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Um der Fragestellung nachzugehen, ob sich die UntersuchungsteilnehmerInnen, nach Mani-pulation sozialer Exklusion bzw. Inklusion, entweder prosozial oder aggressiv verhalten, wur-de ihnen ein Szenario zu prosozialem bzw. aggressivem Verhalten vorgegeben (siehe Kap.

2.3.14). Es wurde für die Subskala „prosoziales Verhalten“ sowie für die Subskala „aggressi-ves Verhalten“ eine univariate 2 (Kulturzugehörigkeit) x 2 (Bedingung) - faktorielle Vari-anzanalyse berechnet.

Prosoziales Verhalten:

Die univariate zweifaktorielle Varianzanalyse für die Subskala „prosoziales Verhalten“ ergab einen signifikanten Haupteffekt für den Faktor Kulturzugehörigkeit (F(1,187) = 7.89, p = .006, η² = .04). UntersuchungsteilnehmerInnen aus dem kollektivistischen Kulturkreis (M = 3.74, SD = 1.55) verhalten sich eher prosozial als UntersuchungsteilnehmerInnen aus einem indivi-dualistischen Kulturkreis (M = 3.16, SD = 1.28). Es ergab sich kein signifikanter Haupteffekt für den Faktor Bedingung (F(1,187) = 0.39, n.s.), sowie keine signifikante Wechselwirkung zwi-schen den Faktoren Bedingung und Kulturzugehörigkeit (F(1,187) = 0.02, n.s.).

Aggressives Verhalten:

Die univariate zweifaktorielle Varianzanalyse für die Subskala „aggressives Verhalten“ ergab einen tendenziell signifikanten Haupteffekt für den Faktor Bedingung (F(1,187) = 3.53, p = .062, η² = .02). Es zeigt sich, dass sich UntersuchungsteilnehmerInnen in der Exklusionsbe-dingung (M = 2.83, SD = 1.37) aggressiver als UntersuchungsteilnehmerInnen in der Inklusi-onsbedingung (M = 2.46, SD = 1.25) verhalten. Es ergab sich kein signifikanter Haupteffekt für den Faktor Kulturzugehörigkeit (F(1,187) = 1.78, n.s.), sowie keine signifikante Wechsel-wirkung zwischen den Faktoren Bedingung und Kulturzugehörigkeit (F(1,187) = 0.60, n.s.).

Eine Antwort auf die Fragestellung, ob sich die UntersuchungsteilnehmerInnen aus dem kol-lektivistischen bzw. individualistischen Kulturkreis, nach Manipulation sozialer Exklusion, entweder prosozial oder aggressiv verhalten, kann aufgrund der Ergebnisse nicht gegeben werden.

Im folgenden Kapitel werden die Ergebnisse, sowie die Stichprobe und das verwendete Ver-suchsmaterial diskutiert und in Zusammenhang mit aktueller Forschungsliteratur gebracht. Es

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wird auch ein Fazit gebildet, sowie ein Ausblick auf eventuelle weitere Forschung im Bereich dieses Gebietes gestellt.

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4 Diskussion

Das Ziel der vorliegenden Untersuchung bestand darin herauszufinden, ob bei Personen aus einem kollektivistischen Kulturkreis die negativen Folgen nach Manipulation sozialer Exklu-sion weniger stark ausgeprägt sind als bei Personen aus einem individualistischen Kulturkreis.

Dazu erhielten beide Stichproben sowohl eine Exklusions- als auch Inklusionsmanipulation in Form eines autobiografischen Essays. Von besonderem Interesse war, ob die kollektivistische Stichprobe nach Manipulation sozialer Exklusion einen weniger negativen Affekt, weniger stark bedrohte psychologische Grundbedürfnisse, bessere mentale Gesundheit und weniger Neigung zu Aggression hat als die individualistische Stichprobe. Die psychologischen Grund-bedürfnisse setzten sich dabei aus den Variablen Zugehörigkeit, Selbstwert, Kontrollwahr-nehmung und eine als sinnvoll wahrgenommene Existenz zusammen. Die mentale Gesundheit wurde anhand der Variablen Lebenszufriedenheit, wahrgenommener Sinn im Leben, Opti-mismus und State-Selbstwert gemessen. Zusätzlich wurde in dieser Arbeit der Trait-Selbstwert der UntersuchungsteilnehmerInnen erhoben, da ein hoher Trait-Trait-Selbstwert die Be-drohung des State-Selbstwerts abschwächen könnte. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Untersuchung zusammengefasst und Interpretationsmöglichkeiten bzgl. dieser geliefert.

