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Abbildung der Produktionsstandorte und Distributionsläger

Im Dokument Taktisches Supply Chain Planning (Seite 104-110)

4 Modellbildung für Produktions- und Logistiknetzwerke .1 Elemente einer übergeordneten Planung

4.1.3 Abbildung der Produktionsstandorte und Distributionsläger

Eng mit der erörterten Aggregation von Daten und Entscheidungsvariablen ist die im Folgenden dargestellte übergeordnete Sichtweise für Produktionsstandorte und Distri-butionsläger verknüpft, wodurch insbesondere die zu erfassenden Kapazitäten der Standorte determiniert werden.

Abbildung der Produktionsstandorte

Produktionsstandorte umfassen Produktiveinheiten, die Produktionsvorgänge durch-führen und damit Einsatzmaterialien kombinieren und zu Produkten transformieren.

Während die Einsatzmaterialien den Input eines Produktionsstandorts beschreiben, entspricht der Output Produkten, die entweder als Einsatzmaterial in einem nachgela-gerten Produktionsstandort weiterverarbeitet oder als Fertigprodukt über ein Distribu-tionslager an die Kunden ausgeliefert werden. Letzteres veranschaulicht der darge-stellte Produktionsstandort mit der Verwendung aggregierter Größen für die Einsatz-materialien und Produkte in der auf Abbildung 4.3 basierenden Abbildung 4.5, wobei vorausgesetzt wird, dass ein Produktionsstandort aus nur einem Werk besteht.

so Vgl. McKay/Safayeni/Buzacott ( 1995), S. 392.

51 Vgl. allgemein zur Disaggregation Switalski (1988), S. 384. FUr eine Darstellung der Disaggregation vgl.

Stadtler (1988), S. 123-126, und die dort angegebene Literatur. Die Disaggregation wird in der vorliegenden Arbeit nicht weiter betrachtet, da diese hier als Teil des operativen Supply Cbain Planning angesehen wird.

v,---,

Produktionssiandon

Abbildung 4.5: Schematische Darstellung eines Produktionsstandorts

Die Abbildung 4.5 zeigt eine Fließfertigung, die vorherrschend in der Massen- bzw.

Großserien- und Sortenproduktion zu finden ist.52 Für eine übergeordnete Abbildung können zunächst als Produktiveinheiten einzelne Maschinen, die unmittelbar hinter-einander einen Produktionsprozess ohne Zufuhr weiterer zu berücksichtigender Einsatzmaterialien durchführen, einschließlich des erforderlichen Personals zu Ma-schinengruppen zusammengefasst werden. Bezogen auf das Beispiel in Abbildung 4.5 ergeben die Maschinen D und F sowie C, E und G eine Maschinengruppe bzw. eine Produktionsanlage.

Bei der Annahme, dass ein Produktionsstandort aus mehreren Werken besteht, kann eine weitergehende Aggregation zunächst alle Produktionsanlagen zu Werken bei gleichzeitiger Betrachtung des erforderlichen Personals auf Werksbasis zusammenfas-sen. Innerhalb eines Werkes kann es unterschiedliche Organisationsformen der Pro-duktion, das sind im Wesentlichen die Fließ- und Werkstattfertigung, geben. 53 Da bei der Aggregation von Produkten lediglich die Produktarten mit einer weitgehend gleichen Bearbeitungsfolge in einer mehrstufigen Produktion zusammengefasst wer-den, kann die Aggregation von Maschinen zu Werken für alle Organisationsformen der Produktion durchgeführt werden. Zugleich wird in der aggregierten Sichtweise die jeweils zu Grunde liegende Organisationsform der Produktion nicht mehr dargestellt.

Indessen sind die innerbetrieblichen Transporte zwischen den einzelnen Werken eines Produktionsstandorts weiterhin zu erfassen. Die Betrachtung der innerbetrieblichen Transporte entfällt bei der weiter gehenden Aggregation von Werken zu Produktions-standorten gemäß Abbildung 4.6. Bei ProduktionsProduktions-standorten mit lediglich einem Werk wie etwa in Abbildung 4.5 können die Maschinen unmittelbar zu einem Produktions-standort, ebenfalls für alle Organisationsformen der Produktion, aggregiert werden.

