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Allergiediagnostik beim Pferd

2. Literaturübersicht

2.2 Allergiediagnostik beim Pferd

Bei Allergietests muß zunächst zwischen den in vivo Tests und den in vitro Tests unterschieden werden. Beide haben das Ziel, bei klinisch verdächtigen Pferden eine Allergie auf ein oder mehrere Antigene nachzuweisen.

2.2.1 Provokationsversuche

Unter Provokationsversuchen versteht man die Belastung des Individuums in vivo mit einem oder mehreren Substanzen (z.B. Histamin oder Antigen). Die Verabreichung erfolgt dabei entweder inhalativ oder intrakutan. Provokationsversuche stellen für den Patienten immer eine hohe Belastung und die Gefahr der Polyallergisierung dar.

2.2.1.1 Intrakutantests

Intrakutantests wurden bisher vor allem bei Pferden mit COB oder Sommerekzem eingesetzt.

Da die Untersuchungen zu sehr kontroversen Ergebnissen führten, ist ihre Bedeutung in der Allergiediagnostik sehr umstritten.

a) Intrakutantests bei COB

SCHATZMANN und GERBER (1972) führten Intrakutantests mit verschiedenen Antigenen bei gesunden, als auch bei allergieverdächtigen und allergieunverdächtigen lungenkranken Pferden durch. Sie konnten auch wie MC GORUM et al. (1993a) und HOCKENJOS et al.

(1981) keine signifikante Übereinstimmung zwischen Klinik und Test feststellen.

EVANS et al. führten 1992 Intrakutantests an 3 verschiedenen Gruppen von Pferden durch:

1. an gesunden Kontrolltieren, 2. an COB erkrankten Tieren und 3. an Tieren mit rezidivierender Urticaria. Sie untersuchten dabei deren Hautreaktionen auf 58 verschiedene Antigene und stellten dabei fest, daß alle Pferde auf ein oder mehrere Antigene positiv reagierten. Obwohl die Pferde mit COB oder Urticaria auf einen größeren prozentualen Anteil der Antigene reagierten, gab es nur bei 3% aller Antigene bei COB-Pferden und bei 4,5% aller Antigene bei Urticaria-Pferden einen signifikanten Unterschied zur Kontrollgruppe. EVANS et al. (1992) schließen daraus, daß man aufgrund der Hautreaktionen auf einzelne Antigene nicht zwischen gesunden und kranken Tieren unterscheiden kann.

Im Gegensatz dazu wiesen HALLIWELL et al. (1979) hoch signifikante Unterschiede zwischen gesunden Pferden und solchen, welche unter COB litten, nach. Sie untersuchten dabei zahlreiche kommerziell erhältliche Präparationen von Schimmelpilzen und Actinomyceten, die in Pferdeställen vorkommen.

b) Intrakutantests bei Pferden mit Sommerekzem

Bei den Pferden mit Sommerekzem ergaben die durchgeführten Intrakutan-Tests ein ähnliches Bild. BAKER und QUINN beobachteten 1978 Unterschiede bei kranken und gesunden

Tieren, welche sie mit Präparationen von Culicoides und Stomoxys calcitrans getestet haben.

Im Gegensatz dazu konnten QUINN et al. (1993), STROTHMANN (1982) und HALLDORSDOTTIR et al. (1989) keine signifikanten Unterschiede zwischen kranken und gesunden Pferden im Test feststellen.

c) Beurteilung von Intrakutantests

Insgesamt ist der Intrakutantest als eine Testmethode mit einem hohen Risiko an falsch-negativen und falsch-positiven Ergebnissen anzusehen. Ihr Wert wird deshalb mittlerweile von den meisten Autoren als sehr gering zur Allergiediagnostik angesehen. Außerdem kommt hinzu, daß die Pferde bei dieser Testmethode einer starken Belastung durch das Antigen und einer damit verbundenen Gefahr der Sensibilisierung auf ein Antigen, auf welches sie vorher nicht allergisch reagierten, ausgesetzt sind (MAGRO et al. 1987).

2.2.1.2 Inhalationstests

Der Inhalationstest wurde bisher im wesentlichen bei Pferden mit COB untersucht. Die Tiere wurden hier entweder mit möglichen Antigenen oder mit Histamin provoziert.

a) Inhalationstest mit Antigenen

Inhalations-Provokationstests mit ultraschallvernebelten Antigenextrakten dienten vor allem der Erforschung von den an der COB-Auslösung beteiligten Antigenen. MC GORUM et al.

(1993b) ließen gesunde und COB-kranke Pferde verschiedene Antigene inhalieren. Zur Kontrolle dienten die Inhalationen von PBS und die natürliche Exposition von Heu und Stroh.

Die natürliche Exposition führte bei allen COB-kranken Pferden ebenso wie verschiedene Antigene zu Krankheitssymptomen. Im Gegensatz dazu reagierten die gesunden Tiere nicht.

Ähnliche Ergebnisse erhielten auch FAIRBAIRN et al. (1993).

MC PHERSON und THOMSON (1983) und MC GORUM (1994) empfehlen bei Pferden mit COB-Verdacht, aber wenig ausgeprägter Symptomatik, die Patienten unter ständiger

Beobachtung in einen Stall mit schimmeligem Heu und Stroh zu stellen. Bei einer 24 Stunden später durchgeführten bronchoalveolären Lavage zeigten die COB-Pferde eine deutliche Sekretneutrophilie.

