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insgesamt wurden von den elf Projektträgern 58 Workshops bzw. Projekttage durch-geführt. die anzahl der Projekte pro Projektträger bewegte sich zwischen zwei und 14 (vgl. anhang, Kap. 11.4). die angebote für Kinder wurden mehrheitlich im geplanten umfang realisiert, drei Projekte konnten nicht alles, was geplant war, umsetzen und ein Projekt konnte mehr angebote machen als im Vorfeld geplant war.

5.2.1 Ziele und Inhalte der Präventionsprojekte

unterzieht man die Zielsetzungen in der arbeit mit Kindern einer genaueren analyse, so zeigt sich, dass Sensibilisierung und Wissensvermittlung über häusliche gewalt sowie das Verständnis für die Betroffenheit von Kindern und der abbau von Barrieren, unterstützung in anspruch zu nehmen, im Vordergrund standen.

der primäre inhaltliche fokus lag in der information über gewalt in elternbeziehun-gen und welche auswirkunelternbeziehun-gen dies auf das Leben von Kindern und Juelternbeziehun-gendlichen hat. die thematik „häusliche gewalt“ wurde vorgestellt, von anderen gewaltformen differenziert und die Betroffenheit der Kinder und Jugendlichen von häuslicher gewalt sowie deren Handlungsmöglichkeiten behandelt. der unterschied zwischen Konflikt und gewalt wurde von neun der elf Projekte thematisch bearbeitet, ebenso nahm die auseinandersetzung mit gefühlen und geheimnissen im Zusammenhang mit famili-entabus einen wichtigen Stellenwert in der Präventionsarbeit ein (vgl. tab. 7).

Tabelle 8:

Empfehlung externer Hilfseinrichtungen

sich Kinder und Jugendliche wenden können, wurden von zehn Projektträgern auf den Materialien vermerkt (vgl. tab. 8).

Mehr als die Hälfte der Projekte erstellte auch arbeitsmaterialien, die für die Praxis nutzbar sind. in einem fall erarbeiteten die Kinder der beteiligten Klassen eine eigene dokumentation des Projekts und ihrer aktivitäten. die Materialien, die sich an die Kin-der richteten, waren für unterschiedliche Klassenstufen gedacht: Obwohl Kin-der Schwer-punkt der Projektarbeit bei den dritten bis fünften Klassen lag, sind die erarbeiteten Materialien durchaus auch für Jugendliche nutzbar. Mehrheitlich wurden Vorlagen adaptiert, die von anderen einrichtungen bereits produziert waren, z. B. Vorlagen des Kinderbüros Karlsruhe, der Berliner interventionszentrale bei häuslicher gewalt und von Prägt, einem Präventionsprojekt der arbeiterwohlfahrt in Kindertageseinrichtun-gen (Borris, 2006).

Zwei Projektträger haben durchgängig geschlechtergetrennt (Jedermann Heidel-berg / Mädchenhaus HeidelHeidel-berg) gearbeitet, drei arbeiteten gemischtgeschlechtlich (Heilbronn, Waiblingen, Ravensburg), sechs Projekte bauten verschiedene Sequenzen getrennt für Jungen und Mädchen ein (vgl. Kap 7.1.6 ausführlicher). die beiden Heidel-berger Projekte berichteten von ihrer erfahrung, dass sich Kinder in geschlechtshomo-genen gruppen deutlich offener zeigten als in gemischtgeschlechtlichen. Sie würden sich mehr getrauen, auszuprobieren und wären mitteilsamer, wenn sie getrennt arbeiten. aufgrund dieser erfahrung wurde das Projekt durchgängig geschlechterge-trennt angelegt. die sechs Projekte, welche die Kinder zeitweise in geschlechtsspezi-fische gruppen aufteilten, unterschieden in diesen Sequenzen inhalte und Methodik nicht. teilweise wurde angemerkt, dass hier zukünftig anpassungen notwendig wären, welche jedoch im Zeitrahmen des gesamtprojektes nicht entwickelt wurden.

Balance zwischen Anforderung und Entlastung

dieser aspekt spielte in den Vorplanungen der Projekte eine entscheidende Rolle.

