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6 Konzeption und Design des Befragungsinstruments

6.1 Methodisches Vorgehen im Rahmen der Datenerhebung

6.1.2 Angewandte Verfahren im Rahmen der Datenerhebung

In Abhängigkeit des verfolgten Forschungsansatzes gilt es, eine abgestimmte Erheungsmethode zu finden. Wie bereits angeführt, hängt die Methode jeweils vom Charakter des Forschungsproblems und vom wissenschaftstheoretischen Standpunkt des Forschers ab. Die Datenerhebungsverfahren unterscheiden sich dabei folgendermaßen:

Abbildung 6-1: Methodenwahl der Datenerhebung

So gilt es zunächst, die Entscheidung zwischen Querschnitts- und Längsschnittstudie zu fällen. Während sich die Querschnittstudie auf die Erhebung einer Grundgesamtheit oder Stichprobe zu einem bestimmten Zeitpunkt bezieht, erfolgt bei der Längsschnittstudie die Datenerhebung des gleichen Samples zu mindestens zwei unterschiedlichen Zeitpunkten. Ziel hierbei ist es, einen möglichst tiefen Einblick in bestimmte Situationen und deren Veränderung über die Zeit hinweg zu gewinnen.

Insofern kann die Längsschnittstudie als Konkretisierung der Querschnittstudie über die Zeitdimension hinweg interpretiert werden. In der vorliegenden Arbeit steht die Wirkung ausgewählter staatlicher Institute auf die individuellen Nutzenkalküle zu einem bestimmten Zeitpunkt im Fokus des Interesses und weniger die zeitliche Veränderung. Somit ist die Querschnittanalyse zur Anwendung.

Die nächste Entscheidungsstufe gilt der Kontrolle der Kausalität. In dieser Arbeit wird der nichtexperimentelle Forschungsansatz verfolgt, der sich definiert als „systematic, empirical inquiry in which the scientist does not have direct control of independent variables because their manifestations have already occurred or because they are inherently not manipulable.”32 Die hier in den Forschungsfokus gerückten unabhängigen Variablen (Unternehmen) sind personen- und unternehmensspezifisch, wodurch eine experimentelle Manipulation nur unter sehr restriktiven Rahmenbedingungen realisiert werden kann. Ebenso spricht für eine Messung der unabhängigen Variablen im Gegensatz zur Manipulation die Ansicht, dass eine erhöhte Validität erreicht werden kann.33

32 Kerlinger, F. N. (1986): S. 348.

33 Vgl. Cook, T. D.; Campell, D. T. (1979); sowie Kerlinger, F.N. (1986): S. 348 f.

Die Befragung kann als Standardinstrument der empirischen Sozialforschung erachtet werden, wenn Fakten, Einstellungen oder Handlungsweisen zu registrieren sind. Die Beobachtung hingegen realisiert eine Datenerfassung, die als Aufzeichnung von Verhaltensweisen, Äußerungen oder hinterlassenen Spuren erfolgt. Es liegt in der Interpretation des Beobachters, daraus die Schlussfolgerungen zur Beantwortung der Forschungsfrage zu ziehen. Diese Methode ist dann zu bevorzugen, wenn über das Forschungsobjekt noch relativ wenig bekannt ist oder Informationen gewonnen werden sollen, die Personen explizit nicht äußern wollen oder können. In dieser Arbeit werden Fakten (objektive Kennzahlen, wie z.B. Umsatz und finanzieller Schaden), Erfahrungswerte (subjektiv Kennzahlen, wie z.B. Gefährdungsempfinden) und Einstellungen (Motivation, wie z.B. Anzeigeverhalten) erhoben, die sich durch eine reine Beobachtung nicht erfassen lassen. Vor diesem Hintergrund wird auch auf die Technik der Befragung zurückgegriffen.