Insbesondere der natürliche Inhalationsprovokationsversuch scheint zur Diagnostik von COB-Pferden herangezogen werden zu können, aber er ist mit einer sehr hohen Belastung für das Tier verbunden. Nach SPECTOR (1989) wird der Inhalations-Provokationstest in der Humanmedizin nur dann eingesetzt, wenn Intrakutantest, Vorbericht und in vitro Testverfahren widersprüchliche Ergebnisse liefern. Dieser Test ist also auch in der Humanmedizin als allerletzte Diagnosemöglichkeit anzusehen.

b) Inhalationstest mit Histamin

Bei dem sogenannten Histamin-Inhalations-Provokationstest inhalieren die Patienten über eine Atemmaske Aerosole mit ansteigenden Histaminkonzentrationen. Die Reaktion auf die Histamininhalation wird anhand der Änderung der Lungenfunktionsparameter dynamische Compliance, Lungenwiderstand, Atemfrequenz und maximale intrathorakale Druckdifferenz beurteilt (KLEIN und DEEGEN, 1986). Sie fanden dabei keine unspezifische Hyperreagibilität bei den gesunden Pferden, aber bei 25% aller geringgradig und bei 100%

aller schwer COB-erkrankten-Pferden. Dieser Test prüft nur die Empfindlichkeit (Reagibilität) auf einen Hauptmediator der Typ I Allergie, das Histamin. Da dabei Allergene nicht berücksichtigt werden, kann jedoch nichts über die Ursache der Reagibilität ausgesagt werden.

2.2.2 In vitro Allergietests

Der große Vorteil bei in vitro Tests ist, daß den Patienten nur das benötigte Untersuchungsmaterial, in der Regel Blut, entnommen wird und ihnen damit die Belastung durch Kontakt mit den vermuteten Allergenen erspart bleibt.

2.2.2.1 Nachweis von IgE

In der Humanmedizin ist bekannt, daß IgE-Antikörper in der Lage sind, eine Typ I Allergie zu vermitteln.

Ein zuverlässiger, kommerziell erhältlicher Test zum Nachweis von IgE beim Pferd existiert bisher nicht. Die meisten bisher verwendeten IgE-Tests arbeiten mit polyklonalen Antikörpern (die überwiegend aus der Humanmedizin stammen), deren Aussage auf die Kreuzreaktivität zwischen humanen und equinen Antikörpern beruht. Über die Proteinstruktur des equinen IgE besteht weiterhin einige Unklarheit (VON BAEHR et al., 1999). Untersuchungen am Institut für Tierzucht an der Universität Bern zeigten jedoch, daß mit Hilfe von rekombinanten Allergenen sensitivere Möglichkeiten zum Nachweis von IgE zur Verfügung stehen könnten (EDER et al., 2000).

Arbeiten von WAGNER et al. (1997) und (1998) aus der hiesigen Arbeitsgruppe zeigten, daß das Pferd einen Genort (ce) besitzt, der für die schwere Kette des IgE-Moleküls codiert. Bisher ist es aber noch nicht gelungen, das komplette Pferde IgE-Molekül in rekombinanter Form herzustellen. Mangels reinem vollständigem IgE gibt es auch noch keine Antikörper die ausschließlich mit Pferde IgE reagieren. Ohne reines IgE und spezifische Nachweisantikörper dagegen, kann weder die funktionelle Bedeutung von IgE bei der Typ I Allergie der Pferde untersucht werden, noch ein zuverlässiger serologischer IgE-Nachweis geführt werden.

2.2.2.2 Funktioneller in vitro Allergietest (FIT)

Nach zahlreichen Untersuchungen zu dem Thema der Histaminfreisetzung aus basophilen Granulozyten (MAGRO et al., 1987; ABDEL-SALAM, 1989 und DIRSCHEL et al., 1993) ist es KAUL 1998 gelungen, einen Allergietest zu schaffen, welcher diese Freisetzung zuverlässig mißt und quantifiziert. Dieser Test, welcher in Kapitel 3 (3.3) näher beschrieben ist, beruht auf dem Prinzip, daß die basophilen Granulozyten mit den vermuteten Allergenen in verschiedenen Konzentrationen in Kontakt gebracht werden. Diese reagieren aber nur dann mit einer Histaminfreisetzung, wenn sie auf ihrer Oberfläche mit ausreichender Menge an Antikörpern sensibilisiert sind, die das Allergen spezifisch binden können. Das freigesetzte Histamin wird in einem RIA (radio immuno assay) quantifiziert und so als Maß für den Grad der Sensibilisierung der basophilen Granulozyten gewertet: Die durch Allergen freigesetzte Histaminmenge wird mit der ins Verhältnis gesetzt, welche durch die physikalische Freisetzung (Zellen werden durch kochen zerstört) oder durch die eines geeigneten Antikörpers freigesetzt wird (maximale Freisetzung). Die Höhe dieses Verhältnisses entscheidet darüber, ob ein Pferd in Bezug auf das getestete Allergen als sensibilisiert anzusehen ist.