Viele Projektträger stellten sich die frage, ob sie die Kinder mit dem thema häusli-che gewalt belasten und wie sie diese abfedern könnten, ohne an Präzisierung und deutlichkeit zu verlieren. die gewählten aspekte der entlastung waren sehr vielfältig.

ein Projekt richtete beispielsweise eine „auszeitecke“ ein, die Mädchen und Jungen selbstbestimmt nutzen konnten. insgesamt legten die Projektträger große aufmerk-samkeit auf Zeichen der fürsorglichkeit. Methodisch wurde eine Reihe von Spielen zur auflockerung, entspannung und förderung des Klassenklimas eingesetzt und darauf geachtet, dass auch Spaß seinen Platz hat. die Projektträger bilanzierten, dass sich ihre erwartung, die Kinder wären durch das thema belastet und tendenziell überfordert, in eine Vielzahl von arbeitspapieren wurde entwickelt, damit Kinder das, was sie

ge-lernt haben, zu Papier bringen können. Selbstverständlich bildeten gespräche in der Klasse sowie in Kleingruppen ein zentrales element zur Reflexion des Projektthemas.

Bewegungsspiele sowie entspannungsübungen dienten der entlastung der Kinder, der förderung der Klassengemeinschaft und der Konzentration.

eine zentrale erfahrung der außerschulischen und an kleinere gruppen gewöhnten Projektträger war, dass es notwendig ist, eine Vielzahl von Methoden, Medien, arbeits-mitteln und Settings im Kontext Schule einzusetzen. die Konzentration und Mitarbeit der Kinder auf die inhalte fiel der erfahrung der Projektträger entsprechend dann besonders günstig aus, wenn zahlreiche Wechsel zwischen diesen elementen statt-fanden und wenn das Projektteam auch schulübliche arbeitsformen einbaute, die den Mädchen und Jungen vertraut waren, wie beispielsweise das anlegen einer Schüler-mappe, Sequenzen im frontalunterricht sowie das Bearbeiten von arbeitsblättern. als besonders effektiv wurden Lerneinheiten benannt, in denen die aktivität und Kreativi-tät der Kinder gefordert war, wie beispielsweise in Rollenspielen, in der durchführung von „interviews“ mit den Vertretern des unterstützungssystems oder im erstellen von Präsentationen oder eines kleinen

theaterstücks.

insbesondere die Projektträger, welche mit jüngeren Kindern der Klassen eins bis drei arbeiteten, standen vor der Herausforderung, altersgerechte Methoden zu entwickeln.

diese Projektträger berichteten von sehr positiven erfahrungen mit dem Handpup-penspiel (dKSB ulm, Heilbronn). Sie machten die erfahrung, dass die Kinder dem Spiel gebannt folgten und sich schnell mit dem kindlichen Protagonisten identifizierten.

Manche betroffenen Kinder zogen sofort eine Parallele mit ihrer Situation zu Hause und äußerten ein spontanes „genau so!“.

fast alle Projektträger arbeiteten mit dem film „Kennst du das auch?“ und gaben positive Rückmeldungen zu diesem Medium. dieser kleine trickfilm beschreibt in einzelnen Szenen die geschichten von drei Mädchen und zwei Jungen, deren Mütter unterschiedlich intensiv gewalt durch den ehemann oder freund erleben. gezeigt werden unterschiedliche Wege der Hilfesuche und Lösung10. in grundschulklassen wurden meist nur einzelne Sequenzen aus dem film gezeigt, in den Klassen weiter-führender Schulen wurde in der Regel der ganze film eingesetzt. die Kinder folgten den geschichten und den Lösungsmöglichkeiten, die darin gezeigt wurden, aufmerk-sam. er eignete sich entsprechend der erfahrung der Projektträger insbesondere, um mit den Kindern im anschluss die dargestellten möglichen formen an unterstützung und Wege aus häuslicher gewalt herauszuarbeiten.

Entwicklung von Informationsmaterialien für Kinder

die ausschreibung der Landesstiftung Baden-Württemberg verlangte von den Pro-jektträgern auch, informationsmaterialien für Kinder und Jugendliche zu entwickeln.

Hintergrund für diese Zielsetzung war, dass es nur wenige Materialien zu häuslicher gewalt und den möglichen Hilfen für Kinder und Jugendliche gab. Zehn von elf Pro-jekten erarbeiteten Materialien. der großteil der entwickelten Materialien dient der information von Kindern, sei es als flyer, Broschüre oder informationsblatt. Sehr oft wurde eine Scheckkarte entwickelt, welche Kontaktadressen für die Hilfesuche inner-halb und außerinner-halb der Schule enthält, häufig auch so gestaltet, dass die Kinder ihre eigenen unterstützungspersonen eintragen konnten. in den informationsmaterialien haben sieben Projektträger schulinterne ansprechpartner wie Klassenlehrer (6), Bera-tungslehrer (3) oder Schulsozialarbeit (5) aufgeführt. externe anlaufstellen, an welche

1

10 Der Film wurde in England (Leeds Animation Workshop) gedreht und ins Deutsche übersetzt.

Er ist zu beziehen über

www.big-interventionszentrale.de.

