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Adolf Helbok (1883–1968)

Im Dokument Österreichische Historiker (Seite 186-200)

„ich wa r ein Stürmer und Dränger“1

1.

Im Februar 1933 konnte der Historiker und Volkskund-ler Adolf Helbok in der von ihm selbst herausgegebenen Zeitschrift „Heimat. Vorarlberger Monatshefte“ folgende Würdigung seiner eigenen Person aus Anlass seines 50.

Geburtstages lesen : Er sei „Vorarlbergs bedeutendster Ge-schichtsforscher, Geschichtsschreiber und Volkskundler […], der durch seine Führereignung und seinen reichen Geist das kulturelle Leben unseres Landes gefördert und befruchtet hat wie kein zweiter, und heute in der ersten Reihe deutscher Historiker steht und zu den erfolgreichs-ten wissenschaftlichen Organisatoren zählt“2.

Spätestens seit seinem Tod im Jahr 1968 wird Helbok freilich ganz überwiegend nur mehr als Nationalsozialist und Rassist wahrgenommen : Klaus Fehn zählt ihn (in einem übrigens sehr nuancierten und höchst lesenswerten Aufsatz) „zu den politisch erheblich Belasteten“3, Ingo Haar bezeichnet Helbok gleich unumwunden als „Austrian Nazi“4 und Olaf Bockhorn als „Rassist[en] (das kann man ruhig sagen !)“5. Bertrand Müller

1 HelBok, Erinnerungen (der vollständige Titel befindet sich in der Bibliographie im Anhang = Bibl.) 29 ; vgl.

Hans Kramer, Der Tiroler Historiker Otto Stolz. Probleme seiner Laufbahn, in : FS für Karl Schadelbauer zur Vollendung des 70. Lebensjahres (Veröff. des Innsbrucker Stadtarchivs NF 3, Innsbruck 1972) 139–147, hier 146. – Für die Durchsicht des Manuskripts bin ich besonders Martin Peters zu Dank verpflichtet. Für die vorbildliche Betreuung im Archiv der ÖAW danke ich Stefan Sienell, für die Zusendung von Kopien Peter Goller (UAI) und Petra Hesse (UA Leipzig).

2 Schneider, Professor Dr. Adolf Helbok (Bibl.) 17.

3 Fehn, „Biologische Volkstumsgeschichte“ (Bibl.) 479.

4 Ingo Haar, [Rez. zu] Eduard Mühle. Für Volk und deutschen Osten : Der Historiker Hermann Aubin und die deutsche Ostforschung (Schriften des Bundesarchivs 65, Düsseldorf 2005), in : The American Historical Review 112,2 (April 2007) 613f., hier 614.

5 Olaf Bockhorn, in : Diskussion V, in : Volkskunde und Nationalsozialismus. Referate und Diskussionen einer Tagung der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde, München, 23.–25. Oktober 1986, hg. v. Helge Gerndt (Münchner Beiträge zur Volkskunde 7, München 1987) 179–184, hier 182.

Abb. 13 Adolf Helbok

stellt Helbok französischen Lesern als einen der „premiers adhérants au nazisme“ vor6, in Hermann Bausingers grundlegender Darstellung des Faches Volkskunde ist Helbok bloß „der nationalsozialistische Volkskundler“7, Steffen Kaudelka nennt ihn „Vertreter einer genuin nationalsozialistischen Geschichtswissenschaft“8, Hubert Fehr bescheinigt Helbok, dass seine „Weltanschauung das Jahr 1945 relativ unbeschadet überstand“9, und evidentermaßen nur aus eben diesen Gründen werden Helbok heutzutage in rechtsextre-men Zeitschriften, die auch über einen anderen Adolf H. nur das Beste zu sagen wissen, Elogen zuteil10. Eine differenziertere Darstellung Helboks in Gerhard Oberkoflers Ju-gendwerk „Die geschichtlichen Fächer an der Philosophischen Fakultät der Universität Innsbruck 1850–1945“ veranlasste den Innsbrucker Rechtshistoriker Nikolaus Grass zu den Formulierungen „[…] betont katholische Gelehrte […] werden bewusst herabge-setzt, während große Nazis wie der Oberschwätzer Helbok ‚in den Himmel‘ hinaufge-lobt werden. Oberkofler’s Buch ist in total neonazistischer Tendenz verfasst“ bzw. „ist […] in ausgesprochen neonazistischem Geiste geschrieben. Herr [Adolph] Helbok wird beispielsweise verherrlicht“11. Für den DDR-Historiker Karl Czok zeigt das Beispiel des

