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5.3 Diskussion der Ergebnisse der Amin- und Enzymbestimmung

5.3.1 Amine im Chymus und Darmgewebe sowie Ergebnisse der

Insgesamt variierten die Ergebnisse der Aminbestimmung in den Chymus- und Darmgewebeproben sehr stark und waren von großen interindividuellen Unterschieden geprägt.

Die Polyamingruppe wies in wenigen Fällen signifikant höhere Amingehalte in den Chymus-bzw. Darmgewebeproben im Vergleich zu den anderen beiden Gruppen auf. Die signifikanten Unterschiede des Spermingehaltes im Chymus könnten durch das mit der Fütterung verabreichte Spermin bedingt sein. Untersuchungen von DUFOUR et al. (1988) über eine Spermidin- bzw. Sperminapplikation an junge Ratten ergaben, dass der Spermidin- und Spermingehalt der intestinalen Mukosa in den Versuchsgruppen signifikant erhöht war, was für die Aufnahme exogener Amine in die Zellen der Darmschleimhaut spricht. Im Darmgewebe lagen jedoch hinsichtlich des Spermingehaltes keine signifikanten Unterschiede vor.

In allen drei Fütterungsgruppen war der „Gradient“ der Amingehalte bezüglich der untersuchten Darmabschnitte einer ähnlichen Verteilung unterworfen. Das bedeutet, dass die Aminkonzentrationen unabhängig von der Behandlung in den hinteren Darmabschnitten (distales Jejunum, Ileum) höher waren als in den vorderen Bereichen (Duodenum, proximales Jejunum). Dieses Verteilungsmuster spiegelt sich auch deutlich bei den untersuchten Enzymaktivitäten wider (höhere Aktivitäten in den distalen Darmabschnitten). Die prozentualen Anteile der Amine am Gesamtamingehalt (s. Tab. 21) könnten auf den Differenzierungsstatus der Enterozyten hinweisen. Nach BARDOCZ (1993) sind hohe Putrescingehalte ein indirekter Hinweis für einen immaturen Status von Zellen, höhere Spermidin- und Spermingehalte weisen auf eine gesteigerte metabolische Aktivität hin. Diese Annahme ließ sich jedoch durch die Ergebnisse nicht eindeutig belegen. Ein hoher Spermidingehalt kann auch das Resultat einer vermehrten bakteriellen Spermidinbildung sein und ist nicht unbedingt ein Zeichen für einen erhöhten Differenzierungsstatus abgeschilferter Darmzellen. Bezüglich der Polyamingruppe spricht das Spermidin/Sperminverhältnis gegen die Vermutung, dass sich die Enterozyten in einem höher differenzierten Status befinden.

Dieser Quotient ist ebenfalls ein Marker für den Reifestatus von Zellen (BARDOCZ 1993;

KELLY et al. 1991 a). Ein niedriger Quotient ist ein Zeichen für eine geringe Ausdifferenzierung. Mature Zellen weisen einen höheren Quotienten auf.

Tab. 22: Spermidin/Spermin-Quotient (SPD/SPN) im Duodenum (Gewebe) der einzelnen Fütterungsgruppen

SPD/SPN 0,74 0,59 1,02

Der SPD/SPN-Quotient ist in der Polyamingruppe niedriger, steigt zur Kontrollgruppe hin an und ist bei den purinsupplementierten Ferkeln höher (s. Tab. 22). Diese Daten sprechen gegen die Hypothese, dass der Zusatz von Spermin in der Ration in physiologischen Konzentrationen zu einer Steigerung der Differenzierung führt. In Anbetracht des Quotienten scheint die Supplementierung mit Purinen die Differenzierung der Epithelzellen zu erhöhen.

