2 Torsion in dünnwandigen Querschnitten
2.1 Theorien, Voraussetzungen und Hypothesen
Theorien:
Reine Torsion (s. Grundstufe)
Begründer: Jean Claude de ST. VENANT (1797 - 1886) Symbol, Index:
sv
Wölbtorsion
Begründer: Vasili Sacharovitsch VLASOV (1906 – 1958) Symbol, Index :
Voraussetzungen zu Geometrie und Belastung:
prismatische Stäbe
Wanddicke
h
klein gegenüber restlichen Abmessungen des Querschnitts – StabschaleTorsionsmoment
M
t um Stabachsesv : M
t an Stabenden eingeleitet, über Stablänge konstant:
M
t kann über Stablänge veränderlich sein: t dMt m dzv
x0, vy0, vz0 Verschiebungen desSchwerpunktes
Hypothesen:
Kinematische Hypothesen (Annahmen bezüglich der Verformung):
Verformung der Querschnitte durch die Verformung der Profilmittellinie beschrieben. Änderungen über die Wandstärke werden vernachlässigt
keine Änderung der Querschnittsform: xy = 0 Stab in
z
-Richtung schubstarr: zs = 0 Querschnitt in seiner Querschnittsebene nicht starr
v
z0 ÷v
y0v
x0M +dM
t tm
tM
t
e
te
÷ny x
z dz
S
s
s=0s=l
Profilmittellinie
h(s)
rts
sv:
Unabhängigkeit des Verdrehwinkels/Längeneinheit (Drillung d
dz ') von der Koordinate
z
Unabhängigkeit der Verschiebung
v
z von der Koordinatez
Verschiebung inz
-Richtung (Verwölbung)v
z nicht be- oderverhindert
: Verdrehwinkel/Längeneinheit (Drillung) ist Funktion der Koordinate
z
Verschiebung
v
z ist Funktion der Koordinatez
v
z be- oder verhindert (Lager, Anschlusskonstruktionen) Kinetische Hypothesen:
linearer Verlauf der Schubspannungen über die Wanddicke
h sv:
nur Schubspannungen Be- bzw. Verhinderung der Verwölbung führt zu zusätzlichen Normal- und Schubspannungen
zusätzliche Normal- und Schubspannungen über die Wanddicke
h
konstantWölbbehinderung führt zur Versteifung des Profils
2.1 Querschnittsverformung
y D
n
Profilmittellinie
S x
e
te
nP(x,y) 6 6 s=0
yD
z
s
x
y_ _
rnS
xDcos
xD yDsin
S
SchwerpunktD
Drehpunkt(Drillruhepunkt)
Verschiebungen
Verschiebungen des beliebigen Punktes
P(x,y,z)
in der x,y-Ebene:(3.8) Da die Verschiebungen des Drehpunktes (Drillruhepunktes)
D
in derx,y
-Ebene verschwinden müssen:ergeben sich die Verschiebungen des Schwerpunktes
S
zu:(3.9) (3.9) in (3.8) formuliert endgültig die raumfesten Verschiebungen des Punktes
P
:(3.10)
Verschiebungen des beliebigen Punktes
P
in Stablängsrichtung:z. B am U-Profil:
(3.11)
0 0
( , ) ( ) ( ) ( , ) ( ) ( )
x x
y y
v y z v z z y
v x z v z z x
0 0
0 0 ,
xD x D
yD y D
v v y
v v x
x D
y D
v y y y
v x x x
x z
vz0
vy0'
dz y
P(x,y,z)
S
vx0'
keine Ebene!
