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Anlagebetrug (§ 263 StGB) PKS-Schlüssel 5132 a) Begriffsbestimmung

3.3 Detailbetrachtung einzelner Deliktsfelder des Sondermeldedienstes .1 Finanzierungsdelikte

3.3.2.1 Anlagebetrug (§ 263 StGB) PKS-Schlüssel 5132 a) Begriffsbestimmung

3.3.2.1 Anlagebetrug (§ 263 StGB) PKS-Schlüssel 5132

Bundeskriminalamt

mit -11,4% (2003: 12,5 %) wieder zurückgegangen. Bei der Anzahl der nicht deutschen Tat-verdächtigen ist eine Zunahme auf 11,6% (2002: 10,2%) zu verzeichnen.

Das LKA Baden-Württemberg berichtet, dass im Zusammenhang mit der verstärkten Nutzung des Internets zur Geschäftsanbahnung sogenannte Boiler-Rooms immer wieder eine Rolle spielen. "Boiler-Rooms" sind Räumlichkeiten, die von den Tätern gezielt angemietet und zur telefonischen Akquisition von Opfern aus dem Businessbereich genutzt werden. Solche

„Boiler-Rooms“ wurden beispielsweise in Südostasien erkannt. Angeboten werden Aktienpa-kete von angeblich besonders zu empfehlenden Firmen.

Bei den Anrufen werden standardisierte Texte benutzt, die schon Alternativen auf immer wiederkehrende Reaktionen der Angerufenen beinhalten.

Die „Boiler-Rooms“ werden immer wieder verlegt, so dass Geschädigte oder später Strafver-folgungsbehörden nur sehr schwer zu den Tätern vordringen können.

Fallbeispiele

BKA/Bayerisches LKA

Die KPI Augsburg ermittelt gegen die Verantwortlichen einer in Gibraltar eingetragenen

„Briefkastenfirma“ mit angeblichem Firmensitz in Marbella / Spanien, wegen Verdachts des Kapitalanlagebetrugs in Millionenhöhe.

Die Beschuldigten, zwei US-Bürger und ein britischer Staatsangehöriger, entwickelten mit weiteren Personen den Plan, vermögenden Geldanlegern in der ganzen Welt Anteile an noch nicht börsennotierten Gesellschaften per Telefon (cold callings) oder Internet zum Kauf anzu-bieten. Sie gaukelten einen angeblich sicheren und unmittelbar bevorstehenden Börsengang dieser Gesellschaften an die NASDAQ, New York/USA vor. Versprochen wurde eine Ren-dite von 5-10% und mehr. Firmen, deren Anteile angeboten wurden, existierten tatsächlich nicht bzw. waren reine Briefkastenfirmen, für die ein solcher Börsengang auf absehbare Zeit nicht realisierbar war.

Die Telefonvermittler traten für angebliche Brokerfirmen auf, die ihre Firmensitze hauptsäch-lich in Spanien, in Malaga bzw. Marbella hatten. Dort befand sich auch das Call-Center, von wo aus die Kunden weltweit kontaktiert wurden. Insgesamt wurden in den Jahren von 2000 bis 2003 über 2.000 Anleger in 60 verschiedenen Staaten um mehr als 50 Mio. US-Dollar betrogen. In Deutschland wurden 40 Personen geschädigt, die zusammen ca. 800.000 US-Dollar verloren haben. Im Dezember 2004 / Januar 2005 wurden nach erfolgreicher Zusam-menarbeit mit dem FBI und den spanischen Behörden die Täter in Spanien festgenommen.

Bei den anschließenden Durchsuchungen des Call-Centers sowie der Wohnhäuser der Be-schuldigten in Spanien konnten umfangreiche Beweismittel sichergestellt werden. Die Täter wurden nach Deutschland ausgeliefert und befinden sich dort in Haft (Stand: April 2005).

Die Ermittlungen gingen von der Auswertung von Kontounterlagen der in Rede stehenden Firma des Bundeskriminalamtes Wien aus. Auf Initiative des BKA Wiesbaden wurde der StA Augsburg als sachbearbeitende Dienststelle ein Sammelverfahren zu den deutschen Geschä-digten zugewiesen. Der erforderliche Informationsaustausch mit den ausländischen Dienst-stellen sowie die Koordinierung von Maßnahmen im Ausland erfolgte durch das BKA.

LKA Nordrhein-Westfalen

Ab 1989 vermittelte eine GmbH zweier Beschuldigter in Neuss und Dinslaken Anlagegelder an ein registriertes und kontrolliertes britisches Brokerhaus, dem 1992 wegen Verstößen ge-gen das Börsenrecht die Lizenz entzoge-gen wurde. Ebenfalls 1992 war eine Firma zunächst mit fast identischem Namen wie das Brokerhaus auf den Bahamas gegründet worden, wo es kei-ner Börsenaufsicht unterlag. Die Firma wurde später umbenannt. Wirtschaftliche Beherrscher der Firma waren die Inhaber der Vermittler-GmbH, die ab 1992 Kunden an diese Firma ver-mittelt hat.