Diese Beobachtung wird teilweise durch morphologische Kriterien unterstützt (AMSELGRUBER, persönliche Mitteilung). Die Puringruppe verfügt über die ausgeprägteste Krypten-Villuslänge im Duodenum (975 µm), an zweiter Stelle folgt die Polyamingruppe (842 µm). Die Kontrollgruppe besitzt eine Krypten-Villuslänge von 759 µm. Die Daten der morphologischen Auswertung weisen darauf hin, dass sich die unterschiedlichen Fütterungsregime am Duodenum, dem Abschnitt, der als erstes mit dem Mageninhalt in Kontakt tritt, am deutlichsten auswirken. Im Duodenum wurden die längsten Darmzotten gemessen. Purine scheinen mehr Einfluß auf die Morphologie zu nehmen als Polyamine. Der Purineffekt steht im Einklang zu den Ergebnissen bei maturen Tieren (RAAB 1998) und könnte die Hypothese bestätigen, dass auch bei Ferkeln die Purinverfügbarkeit einen Einfluß auf die Darmmorphologie besitzt. Die Villuslänge ist als Folge einer erhöhten Zellproliferation in den Krypten zu interpretieren. Es ist anzunehmen, dass die erhöhten Villus-Kryptenlängen in der Puringruppe das Resultat einer bereits stattgefundenen hohen

(AMSELGRUBER, persönliche Mitteilung), wird deutlich, dass dieser im Jejunum höher ist als im Duodenum (Tab. 23). Als Ki-67 wird ein Protein bezeichnet, das proliferierende Zellen im Zellkern exprimieren. Tendenziell weist die Puringruppe das geringste Ausmaß an Zellteilungen auf. Der Proliferationsmarker Thymidinkinase zeigt ebenfalls eine tendenziell höhere Aktivität im distalen Bereich (GUTSCHER, persönliche Mitteilung). Es ließen sich jedoch keine signifikanten Gruppenunterschiede nachweisen.

Tab. 23: Proliferationsparameter Ki-67 (% positiver Zellen an der Gesamtzellzahl in den Krypten) und Thymidinkinaseaktivität (U/mg cytosolisches Protein)

Behandlung

Duodenum 33,7 34,9 30,4

Ki-671

mittleres Jejunum 47,1 44,9 40,8

proximales Jejunum 22,2 20,1 19,4

Thymidin-kinase2

distales Jejunum 26,2 20,0 23,6

Quelle: 1AMSELGRUBER und 2GUTSCHER, persönliche Mitteilung

Zunächst scheint die tendenziell höhere Proliferationsrate in der Kontrollgruppe im Widerspruch zu den morphologischen Daten zu stehen. Beim Darmepithel handelt es sich jedoch um ein dynamisches System, so dass die Messungen der Proliferationsparameter im Gewebe nur eine Momentaufnahme wiedergeben.

Der prozentuale Cadaverinanteil der Darmgewebeproben ist im Gegensatz zu den Chymusproben in allen drei Fütterungsgruppen gering. Das Diamin Cadaverin wird fast ausschließlich von Bakterien gebildet. Bei Ornithinmangelsituationen in Geweben kann das

Enzym Ornithindecarboxylase (ODC) zusätzlich die Aminosäure Lysin decarboxylieren und es entsteht Cadaverin (BARDOCZ 1993). Bei den Versuchstieren im Gewebe nachgewiesenes Cadaverin könnte sowohl endogenen Ursprungs sein, wobei jedoch eine vorliegende Ornithinmangelsituation unwahrscheinlich ist. Die exogene Herkunft scheint deshalb wahrscheinlicher. Es ist anzunehmen, dass es sich auch bei dem im Chymus nachgewiesenen Cadaverin um das Produkt der im Dünndarm befindlichen Bakterienpopulation handelt. Diese bakterielle Stoffwechselaktivität wurde von DIERICK et al. (1986) hauptsächlich in den hinteren Abschnitten des Dünndarmes festgestellt, ihre Aktivität im Duodenum wurde als vernachlässigbar bezeichnet. Ähnliche Verhältnisse spiegeln auch die Ergebnisse der Cadaverinbestimmung im Chymus der beiden Dünndarmabschnitte (proximales und distales Jejunum) wider, wenn auch nur tendenziell, so ist doch der Gehalt an Cadaverin im vorderen Darmbereich geringer.