„österreichischen Faschisten“ Adolf Helbok „nur zu deutlich, wo diejenigen bürgerlichen Landeshistoriker endeten, die sich mit Haut und Haar dem Faschismus verschrieben ; denn sie halfen, seine Herrschaft und den menschenfeindlichen Größenwahnsinn ‚wissen-schaftlich‘ zu stützen und damit ganze Völker ins Unglück zu stürzen“12. Noch negativer äußerte sich ein anderer DDR-Historiker, Gerhard Heitz, der zwar zunächst konzediert,

„daß Helbok ein außergewöhnlich kenntnisreicher Mann von erstaunlicher Arbeitskraft und Produktivität gewesen ist“, dann aber wie folgt fortfährt : „Aber den größten Teil sei-ner zumeist programmatischen Schriften liest man doch mit Beschämung darüber, was in ernsthaften Organen deutscher Geschichtswissenschaft straflos geschrieben werden durfte und auch noch Beifall fand. […] Man wird bei dieser mitunter geradezu pervers anmuten-den Vergewaltigung der erprobten Methoanmuten-den der bürgerlichen Geschichtswissenschaft an

6 Bertrand Müller, in : Marc Bloch, Lucien Febvre et les Annales d’Histoire Économique et Sociale. Correspon-dance 2 : 1934–1937. Édition établie, présentée et annotée par B. M. (Paris 2003) 449 Anm. 2.

7 Hermann Bausinger, Volkskunde. Von der Altertumsforschung zur Kulturanalyse (Berlin [1971]) 69.

8 Kaudelka, Rezeption im Zeitalter der Konfrontation (Bibl.) 221.

9 Hubert Fehr, Germanen und Romanen im Merowingerreich. Frühgeschichtliche Archäologie zwischen Wis-senschaft und Zeitgeschehen (Ergänzungsbände zum Reallexikon der germanischen Altertumskunde 68, Ber-lin/New York 2010) 673.

10 Gröhsl, Helbok, Das Volk ist unvergänglich (Bibl.) 24f.; Grolitsch, Wesenszüge (Bibl.) 2–10, = Dies., Wesenszüge (Bibl.) 154–178 (der Begriff „lebensgesetzlich“ wurde durch „biologisch“ ersetzt).

11 Gerhard OBerkofler, Nikolaus Grass. Einige wissenschaftshistorische Miniaturen aus Briefen und seine Korrespondenz mit dem Prager Juden Guido Kisch (Innsbruck 2008) 293 bzw. 430.

12 Karl Czok, Zu Problemen der deutschen Landesgeschichte, in : Wissenschaftliche Zs. der Karl-Marx-Univer-sität Leipzig, Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe 10,4 (1961) 513–526, hier 518.

die Untaten jener Naturwissenschaftler und Ärzte erinnert, die sich nicht gescheut haben, Versuche an lebenden Menschen vorzunehmen und auch noch vorgaben, im Dienste der Wissenschaft zu handeln“13. Am vernichtendsten ist Peter Schöttlers Urteil ausgefallen : Dieser zählt Helbok gemeinsam mit Walter Frank und Kleo Pleyer zu den „radikalsten Nazi-Historikern“ überhaupt, „die nicht nur rassistisch, sondern antisemitisch argumen-tierten“, ja „sich ganz unbestritten in den Dienst des Regimes stellten, die Antisemiten waren und später, während des Krieges, die Politik des Völkermordes rechtfertigten“14. Auch die wohl bislang informativste (und vergleichsweise einfühlsame) Abhandlung über Helbok von Wolfgang Meixner15 stellt sein Nazitum in den Mittelpunkt. Eine bedeu-tende Ausnahme stellen heutzutage nur die Arbeiten von Reinhard Johler dar ; so erwähnt dieser auch erst wieder in einem 2009 publizierten Aufsatz zwar sehr wohl die „eindeu-tigen ideologischen Implikationen“ von Helboks deutschnationaler Grundeinstellung, gleichwohl „beinhalten“ für Johler Helboks „Initiativen wie auch seine wissenschaftlichen Veröffentlichungen aber doch auch interessante Ansätze, die frühzeitig Innovationen der Geschichtswissenschaft aufnahmen und zum Teil auch weiter führten. Gemeint sind da-mit die Orientierung auf die landeskundliche Perspektive, die Hinwendung zur Wirt-schafts- und Sozialgeschichte sowie die Betonung der historischen Hilfswissenschaften und damit die Erschließung neuer Quellen für die Siedlungsforschung“16. Das vermutlich komplexeste rezente Urteil über Helbok überhaupt stammt von Friedemann Schmoll :

„Sein [sc. Helboks] Weg führte […] in Kontrastierung zu einer politischen Ereignisge-schichte zur VolksgeEreignisge-schichte und schließlich über die LandesgeEreignisge-schichte zur Volkskunde.