Diese Aggregation erfordert ferner die Ermittlung des für einen Produktionsstandort erforderlichen Personals.

v, v,

Produktions- / .r, standon ---. .x,

Abbildung 4.6: übergeordnete Sicht eines Produktionsstandorts

52 Vgl. Hahn/Laßmann (1999), S. 50; Hoitsch (1993), S. 245.

53 Vgl. ausführlicher zu Organisationsformen der Produktion etwa Adam (1998), S. 16-21; Kistner/Steven (2001), s. 21f.

Die dargestellte Aggregation bedingt, dass die Input- und Output-Beziehungen der Produktionsstandorte zu den vor- und nachgelagerten Ebenen mit der Anzahl der er-forderlichen Einsatzmaterialien auf der Inputseite und den Mengenverhältnissen der erzeugten Produkte auf der Outputseite betrachtet werden. Auf Basis dieser Beziehun-gen können Produktionsstandorte durch die Art der Stoffverwertung als Wirkung des Produktionsprozesses auf die Einsatzmaterialien, die sich in der Anzahl der Einsatz-materialarten im Verhältnis zur Anzahl der Produktarten ausdrückt, systematisiert werden.54 Die unterschiedlichen Prozesse, die sich aus der Art der Stoffverwertung ergeben, illustriert die Abbildung 4.7.

v1 ~ X 1

x,

·· ~ 7

x,

stofTneutraler Prozess analytischer Prozess

;: ~,

v,

synthetischer Prozess analytisch-synthetischer Prozess

Abbildung 4. 7: Produktionstypen nach Art der Stoffverwertung Quelle: In Anlehnung an Riebe! (1963), S. 57

Schäfer und Riebe! differenzieren zwischen den im Folgenden dargestellten Arten der Stoffverwertung.55 Ein stoffneutraler Prozess zeichnet sich dadurch aus, dass eine Einsatzmaterialart zu einer Produktart veredelt oder umgeformt wird, wobei das Ein-satzmaterial in seiner Zusammensetzung weitgehend oder sogar vollständig unverän-dert bleibt.56 Wenn der Einsatz eines Einsatzmaterials zu unterschiedlichen Produkt-arten führt, wird dies als analytischer Prozess bezeichnet. In der vorliegenden Arbeit wird davon ausgegangen, dass bei einem analytischen Prozess zwar vielfach eine Kuppelproduktion vorliegt,57 bei der aus einer Einsatzmaterialart in einem starren oder beschränkt variablen Mengenverhältnis unumgänglich verschiedene Produktarten ent-stehen, dieses allerdings nicht für alle analytischen Prozesse gelten muss. Analytische Prozesse gibt es im Mineralölverarbeitungsprozess einer Raffinerie als Beispiel für eine Kuppelproduktion oder im Erzeugungsprozess von Polyethylen und

Polypro-54 Vgl. Riebet (1963), S. 55-61, und Schäfer (1978), S. 19-46, welche die Art der Stoffverwertung zur Klassi-fikation von Industriebetrieben verwenden. Hahn/Laßmann (1999), S. 59, bezeichnen diese Charakteristik als prozessbedingte Stoffveränderung.

55 Während Schäfer (1978), S. 20, drei Arten der Stoffverwertung beschreibt, geht Riebet (1963), S. 55, von vier Arten aus, indem er analytisch-synthetische Prozesse als eigenständig ansieht. Für die hier verwendeten Bezeichnungen vgl. Hahn/Laßmann (1999), S. 59-61.

56 Der stoffneutrale Prozess entspricht der bereits vorgestellten Produktion mit einer linearen Erzeugnisstruktur.

57 Vgl. auch Schneeweiß (1999a), S. 15.

pylen, bei welchem keine Kuppelproduktion vorliegt. 58 In einem synthetischen Prozess werden mehrere Einsatzmaterialarten kombiniert und zu einer Produktart transfor-miert. Hierzu zählen etwa Montageprozesse im Fahrzeugbau oder in der EDV-Indust-rie. Die vierte Art der Stoffverwertung ist der analytisch-synthetische Prozess, bei dem verschiedene Einsatzmaterialien kombiniert und in unterschiedliche Produktarten transformiert werden.

Inwiefern ein Produktionsprozess einer Art der Stoffverwertung zugeordnet wird, ist abhängig von der Aggregation der Produkte. Ein Fahrzeugmontagewerk kann durch einen analytisch-synthetischen Prozess beschrieben werden, wenn in einem Planungs-problem die jeweiligen Fahrzeugarten erfasst werden, die sich hinsichtlich verschiede-ner Ausstattungsmerkmale wie Motor, Farbe oder Getriebe unterscheiden. Die Aggre-gation aller Produkte eines Produktionsstandorts zu einer Produktgruppe führt indes-sen zu einem als synthetisch beschriebenen Prozess.