, ,
0( ) 0´( ) 0´( ) ´( ) ( , )z z y x
x y
v x y z
v z
v z y
v z x
z
x y
Starrkörper- Verschiebung Verschiebung Verschiebung verschiebung wegen Drehung wegen Drehung wegen Ve
um -Achse um -Achse
BERNOULLI-Hypothese
rwölbung des Querschnitts
0
0 .
x D
y D
v y
v x
(3.12) Verzerrungen
Für die weitere Behandlung werden noch folgende Zusammenhänge zwischen den Verformungen bereitgestellt:
Zusammenhang raumfeste – körperfeste Verschiebungen:
Einsetzen der Verschiebungen nach (3.10):
oder (s. Skizze S. 88):
mit:
Verwölbung Die Hypothese
liefert mit obigem
v
t :und nach Integration über
s
:Damit wird die Einheitsverwölbung D (bezüglich des Punktes D) definiert:
(3.14)
, ,
0
zs
v
t zv
zs
, ,
´ ,
z s t z tD tD
v v r r
0 0
.
s
z tD z
v
r ds v
( ) 0
s z
D tD D
s v r ds
n nD t tD
v r v r
x
vx
y vy
et en
P'
co P
s s
in cos
sin
x y
x y
n t
v v
v v
v v
0
0
D
s
Einheitsverwölbung an der Stelle
cos sin
sin cos
n D D
t D D
v y y x x
v y y x x
, ,
, 0 0 0
0
0 0
´( ) ´´( ) ´´( ) ´´( ) , )
´( ) ´´( ) ( , )
xx x x yy y y
zz z z z y x
z D D
v v
v v z v z y v z x z x y
v z z y x x y x y
(mit (3.9) )
, ,
, , 0
0
´( )
xy x y y x
xz x z z x x
v v
v v v z
´( )z y v x0´( )z ,
,
, , 0
´( ) ´( )
´( )
x x
yz y z z y y
z y z
v v v z
´( )z x v y0´( )z ´( )z ,y
x ,y
´( )z
co( , )
, s s -
sin cos
D D in
nD nS D
t
D
tD S
r x y r
r x y x y
x y
r
z
unabhängige Querschnittskenngrößen (3.13)
Die Einheitsverwölbung hängt nur von der Geometrie des Stabquerschnittes ab!
Das Integral
0 s
rt D ds
kann wieder (s. auch S. 83) anschaulich (s. Skizze) gedeutet werden:(3.15)
Das Differenzial der Einheitsverwölbung ist danach gleich dem doppelten Flächen- inhalt der Sektorfläche.
Daher stammt die Bezeichnung „Sektorkoordinate“ für die Einheitsverwölbung.
Bei der Auswertung des Integrals ist zu beachten, dass es dann positiv ist, wenn der Fahrstrahl
r
zur Profilmittellinie bei Zunahme vons
in Richtung von dreht.Transformationsbeziehung zwischen den Einheitsverwölbungen bezüglich ver- schiedener Bezugspunkte
Formal kann die Einheitsverwölbung für einen beliebigen Bezugspunkt (hier: Schwer- punkt) geschrieben werden:
(Wegen der freien Wahl des Bezugspunktes wurde auf die Indizierung mit S verzichtet.)
Mit der Beziehung für
r
t (3.13) wird das Integral für die Einheitsverwölbung neu geschrieben:Hierin werden die Winkelfunktionen durch die aus dem ersten Bild auf dieser Seite ablesbaren Beziehungen:
(3.16)
ersetzt:
rtD
dA D
ds dy -dx x
y
0 0
.
s
r dst
12 tD dA r ds
P
Fahrstrahl r
x
y
s s
0
0
s
r dst
0
0
s
r dst
0 0
0 0 0 0
cos sin
s r dst
s r dstD xD
s ds yD
s ds sin dx cos dy
ds ds
mit: (3.17)
Bei Kenntnis des Verlaufs der Einheitsverwölbungen bezüglich zweier „Dreh“punkte eines Querschnittes lassen sich über die Wertepaare an jeweils drei Stellen des Querschnittes die Koordinaten seines Drehpunktes D x( D,yD) und die Konstante
k
ermitteln.Für die spätere Verwendung werden noch die partiellen Ableitungen von (3.17) bereitgestellt:
(3.17a)
Praktische Hinweise
Die Verwölbung ist eine antimetrische Querschnittsgröße. Auf geometrischen Sym- metrieachsen verschwindet sie.
Es ist daher empfehlenswert, den Koordinatenursprung für
s
auf einen Schnittpunkt der Profilmittellinie mit einer Symmetrieachse zu legen. Die Integrationskonstante 0bzw.
k
verschwindet und es braucht nur die Hälfte (ein Viertel) des-Verlaufs berechnet zu werden.Querschnitte, die sich aus schmalen Rechtecken zusammensetzen und deren Profil- mittellinien sich alle in einem Punkt schneiden, sind wölbfrei.