Die Befragung ist grundsätzlich nach einer standardisierten (strukturierten) und einer nicht standardisierten (teil- und unstrukturierten) Herangehensweise zu unterscheiden.34 Der Grad der Standardisierung reflektiert dabei die Art und Weise, in der die Anzahl der Fragen, die Reihenfolge und der verwendete Wortlaut vorgegeben sind. Während im Extremfall bei der unstrukturierten Befragung dem Interviewer lediglich das Thema vorgegeben ist, gilt es bei der strukturierten Befragung, den Ablauf durch den Inhalt der Fragen, die Reihenfolge der Fragen sowie durch die Vorgabe der Antwortmöglichkeiten zu kontrollieren. Der Grad der Standardisierung definiert sich durch die Antwortmöglichkeiten und wird über offene und geschlossene Fragen gesteuert. Auf die offene (ungebundene) Fragebeantwortung wird eine Antwort in den eigenen Worten des Befragten erwartet. Es werden keine Antwortmöglichkeiten vorgeschlagen, der Befragte übernimmt selbst die Formulierung seiner Antwort in Form von Ergänzungsaufgaben oder eines Kurzaufsatzes.35 Bei der geschlossenen (gebundenen) Fragenbeantwortung wird vom Befragten verlangt, sich zwischen Antwortalternativen zu entscheiden, es gibt keinen Freiraum für eigene Antworten. Man unterscheidet bei gebundenen Fragen Ratingskalen-, Richtig-Falsch-, Zuordnungs- und Umordnungsaufgaben.36 Gib es bei der Richtig-Falsch-Aufgabe nur zwei Antwortmöglichkeiten (z.B. ja/nein), ist bei den Ratingskalen jede beliebige Anzahl von Antworten (Multiple-Choise-Fragen) möglich.

34 Vgl. Bühner, M. (2006): S: 64.

35 Vgl. Bühner, M. (2006): S. 64 f.

36 Vgl. Bühner, M. (2006): S. 53.

Weiterhin unterscheidet man bei der Mehrvorgabe von Antwortmöglichkeiten, ob die Antwortkategorien eine Rangordnung (z.B. sehr gut/ gut/ weder noch/ schlecht/ sehr schlecht) darstellen oder ob ungeordnete Antwortkategorien vorliegen.37 Unabhängig vom Grad der Standardisierung kann die Befragung über verschiedene Kanäle erfolgen:

persönlich, telefonisch, oder schriftlich. Diese weisen verschiedene Vor- und Nachteile auf, wie nachfolgende Tabelle darstellt:

Befragungsart Vorteile Nachteile

Persönliche Befragung

- Möglichkeit der Bildung repräsentativer Stichproben - Feststellbarkeit der Identität der Befragten

- Breite Spannweite der Fragen - Möglichkeit von Rückfragen

- Hoher Zeitaufwand und Kosten - Möglichkeit des Intervieweinflusses auf die Ergebnisse

- Notwendigkeit zur Interviewkontrolle - Erfordernis einer gut geschulten Intervieworganisation

Telefonische Befragung

- Schnelle Informationsgewinnung - Keine Interviewkontrolle bei zentraler Organisation der Befragung

- Begrenzte Zeitdauer und dadurch begrenzte Zahl der Fragen

- Begrenzung auf einfache und kurze Fragen ohne Stimulanz

- Keine Beobachtung möglich

Schriftliche Befragung

- Keine Intervieweinflüsse - Vergleichsweise geringe Kosten - Hoher Genauigkeitsgrad bei der Prüfung der Antworten

- Beteiligung mehrerer Personen bei der Antworterteilung möglich - Vergleichsweise leichte Erreichbarkeit von Fachleuten - Vergleichsweise hohe Identifikation ist möglich

- Keine konsekutive Fragetechnik aufgrund der Kenntnis des genauen Fragebogens

- Lange Untersuchungszeit

- Keine Möglichkeit der Gewinnung spontaner Antworten

- Große Repräsentanzprobleme - Viele Fehlantworten

- Begrenzung der Komplexität beim Frageninhalt

- Keine Klärbarkeit von Zweifelsfragen - Vergleichsweise begrenzter

Frageumfang

Tabelle 6-1: Vor- und Nachteile verschiedener Befragungsformen nach Tietz, B. (1993).38

37 Siehe hierzu Kapitel 6.3.2; vgl. Schnell, R.; Hill, P. B.; Esser, E. (1992): S. 338 f.;

sowie Büchner, M. (2006): S. 54.

38 Die Aufzählung zu den Vor- und Nachteilen ist nicht abschließend; zur weiteren Vertiefung vgl. Tietz, B. (1993): S. 431; sowie Habermehl, W. (1992): S. 113 ff.