Bevor die Untersuchung stattfinden konnte, wurde aufgrund von Hofstedes (1980, 1983) In-dividualismusindex (siehe Kap. 1.6) eine kollektivistische und individualistische Stichprobe gebildet. Dabei repräsentierten Personen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz den individualistischen und Personen aus dem ex-jugoslawischen Raum (speziell: Bosnien, Kroa-tien, Serbien) den kollektivistischen Kulturkreis. Mit der IOS-Skala wurde überprüft, ob Per-sonen der kollektivistischen Stichprobe ihre Beziehung zu anderen Menschen tatsächlich in-tensiver einschätzen (also kollektivistischer sind) als Personen der individualistischen Stich-probe. Die Auswertung der IOS-Skala ergab ein statistisch, signifikantes Ergebnis gemäß Hofstedes Individualismusindex. Die dem Kollektivismus zugeordneten Personen schätzen ihre Beziehungen zu anderen intensiver ein, als die dem Individualismus zugeordneten Perso-nen.

Weiters galt es vor der Hypothesenprüfung die Wirksamkeit der Manipulation sozialer Exklu-sion bzw. InkluExklu-sion zu überprüfen. Obwohl einige UntersuchungsteilnehmerInnen im

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ografischen Essay, in welchem sie eine beliebige Ausgrenzungssituation beschrieben haben, angaben, noch nie exkludiert worden zu sein bzw. gar keine Ausgrenzungssituation beschrie-ben habeschrie-ben, zeigte der Manipulationscheck, dass die Manipulation wirksam war. Personen, welche die Exklusionsbedingung erhielten, fühlten sich ausgeschlossener und empfanden die Exklusionserfahrung unangenehmer, als Personen, welche die Inklusionsbedingung erhielten.

Die Hypothese 1, welche unter der Annahme steht, dass Personen aus einem kollektivisti-schen Kulturkreis nach Manipulation sozialer Exklusion einen geringeren negativen Affekt zeigen als Personen aus einem individualistischen Kulturkreis, konnte in dieser Untersuchung nicht bestätigt werden. Die Manipulation sozialer Exklusion bzw. Inklusion hatte keinerlei Auswirkungen auf den positiven und negativen Affekt der kollektivistischen und individualis-tischen Stichprobe. Zwar stellte sich heraus, dass die kollektivistische Stichprobe einen gene-rell positiveren Affekt zeigt als die individualistische, allerdings unabhängig der Manipulati-on. In der Literatur wird von den Auswirkungen einer Exklusionserfahrung auf den Affekt sehr unterschiedlich berichtet. Autoren, wie z. B. Gonsalkorale & Williams (2007), Maner et al. (2007) und Williams (2007a) finden keine Unterschiede im positiven aber negativen Af-fekt zwischen exkludierten und inkludierten ProbandInnen. In Studien von Baumeister, Twenge & Nuss (2002) und Zadro et al. (2004) hingegen, werden gar keine Unterschiede im Affekt zwischen exkludierten und inkludierten ProbandInnen beobachtet. Twenge et al.

