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2. Mediale Berichterstattungen über Migranten

2.3. Öffentlicher Diskurs über Migranten

In der öffentlichen Wahrnehmung hat das Bild der Migranten einen deutlichen Kontrast zur Mehrheitsgesellschaft. Man sagt, dass die Migranten sich die Werte der Heimat bewahrt haben. Sie sind eng familienverbunden, traditionsorientiert und stark religiös orientiert. In den Massenmedien dominiert das was

„Fremdländisches“ signalisiert. So werden religiöse und kulturelle Riten, Kleidungsformen usw. aufgenommen und bestätig, das was auch in der Alltagswahrnehmung den Blick auf sich zieht. Deshalb heißt es, dass die Migranten traditionsorientiert sind und die Sitten von ihrer Herkunft und Heimat bewahren.

Viele Studien sind auch zu dem Ergebnis gekommen, dass in der Tat Migranten eine starke Traditionsbindung haben (vgl. Beck-Gernsheim, 2004, S. 19-21).

2.3.1. Was uns Medien über „Ausländer/Innen vermitteln

Selten ist etwas Positives aus den Medien über Ausländer/Innen zu erfahren.

Mord und Totschlag, Diebstahl, (Banden-)Raub usw. sind Delikte, über die im Zusammenhang mit ethnischen Minderheiten häufig berichtet wird. Butterwegge wandelt eine angelsächsische Äußerung „Only bad news are good news“, in: „Nur böse Ausländer sind für deutsche Medien gute Ausländer!“ um.

20 Georg Ruhrmann spricht von einem „Negativsyndrom“ das die Berichterstattungen kennzeichne, denn auch die vorhandenen und zukünftigen sozialen Veränderungen werden als katastrophal und schicksalhaft dargestellt. So wird die Ausbreitung des Rassismus in der Mehrheitsgesellschaft, andererseits die Zunahme desintegrativer Tendenzen bei ethnischen Minderheiten gefördert. Seit der Asyldiskussion, zu Beginn der 90er-Jahre, wird die Kriminalitätsfurcht der Mehrheitsgesellschaft auf die ethnischen Minderheiten übertragen (vgl.

Butterwegge, 2006, S. 188-189).

Für Rainer Geißler repräsentieren die Medien im Hinblick auf Migration folgendes:

„Es knüpft an bestehende Vorurteile gegenüber ethnischen Minderheiten an, verstärkt diese gleichzeitig und bereitet damit sozialpsychologisch den Boden für Aktionen gegen ethnische Minderheiten – im harmloseren Fall für politische Beschränkungen, im schlimmeren Fall für Fremdenhaß und brutale Gewaltausbrüche gegen ethnische Minderheiten.“ (Butterwegge, 2006, S. 189-190).

Migranten/Innen tauchen in den Medien als „Gruppe“ auf, auch wenn nicht immer von „ausländischen Banden“ die Rede ist, Einheimische hingegen werden als Einzeltäter dargestellt. Durch die Nennung der nichtdeutschen Herkunft von Straftätern wird in den medialen Berichten der Eindruck vermittelt bzw. bestärkt, dass die Straftaten mit dessen Abstammung oder ethnischer Herkunft zusammenhängen. Hinweise auf Nationalität, Sprache, Hautfarbe sind in den Medien nur dann rechtzufertigen, wenn es die Fahndung erfordert. Selbst eine Polizeistatistik zur Ausländerkriminalität, wenn sie weder kommentiert noch richtig interpretiert wird vermittelt die Botschaft, dass Menschen anderer Nationalität bzw. Herkunft aufgrund ihrer biologischen und/oder kulturellen Disposition für Straftaten anfälliger sind. Zu Beginn der 90er-Jahre wurden Flüchtlinge als „Betrüger“, „Sozialschmarotzer“ und „Störenfriede“ abgestempelt.

21 Die Flüchtlinge gefährden durch ihr Hiersein oder ihr Verhalten das friedliche Zusammenleben und den Wohlstand des Landes berichteten die Medien. Die mediale Darstellung hat maßgeblich dazu beigetragen, dass ein Bild eines von Ausländern bedrohten Deutschlands in den Köpfen der Gesellschaft entstehen konnte (vgl. Butterwegge, 2006, S. 190-1992).

2.3.2. „Islamischer Terrorismus“ in den Medien

„Islamismus“ und „islamischer Terrorismus“ werden häufiger als andere Themen medial vermittelt. Unser Wissen über diese Themen beziehen wir aus den Massenmedien. Vom „Terrorismus“ sind zahlenmäßig im Unterschied zu anderen Formen kriminellen Verhaltens, z.B. Verkehrs- und Körperverletzung, nur wenige Menschen betroffen. Der islamische Terrorismus wurde schon in seiner Geburtsstunde medial inszeniert und damit erhielt er in gewisser Weise auch die Bedeutung die er heute hat. Die Anschläge auf das World Trade Center und die dauernden (Live-)Berichterstattungen, haben einen nachhaltigen Eindruck im Hinblick auf die Wertigkeit der Ereignisse im kollektiven und persönlichen Erleben hinterlassen.