Bezüglich dieses Punktes sind alle
r
ti gleich null und demzufolge die Verwölbung auch.Bei verzweigten Profilmittellinien werden ein Hauptstrang festgelegt und ein oder mehrere Nebenstränge definiert (s. Querkraftschub).
Zuerst wird die Verwölbung des Hauptstrangs ermittelt und die Integrations- konstante 0 bzw.
k
bestimmt. Anschließend werden die Verwölbungen der einzelnen Nebenstränge - mit dens
i vom freien Ende aus laufend - getrennt berech- net und deren Integrationskonstanten so bestimmt, dass die Verwölbungen von Haupt- und Nebenstrang an dem jeweiligen Verzweigungspunkt übereinstimmen.
0 0
0 0
0 0 0 0
y
s x
tD D D
y x
D D D D
r ds x dy y dx
x y y y x x
D x yD y xD k
k
0 D0x y
D 0 y x
D 0 ., ,
, , .
x D x D
y D y D
y x
Beispiel: Einheitsverwölbung eines Hutprofils
Geg.:
b, h
= konst. (h<<b)Lage des Schwerpunktes Lage des Schubmittelpunktes
Ges.: Einheitsverwölbung bezüglich
der Punkte
S
,D
undM
Da der Querschnitt zur
x
-Achse symmetrisch ist, muss der Verlauf der Einheits- verwölbung antimetrisch sein. Auf derx
-Achse (PunktD
) ist = 0. Im skizzierten Koordinatensystem gilt daher (s1 0)0.Einheitsverwölbung bezüglich des Schwerpunktes
S
:Einheitsverwölbung bezüglich des (beliebigen) Drehpunktes
D
:
D S M
B A
s2 b
eM
b
2b 4b
h x
y
s1 s3
1
2
3
1 1 1
0 2
2 2 2
0 2
3 3 3
0
3 3
s S
s S
s S
b ds b s
b b ds b b s
b b ds b b s
S, D, M
1
2
3
1 1
0
2 2 2
0 2
3 3 3
0
0 0
2 2 2
s D
s D
s D
ds
b ds b s
b b ds b b s
12
M 7
e b
Einheitsverwölbung bezüglich des Schubmittelpunktes
M
:Damit können folgende Diagramme erstellt werden:
Aus dem Vergleich wird deutlich, dass der Verlauf bezüglich des Schubmittelpunktes der energetisch günstigste ist. Diese Tatsache ist durchaus verallgemeinerungsfähig.
Einheitsverwölbungen und Koordinaten der drei Punkte lt. Aufgabenstellung:
Aus den konkreten Formulierungen der Gleichung (3.17):
Punkt x b/ y b/ S /b2 D/b2 M /b2
A 1 2 2 0 10
7
B 1 1 3 -2 9
7
D 1 0 0 0 0
-2
-1
1
-3
3
2
-2
2
9 7
5 7
10 7
10 7 5
7
9 7
S D D D
S M M M
x y y x k x y y x k
2D :
b
2S :
b
1
2
3
1 1 1
0 2
2 2 2
0 2
3 3 3
0
5 7
5 5
7 7
9 9 19
7 7 7
s
M M
s M
s
M M
e b ds b s
b b ds b b s
b e b ds b b s
2 :
M
b
3 3 3
14 6 2
S D M
S b h S b h S b h
folgt das Gleichungssystem für die Koordinaten des Punktes
D
:. mit der Lösung:
bzw. für die Koordinaten des Punktes
M
:mit der Lösung:
Die berechneten Koordinaten der Punkte
D
undM
entsprechen tatsächlich der in der Aufgabenstellung gegebenen Lage.0 0 ,
D D
x b y k
2
2 2
2 0 2
3 2
0 0 0
D D
D D
D
b x b y b k
b b x b y b k
y b k
2 2
2 2
2 10 2
7 3 9
7
0 0 0
M M
M M
M
b b x b y b k
b b x b y b k
y b k
12 0 0 .
7
M M
x b y k