(2001) und Twenge et al. (2003) konnten in ihren Studien ebenfalls keine Unterschiede zwi-schen exkludierten und inkludierten ProbandInnen, im positiven und negativen Affekt finden, was konsistent mit den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung ist. DeWall & Baumeister (2006), welche in ihren Studien zu denselben Ergebnissen kommen, wie die vorhin genannten Autoren, begründen diesen Effekt durch emotionale Taubheit, welche durch soziale Exklusion entstehen kann. Konsistent dazu, fanden sie in ihren Studien heraus, dass diese emotionale Taubheit mit Insensitivität zu physischem Schmerz und einer höheren Reizschwelle, sowie Schmerztoleranz zusammenhängt. Die emotionale Taubheit könnte zu einer vorübergehenden Linderung des psychischen Schmerzes führen und das Individuum dazu befähigen, die Exklu-sionserfahrung stressfrei zu bewältigen (DeWall & Baumeister, 2006). Williams (2007a) ar-gumentiert, dass das Zustandekommen der emotionalen Taubheit an dem verwendeten Unter-suchungsparadigma „life alone“ liegt, das Baumeister, Twenge & KollegInnen vorwiegend verwenden. Den ProbandInnen wird dabei in der Exklusionsbedingung aufgrund eines „Per-sönlichkeitsfragebogens“ prognostiziert, dass sie in Zukunft keine Freundschaften mehr

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ren werden und alleine leben müssen. Entgegen Williams (2007a) Argumentation fanden DeWall & Baumeister (2006) allerdings auch keinen Unterschied im Affekt zwischen exklu-dierten und inkluexklu-dierten ProbandInnen, wenn sie den autobiographischen Essay verwendeten, welcher auch in der vorliegenden Untersuchung zur Manipulation sozialer Exklusion heran-gezogen wurde. Wie schon in Kap. 1.7 erwähnt, reagieren Personen aus einem kollektivisti-schen Kulturkreis unterschiedlich auf soziale Exklusion, abhängig davon, ob sie von der Ei-gen- oder Fremdgruppe ausgegrenzt werden. Werden sie von (Personen) der Fremdgruppe ausgegrenzt, so sind die negativen Auswirkungen der Exklusion weniger stark ausgeprägt, als wenn sie von (Personen) der Eigengruppe ausgegrenzt werden. Da im autobiographischen Essay eine beliebige Ausgrenzungssituation beschrieben werden konnte und nicht miterhoben wurde, ob die UntersuchungsteilnehmerInnen eine Exklusionserfahrung durch die Eigen- oder Fremdgruppe beschrieben haben, könnte es durchaus möglich sein, dass dies einen Einfluss auf das Ausbleiben der Wechselwirkung hatte. In weiterführenden Untersuchungen wäre es also von Bedeutsamkeit den Aspekt der Eigen- und Fremdgruppe in Bezug auf eine Exklusi-onserfahrung in kollektivistischen und individualistischen Kulturen mitzuerheben bzw. bei allen UntersuchungsteilnehmerInnen eine einheitliche Exklusionsmanipulation durchzufüh-ren. Zudem argumentieren Uchida et. al (2008), dass vorhandenes Wohlbefinden (positiver Affekt) und Gesundheit bei interdependenten Personen stärker als bei independenten Perso-nen davon abhängen, wie gut ihr Bedürfnis nach Zugehörigkeit erfüllt ist. Diese Aussage im-pliziert, dass interdependente Personen also weniger Wohlbefinden (negativeren Affekt) emp-finden, wenn sie sozial exkludiert werden als independente.

Aufgrund der Forschungsergebnisse von Williams (2009) zur Bedrohung psychologischer Bedürfnisse nach sozialer Exklusion und der puffernden Wirkung von sozialer Zugehörigkeit auf eine Ausgrenzungssituation (vgl. Gardner et al., in press) wurde angenommen, dass bei Personen aus einem kollektivistischen Kulturkreis die Bedrohung der Bedürfnisse (Zugehö-rigkeit, Selbstwert, Kontrollwahrnehmung und sinnvolle Existenz) nach Manipulation sozialer Exklusion weniger stark ausgeprägt ist als bei Personen aus einem individualistischen Kultur-kreis. Die Hypothese konnte hinsichtlich der Faktoren „soziale Zugehörigkeit“ und „Selbst-wert“ bestätigt werden, jedoch nicht für die Faktoren „Kontrollwahrnehmung“ und „sinnvolle Existenz“. Aus den zwei signifikanten Wechselwirkungen geht hervor, dass bei Personen aus einem individualistischen Kulturkreis die sozialen Bedürfnisse „Zugehörigkeit“ und „Selbst-wert“ nach Manipulation sozialer Exklusion stärker bedroht sind als bei Personen aus dem