[ teil 2 „endlich kommt jemand und macht etwas“ – Schulische Prävention häuslicher gewalt in Baden- Württemberg ] [ teil 2 „endlich kommt jemand und macht etwas“ – Schulische Prävention häuslicher gewalt in Baden- Württemberg ]

5.3.2 Angebote für Eltern

die evaluation der angebote für die eltern stellte keinen Schwerpunkt der wissen-schaftlichen Begleitung der Präventionsprojekte dar. dennoch können einige ergebnis-se dargestellt werden (vgl. anhang, Kap. 11.6). für manche Projektträger gestaltete sich die arbeit mit den eltern schwierig. So wurde mehrfach berichtet, dass die eltern nur schwer zu erreichen wären (Böblingen, Karlsruhe, frauen helfen frauen / dKSB ulm,).

die speziell zum Projekt anberaumten elternabende oder ein elterncafé, welches ge-meinsam mit den Kindern vorbereitet wurde, waren oft nur spärlich besucht. daneben machten einige Projektträger die erfahrung, dass manche Schulen Bedenken hatten, welche die durchführung der elternangebote erschwerten. einzelne Lehrkräfte waren unsicher, das thema häusliche gewalt vor den eltern zu vertreten; außerdem wurde eine Projektvorstellung auf einem elternabend kurzfristig abgesagt, weil zu viele ande-re themen auf dem Programm standen.

alle Projektträger bewerteten angebote für die eltern im Zusammenhang ihrer Projekte als sehr wichtig. drei Zielrichtungen, unter denen elternangebote konzipiert wurden, können festgehalten werden:

Vertrauen schaffen über Projektinformation: der fokus lag darauf, das Vertrau-en der eltern zu dVertrau-en Projektträgern und für ihr VorhabVertrau-en zu gewinnVertrau-en. Ängste und damit verbundene Widerstände, es ginge im Projekt um die aufdeckung von Betroffenheiten von häuslicher gewalt, sollten ausgeräumt werden. es wurde betont, dass die Wissensvermittlung in der arbeit mit Kindern im Zen-trum steht. (tübingen, Mädchenhaus Heidelberg, Böblingen, Zollernalbkreis, Ravensburg, frauen helfen frauen / dKSB ulm, Waiblingen).

Sensibilisierung für die Rolle von Eltern als Wegbereiter ins Hilfesystem für betroffene Kinder und Jugendliche: eltern wurden als potentielle unterstützer für Kinder und Jugendliche, die mit häuslicher gewalt aufwachsen, angespro-chen. ausgangspunkt war, dass viele eltern über ihre eigenen Kinder mit einer Vielzahl von Kindern in Kontakt kommen. Sie sollten aus dieser Sicht für das thema sensibilisiert und ermutigt werden, darüber mit den Kindern zu spre-chen und in Kenntnis über Schutz- und Hilfsmöglichkeiten gelangen (Ravens-burg, Karlsruhe).

Aufklärung und Fortbildung über häusliche Gewalt: ein Projekt bot nach ab-schluss des Präventionsprojekts eine fortbildung für interessierte eltern zum thema häusliche gewalt an (Heilbronn).

der Regel nicht bestätigte. Wenngleich nicht ausgeschlossen werden konnte, dass ein-zelne Kinder tatsächlich sehr belastet waren, so wurde jedoch die erfahrung gemacht, dass viele Mädchen und Jungen erleichtert schienen, über das thema häusliche gewalt sprechen zu dürfen.

5.3 Rahmenprogramm

neben den beiden hauptsächlichen Zielgruppen im Rahmenprogramm – den Lehr-kräften und den eltern – machten die Projektträger zum teil auch angebote für andere Zielgruppen wie Schulsozialarbeit. einige Projekte machten auch einzelne angebote für die Polizei, Jugendamt und Hort.