Helbok sollte dabei vom jungen Siedlungs- und Heimathistoriker der Kaiserzeit über den innovativen Volksgeschichtler der 1920er Jahre, den interdisziplinär orientierten Volks-tumsforscher der frühen 1930er Jahre hin zum rassistischen ‚Diagnostiker am Leibe des Volkes‘ und wissenschaftlichen Apologeten eines abendländisch-europäischen Kulturrau-mes nach 1945 sämtliche Metamorphosen durchlaufen.“17

13 Gerhard Heitz, Rudolf Kötzschke (1867–1949). Ein Beitrag zur Pflege der Siedlungs- und Wirtschafts-geschichte in Leipzig, in : Karl-Marx-Universität Leipzig 1409–1959. Beiträge zur UniversitätsWirtschafts-geschichte 2 (Leipzig 1959) 262–274, hier 273f.

14 Peter Schöttler, Deutsche Historiker auf vermintem Terrain. Einleitende Bemerkungen, in : Das Deutsche Historische Institut Paris und seine Gründungsväter. Ein personengeschichtlicher Ansatz, hg. v. Ulrich Pfeil (Pariser Historische Studien 86, München 2007) 15–31, hier 20 und 17f.

15 Meixner, „… eine wahrhaft nationale Wissenschaft der Deutschen…“ (Bibl.) ; freilich musste „in diesem Bei-trag noch vieles holzschnittartig verkürzt bleiben“ (132) ; immerhin hat Meixner auch m.W. als erster seit dem NS-Gutachter „Dr. Meyer“ (siehe unten S. 274f.) eine gewisse Entwicklung in Helboks während der NS-Zeit erschienenen Arbeiten wahrgenommen (130).

16 Reinhard Johler, Richard Beitl (Bibl.) 130f. Auch die vier Helbok betreffenden Aufsätze von Reinhard Joh-ler aus dem Jahr 1994 (Bibl.) sind sehr informativ und ausgewogen.

17 Schmoll, Vermessung (Bibl.) 117. Eine Ausnahme stellt auch Ulrike Lang dar, die ihn ihren eigenen

Ziel-In diesem Sinn soll im Folgenden Helboks Leben und Werk einer kritischen Sichtung insbesondere im Hinblick auf seine Entwicklung zu einem – wie es jedenfalls auf den ersten Blick ganz den Anschein hat – überzeugten und offenbar auch „unbelehrbaren“ National-sozialisten unterzogen werden, den Status eines solchen braucht man in seinem Fall, ganz anders als in jenem von Heinrich Ritter von Srbik18, ja offenbar nicht mehr nachzuweisen.

Ob Helbok tatsächlich auch nur ein ebenso typischer Nationalsozialist wie Srbik gewesen ist, wird sich im Laufe dieser Untersuchung freilich erst weisen19. Anders als Srbik hat Helbok auch allgemein zugängliche (nach 1945 verfasste) persönliche „Erinnerungen“20 hinterlassen ; in diesen wird Adolf Hitler und dem Nationalsozialismus eine durchaus po-sitive Würdigung zuteil, und Helbok stellt sich in ihnen auch nicht als NS-Gegner oder beklagenswertes NS-Opfer dar. Gleichwohl ist Helbok bei ihrer Abfassung keineswegs uneingeschränkt aufrichtig gewesen : So verschweigt er etwa seinen (tatsächlich nicht wi-derrufenen) Beitritt zur NSDAP im Jahr 1933, sodass dem unkundigen Leser die 1934 und dann wieder 1945 gegen ihn gesetzten Maßnahmen österreichischer Regierungen, die