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kollektivistischen Kulturkreis. Bezüglich der Kontrollwahrnehmung zeigten sich in dieser Untersuchung zwei signifikante Haupteffekte (Untersuchungsbedingung und Kulturzugehö-rigkeit), allerdings blieb wider Erwarten die Wechselwirkung aus. Williams & Nida (2011) gehen davon aus, dass das Bedürfnis nach Kontrolle umso stärker bedroht ist, wenn das aus-gegrenzte Individuum keine Möglichkeit mehr sieht ihren Inklusionsstatus wiederherzustel-len. Da in dieser Untersuchung das autobiographische Essay nicht direkt, sondern über den Manipulationscheck ausgewertet wurde, ist es nicht nachzuvollziehen, ob sich die Untersu-chungsteilnehmerInnen in Situationen hineinversetzten, wo sie im Nachhinein die Möglich-keit hatten, ihren Inklusionsstatus wiederherzustellen, oder nicht. Es könnte sein, dass sie eine Ausgrenzungssituation beschrieben haben, welche schon vor längerer Zeit stattfand und sie ihren Inklusionsstatus somit schon längst wiederhergestellt haben, weshalb das Kontrollbe-dürfnis zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht mehr bedroht war. Es wäre daher in der nächs-ten Untersuchung von Vorteil, den Zeitpunkt der beschriebenen Exklusionserfahrung (und den aktuellen Inklusionsstatus) mitzuerheben. Zudem argumentieren Williams et al., (2000), dass das wahrgenommene Kontrollgefühl dann verloren geht, wenn die Opfer des Ostrazis-mus keine Chance haben Reaktionen bei den Personen hervorzurufen, von welchen sie ausge-grenzt werden. Da in der vorliegenden Untersuchung auch nicht nachzuvollziehen ist, ob sie in der Ausgrenzungssituation die Möglichkeit hatten sich mit der Quelle des Ostrazismus aus-einanderzusetzen (also eine Reaktion dieser hervorzurufen), könnte angenommen werden, dass das ein Grund für das Ausbleiben der Wechselwirkung bzgl. der Kontrollwahrnehmung ist. Wie schon in Kap. 1.3 erwähnt, können die Bedürfnisse nach Kontrolle und einer sinnvol-len Existenz auch ohne soziale Bindungen gestillt werden (Williams & Nida, 2011), was ebenfalls erklären könnte, warum keine signifikante Wechselwirkung stattgefunden hat. Das Bedürfnis „sinnvolle Existenz“ wird nach Williams et. al (2000) dann bedroht, wenn sich die Opfer des Ostrazismus „unsichtbar“ fühlen – also absolut keine Aufmerksamkeit von der Quelle des Ostrazismus geschenkt bekommen. Zudem wird das Bedürfnis nach einer sinnvol-len Existenz am langsamsten bedroht (Williams et al. 2000). In der vorliegenden Untersu-chung wurde nicht miterhoben, wie lange sich die UntersuUntersu-chungsteilnehmerInnen mit der Exklusionsmanipulation beschäftigten, was wiederum das Ausbleiben der signifikanten Wechselwirkung klären könnte.

Soziale Exklusion (bzw. das Fehlen von qualitativ hochwertigen sozialen Bindungen) hat er-heblich negative Auswirkungen auf die mentale (und physische) Gesundheit der Betroffenen

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(Cacioppo et al., 2003; MacDonald & Leary, 2005; Sommer et al., 2001; Stinson et al., 2008).

Mentale Gesundheit wurde in dieser Untersuchung durch die Variablen Lebenszufriedenheit, Sinn im Leben, Optimismus und State-Selbstwert definiert. Gardner et al., (in press) gehen davon aus, dass allein das Aufrufen bzw. Erinnern des interdependenten Selbstkonzeptes als Puffer gegen die negativen Auswirkungen einer Exklusionserfahrung dienen kann. Auf Grund dessen wurde in vorliegender Untersuchung angenommen, dass nach Manipulation sozialer Exklusion, Personen aus einem kollektivistischen Kulturkreis höhere Werte auf den genann-ten „Mentale Gesundheit Variablen“ haben als Personen aus einem individualistischen Kul-turkreis.