PIETRZAK (1997) bestimmte die Amingehalte im Mageninhalt und Chymus verschiedener Darmabschnitte von Ferkeln am Tag 6 nach dem Absetzen nach Verfütterung einer Grieben-bzw. Sojadiät. Putrescin war das dominierende Amin in allen Proben mit einem Maximum im Jejunum von 1629 nmol/g. Die Cadaveringehalte waren ebenfalls im Jejunum am höchsten (457 nmol/g), während Histamin in allen Abschnitten nicht detektiert werden konnte. Spermin war nicht in allen Proben nachweisbar. Im Colon wurde ein Spermidinmaximum von 298 nmol/g gemessen. Da in den eigenen Untersuchungen die Angaben der Aminergebnisse im Chymus in nmol/ml gemacht wurden, gestaltet sich ein Vergleich der Resultate schwierig. Es lässt sich jedoch erkennen, dass die Ergebnisse der eigenen Untersuchungen um ein Vielfaches unter den oben beschriebenen Analyseresultaten liegen. In der Literatur werden Angaben über Amingehalte im Magen-Darm-Trakt hauptsächlich in Form von Aminkonzentrationen der Darmmukosa (DUFOUR et al. 1988; SEIDEL et al.1985) und selten als Amingehalt der kompletten Darmwand oder des Chymus angegeben, weshalb vergleichende Betrachtungen kaum möglich sind. Die Untersuchungen über Amingehalte von Darmgewebe wurden in erster Linie an Ratten durchgeführt. KELLY et al. (1991 a) untersuchten erstmals den Amingehalt der Dünndarmmukosa von ein bis acht Wochen alten Ferkeln. Putrescin wurde vor allem in den vorderen Dünndarmabschnitten nachgewiesen

auf den Putrescingehalt. Der Spermidingehalt (Angaben in µmol/10 cm Darmlänge) nahm bis zur siebten Lebenswoche zu und verringerte sich dann in der achten Woche. Die Sperminkonzentration stieg ebenfalls stetig bis zur fünften Lebenswoche an, um dann dieses Niveau zu halten. LORET et al. (2000) befaßten sich ebenfalls mit der Wirkung von oral verabreichtem Spermin bei Ferkeln. Die Autoren untersuchten die Akkumulation des oral verabreichten Spermins bzw. des natürlicherweise in der Sauenmilch vorkommenden Polyamins Spermidin in den roten Blutkörperchen sowie im Blutplasma. Obwohl durch die Sperminapplikation signifikant höhere Aminkonzentrationen in den roten Blutkörperchen und im Plasma nachgewiesen wurden, konnte der Bezug zum oral aufgenommenen Spermin nicht zweifelsfrei geklärt werden. Des Weiteren wurde die Aminsekretion in Bauchspeicheldrüsensekret bei ca. 4 Wochen alten Ferkeln untersucht. Interessanterweise wurde beobachtet, dass die höchsten Aminkonzentrationen dann gefunden wurden, wenn der Proteingehalt des Drüsensekretes maximale Werte erreichte. Die Autoren stellten die Hypothese auf, dass die Pankreas-Polyamine einen Kontrollmechanismus darstellen, der polyamininduzierte/s Wachstum und Differenzierung des Darmepithels steuert. Außerdem scheint das natürlich vorkommende, teilweise im Zellkern lokalisierte Polyamin Spermin eine wichtige Rolle beim Schutz der DNA vor dem Angriff durch freie Radikale zu haben (HA et al. 1998).

Insgesamt lässt sich aus den Untersuchungen ableiten, dass es bei einer weiteren Versuchsreihe sicherlich sinnvoll wäre, den Amingehalt zusätzlich in der Darmmukosa zu bestimmen. Eine vergleichende Betrachtung mit anderen Literaturstellen würde dadurch einfacher, auch wenn diese sich größtenteils auf Versuche mit Ratten beziehen.