5.3.1 Angebote für Lehrkräfte

Vier der Projektträger unterbreiteten dem Kollegium an den Schulen ein fortbildungs-angebot (Zollernalbkreis, Karlsruhe, frauen helfen frauen / dKSB ulm, vgl. anhang, Kap. 11.5). allgemeine Projektinformationen wurden von sieben Projekten an das ge-samte Kollegium gegeben. ein Projekt bezeichnete die teilnehmende Beobachtung der Lehrkraft am Präventionsprojekt als „teilnehmende fortbildung“. alle Projekte boten den Lehrkräften eine Vor-, neun auch eine nachbesprechung an. darüber hinaus gab es in einzelfällen Besprechungen mit Rektoren. die angebote für Lehrkräfte wurden mehrheitlich im geplanten umfang umgesetzt, nur in einem fall gelang dies nicht.

dafür konnten drei Projekte mehr angebote machen als ursprünglich geplant.

die einzelnen Projekte setzten unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte. einiges gewicht neben informationen über das Hilfesystem erhielten Handlungsstrategi-en, welche Lehrkräfte nutzen könnHandlungsstrategi-en, um betroffenen Kindern zu helfen. ein Projekt entwickelte gemeinsam mit und für Lehrkräfte einen Handlungsleitfaden, damit diese Sicherheit im umgang mit betroffenen Kindern gewinnen und diese angemessen unterstützen können (Waiblingen). auch schriftliche Handouts für Lehrkräfte und Schulsozialarbeit wurden von einigen Projekten zur Verfügung gestellt, damit diese nach ablauf der Projektlaufzeit mit den Kindern selbst das thema weiterführen und sie ihnen weiterhin Offenheit für die Problematik signalisieren können (frauen helfen frauen / dKSB ulm, Heilbronn).

Hauptziele in der arbeit mit Lehrkräften waren sowohl Sensibilisierung für die thematik häusliche gewalt als auch Verständnis für Kinder in solchen Situationen zu entwickeln. auch Wissensvermittlung wurde von der Mehrheit als ein Hauptziel angegeben. dagegen wurden aspekte wie die Kenntnis des Hilfesystems oder Hand-lungsstrategien in der Schule, welche Lehrkräfte stärker in ihrer Rolle als unterstützen-de für Kinunterstützen-der ansprechen, unterstützen-deutlich seltener als Schwerpunktziele angegeben. dies ist insbesondere dahingehend interessant, dass die Mehrheit der Projektträger im Laufe ihrer Projektarbeit zu der erkenntnis gelangten, dass Lehrkräfte oder Schulsozialarbeit als schulische ansprechpersonen für betroffene Kinder sehr wichtig sind (vgl. Kap. 7.4 ausführlicher). eventuell würden nach der erfahrung der Pilotprojekte diesen themen zukünftig mehr Bedeutung beigemessen werden.

im Rahmen des gesamtprojekts realisierten die elf Projektträger insgesamt 28 eltern-abende bzw. elterninformationsveranstaltungen. die anzahl an elterneltern-abenden pro Projektträger lag in abhängigkeit der anzahl an Schulklassen, mit denen gearbeitet wurde, und umfasste zwischen einem und zehn terminen. die Mehrheit der eltern-abende war der arbeit mit den Kindern vorangestellt, manche Projekte entschieden sich für einen weiteren elternabend nach Projektabschluss. Sechs Projekte gaben an, dass die von ihnen geplante anzahl realisiert wurde, fünf sagten, dass weni-ger angebote für eltern umgesetzt werden konnten als ursprünglich geplant. fünf Projektträger konnten einen speziell dafür anberaumten elternabend anbieten. fünf andere nahmen an einem regulären elternabend teil, auf dem sie in unterschiedli-chem umfang über das Projekt informierten. in einem fall wurde auf einer Sitzung des gesamtelternbeirats das Projekt vorgestellt, in einem anderen ein elterncafe für eltern der am Projekt teilnehmenden Kinder angeboten, welches jedoch ohne erwähnens-werte Besucherzahl blieb. Vier Projektträger verteilten speziell für das Projekt verfasste elternbriefe (frauen helfen frauen / dKSB ulm, Zollernalbkreis, Waiblingen).

die Projekte setzten bei der arbeit mit eltern unterschiedliche Schwerpunkte: auf den elternabenden wurde die zur Verfügung stehende Zeit meist zur information der elternschaft über Ziele, inhalte und Methoden des Präventionsprojekts genutzt. für die meisten Projektträger stellten Sensibilisierung und das Verständnis für Kinder, welche von häuslicher gewalt betroffen sein können, in den Vordergrund ihrer angebote an eltern. die Bereiche Hilfesystem, Hilfesuche und Handlungsstrategien nahmen weni-ger gewicht ein als bei den Schulprojekten für die Kinder. die Vermittlung differenzier-ter gewaltbegrifflichkeiten spielte auch bei dieser Zielgruppe eine eher geringe Rolle.