setzungen entsprechend im Wesentlichen als Vorarlberger Heimatforscher präsentiert : „Der Vlbg. Historiker u. Volkskundler Adolf Helbok […] gehörte zu den Mitbegründern des österr. Volkskundeatlas u. zu den Ini-tiatoren der Heimatforschung in Vorarlberg. Zusammen mit dem Wiener Historiker Otto Brunner rief er die Volksgeschichte ins Leben u. entwickelte kartographische Methoden im Rahmen der Volkskunde. Werke : Geschichte Vorarlbergs (1925), Volkskunde Vorarlbergs (1927), Vorarlberger Heimatforschung (1935). Ab 1920 gab er die Vorarlberger Monatshefte Heimat heraus […] sowie die 12bändige Vorarlberger Heimatkunde (ab 1927)“, in : GulBransson, Tagebücher 4 (Bibl.) 84 Anm. 101 ; Dies., Tagebücher 5 (Bibl.) 96 Anm. 176.

18 Zu diesem siehe zuletzt Martina Pesditschek, Heinrich (Ritter von) Srbik (1878–1951). „Meine Liebe gehört bis zu meinem Tod meiner Familie, dem deutschen Volk, meiner österreichischen Heimat und mei-nen Schülern“, in : Österreichische Historiker. Lebensläufe und Karrieren 1900–1945 2, hg. v. Karel Hruza (Wien/Köln/Weimar 2012) 263–328 ; Dies., Heinrich (von) Srbik (1878–1951) und die Wiener Akademie der Wissenschaften, in : Die Akademie der Wissenschaften in Wien 1938 bis 1945. Katalog zur Ausstellung, hg. v. Johannes Feichtinger, Herbert Matis, Stefan Sienell, Heidemarie Uhl (Wien 2013) 37–46 ; engl.

Üs. Dies., Heinrich (von) Srbik (1878–1951) and the Academy of Sciences, in : The Academy of Sciences in Vienna 1938 to 1945, ed. Johannes Feichtinger, Herbert Matis, Stefan Sienell, Heidemarie Uhl, Trans-lation from German Nick Somers, Cynthia Peck-Kubaczek (Wien 2014) 35–43 ; Dies., Heinrich (Ritter) von Srbik – Historiker, Unterrichtsminister, Reichstagsabgeordneter im Nationalsozialismus, in : 650 Jahre Universität Wien – Aufbruch ins neue Jahrhundert 2 : Universität, Politik – Wirtschaft – Gesellschaft, hg. v.

Mitchell Ash und Josef Ehmer (Göttingen 2015) 293–298 ; Dies., Heinrich (von) Srbik, in : Handbuch der völkischen Wissenschaften. Akteure, Netzwerke, Forschungsprogramme I, hg. v. Michael FahlBusch, Ingo Haar, Alexander Pinwinkler (Oldenbourg/Berlin/Boston 22017) 779–781.

19 Dies ist nach 1945 bisher m.W. nur von Vonderach, Helboks Volksgeschichte (Bibl.) 23 mit Argumenten bestritten worden („Vom Nationalsozialismus unterscheidet sich Helboks Weltanschauung dadurch, daß die Juden in ihr nur am Rande vorkommen und die aggressive außenpolitische Komponente fehlt“). Für eine erste Information über Helbok und sein Werk ist diese sehr kenntnisreiche Skizze in einer klar rechtsgerichteten, aber jedenfalls nicht manifest rechtsextremen Zeitschrift sehr gut geeignet.

20 HelBok, Erinnerungen (Bibl.).

von Helbok sehr wohl erwähnt und lamentiert werden, als unbegreifliche und keineswegs provozierte Bosheitsakte erscheinen müssen21. Im Laufe dieser Untersuchung werden auch sonst immer wieder Fälle von Klitterung seiner persönlichen Geschichte (oder zumindest Verdrängung) im Rahmen der „Erinnerungen“ zur Sprache kommen.

2.

