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Ü BERLEGUNGEN ZU DEN STATISTISCHEN G RUNDLAGEN VON

Im Dokument EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (Seite 137-140)

4. DIE PROBLEMATIK DER AUSWAHL EINES GEEIGNETEN

4.1 Konzeptionelle Herausforderungen bei der Rendite- und

4.1.2 Ü BERLEGUNGEN ZU DEN STATISTISCHEN G RUNDLAGEN VON

Immobilien-Transaktionspreise sowie Immobilienbewertungen durch Sachver-ständige sind empirisch beobachtbare Werte. Sie existieren nur dann, wenn ein Objekt ver-/gekauft bzw. bewertet wird.354 Der Marktwert einer Immobilie hingegen kann als theoretisches oder konzeptionelles Konstrukt erachtet werden. Für jede Immobilie bzw. jedes Immobilienportfolio existiert theoretisch zu jedem Zeitpunkt ein Marktwert. Dieser Marktwert unterliegt kontinuierlichen Schwankungen, da er abhängig ist von ständig neu eintreffenden Infor-mationen, die von Relevanz für Kapitalanlagen allgemein, für die Anlageklasse Immobilie oder auch nur für ein einzelnes Objekt sind.355

Der Marktwert einer Immobilie zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt „[...] is frequently defined in real estate markets as the ‚most likely’ (or the expected) transaction price of the property as of that point in time.“356 Im theoretischen Duktus der vorliegenden Arbeit kann der Marktwert einer Immobilie bzw. eines

354 Zur ausführlichen Diskussion unterschiedlicher konventioneller und auch vereinfachter Bewertungsverfahren von Immobilien vgl. Leopoldsberger (1998), S. 12 -190.

355 Vgl. Brealey/Myers/Marcus (2001), S. 137.

Immobilienportfolios als der Erwartungswert einer ex-ante-Transaktionspreis-Wahrscheinlichkeitsverteilung verstanden werden.357 Er stellt somit die Oppor-tunitätskosten des Eigentums an dem Vermögensgegenstand - im Gegensatz zur Möglichkeit des Verkaufs - dar.358

Wird Marktwert in diesem Sinne definiert, so kann erwartet werden, dass in liquiden Märkten, auf denen homogene Wirtschaftsgüter regelmäßig gehan-delt werden, empirisch beobachtbare Transaktionspreise sehr gut den (theore-tischen) Marktwert approximieren. Für den Immobilienmarkt kann aus dieser Sicht nicht davon ausgegangen werden, dass Marktwerte jederzeit empirisch beobachtbar sind, da - im Gegensatz zu bspw. dem Aktienmarkt - auf Immo-bilienmärkten unteilbare Vermögensgegenstände mit z.T. erheblichen Ver-mögenswerten gehandelt werden.359 Diese Vermögensgegenstände sind in aller Regel einzigartig und werden nur selten gehandelt.360

Beobachtbare Transaktionspreise können als Stichproben einer zugrunde-liegenden Wahrscheinlichkeitsverteilung aufgefasst werden, die sich um den unbeobachtbaren Marktwert des verkauften Objektes verteilen.361 Trans-aktionspreise stellen also systematische Abweichungen von einem theoretisch

„wahren“ Marktwert dar. D.h. also, dass jeder Transaktionspreis theoretisch wahrscheinlich eine Differenz zum wahren Wert einer gehandelten Immobilie aufweist. Diese Differenz wird oftmals als „transaction price noise“ oder

„transaction price error“ bezeichnet.362

Ähnlich wie Transaktionspreise, so streuen auch Immobilienbewertungen um den „wahren“ Marktwert einer Immobilie. Bestellte man zwei Sachverständige zur unabhängigen Bewertung eines Objektes und stellte man sicher, dass

356 Geltner/Ling (2000a), S. 52 (Hervorhebung im Original).

357 Vgl. hierzu Abschnitt 2.1.

358 Zur Definition von Opportunitätskosten vgl. Feess (1997), S. 767. Erläuternd führt Feess (1997), S. 502 hierzu weiter aus: „So bestehen die Kosten beim Kauf einer Eintrittskarte für ein Fußballspiel im Frankfurter Waldstadion darin, daß man vom gleichen Geld nichts anderes unternehmen kann.“

