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Archiv "Älteste pharmakognostische Sammlung: Humboldts Mitbringsel vor dem Müll gerettet" (23.03.2001)

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issenschaft- ler der Uni- versität Göttin- gen haben eine ein- zigartige medizinhi- storische Sammlung vor der Vernichtung gerettet. Rund 60 Jahre lang war die aus mehr als 8 500 Einzel- stücken bestehende so genannte pharma- kognostische Sammlung der Universität unbeachtet auf ei- nem Dachboden unter Staub begraben. Die größtenteils noch original verpackten Schach- teln und Gläser, in denen sich unter anderem eine von Alex- ander von Humboldt mitge- brachte Baumrinde aus Süd- amerika befindet, sollten ei- gentlich auf den Müll wan- dern. Einige Mitarbeiter star- teten daraufhin eine Rettungs- aktion für die bundesweit ver- mutlich älteste und umfang- reichste Sammlung von medi- zinisch wirksamen Naturstof- fen – mit Erfolg: Zahlreiche Pharma-Firmen, die für die Entwicklung von Arzneimit- teln wieder verstärkt auf Sub- stanzen aus der Na-

tur zurückgreifen, haben bereits für Forschungszwecke Proben aus den Be- ständen angefordert.

Die Sammlung sei sowohl von ihrem Alter als auch von ihrem Umfang her einmalig in Deutsch- land, sagt der Biolo- ge Dr. Volker Wisse- mann, der die Ret- tungsaktion initiiert und die Bestände aufgearbeitet hat. Be- gründer der Samm- lung war August Ludwig Wiggers, der seit 1828 unter ande-

rem als Assistent des Chemi- kers Friedrich Wöhler in Göt- tingen tätig war und das Fach Pharmakognosie lehrte. Phar- makognostische Sammlungen dienten dazu, Pflanzen für die Arzneimittelherstellung ge- nau beschreiben und identifi- zieren zu können. Wiggers baute bis zu seinem Tod im Jahr 1880 eine umfangreiche Lehrsammlung auf, die später noch durch eine Schenkung der Apothekerdynastie Met- tenheimer aus Gießen stark vergrößert wurde.

Seit den 30er- Jahren lagerten die Bestände in Holz- kisten verpackt auf dem Dachboden des Botanischen Instituts. Dort ge- hörten sie nicht hin:

Damals habe es von den nationalsoziali- stischen Behörden einen Aufruf gege- ben, dass alle phar- makognostischen Sammlungen zen- tral im Institut für Pharmazie in Braun- schweig gelagert wer- den sollten, sagt Wissemann. Warum die Sammlung nicht

dorthin kam, sei nicht geklärt.

Auf jeden Fall war das Nicht- befolgen dieser Anordnung ein Glücksfall: Alle in Braun- schweig eingelagerten Samm- lungen verbrannten während des Krieges bei einem Bom- benangriff.

1935 wurde an der Univer- sität Göttingen die

pharmazeutische Ausbildung einge- stellt. Dadurch ge- riet auch die histo- rische Sammlung in Vergessenheit.

Erst 1997 kamen die Bestände bei

Entrümpelungsarbeiten wie- der zum Vorschein. Die ver- staubten Gläser und Schach- teln, von denen viele noch die Original-Siegel tragen, soll- ten eigentlich „entsorgt“ wer- den, berichtet Wissemann.

Der Biologe entdeckte in den Kisten wahre Schätze.

Hierzu gehören außer der Rinde eines Hemdenbau- mes, die Alexander von Humboldt aus Südamerika vom Orinoko mitgebracht hatte, auch das erste Pfeil- gift, das im 19. Jahrhundert nach Deutschland kam und von Justus Liebig analysiert wurde. Auch die Bandbreite

der Bestände ist beeindruckend: So sind allein mehre- re Hundert ver- schiedene China- rinden sowie zahl- reiche Wurzeln von Rhabarber- pflanzen unter- schiedlichster Her- kunft zu finden.

Die Sammlung sei ein Querschnitt der „materia medica“ des 19. Jahrhun- derts, sagt Wissemann. Die Kollektion enthält aber auch verschiedene Kuriositäten wie etwa Eidechsen in La- vendelblüten.

Die Göttinger Wissen- schaftler haben die alten Be- stände gesichtet und systema- tisch erfasst. Ohne Förderung durch die pharmazeutische Industrie sowie anderer Ein- richtungen wie der Kloster- kammer Nieder- sachsen und der Calenberg-Gru- benhagenscher Landschaft wäre dies nicht mög- lich gewesen, sagt Wissemann.

Im April soll die umfangreiche Datenbank, die daraus entstand, als Katalog auf CD-ROM erscheinen.

Damit die kostbaren Bestän- de nicht wieder unbeachtet verstauben, wird ein Ausstel- lungsraum eingerichtet. Ab dem Frühjahr soll die Samm- lung der Öffentlichkeit zu- gänglich sein. Interessierten Instituten und Laboratorien steht sie bereits jetzt offen, um einzelne Proben zu analysie- ren. Historiker können an- hand der Erwerbslisten, Eti- ketten und Aufzeichnungen beispielsweise frühere Han- delsverbindungen untersu- chen. Heidi Niemann/pid V A R I A

Älteste pharmakognostische Sammlung

Humboldts Mitbringsel vor dem Müll gerettet

Einzigartige Bestände jetzt wieder für die Forschung zugänglich

Geschichte

Zu der historischen Sammlung gehören zahlreiche Wurzeln von Rhabarber unterschiedlichster Herkunft.

Die Gläser sind noch im Originalzustand erhalten.

Foto: Heidi Niemann/pid

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 12½½½½23. März 2001 AA773

Erst 1997 kamen die Bestände bei Entrümpelungs- arbeiten wieder zum Vorschein.

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