Kapazität eines Produktionsstandorts

Eine Aggregation von Maschinen und ggf. Werken bedingt die Ermittlung der Pro-duktionskapazität als maximale Ausbringungsmenge eines Produktionsstandorts für die betrachteten Perioden eines Planungshorizonts. Durch die Aggregation kann ein Produktionsstandort als Produktiv- oder Kapazitätseinheit angesehen werden, wobei die Produktionskapazität im Wesentlichen durch maschinelle und personelle Kapazi-täten determiniert wird.59 Folglich ist für die Bestimmung der Produktionskapazität festzustellen, welcher Arbeitsträger der Engpass eines Produktionsstandorts ist. Hier-für ist zu differenzieren, ob der zu Grunde liegende Produktionsprozess einer Fließ-oder einer Werkstattfertigung entspricht. Aufgrund der bei der Fließfertigung vorgege-benen Bearbeitungsfolge und bedingt durch die Annahme geringer Umrüstzeiten, wie in dieser Arbeit vorausgesetzt, ist die Produktionskapazität von der Bearbeitungsrei-henfolge der einzelnen Produktarten unabhängig. Bei der Werkstattfertigung kann al-lerdings die Produktionskapazität von der konkreten Bearbeitungsreihenfolge abhän-gig sein, weshalb dann der angenommene potenzielle Engpass die Produktionskapazi-tät determiniert. Sowohl bei der Fließ- als auch bei der Werkstattfertigung ist jedoch aufgrund der Möglichkeit, unterschiedliche Produkte herzustellen, statt der maximalen Ausbringungsmenge die zeitliche Verfügbarkeit des Produktionsstandorts in einer Pe-riode zu ermitteln.60 Gleichzeitig ist für eine Abbildung der nach Produktarten unter-schiedlichen Beanspruchung ein produktartabhängiger Kapazitätsbedarf anzugeben.

Ob eine Aggregation bis auf Maschinengruppen, Werke oder Produktionsstandorte vorzunehmen ist, hängt vom konkreten Planungsproblem ab und wird u.a. vom Um-fang des betrachteten Produktions- und Logistiknetzwerks sowie vom geforderten

Ge-sa Zur Herstellung von Polyethylen und Polypropylen vgl. etwa die Darstellung von Wemers/Steude/Thom (1999), s. 408-411.

59 Vgl. etwa Corsten (2000), S. 14f.

60 Vgl. Zäpfe! (2000a), S. 130. Als Beispiele vgl. die Ansätze von Carravilla/de Sousa (1995), S. 47; Hax/Meal (1975), S. 61; und auch Martin/Dent/Eckhart (1993), S. 76.

nauigkeitsgrad beeinflusst. Aufgrund des umfassenden Planungsproblems betrachtet das taktische Supply Chain Planning die jeweiligen Produktionsstandorte ohne detail-lierte Erfassung der Werke oder Produktiveinheiten.61 Die Aggregation von Maschinen zu Produktionsstandorten und die damit verknüpfte Ermittlung globaler Produktions-kapazitäten zeigt insgesamt die Möglichkeit einer Abbildung der Produktionsstandorte in Modellen für taktische Supply Chain Planning-Probleme. Ein wichtiges Element der Produktions- und Logistiknetzwerke sind darüber hinaus die Distributionsläger, wel-che im folgenden betrachtet werden.

Abbildung der Distributionsläger

Die Fertigproduktmengen x eines Distributionslagers sind sowohl der Input, welcher aus Produkten der vorgelagerten Produktionsstandorte und möglicherweise aus Zu-kaufteilen von Fremdunternehmungen zur Ergänzung des Produktionsprogramms be-steht, als auch der Output. Auf Basis der Input- und Output-Beziehungen können die in Abbildung 4.8 schematisch für drei Produkte dargestellten Arten der Distributions-Jäger in einem Produktions- und Logistiknetzwerk unterschieden werden. 62

x, x, x, X1,X2,X1

x, Oistribu-tionslagcr x1,x2,x3 x, Distribu-tionslager x, x, X1,X2,X3

x, x, x, X1,X2,X,

Zulieferungslager Auslieferungslager Zu-und Auslieferungslager

Abbildung 4.8: Arten von Distributionslägem

In ein Zulieferungslager werden aus verschiedenen Produktionsstandorten unter-schiedliche Produkte geliefert. Die Produktionsmenge wird gesammelt und zusam-mengefasst zu einem Kunden transportiert.63 Als Vorteil wird durch Zulieferungsläger angestrebt, dass durch die Bildung größerer Transporteinheiten die Transportkosten je Produkteinheit zwischen Distributionslager und Kunde sinken. In ein Auslieferungsla-ger wird von einem Produktionsstandort eine Produktart geliefert und vom LaAuslieferungsla-ger aus an die Kunden verteilt. Dementsprechend können größere Transporteinheiten für den Transport von einem Produktionsstandort zum Distributionslager gebildet werden. In einem Auslieferungslager können auch unterschiedliche Produktarten aus einem Pro-duktionsstandort an die Kunden geliefert werden.64 Ein Distributionslager, welches

61 Vgl. auch Drexl et al. (1994), S. 103 lf., sowie die in Kapitel 5 vorgestellten Ansätze.

62 Zur Darstellung der Arten der Distributionsläger vgl. Ballou (1999), S. 248-253; Bowersox/Closs (1996), S. 392-396. Fllr die verwendeten Begriffe vgl. Pfohl (2000a), S. 125.