359 Vgl. Geltner/Ling (2000a), S. 52.

360 Vgl. Abschnitt 2.1.1.

361 Vgl. Geltner/Ling (2000a), S. 52.

362 Geltner/Ling (2000a), S. 52-53.

beide während des Bewertungsprozesses nicht in Kontakt treten können, so würden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die beiden ermittelten Werte voneinander differieren.363 Logischerweise muss dann mindestens einer der beiden Werte „falsch“ sein, da es definitionsgemäß zu jedem Zeitpunkt nur einen „wahren“ Marktwert geben kann. Die Differenz zwischen Bewertung und

„wahrem“ Marktwert wird in der englischsprachigen Literatur als „appraisal error“ bezeichnet.364

Während sich also Transaktionspreise wie auch Objektbewertungen um den Marktwert verteilen, so wird für erstere eine statistische Unabhängigkeit unterstellt, gewissermaßen also eine Normalverteilung der Abweichungen angenommen. Bei einzelnen Objektbewertungen hingegen führen unter-schiedliche Annahmen über den durchzuführenden Bewertungsprozess zu der Überlegung, dass diese Bewertungen einen „bias“ besitzen und somit der zu erwartende ex-ante-Wert einer Bewertung dem „wahren“ Marktwert nicht entspricht. Folgt man dieser Argumentationslogik, so wird konsequenterweise die Anwendungsmöglichkeit portfoliotheoretischer Modelle für den Immobilien-investmentbereich, wie sie im Rahmen der vorliegenden Arbeit unterstellt wird, kritisch gesehen.365 Dieser Themenkomplex des „appraisal smoothing“ wird nachfolgend ausführlich beleuchtet. Zum einen gibt es aus theoretischer Sicht auf verschiedenen Aggregationsebenen unterschiedliche Glättungs-effekte366; zum anderen zeigt die empirische Forschung, dass Schwächen des amerikanischen NCREIF-Konzeptes beim europäischen IPD-Konzept, zu dem auch der DIX Deutscher Immobilien Index zählt, nicht bzw. in nur abgemilder-ter Form existieren367.

Im Rahmen der nachfolgenden Abschnitte werden die drei prinzipiellen Konstruktionsmöglichkeiten zur Immobilien-Index-Bildung beleuchtet. Nach einem scheinbaren Ringen um den „einen besten“ Immobilien-Index in der

363 Vgl. Graff/Young (1999), S. 33-38.

364 Vgl. Geltner (1998), S. 26.

365 Vgl. hierzu Abschnitt 2.1.2.

366 Bestimmte Glättungseffekte auf Objektebene können bspw. auf Indexebene wiederum vernachlässigt werden; vgl. die nachfolgenden Abschnitte 4.4.2 und 4.4.3.

367 Vgl. Abschnitt 4.4.3.2.

wissenschaftlichen Literatur in den 1990er Jahren kann aus heutiger Sicht konstatiert werden, dass zunächst einmal transaktionsbasierte, aktienmarkt-basierte sowie bewertungsaktienmarkt-basierte Immobilien-Indizes theoretisch gleichbe-rechtigt nebeneinander stehen. Im Rahmen der praktischen Anwendung kommt es hingegen sehr wohl auf die Aussagekraft und Leistungsfähigkeit der einzelnen Konstruktionsvarianten an. Dabei spielt der - aus anwendungspers-pektivischer Sicht durchaus bedeutende - Aspekt der konkreten Ausgestaltung im jeweiligen Geltungsbereich eine wichtige Rolle. So wird im weiteren Verlauf der Arbeit bspw. herauszuarbeiten sein, dass der E&G-DIMAX im Kontext dieser Arbeit kein leistungsfähiges deutsches Pendant zu den US-amerikanischen Equity REIT-(EREIT-)Indizes ist368 oder dass die Qualitäten des britischen IPD-Indexes von keinem anderen nationalen bewertungs-basierten Index zum aktuellen Zeitpunkt erreicht werden.369 Diese empirisch belegbaren Qualitätsunterschiede haben - unabhängig von theoretischen Kon-struktionsüberlegungen - Rückwirkungen auf die Eignung dieser Indizes als Basisobjekt von Index-Derivaten.

4.2 Kritische Beurteilung transaktionsbasierter Immobilien-Indizes

4.2.1 Theoretische Konstruktionsmöglichkeiten transaktionsbasierter

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