Johann Anton Adolf Helbok wurde am 2. Februar 1883 in Hittisau im Bregenzerwald (Vorarlberg)22 als ältester Sohn des aus bäuerlichen Verhältnissen stammenden schluss-endlichen Finanzwache-Oberkommissärs und k. und k. Sektionsleiters des Bezirkes Bre-genz (Johann) Adolf Helbok (gest. Frühjahr 1912)23 und dessen aus Bayern stammender Frau Friederika, genannt Frieda, geb. Wagenhäuser (gest. 1927)24, geboren25. Vieler Ver-setzungen seines Vaters wegen besuchte Helbok zunächst Schulen in Mals im Vintsch-gau, in Nauders, Landeck, Reutte (alle Tirol) sowie „dazwischen einmal Feldkirch“ und absolvierte dann in Vorarlberg die humanistischen Staatsgymnasien in Feldkirch und zuletzt in Bregenz, wo er 1904 maturierte26, ohne ein „musterhafter Schüler“ gewesen zu sein27. Ähnlich wie der Althistoriker Fritz Schachermeyr28 behauptete auch der

His-21 Vgl. besonders „Deshalb nahm ich an den politischen Vorgängen [sc. im Berlin des Jahres 1933] nur stim-mungsmäßig Anteil. Um so überraschender wirkte es auf mich, daß ich am 30. Jänner 1934 nach ergebnisloser Hausdurchsuchung verhaftet wurde“ ; ebd. 95.

22 Ebenda kam auch ein anderer prominenter Vorarlberger Historiker, Joseph Ritter von Bergmann (1796–1872) zur Welt ; vgl. u. a. Albert Bildstein, Dr. Joseph Ritter von Bergmann (1796–1872). Vorarlbergs bedeutends-ter Historiker des 19. Jahrhunderts (unpubl. Diss. Innsbruck 1961) ; Walbedeutends-ter Johler, Doktor Joseph Ritbedeutends-ter von Bergmann (1796–1872) : seine wissenschaftliche Tätigkeit und Publikationen, in : Bregenzerwald-Heft 15 (1996) 99–106 ; Ulrike Längle, Der Birnbaum als Herrgott : eine Miszelle zu Joseph Ritter von Bergmann, in : Montfort 49 (1997) 14f.

23 HelBok, Erinnerungen (Bibl.) 18.

24 Vgl. ebd. 53f. Ebd. 55 synchronisiert er den Tod der Mutter mit dem Erscheinen seiner „Vorarlberger Landes-geschichte“ : Ders., Geschichte Vorarlbergs von der Urzeit bis zur Gegenwart (Wien o.J. [1927 auch laut der von ihm selbst verfassten Bibl. in Garschagen, Univ.-Prof. Dr. Adolf Helbok {Bibl.} 365]).

25 AdR, BPA 83, 2057 ; BAB, R4901/13266 ; BAB, NS 15, 210, fol. 3f.; UA Leipzig, PA 561, fol. 132 ; Gröhsl, Helbok – 75 Jahre (Bibl.) 19 ; Schmidt, Adolf Helbok † (Bibl.) 177 ; Schneider, Professor Dr. Adolf Hel-bok (Bibl.) 17 ; Timmel, HelHel-bok (Bibl.) 23 ; vgl. Ludwig, Volkstumshistoriker (Bibl.) 472.

26 BAB, R4901/13266.

27 HelBok, Erinnerungen (Bibl.) 8. Gröhsl, Helbok – 75 Jahre (Bibl.) 19 und Timmel, Helbok (Bibl.) 23 vermerken aber eine Matura mit Auszeichnung.

28 Zu diesem siehe zuletzt Martina Pesditschek, Barbar, Kreter, Arier. Leben und Werk des Althistorikers Fritz Schachermeyr 1–2, überarb. u. ergänzte Diss. Wien 2005 (Saarbrücken 2009) ; Dies., Fritz Schacher-meyr (1895–1987), in : Lebensbilder. Klassische Archäologen und der Nationalsozialismus 2, hg. v. Gunnar Brands, Martin MaischBerger (Menschen – Kulturen – Traditionen. Studien aus den Forschungsclustern

toriker Helbok von sich, seiner „Begabungsrichtung nach […] weniger für Sprachen als für die Naturwissenschaften veranlagt“ gewesen zu sein29, und sehr ähnlich wie bei Scha-chermeyr kam diese angebliche naturwissenschaftliche Begabung schließlich vorwiegend (wenngleich in seinem Fall nicht ausschließlich) in rassenbiologischen Ergüssen zum öf-fentlichen Ausdruck30. Nicht anders als Schachermeyr glaubte Helbok schließlich auch von sich, dass sein wissenschaftliches Talent ernsthaft von einer künstlerischen Begabung konkurrenziert wurde, nur sah sich Letzterer als für die Malerei auserkoren31, ohne sich freilich für „unmusikalisch“ zu halten, „denn große Musik macht auf mich starken Ein-druck, wenn ich auch die Militärmärsche, die österreichischen und nicht minder die deut-schen, sehr liebe“32. In seinem Elternhause kam es offenbar des öfteren zu kontroversen politischen Konversationen : Seine bayerische Mutter war eine Verehrerin Bismarcks, der Vater „liebte Bismarck nicht“, denn als „deutschbewußter Großösterreicher“ „überwand“