Heute, nach dem 11. September, wissen wir über den islamischen Terrorismus fast ausschließlich alles nur von den Medien. Die Berichterstattung der Medien strukturiert unser Bild und gibt uns bestimmte Vorgaben (vgl. Trautmann, 2006, S. 139).

Die Anschläge haben die gesamte Migrationsfrage unter den Aspekt der Sicherheit gestellt. Seit dem 11. September 2001 wird Zuwanderung medial in erster Linie als Sicherheitsproblem und Bedrohung thematisiert. Doch die Zeit nach den Anschlägen stellt eine verschärfte Form der schon länger beobachtbaren Tendenz insbesondere der medialen Berichterstattung dar, welche Migration zunehmend als Bedrohung für die Sicherheit und das Wohlergehen unserer Gesellschaft gleichsetzt (vgl. Trautmann, 2006, S. 148).

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„Die Meta-Erzählung hinter der Berichterstattung und den Reaktionen der Politik lautet: Zuwanderer und insbesondere Menschen aus dem islamischen Raum sind zu fürchten. Man sollte aber nicht übersehen, dass der Diskurs durchaus einen dialektischen Charakter hat, weil der Ausschluss des Fremden den Einschluss des Eigenen unterstützt und zugleich das Vertrauen diesem gegenüber notwendig von dem Misstrauen gegenüber dem Anderen abhängt.“(Trautmann, 2006, S.

149).

Khaled El Masri ein gebürtiger Libanese mit deutschem Pass, Murat Kurnaz, ein in Bremen geborener und aufgewachsener Türke und Mohammed Haydar, ein Deutscher syrischer Abstammung wurden vom US-Geheimdienst verschleppt und zum Teil jahrelang in Afghanistan, auf dem Militärstützpunkt Guantánamo Bay, festgehalten und gefoltert. Die Journalisten interessierten sich aber nicht groß für sie.

Wenn es sich aber nicht um Migranten, sondern um Deutsche gehandelt hätte, dann wären diese Fälle nicht erst durch die „CIA-Affäre“ (November/Dezember 2005) aufgedeckt und schon viel früher zu einem Topthema der Medien geworden (vgl. Butterwegge, 2006, S. 225).

Das Bild der Muslime ist immer noch durch kommunikativ vermittelte Informationen geprägt. Das was man weiß, wird oft nur durch Berichte und Erzählungen über den Islam bzw. Gläubige geprägt, denn direkte Kontakte mit Muslimen sind immer noch selten. Die Medien beeinflussen stark unsere Wahrnehmung, dennoch werden sie immer wichtiger (vgl. Ateş, 2006, S. 151).

Der Leser kann sich kein unmittelbares und eigenes Urteil zur internationalen Politik bilden. Deshalb bieten Kommentare und Meinungen der Experten bestimmte Deutungsmuster für die Ereignisse an. Man muss bedenken, dass die Leser der Boulevardpresse nur sehr geringe Kenntnisse über Außenpolitik, Terror, Propaganda und Krieg haben. Dies unterstreicht noch einmal die Bedeutung der Medien für die Meinungsbildung und bei der Entstehung von Vorurteilen.

23 Medial erzeugte Wirklichkeitskonzepte prägen zunehmend unsere Wahrnehmung vom „Anderen“ und spielen eine nicht unwesentliche Rolle bei der öffentlichen Meinungsbildung. Besonders wie die „Realität“ medial konstruiert wird ist von Bedeutung. Nach den Anschlägen am 11. September 2001 wurde der Islam in gewissermaßen von den Medien neu entdeckt. Um den Islam als eine weltliche Bedrohung darstellen zu können, werden sie dem Verdacht ausgesetzt, die westliche Kultur und das christliche Abendland vernichten zu wollen. In den Medien wird besonders dass islamisch-orientalische Fremde hervorgehoben und das Öffentlichkeitsbild des Islam wurde auf Negativ- und Fremdbilder reduziert.

Insbesondere Muslime mit ihren äußerlichen Erscheinungsformen als „Andere“

stellten für die westliche Gesellschaft eine große Herausforderung dar.

Man brauchte nur das schlummernd vorhandene Feindbild aus dem kulturellen Gedächtnis hervorzuholen. In den Medien wurde muslimische Religiosität mit der Bereitschaft zur Gewaltanwendung gleichgesetzt.

Dies zeigte sowohl auf den wissenschaftlichen Diskurs als auch auf die öffentliche Meinung Wirkungen (vgl. Ateş, 2006, S. 153-156).

Im Gegensatz zu sprachlichen Ausdrücken haben Bilder in den Medien einen höheren Effekt. Sowohl Text und Bild sind Teile einer allgemeinen Zusammenordnung. Erst das Bild und der Text zusammen ergeben eine vollständige Zusammenordnung. Wie Bilder gelesen werden, hängt auch ab von dem Punkt, den das Auge auf einem Bild erfasst, den daraus entsprechenden Assoziationen und der weiteren Betrachtungsweise.

In der Öffentlichkeitsarbeit wird versucht diesen Aufnahmevorgang zu steuern, um die Aufmerksamkeit in die gewünschten Bahnen zu leiten wird das Auge gelenkt. Zum Aufbau von Feindbildern benötigt man die Verknüpfung von Bild und Wort (vgl. Ateş, 2006, S. 162).