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Archiv "Toronto/Kanada Medizin in Toronto: Megaversorgung in der Megacity?" (22.02.2002)

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T

oronto – die „Megacity“, wie die Kanadier sie liebevoll nennen, ist mit 4,3 Millionen Einwohnern die größte Stadt Kanadas. Sie bietet fast im- mer strahlend blauen Himmel und ent- sprechend gut gelaunt und aufgeschlos- sen sind ihre Einwohner. Nur wenig außerhalb der quirligen Metropole prä- sentiert sich Kanada wie im Reisepro- spekt: duftende Nadel- und Ahornwäl- der, Tausende von Seen, Elche und Schwarzbären, der erdige Geruch von Urwald und völlige Einsamkeit.

Ähnlich traumhaft scheint auf den er- sten Blick das Gesundheitssystem zu sein. Krankenversicherungsschutz steht in der Provinz Ontario jedem Bürger über das Ontario Health Insurance Pro- gram (OHIP) zur Verfügung. Die Beiträge werden steuerfinanziert.

Ein Budget für Arzneimittel ist unbe- kannt. Allein der Gedanke daran löst bei vielen Kanadiern verwundertes Stirn- runzeln aus. Damit ihnen ihre Me- dikamente komplett erstattet wer- den, benötigen die Patienten je- doch eine freiwillige Zusatzversi- cherung, den so genannten drug plan. Andernfalls müssen sie die Kosten zumindest anteilig selbst übernehmen.

Die abrechenbaren Leistun- gen der Ärzte sind allerdings auch in Kanada ab einem be- stimmten Einkommen über ei- ne Staffelung begrenzt, die eine relevante Leistungserbringung

jenseits dieser Grenze nicht mehr sinn- voll erscheinen lässt. Bis zu diesem Li- mit wird jedoch jede einzelne Leistung des Arztes vergütet (fee for service).

Die Obergrenze liegt für Fachärzte wie zum Beispiel Gynäkologen bei 400 000 und für Hausärzte bei 200 000 kanadi- schen Dollar.

Die Niederlassung ist für Ärzte unbe- schränkt. Dennoch findet in der Mega- city keine Megaversorgung statt. Nicht nur auf dem Land, auch in der Stadt feh- len zurzeit eher Ärzte. „Dieser Ärzte- mangel ist sicherlich auch auf die limi- tierte Vergütung bei einem Spitzensteu- ersatz von etwa 50 Prozent zurückzu- führen, sodass den Ärzten die Arbeit in den nahe gelegenen USA attraktiver er- scheint“, sorgt sich ein Abteilungsleiter der Universitätsklinik. Weil dem System zwischen 1995 und 1999

sukzessive 25 Milliarden Dollar entzogen wur- den – eines der wich-

tigsten Themen im Parlamentswahl- kampf im November 2000 –, herrscht in einigen medizinischen Bereichen ein Mangel an technischer Ausstattung. So stehen in Toronto derzeit beispielsweise nur vier Kernspintomographen zur Ver- fügung, auch in der unmittelbaren Um- gebung in Ontario sind keine weiteren Geräte installiert. „Die Wartezeiten für die Diagnostik mit diesem Gerät betra- gen zwischen drei und sechs Monaten“, klagt ein an Krebs erkrankter Patient.

Diejenigen, die es sich leisten können, lassen deshalb zum Beispiel im nahe ge- legenen Buffalo/USA kostenpflichtige Aufnahmen anfertigen. Mit diesen keh- ren sie dann zur Diagnostik und Thera- pie zurück nach Kanada.