Bezüglich der Lebenszufriedenheit ergab sich ein signifikanter Haupteffekt für den Faktor Kulturzugehörigkeit, welcher zeigt, dass Individualisten mehr Lebenszufriedenheit haben. Die erwartete Wechselwirkung trat nicht auf. In der Literatur wird häufig darüber berichtet, dass die Lebenszufriedenheit von Personen, generell in individualistischen Kulturen höher ist. Bei-spielsweise kamen Diener, Diener & Diener (1995) zu dem Ergebnis, dass subjektives Wohl-befinden (gemessen durch Glück und Lebenszufriedenheit) stark mit Individualismus korre-liert. Diener und Kolleginnen (1995) geben an, dass Menschen in industriell höher entwickel-ten Ländern mehr subjektives Wohlbefinden haben als Menschen in industriell weniger ent-wickelten Ländern. Als mögliche Gründe dafür geben sie an, dass Menschen in individualisti-schen Gesellschaften mehr Freiheit haben ihr Leben selbst zu bestimmen und Erfolg eher auf sich selbst attribuieren. Zwar haben Individualisten ein loseres (schwächeres) soziales Netz-werk auf welches sie zugreifen können, wenn es ihnen schlecht geht (sie Stress haben), jedoch auch mehr Freiheit ihre individuellen Ziele zu verwirklichen. Diener et al. (1995) fügen auch hinzu, dass das subjektive Wohlbefinden in Südeuropa niedrig ist, was gegen die Annahme der Hypothese spricht, dass Kollektivisten aufgrund ihrer engen sozialen Beziehungen zufrie-dener mit ihrem Leben sind als Individualisten. Auch Goodwin et al., (2001) betonen auf-grund ihrer Forschungsergebnisse die Bedeutsamkeit von sozialer Inklusion für die Lebenszu-friedenheit von Personen in kollektivistischen Kulturen. Uchida et al. (2008) fanden in ihren Studien heraus, dass emotionale Unterstützung von anderen, positive Effekte auf das Wohlbe-finden (gemessen durch Glück und Lebenszufriedenheit) und die Gesundheit ihrer asiatischen (interdependenten) Stichprobe hatte. Dies galt sowohl für die studentische als auch erwachse-ne, nichtstudentische Stichprobe. In independenten Kulturen kam dieser Effekt ebenfalls zu-stande, allerdings nur bei Studenten und, sobald der Selbstwert statistisch kontrolliert wurde,

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verschwand der positive Zusammenhang zwischen emotionaler Unterstützung, Wohlbefinden und Gesundheit (Uchida et al. 2008). Die Forschung von Goodwin et al. (2001) und Uchida et al. (2008) impliziert, dass soziale Inklusion bzw. emotionale Unterstützung ausschlaggebend für die allgemeine Lebenszufriedenheit von kollektivistischen Personen ist, was das Ausblei-ben der erwarteten Wechselwirkung erklären könnte.

Die mentale Gesundheit wurde in dieser Arbeit u.a. durch den vorhandenen Sinn und als Ge-gensatz dazu, durch die Suche nach dem Sinn im Leben definiert. Bezüglich der Suche nach dem Sinn im Leben ergaben sich keine signifikanten Ergebnisse. Die statistische Analyse der Skala „vorhandener Sinn im Leben“ zeigte eine signifikante Wechselwirkung, allerdings in eine unerwartete Richtung. UntersuchungsteilnehmerInnen aus dem kollektivistischen Kul-turkreis sehen in der Inklusionsbedingung mehr Sinn im Leben als jene aus dem individualis-tischen Kulturkreis. In der Exklusionsbedingung unterscheiden sich die beiden Stichproben nicht voneinander. Stillman et al. (2009) erwähnen, dass der vorhandene Sinn im Leben mit

