• Keine Ergebnisse gefunden

Johannsen als geschlossene Anstalt weiter zu führen

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Johannsen als geschlossene Anstalt weiter zu führen"

Copied!
4
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

M 009/2010 POM 28. April 2010 POM C Motion

0653 Fuchs, Bern (SVP)

Weitere Unterschriften: 15 Eingereicht am: 18.01.2010

Mehr Sicherheit - Verzicht auf offenen Massnahmenvollzug im Kanton Bern

Der Regierungsrat wird beauftragt

1. Im Gebiet des Kantons Bern auf einen offenen Massnahmenvollzug gänzlich zu verzichten (nicht nur bei Wiederholungstätern).

2. St. Johannsen als geschlossene Anstalt weiter zu führen.

Begründung:

Drei gravierende Vorfälle in nur 18 Monaten (Flucht eines Vergewaltigers und eines Pädophilen, unbemerkte Entweichung eines pädophilen Sexualstraftäters, der ein Mädchen belästigte und danach wieder in die Massnahmenvollzugsanstalt zurückkehrte) sowie eine hohe Zahl von Urlaubsvergehen (zu spät eingerückt, Alkohol und Drogen im Urlaub.), zeigen exemplarisch, dass im Straf- und Massnahmenvollzug dringend Korrekturen notwendig sind und dass die öffentliche Sicherheit dabei zu kurz kommt. Dies ist der Bevölkerung kaum mehr zuzumuten. Die Therapierung gefährlicher Straftäter darf indes nicht länger auf Kosten der öffentlichen Sicherheit geschehen. Sie kann auch in geschlossenen Massnahmenvollzugszentren erfolgen, die den Anforderungen an die Sicherheit für die Bevölkerung genügen. Wiedereingliederungsmassnahmen sind auch aus dem geschlossenen Bereich möglich (Arbeitsexternat; Urlaub). Der Massnahmenvollzug kann also im Kanton Bern ohne Einbussen für die Wiedereingliederung von Straftätern anders vollzogen werden und ist deshalb im Interesse der Bevölkerung anzupassen und nur noch geschlossen zu führen.

Antwort des Regierungsrates

Grundsätzliches zur Anordnung und zum Vollzug von Massnahmen

Der Regierungsrat legt vorab Wert auf die Feststellung, dass es den urteilenden Gerichten obliegt, eine Freiheitsstrafe oder eine Massnahme auszusprechen. Die Grundsätze, wann eine Massnahme anzuordnen ist, finden sich in Art. 56 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB). Gemäss Art. 56 Abs. 2 StGB setzt die Anordnung einer Massnahme voraus, dass der mit ihr verbundene Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Täters im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit und Schwere weiterer Straftaten nicht unverhältnismässig ist. Art. 56a besagt, dass bei mehreren geeigneten Massnahmen durch

(2)

2

das Gericht diejenige anzuordnen ist, welche den Täter am wenigsten beschwert. Zudem gilt der allgemeine Grundsatz, dass der Vollzug einer Massnahme Vorrang vor dem Vollzug einer Strafe geniesst (Art. 57 StGB).

Der Vollzug von Massnahmen im geschlossenen Rahmen ist zudem nicht die Regel. Art.

59 Abs. 3 StGB bestimmt wie folgt: „Solange die Gefahr besteht, dass der Täter flieht oder weitere Straftaten begeht, wird er in einer geschlossenen Einrichtung behandelt. Er kann auch in einer Strafanstalt nach Art. 76 Abs. 2 behandelt werden, sofern die nötige therapeutische Behandlung durch Fachpersonal gewährleistet ist“. Daraus folgt sinngemäss, dass der Vollzug in einem offenen Regime erfolgt, wenn keine Fluchtgefahr (mehr) besteht oder die Wahrscheinlichkeit von weiteren Straftaten nicht (mehr) bejaht wird.

Heutige Praxis und Vollzugserfordernisse

Entsprechend den Möglichkeiten des StGB werden heute in der Schweiz Massnahmen sowohl in geschlossen als auch in offen geführten Einrichtungen (z.T. mit geschlossenen Eintrittsabteilungen) vollzogen.