Hier gelten andere Dimensionen

Die apparative und personelle Ausstat- tung der größten gynäkologisch-geburts- hilflichen Klinik Kanadas ist dagegen vorbildlich. Das 1923 gegründete Mount Sinai Hospital (MSH), eine der Univer- sitätskliniken in Toronto, genießt einen hervorragenden Ruf. Hier stehen den Patientinnen etwa 40 Spezialisten zur Verfügung. Hinzu kommt eine große Anzahl an Fachärzten (fellows) aus aller Welt, Assistenzärzten (residents), interns, die dem AiP entsprechen, und Gast- ärzten. Zusätzlich durchlaufen jährlich 175 Medizin-

Toronto/Kanada

Medizin in Toronto:

Megaversorgung in der Megacity?

Das Mount Sinai Hospital genießt unter anderem in der Gynäkologie und Geburtshilfe einen hervorragenden Ruf.

Doch das kanadische Gesundheitswesen leidet an Mangelerscheinungen.

Den Patientinnen des Mount Sinai Hospital steht ein breites Spektrum an hoch spezialisier-

ten Leistungen zur Verfügung.

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studenten im Rotationsverfahren die Abteilung sowie eine Vielzahl an ehren- amtlichen Helfern. Die Zahlen lassen Anonymität vermuten, doch die Patien- tinnen werden sehr persönlich betreut.

Sie selbst wählen ihren behandelnden Arzt aus. „Ich fahre drei Stunden aus Nord-Ontario hin und drei wieder zurück, um ,meinen Doktor‘ zu sehen“, sagt eine junge Patientin, die in der Ge- burtshilfe betreut wird. Hier gelten in vielerlei Hinsicht

andere Dimensio- nen. Allein in dieser Klinik werden jähr- lich 7 000 Geburten betreut, davon sind mindestens 2 000 Hochrisikogebur-

ten. Dazu kommen pro Jahr 1 600 Kai- serschnittentbindungen, etwa 7 000 klei- nere und 6 000 größere gynäkologische Eingriffe. Als „kleinerer Eingriff“ gilt beispielsweise die selektive Laserkoagu- lation bei schwerwiegendem Twin to Twin Transfusion Syndrome in der 16.

Schwangerschaftswoche sowie einige an- dere hoch spezialisierte Prozeduren.

„Diese werden in der Art weltweit nur an zehn Zentren durchgeführt“, schätzt der Direktor der Fetal Assessment and Treat- ment Unit des MSH. Außerdem finden in der Ambulanz jährlich etwa 3 000 Am- niozentesen statt. Grund für diese relativ geringe Zahl ist die in Toronto vermehrt durchgeführte Chorionzottenbiopsie.

Jährlich werden im MSH etwa 140 000 Patientinnen ambulant versorgt.

„Viele müssen wir intensiv beraten und betreuen“, sagt der Leiter der Abteilung Maternal Diseases in Pregnancy gegen Ende eines Arbeitstages. Wie zur Be- stätigung erscheint eine 37-jährige Pati- entin. Drei Wochen zuvor – im ersten Trimenon der Schwangerschaft – hat sie einen Myokardinfarkt erlitten. Sie will wissen, wie es um die Überlebenschan- cen für sie und das Ungeborene steht.

Während der Erörterungen über mögli- che Komplikationen spricht sie wie über das Wetter. „Ich habe bereits drei gesun- de Kinder – doch meine Entscheidung für das Ungeborene steht felsenfest“, lautet ihr Fazit nach einer Diskussion über die Liste der Risiken, die so lang ist wie der CN-Tower. Für die Spezialisten ist dies erst der Anfang zahlreicher Gruppentreffen, bei denen der Fall auch

mit den Kardiologen und Thorax- chirurgen besprochen wird: Ist ein By- pass indiziert? Eine Herztransplantation sinnvoll? Wie geht es weiter ?

Interdisziplinär geht es weiter – auch mit der nächsten Patientin: Am Abend vor dem erwarteten Geburtstermin er- scheint sie plötzlich in Tränen aufgelöst.