er „es nicht, daß wir aus dem Reiche draußen waren“33. Mithin orientierten sich – bei allen Unterschieden im Detail – beide Elternteile eher auf das Deutsche Reich und nicht etwa auf das österreichische Erzhaus hin, und so überrascht es nicht, dass Helbok als ein seinen Eltern gegenüber loyaler Sohn schon bald ebenfalls großdeutsch-deutschnational (und nicht etwa österreichisch-patriotisch) zu empfinden begann, mit der Folge, dass er in

des Deutschen Archäologischen Instituts 2,2 ; Forschungscluster 5 : Geschichte des Deutschen Archäologi-schen Instituts im 20. Jahrhundert, Rahden/Westf. 2016), 295–308.

29 HelBok, Erinnerungen (Bibl.) 8, 19 („Die erste Generation meiner mütterlichen Vorfahren beginnt mit einem Tübinger Ordinarius der Medizin, Ärzte folgen[,] und ich habe offenbar deren naturwissenschaftliche Veranlagung geerbt“).

30 Vgl. Helbok selbst ebd. 156 : „Ich selbst bin vorwiegend naturwissenschaftlich veranlagt und kam so als aka-demischer Lehrer zu meiner biologischen Volkstumsgeschichte, ich wäre aber auch Arzt geworden.“ Allerdings erging sich Helbok – anders als Schachermeyr – in der Tat auch sonst immer wieder in (vielfach nur pseudo-) naturwissenschaftlichen Exkursen, vgl. etwa ebd. 40 : „Das neue Wissen vom Menschen sieht seinen Leib im letzten aus Atomen gebildet, in deren Kern Elektronen kreisen, deren Abstände, relativ betrachtet, denen der Sterne gleichen. […] Es beginnt also eine neue[,] aber lebensnahe Wunderwelt sich vor uns aufzubauen, der die Germanen einmal nahe waren, die aber durch die kindhaft begrenzte Weltsicht des Mittelmeeres über-schattet wurde.“

31 Ebd. 8f.; vgl. auch Gröhsl, Helbok – 75 Jahre (Bibl.) 19 ; Timmel, Helbok (Bibl.) 23.

32 HelBok, Erinnerungen (Bibl.) 21 ; für „Jazzmusik und Niggertänze“ (ebd. 61) vermochte er sich hingegen genau so wenig wie Adorno zu begeistern. Dass seine musikalischen Interessen und Kenntnisse in der Tat weit über Militärmärsche hinausgingen, zeigen diverse Abschnitte in der „Deutschen Volksgeschichte“ : Ders., Deutsche Volksgeschichte. Wesenszüge und Leistungen des deutschen Volkes 1 : Von der Frühzeit bis zur Reformation (Veröff. aus Hochschule, Wissenschaft und Forschung 1, Tübingen 1964, ND Tübingen 1987, 2005) 76f.; 2 : Vom Dreißigjährigen Krieg bis zur Weimarer Republik (Veröff. aus Hochschule, Wissenschaft und Forschung 2, Tübingen 1967, ND Tübingen 1987, 2005) 65–70, 176–180.

33 Ders., Erinnerungen (Bibl.) 18f.; vgl. Ilg, Die Geschichte der tirolischen Volkskunde (wie Anm. 26) 208 :

„Daher prägten die tieferen Meinungsunterschiede der Eltern Helbok mit und wiesen ihn immer auf ein Pro-blem des Gesamtvolkes hin.“

diese Richtung hin zunächst vereins- und schließlich parteipolitisch aktiv wurde : Schon während seiner Gymnasialzeit gehörte er deutschnationalen sog. „Schutzvereinen“, zu-nächst dem „Deutschen Schulverein“34 bzw. später dem von diesem abgespalteten Verein

„Südmark“35, an36. Gleich nach der Matura trat er der Deutsch-Freiheitlichen Partei bei, später gehörte er deren am 8. August 1920 in Salzburg gegründeter zunächst Konkurrenz- und dann Nachfolgepartei, der „Großdeutschen Volkspartei Österreichs“37, an und war hier in der Zeit zwischen 1919 und 1924 jeweils Mitglied der Tiroler Parteileitung38.