Zwischen 1992 und 1997 wurden insgesamt Anlagegelder in Höhe von 50 Mio. DM einge-sammelt. Dabei täuschten die Beschuldigten den Kunden anfangs eine vollständige Anlage der Gelder vor, obwohl die Gelder nur zum Teil platziert worden waren. Erst ab Ende 1996 war den Vertragsunterlagen zu entnehmen, dass die Firma sich vorbehält, die Kundengelder nicht zu platzieren, sondern über ein Kursnotierungssystem abzurechnen.

Die Beschuldigten hatten sich 1994 offiziell aus der Vermittler-GmbH zurückgezogen, jedoch monatlich 20 TDM als Berater erhalten. Ab diesem Zeitpunkt war ein weiterer Beschuldigter Verantwortlicher der Vermittler-GmbH, zog sich aber ab 1995 offiziell daraus zurück. Über Treuhandverträge blieb er jedoch weiterhin wirtschaftlicher Beherrscher der GmbH.

Durch dieses Geschäftsgebaren wurden Kundengelder für Beratungs- und Treuhänderkosten verbraucht, ohne dass dieser Umstand auf den Abrechnungen für die Kunden ersichtlich wur-de.

Auf Grund der nun auftretenden Differenzen zwischen Buch- und tatsächlichen Beständen baute ein Mittäter komplizierte Konstruktionen mit off-shore-Firmen und zahlreichen Aus-landskonten auf. Ziel war, Geldflüsse und Verantwortlichkeiten so zu verschleiern, dass eine zivil-, steuer- und strafrechtliche Haftung der Verantwortlichen faktisch unmöglich wurde.

Nachdem der Mittäter 1997 verstorben war, teilte die Firma auf den Bahamas ihren Kunden die Einstellung der Geschäfte mit. Offensichtlich war niemand in der Lage, die Firmen- und Kontenkonstruktionen zu durchschauen und die Geschäfte weiter zu führen.

Letztendlich wurden nur zehn Mio. DM von der Vermittler-GmbH an die 694 geschädigten Anleger zurück gezahlt.

d) Prognose (Trend)

(siehe Ausführungen zu 3.3.2.d)

e) Repressive und präventive Bekämpfungsansätze und -methoden

Eine Möglichkeit der präventiven Bekämpfung wird generell in einer engen Zusammenarbeit mit Verbraucherschutzverbänden gesehen. Hier bietet sich vor allem ein gezieltes Vorgehen gegen das "cold calling" (erste Kontaktaufnahme des Täters mit dem Opfer per Telefon ohne Bestehen einer vorherigen Geschäftsbeziehung) an, da Anlagebetrüger insbesondere auf die-sem Wege ihre Opfer erreichen. Maßnahmen gegen so agierende Organisationen im Wege des Abmahnverfahrens und eine entsprechende Publizierung der Thematik könnten gegenüber potenziellen Tätern Langzeitwirkung entfalten.

Zwar zeigt die häufige Berichterstattung über die Arbeitsweise der Betrüger und Warnungen durch die Verbraucherverbände gegenüber möglichen Opfern nach polizeilicher Erfahrung

Bundeskriminalamt

und Einschätzung nur eine eingeschränkte präventive Wirkung. Die gewünschte Nachhaltig-keit kann dadurch offensichtlich nicht erzielt werden. Wenn potenzielle Opfer die Möglich-keit der schnellen und erheblichen Geldvermehrung sehen, stellen sie mögliche Zweifel häu-fig zurück. Dennoch sollten diese Aufklärungsaktionen weiterhin durchgeführt werden, um breite Bevölkerungsschichten immer wieder auf die bestehenden Risiken hinzuweisen.

f) Bewertung, Defizite, Handlungsbedarf

Der Kapitalanlagebetrug ist traditionell einer der signifikantesten Bereiche der Wirtschafts-kriminalität. Dies trifft sowohl in quantitativer Hinsicht bezüglich der Fallzahlen und des Schadens als auch in qualitativer Hinsicht bezüglich der kriminellen Energie der Täter zu. Die Aufklärung entsprechender Sachverhalte für die Strafverfolgungsbehörden wird zunehmend schwieriger, da Kapitalanlagebetrüger immer mehr die Möglichkeiten einer weltweit vernet-zen Wirtschaft nutvernet-zen und Kunden über Geschäftssitze im Ausland akquirieren, die zur Ver-schleierung der Aktivitäten immer wieder auch in andere Länder verlegt werden.

Eingenommene Gelder werden über eine Vielzahl von Konten häufig ebenfalls im Ausland -verteilt.

Professionelle Täter operieren heute weltweit und suchen sich Opfer in vielen Staaten. Eine länderübergreifende Kooperation der Ermittlungsbehörden gewinnt deshalb immer mehr an Bedeutung.

Hinzu kommt die verstärkte Nutzung des Internets zur Geschäftsanbahnung.

3.3.2.2 Beteiligungsbetrug (§ 263 StGB) PKS-Schlüssel 5134