Sie wolle das Kind nicht mehr, verkündet die junge Frau. Sie habe vor, sich das Le- ben zu nehmen. Bisher hatte sie alle Vor- sorgetermine regel- mäßig wahrgenom- men, die Schwanger- schaft war unauffällig verlaufen. Während des Gesprächs stellt sich heraus, dass sie panische Angst vor dem Geburtsschmerz hat. Nach einge- hender Beratung scheint die Patientin beruhigt zu sein. Dennoch wird – bereits während des Gesprächs in der Ambulanz – ein Psychiater angefordert und trotz

großer Knappheit ein Bett für sie auf der Station herbeigezaubert.

Die endgültig letzte Patientin an die- sem Tag versprüht für einen Augenblick einen Hauch von Abenteuer. Die junge Fotografin war in der nahen Wildnis un- terwegs, um in Ruhe einen hungrigen Schwarzbären zu beobachten. Nach ei- nem Sturz im Dickicht will sie sich jetzt vergewissern, dass es dem Ungeborenen gut geht. Nach der Bestätigung verlässt sie glücklich die Ambulanz.

Kooperation und Kollegialität

Für einige der Spezialisten geht es nun allerdings auf der Station beziehungs- weise in den Kreißsälen weiter. Für die Geburten stehen 23 Kreißsäle zur Verfü-

gung, 90 geburtshilfliche Betten sind vorhanden. Die postpartale Verweildau- er beträgt nach vaginaler Entbindung in der Regel 24 Stunden. Nach neuester Gesetzgebung dürfen diese Patientin- nen bis zu 60 Stunden im Krankenhaus bleiben; Voraussetzung ist allerdings, dass es freie Betten gibt. Verschiedene Subspezialisten betreuen darüber hinaus jeweils zusätzlich bis zu 2 000 Patientin- nen im Jahr (office visits).

Die Spezialisten sind trotz der Arbeit an einer Universitätsklinik – im Gegen- satz zu Deutschland – selbstständig. Für die klinischen Visiten können sie auf Per- sonal und technische Ausstattung der Abteilung zurückgreifen. Die für jede Patientin erbrachte Leistung liquidiert der jeweils betreuende Arzt. „Im Gegen- zug hierfür gehen fünf Prozent des steu- erpflichtigen Einkommens an die Uni- versität und 15 Prozent an die Abtei- lung“, ist von einem Associate Professor zu erfahren. Die Universität kann die Spezialisten zusätzlich zur Lehrtätigkeit ver- pflichten. Dafür ist keine finanzielle Ver-

gütung vorgesehen. Werden hingegen administrative Tätigkeiten erbracht, kann eine Aufwandsentschädigung gel- tend gemacht werden.

Grundsätzlich können Schwangere Vorsorgeuntersuchungen – vergleichbar mit denen in Deutschland – auch beim Hausarzt vornehmen lassen. Dieser be- treut auch Geburten. Die Weiterbildung zum so genannten Family Medicine Doc- tor beträgt zwei Jahre. Während der Wei- terbildungszeit kann fakultativ ein Ab- schnitt in Geburtshilfe absolviert wer- den. „Bei 65 000 bis 70 000 Geburten je- des Jahr allein hier im zentralöstlichen Ontario lassen sich rasch reichhaltige Er- fahrungen sammeln“, befindet eine Ärz- tin dieser Fachrichtung. Auch nach Er- langen der Facharztbezeichnung kann ein Abschnitt von drei Monaten in der

Ein Budget für Arzneimittel ist unbekannt. Allein der Gedanke daran löst bei vielen

Kanadiern verwundertes Stirnrunzeln aus.

Jährlich werden im MSH al- lein 140 000 Patientinnen in der Spezialambulanz für Schwangere betreut.

Fotos: Heide B. Schneider

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Gynäkologie und Geburtshilfe erfolgen, der aber keine Voraussetzung für die Be- treuung einer Schwangeren, für die Ge- burtshilfe oder eine gynäkologische Vor- sorgeuntersuchung ist. Im MSH bieten daher zusätzlich zur Abteilung für Ge- burtshilfe weitere 26 Ärzte der Fachrich- tung Family Medicine geburtshilflichen Service an. Darüber hinaus unterstehen dieser Abteilung auch zehn Hebammen.