34 Vgl. Irmgard Plattner, Fin de siècle in Tirol. Provinzkultur und Provinzgesellschaft um die Jahrhundert-wende (Innsbruck/Wien 1999) 98–103 ; Monika Streitmann, Der deutsche Schulverein vor dem Hinter-grund der österreichischen Innenpolitik 1880–1918 (unpubl. Diss. Wien 1984) ohne Nennung Helboks ; Gerhard Weidenfeller, VDA. Verein für das Deutschtum im Ausland. Allgemeiner Deutscher Schulverein (1881–1918). Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Nationalismus und Imperialismus im Kaiserreich (Europäische Hochschulschriften, Reihe III : Geschichte und ihre Hilfswissenschaften 66, Bern/Frankfurt a.M. 1976) ; Davide Zaffi, Die deutschen nationalen Schutzvereine in Tirol und im Küstenland, in : Grenz-regionen im Zeitalter der Nationalismen. Elsaß-Lothringen / Trient-Triest, 1870–1914, hg. v. Angelo Ara, Eberhard KolB (Schriften des Italienisch-Deutschen Historischen Instituts in Trient 12, Berlin 1998) 257–

284, hier 258–268.

35 Vgl. Sigrid Kiyem, Der deutsche Schulverein „Südmark“ 1918–1938 (unpubl. Dipl. Wien 1995) (aller-dings erst die Zeit nach Helboks Schulbesuch betreffend) ; Plattner, Fin de siècle in Tirol (wie Anm. 35) 103–108 ; Eduard G. Staudinger, Die Südmark. Aspekte der Programmatik und Struktur eines deutschen Schutzvereins in der Steiermark bis 1914, in : Geschichte der Deutschen im Bereich des heutigen Slowenien 1848–1941 / Zgodovina Nemcev na območju današnje Slovenije 1848–1941 (Schriftenreihe des Österrei-chischen Ost- und Südosteuropa-Instituts 13, Wien/München 1988) 130–154, besonders 133 : Tabelle mit Ortsgruppen in Kronländern, wonach in Vorarlberg die erste 1899 eingerichtet wurde ; Bernd Vogel, Die

„Blauen“ der Zwischenkriegszeit. Die Großdeutsche Volkspartei in Vorarlberg (Veröff. des Ludwig-Boltz-mann-Instituts für Sozialwissenschaftliche Regionalforschung 4, Regensburg/Bregenz 2004) 283–288 ; Zaffi, Die deutschen nationalen Schutzvereine (wie Anm. 35) 279–284 ; zum heute noch existierenden Verein vgl.

auch http://www.suedmark.at/show_content.ûaspx?men=&AID=655.

36 UAI, PA AH (= PA AH), Entgegnung, undatiert [1935], 1. Vgl. später Adolf HelBok, Vom Werden des Volkstums in der Heimat des Führers, in : Volk und Reich 15,4 (1939) 265–278, hier 268, 274f.; Ders., Deutsche Geschichte auf rassischer Grundlage (Volk in der Geschichte 1, Halle/Saale 1939) 80f.

37 Vgl. Isabella Ackerl, Die Großdeutsche Volkspartei 1920–1934. Versuch einer Parteigeschichte (unpubl.

Diss. Wien 1967) 27–48, zur Zusammensetzung von Landesparteileitungen 89f.; Lothar HöBelt, Korn-blume und Kaiseradler. Die deutschfreiheitlichen Parteien Altösterreichs 1882–1918 (Wien 1993) ; Herbert Wagner, Nationalliberale Gruppierungen in Tirol von 1870 bis 1934. Entstehung von nationalen Gruppie-rungen von 1870 bis 1918. Die „Erste Republik“ 1918 bis 1938, mit ihren nationalen Interessensgruppen.

Der Tiroler Landtag, die Parteien mit den Wehrverbänden. Das Bundesheer 1920. Das Ende der „Großdeut-schen Partei“. Die Konzeption des Ständestaates (Innsbruck 1997) besonders 34–36. Eine Vereinigung der älteren und der jüngeren deutschnationalen Partei erfolgte in Vorarlberg offenbar bereits im Dezember 1918 ; vgl. Vogel, Die „Blauen“ (wie Anm. 36) besonders 15f., hier auch allgemein zur Entstehungsgeschichte, besonders 17.