63 Um zu verdeutlichen, dass ein Zulieferungslager lediglich einen Kwtden beliefert, werden einem Ausgangs-pfeil vereinfacht die Variablen aller Produktarten zugeordnet. Fllr die in den nachfolgenden Kapiteln 4.2 wtd 4.3, S. 87-102, darzustellenden Netzwerke ist dagegen je Produktart ein Ausgangspfeil zu bilden.

64 Dann haben Auslieferungsläger und Zentralläger weitgehend dieselbe Struktur. Die Läger wtterscheiden sich dadurch, dass in einem Produktions- wtd Logistiknetzwerk mehrere Auslieferungsläger eingerichtet werden, während es lediglich ein Zentrallager geben kann.

sowohl Produkte aus unterschiedlichen Produktionsstandorten erhält als auch an ver-schiedene Kunden liefert, ist ein Zu- und Auslieferungslager. Diese Art der Distributi-onsläger wird in der vorliegenden Arbeit vorwiegend betrachtet. Somit können in einem Distributionslager die in Abbildung 4.9 schematisch dargestellten logistischen Vorgänge durchzuführen sein.

Distributions-Einlagerung Lager- Auslagerung lager

haltung

x, x,

x, Waren• Kommis- Waren- x,

x, eingang sionierung ausgang x,

X4 x,

Abbildung 4.9: Schematische Darstellung eines Distributionslagers

Zunächst werden die Fertigprodukte von den Produktionsstandorten zu einem Distri-butionslager, abhängig vorn Planungsproblem auch durch unterschiedliche Transport-mittel, geliefert. Im Wareneingang findet eine Prüfung sowie eine Erfassung der Pro-dukte in der EDV statt. Anschließend gelangen ProPro-dukte, die über einen längeren Zeit-raum gelagert werden sollen, in das Lager und die Produkte, die unmittelbar an die Kunden weitergeliefert werden, zur Kornmissionierung. Der Transport mit einem För-dermittel ist bei der Einlagerung der Produkte zum jeweiligen Lagerplatz etwa in ei-nem Palettenregallager oder eiei-nem Hochregallager und bei der Auslagerung vom La-gerplatz zur Kornmissionierung erforderlich. Die Kornmissionierung umfasst die Zu-sammenstellung verschiedener Produkte in den entsprechenden Mengen auf Basis der von den Kunden erteilten Aufträge.65 Im Warenausgang werden die ausgehenden Produkte in der EDV erfasst und zum Kunden geliefert.

Kapazität eines Distributionslagers

Zur Abbildung eines Distributionslagers für taktische Supply Chain Planning-Prob-leme werden die übergeordneten Beziehungen zwischen den Produktionsstandorten und dem Distributionslager als Eingangsmenge sowie zwischen dem Distributions-lager und den Kunden als Ausgangsmenge erfasst. Die übergeordnete Sicht erfordert die Ermittlung globaler Kapazitäten für ein Distributionslager, wobei zwischen der Kapazität der periodenübergreifenden Lagerhaltung und der Kapazität der Produktiv-einheiten für den Wareneingang und -ausgang bzw. für die Kornmissionierung zu un-terscheiden ist. Die Kapazität der Lagerhaltung entspricht bei chaotischer Lagerung den verfügbaren Lagerplätzen in einem Lager,66 während die Kapazität etwa in der Kornmissionierung durch die maximale Ausbringungsrnenge bzw. bei heterogenem Produktprogramm durch die zeitliche Verfügbarkeit determiniert wird.

65 Vgl. Schulte (2001), S. 284. FUr eine ausftlhrliche Darstellung der Kornmissionierung vgl. auch Günther/

Tempelmeier (2000), S. 301-31 J.

66 Vgl. ausführlicher zur chaotischen Lagerung etwa Pfohl (2000a), S. 136.

Mit der Erörterung der Kapazität eines Distributionslagers ist die übergeordnete Sicht der Produktionsstandorte und Distributionsläger abgeschlossen, womit gleichzeitig die wesentlichen Elemente der Produktions- und Logistiknetzwerke dargestellt sind. Auf-grund der Größe des Planungsproblems ist eine Visualisierung hilfreich, die durch die nachfolgend dargestellten Netzwerkmodelle durchgeführt wird.67

Im Dokument Taktisches Supply Chain Planning (Seite 104-110)