“positivem Funktionieren“ assoziiert ist, welches wiederum mit Lebenszufriedenheit einher-geht (Chamberlain & Zika, 1988, zitiert nach Stillman et al., 2009). Dieser Aussage nach, muss also ein gewisses Maß an Lebenszufriedenheit gegeben sein, um das Leben als sinnvoll zu betrachten. Wie schon erwähnt, ist soziale Inklusion eine Voraussetzung für Lebenszufrie-denheit in kollektivistischen Kulturen (Goodwin et al., 2001). Ist in kollektivistischen Kultu-ren soziale Inklusion also eine Voraussetzung für Lebenszufriedenheit und Lebenszufrieden-heit wiederum eine Voraussetzung für ein als sinnvoll wahrgenommenes Leben, so ist das Zustandekommen der erwähnten Wechselwirkung logisch nachvollziehbar. Konsistent mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit fanden auch Stillman et al. (2009) heraus, dass sozi-ale Exklusion bei den ProbandInnen weder Tendenzen hervorruft nach dem Sinn im Leben zu suchen, noch diese unterdrückt. Steger, Kawabata, Shimai & Otake (2008b) haben den Ein-fluss der Kultur (Interdependenz/Independenz) auf den vorhandenen und der Suche nach dem Sinn im Leben untersucht. Ihre Untersuchung brachte sie zu dem Ergebnis, dass in indepen-denten Kulturen der vorhandene Sinn stärker ausgeprägt ist als in interdepenindepen-denten. Die Su-che nach dem Sinn steht außerdem im negativen Zusammenhang zum vorhandenen Sinn und Wohlbefinden in independenten Kulturen und im positiven Zusammenhang zu den genannten Variablen in interdependenten Kulturen. Die Suche nach dem Sinn im Leben ist daher auch durch Kulturunterschiede geprägt und moderiert den Einfluss von Kultur auf den vorhandenen Sinn (Steger et. al, 2008b).

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Bezüglich des dispositionellen Optimismus, welcher als Variable der mentalen Gesundheit definiert wurde, ergab die statistische Analyse keine signifikanten Ergebnisse. Es traten weder signifikante Haupteffekte, noch eine signifikante Wechselwirkung auf. Auffällig ist, dass ab der Vorgabe des LOT-R keine relevanten Ergebnisse mehr auftraten. Dies könnte implizieren, dass die UntersuchungsteilnehmerInnen die Bearbeitungszeit des Fragebogens zu lange fan-den und ihn nicht mehr konzentriert bearbeiteten oder der zeitliche Abstand der Manipulation zu groß war. Nes & Segerstrom (2006) kritisieren die sprachliche Übersetzung des LOT-R in Bezug auf unterschiedliche Kulturen, nämlich Kollektivismus und Individualismus. Kollekti-vistische Kulturen pflegen eine interdependente Sicht des Selbst, was bedeutet, dass sie nicht viel Wert auf individuelle Konsequenzen legen (Nes & Segerstrom, 2006). Im LOT-R bezie-hen sich die meisten Items allerdings auf das „Ich“ und eine individuelle Sicht der Zukunft, was für Mitglieder einer kollektivistischen Gesellschaft nicht angebracht sein könnte (Nes &

Segerstrom, 2006). Diese Kritik könnte eventuell auch auf die vorliegende Untersuchung zutreffen und erklären, warum die erwartete Wechselwirkung nicht zustande kam.

Die zweifaktorielle Varianzanlyse des State-Selbstwerts (mentale Gesundheit Variable) ergab keine signifikanten Ergebnisse. Wurde die Kovariate Trait-Selbstwert in die Analyse mitein-bezogen, zeigte diese einen signifikanten Einfluss. Demnach steht der Trait-Selbstwert mit dem State-Selbstwert in Zusammenhang, verändert die Ergebnisse aber nicht in Richtung Signifikanz. Laut Hypothese wurde eine Wechselwirkung zwischen der Untersuchungsbedin-gung (Exklusion/Inklusion) und der Kulturzugehörigkeit (Kollektivismus/Individualismus) angenommen. Demnach soll die kollektivistische Stichprobe in der Exklusionsbedingung ei-nen höheren State-Selbstwert (mentale Gesundheit) haben als die individualistische. Die Hy-pothese konnte nicht bestätigt werden. Blackhart und KollegInnen (2009) kamen durch ihre Metaanalyse zu dem Ergebnis, dass labormanipulierte Exklusion zu keinem Abfall des Selbstwerts führt. Dieser Effekt kam allerdings nur zustande, wenn sie exkludierte Proban-dInnen mit einer neutralen Kontrollgruppe verglichen. Akzeptierte Personen hingegen hatten einen höheren Selbstwert als exkludierte, was allerdings auf den Anstieg des Selbstwerts durch Akzeptanz zurückzuführen ist. Markus & Kitayama (1991) weisen darauf hin, dass der Selbstwert von Personen, je nach Kultur, sehr unterschiedlich definiert wird. So bildet die Basis des Selbstwerts in independenten Kulturen beispielsweise, die Fähigkeit sich selbst aus-zudrücken und internale Attribute zu bestätigen. In interdependenten Kulturen ist der Selbst-wert davon abhängig, ob Personen die Fähigkeit besitzen sich anzupassen, sich zu