38 BAB, R 4901/13266 ; UAI, PA AH, Personalnachrichen.

Nach der Matura absolvierte Helbok von Oktober 1904 bis Oktober 1905 ein Frei-willigenjahr bei den Tiroler Kaiserjägern in der k. u. k. Armee und wurde 1905 zum Re-serveoffizier des 60. Infanterieregiments Kaschau ernannt39 ; 1905 begann er ein Studium der Geschichtswissenschaften und der Klassischen Philologie in Innsbruck vornehmlich bei Hermann Wopfner40, später auch bei Harold Steinacker41, das er am 12. März 1910 als Dr. phil.42 aufgrund einer bei Hans (von) Voltelini43 begonnenen und nach dessen Abgang nach Wien im Februar 1908 bei Wilhelm Erben44 eingereichten Arbeit „Die Verfassung und Verwaltung der Stadt Bregenz am Bodensee bis ins 18. Jahrhundert“45 39 AdR, PA AH, fol. 48 ; BAB, R 4901/13266 ; UA Leipzig, PA 561, fol. 132 ; UAI, PA AH, Besetzung der neu

zu errichtenden Lehrkanzel für deutsche Volkskunde ; AdR, BPA 83, 2057 ; OBerkofler, In memoriam (Bibl.) 144 ; Ders., Die geschichtlichen Fächer (wie Anm. 26) 150 ; vgl. Ludwig, Volkstumshistoriker (Bibl.) 472 ; Schneider, Professor Dr. Adolf Helbok (Bibl.) 17 ; vgl. Gröhsl, Helbok – 75 Jahre (Bibl.) 19 und Timmel, Helbok (Bibl.) 23.

40 Siehe etwa Pesditschek, Barbar (wie Anm. 28) 85 Anm. 337 mit Literatur ; Pinwinkler, Historische Be-völkerungsforschungen (Bibl.) passim sowie weiter unten S. 193.

41 Siehe zuletzt ausführlich Renate Spreitzer, Harold Steinacker (1875–1965). Ein Leben für „Volk und Ge-schichte“, in : Österreichische Historiker 1900–1945. Lebensläufe und Karrieren in Österreich, Deutschland und der Tschechoslowakei in wissenschaftsgeschichtlichen Porträts [1], hg. v. Karel Hruza (Wien/Köln/Wei-mar 2008) 191–223 ; kurz Michael Grüttner, Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissen-schaftspolitik (Studien zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte 6, Heidelberg 2004) 167 und Pinwink-ler, Historische Bevölkerungsforschungen (Bibl.) besonders 458f.

42 AdR, PA AH, fol. 4 ; Goller, OBerkofler, Universität Innsbruck (Bibl.) 72 ; Häfele, Helbok (Bibl.) 149 ; Art. „Helbok, Adolf“, in : Kiefer, Bio-Bibliographisches Handbuch (Bibl.) 257 ; Gertrud LaBenBacher, Dissertationen-Verzeichnis der Universität Innsbruck I : Philosophische Fakultät (Tiroler Bibliographien 9, Beihefte zu Tiroler Heimat, Innsbruck/Wien 1982) 111 Nr. 1635 ; Ludwig, Adolf Helbok […] und die

„Gleichschaltung“ (Bibl.) 82 ; Meixner, „… eine wahrhaft nationale Wissenschaft der Deutschen…“ (Bibl.) 126 ; OBerkofler, In memoriam (Bibl.) 144 ; Ders., Die geschichtlichen Fächer (wie Anm. 26) 150. Dass auch immer wieder ein Promotionsjahr 1908 erwähnt wird, erklärt sich wohl dadurch, dass Helbok nach eige-nen Angaben von einem Großteil der relevanten Quellen eine kritische Bearbeitung schon am Beginn seines

„Gleichschaltung“ (Bibl.) 82 ; Meixner, „… eine wahrhaft nationale Wissenschaft der Deutschen…“ (Bibl.) 126 ; OBerkofler, In memoriam (Bibl.) 144 ; Ders., Die geschichtlichen Fächer (wie Anm. 26) 150. Dass auch immer wieder ein Promotionsjahr 1908 erwähnt wird, erklärt sich wohl dadurch, dass Helbok nach eige-nen Angaben von einem Großteil der relevanten Quellen eine kritische Bearbeitung schon am Beginn seines

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