Geburtshelfer arbeiten auch in freier Praxis. Üblicherweise besitzen diese je- doch keine apparative Ausstattung. In der Regel werden Patientinnen an Pra- xen überwiesen, die ausschließlich appa- rative Untersuchungen durchführen. So- nographien werden dort zunächst von einem technischen Mitarbeiter durchge- führt, der eigens hierfür eine einjährige Ausbildung durchlaufen hat. Die Unter- suchung hält er auf einem Videoband fest, die später ein Arzt befundet. Bei Ultraschallroutineuntersuchungen ver- fährt auch das MSH auf diese Weise. In der Ambulanz stehen 15 Sonographie- geräte zur Verfügung. Wichtige Untersu- chungsbefunde werden auf Diskette ko-

piert und dem betreuenden Arzt zuge- leitet, wobei Klinik- und niedergelasse- ne Ärzte sehr eng kooperieren. Es ist nicht ungewöhnlich, dass der Arzt den Kollegen, der die Patientin überwiesen hat, telefonisch über die Befunde infor- miert, während diese noch vor ihm sitzt.

Kooperation und Kollegialität haben am MSH einen hohen Stellenwert. Auch die hierarchischen Strukturen sind im Vergleich zu Deutschland deutlich weni- ger ausgeprägt. Dies trägt trotz hoher Arbeitsbelastung zu einer entspannten Atmosphäre bei, die letztlich auch den Patientinnen zugute kommt. Ihnen steht hier vom Kinderwunsch bis zur Geburt ein immenses Spektrum an hoch speziali- sierter Diagnostik und Therapie zur Ver- fügung, um dem Neugeborenen einen optimalen Start ins Leben zu schenken.

Dr. med. Heide B. Schneider Nonnenstieg 102

37075 Göttingen

Allein in dieser Klinik werden jährlich 7 000 Geburten betreut, davon sind mindestens

2 000 Hochrisikogeburten.

M

it dem Medium Internet haben die niedergelassenen Ärzte neue Möglichkeiten der Kon- taktaufnahme und Kommunikation mit ihren Patienten gewonnen. Etwa 80 Prozent der untersuchten Berufstätigen zwischen 16 und 63 Jahren informieren sich nach der Public Health & Preven- tion-(PHP-)Studie der Universität Hei- delberg aktiv mindestens einmal mo- natlich über Gesundheitsthemen, 20 Prozent davon recherchieren auch im Internet. Rechnet man diesen Anteil hoch, so ergibt dies eine Zahl von circa 6,5 Millionen Menschen in Deutsch- land, die im Internet Rat zu ihrer Ge- sundheit suchen (9).

Zu den Anbietern medizinischer In- formationen im Internet gehören zu- nehmend auch Niedergelassene. Bei der Erstellung einer Informationsseite für Patienten hat der Praxisinhaber die

Auflagen durch den Gesetzgeber zu be- achten, um nicht mit den Werbeverbo- ten der Heilberufe in Konflikte zu gera- ten. Diese Regelungen sind nicht immer einfach zu durchschauen und erschwe- ren den Online-Auftritt der Arztpraxis.

Werbeverbote: Regeln, Vorschriften, Gesetze

Werben oder informieren? Die Gren- zen sind fließend. Jede Arztpraxis, die

„eigentlich nur informieren“ möchte, muss sich dennoch mit den gesetzli- chen Auflagen befassen. Ebenso wie in anderen Ländern genießt der Patient auch in Deutschland Schutzrechte als Verbraucher. Die Regelungen hierzu unterscheiden sich von Land zu Land.