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schen bzw. zurückzuhalten und in Harmonie mit dem sozialen Kontext zu leben. Markus &

Kitayama (1991) argumentieren, dass die Wertschätzung des Selbst ein primär westliches Phänomen ist, da sie voraussetzt, sich von anderen abzuheben und das eigene Selbst als besser wahrzunehmen.

Von besonderem Interesse in vorliegender Untersuchung war, ob Personen aus einem kollek-tivistischen Kulturkreis nach Manipulation sozialer Exklusion weniger Aggression zeigen als Personen aus einem individualistischen Kulturkreis. Um dies zu überprüfen wurden die Sub-skalen „verbale Aggression“, „Feindseligkeit“ und „Ärger“ des Aggression Questionnaire von Buss & Perry (1992) herangezogen. Für keine der Subskalen ergaben sich signifikante Ergeb-nisse. Wie schon in Kap. 1.3 erwähnt, fallen die Reaktionen auf eine Exklusionserfahrung, je nachdem, welche psychologischen Grundbedürfnisse bedroht werden, unterschiedlich aus.

Sind die Bedürfnisse nach Kontrolle und einer sinnvollen Existenz stärker (als die Bedürfnis-se nach sozialer Zugehörigkeit und positivem Selbstwert) durch soziale Exklusion bedroht, neigen die Betroffenen eher zu aggressivem Verhalten (Williams, 2007a; Warburton et al., 2006). Die Annahme, dass bei Personen aus einem kollektivistischen Kulturkreis die Bedürf-nisse nach Kontrolle und sinnvoller Existenz nach Manipulation sozialer Exklusion weniger stark bedroht sind, als bei Personen aus einem individualistischen Kulturkreis, konnte in die-ser Untersuchung nicht bestätigt werden. Das Ausbleiben diedie-ser erwarteten Wechselwirkun-gen könnte erklären, warum auch keine signifikanten Ergebnisse bezüglich der Aggression zustande gekommen sind.

Die Fragestellung, ob sich UntersuchungsteilnehmerInnen aus dem kollektivistischen oder dem individualistischen Kulturkreises nach Manipulation sozialer Exklusion prosozial oder aggressiv verhalten, konnte in dieser Untersuchung nicht geklärt werden. Für das prosoziale Verhalten ergab sich ein signifikanter Haupteffekt auf dem Faktor Kulturzugehörigkeit, wel-cher zeigt, dass sich die kollektivistische Stichprobe prosozialer verhält als die individualisti-sche, unabhängig der Manipulation. Bezüglich des aggressiven Verhaltens zeigt sich eine ten-denzielle Signifikanz für den Haupteffekt Bedingung. Demnach verhalten sich die Untersu-chungsteilnehmerInnen in der Exklusionsbedingung aggressiver als in der Inklusionsbedin-gung. Warum keine Wechselwirkung auftrat, ist vielleicht dadurch zu begründen, dass das Verfahren zur Überprüfung der Fragestellung kein etabliertes Verfahren darstellt, sondern

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selbst entwickelt wurde. Die Items hätten vor der Durchführung der Untersuchung einer Stichprobe vorgegeben, und eine Reliabilitätsprüfung durchgeführt werden sollen.