Als Methode der Datenerhebung wird dem Fragebogen gegenüber dem Interview der Vorzug gewährt, da nach Ansicht des Autors über eine standardisierte, schriftliche Befragung, eine größere Anzahl und relativ homogene Gruppe von Untersuchungspersonen leichter, zeitsparender und kostengünstiger erreicht werden kann.39 Ferner kann mit einer schriftlichen Befragung, die ausnahmslos gebundene Fragestellungen beinhaltet, die deskriptive Beobachtung sowie die Untersuchung potentieller Wirkzusammenhänge ohne Beeinflussung der statistischen Aussagefähigkeit durchgeführt werden.40

Methodisch spricht zudem für die schriftliche Befragung, dass durch sie ein hoher Grad der Systematisierung der Fragen möglich ist und dass im Vergleich zum telefonischen und persönlichen Kontakt der Einfluss des Interviewers auf die Befragungssituation geringer ist und somit die Gefahr einer potentiellen Antwortverzerrung reduziert.

Gleiches ist für eine potentielle Antwortverzerrung hinsichtlich sozialer Erwünschtheitseffekte zutreffend.41

Neben den Vorteilen der schriftlichen Befragung sind auch einige Problemfelder zu beobachten, die mit dieser Erhebungsmethode verbunden sind. Als zentrales Problem der schriftlichen Befragung wird das Kommunikations- und Repräsentanzproblem angeführt.42

Zum Kommunikationsproblem: durch den fehlenden direkten Kontakt mit den Probanden, besteht keine Möglichkeit, Missverständnisse durch Rückfragen zu klären.

Um diesen Umstand der Fehlinterpretation Rechnung zu tragen, wurde der Fragebogen Mitarbeitern des Bundeskriminalamtes, die mit der Materie vertraut sind, wissenschaftlichen Mitarbeitern des Lehrstuhls für Statistik der Universität Regensburg, sowie Unternehmen, die über Erfahrungen mit Wirtschaftsdelikten verfügen, vorgelegt.43 Aufgrund der Komplexität des Themenfeldes wurde zudem im Rahmen der Konstruktion des Fragebogens auf eine klare Struktur und Systematik der Fragestellungen geachtet.44

39 Vgl. Berekoven, L.; Eckert, W.; Ellenrieder, P. (2004): S. 104 f.

40 Zu den Vor- und Nachteilen von Ratingskalen, Richtig-Falsch-Aufgaben und Mehrfachantwortaufgaben, vgl. ausführlich Büchner, M. (2006): S. 54 ff sowie S. 61 ff.

41 Vgl. Brüderl, J.; Preisendörfer, P.; Ziegler, R. (1996): S. 82.

42 Vgl. Hafermalz, O. (1976).

43 Siehe hierzu Kapitel 6.4.

44 Siehe hierzu Kapitel 6.3.1.

Das Repräsentanzproblem umfasst zwei Aspekte: das Responseproblem und das Identifikationsproblem. Bei fehlender Identität der Befragten zum Befragungsthema kann ein zu geringer Rücklauf zu einer möglichen Verzerrung des ursprünglichen Stichprobendesigns führen und so die Repräsentativität der Ergebnisse beeinträchtigen.

Um dies zu vermeiden, wurde der fertige Fragebogen einem umfassenden Vortest (Pre-Test) unterzogen.45

Als erstes Zwischenfazit kann festgehalten werden, dass keine übertriebenen Erwartungen in die zur Verfügung stehenden Methoden gestellt werden dürfen. Die Ergebnisse stellen immer nur eine Annäherung dar. Über Befragungen können lediglich begrenztes Wissen, persönliche Einschätzungen oder Bewertungen abgefragt werden.

Um den beschriebenen Problemfeldern zu begegnen, wurde nachfolgende Herangehensweise im Rahmen der Entwicklung des Fragebogens vorgenommen, die in Kapitel 6.2 bis Kapitel 6.5 dargelegt wird:

1. Experteninterviews zur Konzeption des Befragungsinstruments,46 2. Pre-Test des Befragungsinstruments zur qualitativen Vertiefung,47 3. Durchführung der Umfrage (Datenerhebung),48

4. Auswertung der Daten (Datenbeschreibung).49