So werden die Möglichkeiten legaler Werbung für Arztpraxen und Kran- kenhäuser in Lateiname- rika und in den USA großzügiger gehandhabt als bei uns, wie beispiels- weise anhand der Wer- beanzeigen in Printme- dien deutlich wird.

Zusätzlich zum Patien- tenschutz gibt es Vor- schriften für den gere- gelten Wettbewerb der Ärzte untereinander. In Deutschland sollte sich der Niedergelassene da- her vor der Erstellung ei- ner Internet-Seite mit den rechtlichen Vorga- ben auseinander setzen oder gegebenenfalls eine professionelle Beratung in Anspruch nehmen.

´ Grafik 1CC´

Notenverteilung (1 bis 6) Internet-Seiten nach Gestalter (n = 103) – Bewertung der äußeren Aufmachung

40 35 30 25 20 15 10 5 0

1 2 3 4 5 6

Agentur Eigengestaltung in Prozent

Die Arztpraxis im Internet

Werbung und Marketing in den neuen Medien

Bei Websites von Arztpraxen kommt es häufig zu einem Spagat zwischen Patienteninformation und Werbeverbot.

Frank Elste, Thomas L. Diepgen

(4)

Die zu beachtenden Rechtsgrundla- gen gründen sich im Wesentlichen auf Folgendes:

❃ Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ä) in der jeweils gültigen Fas- sung der Landesärztekammern

❃ Heilmittelwerbegesetz (HWG)

❃ Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

❃ Regelungen in den Versorgungs- verträgen mit den gesetzlichen Kassen.

Die Marketing- und Werbemaßnah- men von Ärzten und Krankenhäusern sind in Deutschland nur wenig erforscht.

Die Studie „Marketing in der Medizin“

(MiM) der Universitätsklinik Heidel- berg will mit einer Bestandsanalyse das Interesse der Ärzte zur Nutzung dieser Werkzeuge wecken. Die Untersuchung befasste sich mit digitalen ebenso wie mit gedruckten Medien. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Analyse der Internet-Seiten niedergelassener Ärzte vorgestellt. Untersucht wurde, welche Informationen den Patienten angebo- ten werden und inwiefern sich durch die Gestaltung der Inhalte Konflikte mit den genannten gesetzlichen und berufs- rechtlichen Regelungen ergeben kön- nen. Daraus lassen sich für den Nieder- gelassenen Orientierungshilfen für die Erstellung von Internet-Seiten ableiten.

Studienergebnisse

Die in der MiM-Studie untersuchten Websites wurden über eine gängige Suchmaschine ausgewählt und in der Reihenfolge ihrer Auflistung besucht.

Insgesamt wurden 107 Internet-Seiten von niedergelassenen Ärzten zwischen Juni und Oktober 2001 über verschie- dene Browser dargestellt und analy- siert. In der inhaltlichen Wertung wur- den einfache personelle Angaben der Arztpraxis (Fachgebiete, Schwerpunk- te, Ausbildung und andere), organisa- torische Hinweise (Sprechzeiten, An- fahrtsskizzen und andere) sowie medi- zinische Informationen zu Krankheit, Diagnostik und Behandlung berück- sichtigt. Als Merkmalsausprägung wur- de „Information vorhanden“ oder „In- formation nicht vorhanden“ vorgege- ben. Zusätzlich wurde die äußere Ge- staltung der Seite mit einer Gesamtnote von 1 bis 6 bewertet. In die gestalteri-

sche Gesamtnote flossen die Übersicht- lichkeit der Seite, Farb- und Schriftge- staltung, Textmenge und -anordnung, grafische Elemente beziehungsweise Abbildungen, Verständlichkeit im visu- ellen Aufbau und die Menüführung ein.

Auf Basis einer Auswahl an Vor- schriften des Heilmittelwerbegesetzes (1) und der (Muster-)Berufsordnung (6) wurde analysiert, inwieweit die Niedergelassenen in mögliche rechtli- che Konflikte geraten können. Dabei ging es nicht darum, ein juristisches Ur- teil zu fällen, sondern Problemfelder und potenzielle Risiken einer Gesetzes- überschreitung herauszuarbeiten.

