierte Training dar, welches erfolgreich den gesamten Zyklus der Selbstregulation mit mathematischem Problemlösen kombiniert. Auch den Elzen-Rump und Leutner (2007) sowie Leopold, den Elzen-Rump und Leutner (2006) berichten über die erfolgreiche Integration der Förderung fach- und selbstregulationsbezogener Inhalte. In der Untersuchung im Rahmen des naturwissenschaftlichen Unterrichts wurde zunächst der selbstregulierte Einsatz von Lern- und Textbearbeitungsstrategien durch ein computerbasiertes Training eingeführt und die Schü-ler(innen) anschließend im Unterricht zum Gebrauch der Strategien aufgefordert. Ein weiteres Beispiel für prozessorientierte, kombinierte fach- und selbstregulationsbezogene Förderung stellt das „Self-Regulation Empowerment Program“ (Cleary & Zimmerman, 2004) dar. In individueller Arbeit mit einzelnen Schüler(inne)n wird das Ziel verfolgt, Lernende an die Möglichkeiten der Selbstregulation heranzuführen, d.h. sie bei Zielsetzung, Selbstbeobach-tung und SelbstbewerSelbstbeobach-tung, der Auswahl und Anpassung von Lernstrategien sowie der Ver-besserung der Lernleistung begleitend zu unterstützen. Dieses Programm, sowie die Trainings von Perels et al. (2005, 2007), den Rump und Leutner (2007) und Leopold, den Elzen-Rump und Leutner (2006) fanden zwar im Schulkontext, jedoch nicht im regulären Unterricht statt und ließen die Frage nach der Wirksamkeit der Integration von Förderung in den Fachun-terricht zunächst offen. Die zahlreichen Hinweise auf die Effektivität der Verknüpfung selbst-regulierten und fachlichen Lernens führten jüngst zu wachsendem Forschungsinteresse an der

systematischen Einbindung der Selbstregulationsförderung in den Fachunterricht. Für das Fach Mathematik zeigen Fuchs et al. (2003), dass sich die Förderung selbstregulierten Ler-nens mit der Vermittlung mathematischer Strategien im regulären Unterricht verbinden lässt und die Lernleistung positiv beeinflusst. Ein weiteres Beispiel für die Effektivität des unter-richtsintegrierten Ansatzes geben Perels, Dignath und Schmitz (in Druck) mit ihrer prozess-orientierten Interventionsstudie, ebenfalls innerhalb des Mathematikunterrichts. Souvignier und Mokhlesgerami (2006) berichten über die Wirksamkeit des in den regulären Unterricht integrierten, selbstregulationsorientierten Trainingsansatzes von Schreblowski und Hassel-horn (2001) zur Förderung des Leseverständnisses. Glaser und Brunstein (2007a, 2007b) be-legen die Effektivität eines Schreibtrainings, bei dem im Rahmen des regulären Deutschunter-richts die Vermittlung von Strategien zur Textrevision mit dem Training von Selbstregulations-strategien kombiniert wurde.

Die Ergebnisse dieser üblicherweise quasi-experimentell angelegten Studien belegen übereinstimmend, dass selbstreguliertes Lernen durch eine Intervention gefördert (vgl. auch Schunk & Ertmer, 2000; Schunk & Zimmerman, 1998) und dass die Förderung kontextspezi-fisch im regulären Unterricht realisiert werden kann. Die evaluierten unterrichtsintegrierten Programme fanden bislang in erster Linie im Rahmen des Mathematik- oder Deutschunter-richts statt und bezogen sich auf stark strukturierte, homogene fachbezogene Inhalte wie ma-thematische Problemlösestrategien (Fuchs et al., 2003; Perels, Dignath & Schmitz, in Druck), Textrevisionsstrategien (Glaser & Brunstein, 2007a, 2007b) oder Strategien zur Förderung des Leseverständnis (Souvignier & Mokhlesgerami, 2006; nach Schreblowski & Hasselhorn, 2001). Die Inhalte des auf den Bereich der Naturwissenschaften bezogenen Selbstregulations-trainings (den Elzen-Rump & Leutner, 2007; Leopold, den Elzen-Rump & Leutner, 2006) sollten zwar von den Schüler(inne)n im regulären Unterricht angewandt werden, die Umset-zung fand jedoch außerhalb dessen in einem computerbasierten Setting statt (s.o.). Damit bleibt die Frage nach der kurz- und langfristigen Wirksamkeit der Selbstregulationsförderung, die a) innerhalb des regulären naturwissenschaftlichen Unterrichts stattfindet, b) sich auf eine curricular valide Unterrichtseinheit mit heterogenen Inhaltskomponenten bezieht und c) in enger Kooperation mit Fachlehrkräften entwickelt und von diesen durchgeführt wird, zu-nächst offen. Meines Wissens liegen darüber hinaus bislang keine Befunde zur differentiellen Wirkung des unterrichtsintegrierten Ansatzes, z.B. für Subgruppen mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen, vor.

Im Hinblick auf die Implikationen der sozial-kognitiven Theorie stellt sich weiterhin die Frage, welche Möglichkeiten der unterrichtsintegrierten Selbstregulationsförderung über

die Umsetzung sorgfältig geplanter Unterrichtsprogramme hinaus bestehen. Es wäre wün-schenswert, Merkmale von Instruktion und der Lernumwelt, welche den Aufbau von Selbst-regulationsfähigkeiten in Schüler(inne)n unterstützen, zu benennen und empirisch zu überprü-fen. Da dem gezielten Training erfolgreichen Lernverhaltens vielerorts ein Mangel an Zeit und finanziellen Ressourcen entgegensteht (vgl. Schunk & Zimmerman, 1998), könnte die Identifikation solcher instruktions- oder kontextbezogener Variablen dazu beitragen, mehr Lehrkräfte zu motivieren geringfügige, aber effektive (und theoriegeleitete) Modifikationen des Unterrichtsgeschehens vorzunehmen (im Gegensatz zur Implementation komplexer Trai-nings). Auch auf diese Weise könnten Schüler(innen) in ihrer Entwicklung zu proaktiv und selbstreguliert Lernenden unterstützt werden.