Welche Informationen bieten Nie- dergelassene ihren Patienten? Nahezu sämtliche Internet-Seiten waren mit Name, Adresse und Telefonnummern des Arztes versehen. Die Nennung der

Facharztbezeichnung und Spezialisie- rungen fand sich bei 92,2 Prozent der Seiten. Angaben der Sprechzeiten ent- hielten nur 75,7 Prozent. Mit diesen drei Hauptmerkmalen sind in etwa In- halt und Umfang eines Praxisschildes abgedeckt. Anfahrtshilfen mit 37,9 Pro- zent und organisatorische Informationen zum Praxisablauf mit 10,7 Prozent wa- ren eher selten. Medizinische Informa- tionen zu Behandlungen gab es auf 23,3 Prozent der Websites, zu Krankheiten auf 12,6 Prozent und zu Diagnostik auf 8,7 Prozent der Seiten (Grafik 2).

Gestaltung: Mehr als die Hälfte der Internet-Präsenzen (55 Prozent) wurde von kommerziellen Anbietern erstellt. Diese schnitten bei der Beno- tung deutlich besser ab als die im Do-it- yourself-Verfahren erstellten Websites

(Grafik 1).

Beispielseite mit kritischen Punkten

´ TabelleCC´

Rechtliche Probleme bei Internet-Seiten von Arztpraxen

Möglicher Konflikt Häufigkeit Gesetzesgrundlage

Bilder in Berufskleidung 37,9 % HWG

Bilder in medizinischer Tätigkeit mit Patienten 15,5 % HWG Anbieten von gewerblichen Diensten oder Angeboten 6,8 % MBO Hinweis auf Kassenleistungen & Kostenübernahme Versorgungs-

der Kassen 8,7 % vertrag

Nennung allgemeiner Tätigkeiten MBO, UWG,

oder Slogans (Irreführung) 21,4 % HWG

Keine Übersetzung von Fachbegriffen 15,5 % HWG

Bilder mit Behandlungen vor und nach Therapie 1,9 % HWG Hinweis Therapienotwendigkeit oder Anpreisung der Praxen 5,8 % MBO

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Rechtliche Probleme: Die Analy- se der Internet-Auftritte ergab, dass bei 69 Prozent der Seiten Berührungspunk- te mit den in Tabelle 1 aufgeführten Konflikten zu finden sind. Dabei macht es keinen signifikanten Unterschied, ob der Arzt die Seite selbst erstellt (70,18 Prozent) oder eine externe Agentur bemüht hat (67,39 Prozent).

Diskussion & Hinweise

Die Ergebnisse der Pilotstudie zeigen, dass bei den Niedergelassenen Infor- mations- und Aufklärungsbedarf vor- handen ist, da nicht anzunehmen ist, dass eine Arztpraxis bewusst zur Pati- entenbeeinflussung rechtswidrige Dar- stellungen einsetzt. Die Vorgaben der (Muster-)Berufsordnung sind für den juristischen Laien jedoch nicht leicht verständlich. Auch sind von der MBO abweichende, länderspezifische Regelungen der Landesärztekammern möglich. Die Rechtsvorgaben für die Erstellung von Werbe- und Informa- tionsmedien bei den Niedergelasse- nen erschweren daher die Erstellung einer rechtlich einwandfreien Home- page.

Um möglichst wenig juristische An- griffspunkte zu bieten, sollte der Nie- dergelassene unter anderem:

❃ auf Abbildungen und Fotos in Be- rufskleidung oder weißer Kleidung ver- zichten;

❃ keine Fotos mit dem Patienten in Behandlung veröffentlichen;

❃ keine Vorher-nachher-Bilder von Behandlungen und Operationen zei- gen;

❃ keine gewerblichen Dienste in Verbindung mit der Praxis anbieten;

❃ Fachbegriffe für den Patienten übersetzen oder ein Glossar verwenden;

❃ nicht mit Kassenleistungen und deren Kostenübernahme werben.

Generell ist zu diskutieren, ob die strikten Regelungen der (Muster-)Be- rufsordnung und des Heilmittelwerbe- gesetzes für den Patienten sinnvoll sind oder nicht. Patienteninteressen und Pa- tientenschutz sollten in jedem Fall Vor- rang haben vor marktorientiertem Denken. Darüber hinaus hat der Pati- ent jedoch gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG einen Informationsanspruch. In Abwä- gung der Rechtsauffassungen und im Interesse von Ärzten und Patienten sollte es möglich sein, den Patienten über Krankheit, Prävention und Thera-

pie zu informieren, ohne dabei schnell mit dem Ge- setz in Konflikt zu geraten.

Vor allem steigender Wettbewerb unter den Arztpraxen und zuneh- mender Wissensdrang der Patienten erfordern künf- tig den Einsatz moderner Marketinginstrumente.

Dabei werden auch Wer- bung und Patienteninfor- mierung als kommunikati- ver Teil des Marketings ei- ne wichtige Rolle spielen.

Gegenwärtig stehen die von den Niedergelasse- nen über die neuen Me- dien verbreiteten Patienten- informationen mit den rechtlichen Vorschriften nicht immer in Einklang – häufig aus Unkenntnis über die rechtliche Situati- on. Die Ärzte sollten ihre Werbemedien daher über- prüfen und auf zweifelhaf- tes Material verzichten. Informationen zur Erstellung einer Arzt-Website sind bei den Landesärztekammern erhält- lich. Die Inanspruchnahme von profes- sionellen Agenturen bietet hingegen keinen ausreichenden Schutz vor recht- lichen Konflikten

In der Abteilung für klinische Sozial- medizin der Universität Heidelberg werden zurzeit spezielle Seminare für Niedergelassene entwickelt, die auf die Probleme beim Umgang mit Werbeme- dien in der Arztpraxis aufmerksam ma- chen und in praktischen Beispielen An- leitungen zur Darstellung von Patien- teninformationen geben.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2002; 99: A 488–490 [Heft 8]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser:

Dipl.-Kfm. Dr. med. Frank Elste

Abt. Klinische Sozialmedizin (Ärztlicher Direktor: Prof.

Dr. med. Thomas L. Diepgen), Schwerpunkt Gesund- heitssystemforschung

Bergheimer Straße 58 69115 Heidelberg

E-Mail: frank.elste@med.uni-heidelberg.de Internet: http://www.medizin-marketing.org

´ Grafik 2C´

Inhalte von Internet-Seiten Niedergelassener (n = 103)

Name, Adresse, Telefonnummer der Arztpraxis Fachgebiet, Leistungsspektrum allgemeine Sprechzeiten, besondere Sprechstunden Notfallrufnummer und Hinweise Personenbeschreibung, Ausbildungsgang organisatorische Informationen Anfahrtshilfen, Anfahrtskarte Kontaktaufnahme per E-Mail-Formular Informationen zu Behandlungen, Heilverfahren Informationen zu Diagnostik, Labor, Röntgen Informationen über ausgewählte Krankheitsbilder Fachinformationen für überweisende Ärzte & Kliniken elektronische Suchfunktionen Termine vereinbaren online möglich mehrsprachige Texte Fotos der Praxisräume Veranstaltungshinweise für Patienten Nachrichten & Aktuelles aus der Medizin Preisangaben zu Behandlungen

Angaben in Prozent

99,0 92,2 75,7 20,4

17,5 10,7

37,9 13,6

23,3 8,7

12,6 1,0

1,9 6,8 2,9

7,8 2,9 1,9 1,0

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