Offen geführte Einrichtungen (Deutsche Schweiz)

Geschlossen geführte Einrichtungen (Deutsche Schweiz)

BE Massnahmezentrum St. Johannsen:

Einrichtung mit geschlossener Eintrittsabteilung

SO Therapiezentrum „im Schache“

BL Arxhof: Einrichtung für junge Erwachsene

SG Massnahmenzentrum Bitzi ZH Massnahmenzentrum Uitikon:

Einrichtung für junge Erwachsene und Jugendliche

SG Massnahmenzentrum Bitzi TG Massnahmenzentrum Kalchrain:

Einrichtung für junge Erwachsene, mit geschlossener Aufnahmegruppe

In besonderen Fällen (hohe Gefährlichkeit, akute Störungen mit hohem Gewaltpotenzial) erfolgen Einweisungen in Einzelfällen auch in die geschlossene und hochsichere Klinik für forensische Psychiatrie Rheinau (ZH) oder in die forensische Abteilung der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel-Stadt.

Der Vollzug von strafrechtlich angeordneten Massnahmen ist mehrstufig ausgestaltet. Dies bietet die Möglichkeit von Progressionsschritten für Insassinnen und Insassen innerhalb des Systems. Das heisst, dass Personen im Massnahmenvollzug in vielen und meist kleinen differenzierten (Fort-) Schritten wieder auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden.

Gerade die vom Motionär erwähnten Schritte „Arbeitsexternat“ und „Urlaub“ werden jedoch im geschlossenen Massnahmenvollzug sehr zurückhaltend gehandhabt. Insbesondere ein Arbeitsexternat setzt meist eine mehrjährige Bewährung im offenen Regime voraus und stellt eine der letzten Stufen vor einer (allenfalls bedingten) Entlassung aus dem Massnahmenvollzug dar.

Der offene Massnahmenvollzug ist also ein gesetzlich vorgesehener und fachlich unbestrittener Bestandteil eine Prozesskette, in welcher psychisch gestörte Delinquentinnen und Delinquenten durch einen stufenweisen Vollzug im Hinblick auf ihre Entlassung dazu befähigt werden sollen, künftig deliktfrei zu leben. Die Resozialisierung wird dabei durch progressive Lockerungen unterstützt und gefördert, dies letztendlich auch mit dem Ziel, der Gesellschaft unter anderem erhebliche Folgekosten zu ersparen.

(3)

3

Verpflichtung gegenüber dem Strafvollzugskonkordat der Nordwest- und Innerschweiz Der Kanton Bern ist Mitglied des Strafvollzugskonkordates der Nordwest- und Innerschweiz. Der Grosse Rat stimmte der revidierten Konkordatsvereinbarung am 10.

September 2007 zu.

Das Massnahmenzentrum St. Johannsen (MSTJ) gilt vollumfänglich als Konkordatseinrichtung und ist gemäss der letztmals von der Konkordatskonferenz am 3.

November 2006 genehmigten „Anstaltsplanung 06“ zum Vollzug von Massnahmen im Normalvollzug, das heisst im offenen Regime (mit geschlossener Eintrittsabteilung) bestimmt. Innerhalb des Konkordates werden Massnahmen im geschlossenen Regime im Therapiezentrum „Im Schache“ (SO) vollzogen.

Ein Beschluss des Grossen Rates, wonach die Einrichtung St. Johannsen neu als geschlossene Einrichtung zu führen wäre, hätte somit erhebliche Konsequenzen zur Folge.

Ein solcher Entscheid würde wohl letztlich zur Anpassung der Konkordatsvereinbarung und zu einer grundlegenden Überarbeitung der Anstaltsplanung in der gesamten deutschsprachigen Schweiz führen. Nicht ausser Acht gelassen werden darf in diesem Zusammenhang der Umstand, dass es in der Schweiz weit weniger Plätze für den Vollzug von Massnahmen als von Strafen gibt. Ändert sich also für eine ganze Institution wie das MSTJ mit 80 Plätzen das Regime, dann hat dies nicht nur innerhalb des Konkordates Konsequenzen, sondern führt auch gesamtschweizerisch zu einer gewichtigen Lücke bei den Einweisungsmöglichkeiten.

Mögliche Konsequenzen für das Massnahmenzentrum St. Johannsen

Der Wechsel von einer offen zu einer geschlossen geführten Institution führt zu erheblichen Veränderungen und kann nicht kurzfristig vollzogen werden. Das heutige MSTJ kann nicht durch das blosse Abschliessen von Toren, Haus- und Zellentüren zu einer geschlossenen Einrichtung umgewandelt werden.

Für das MSTJ würde ein Regimewechsel voraussichtlich bedeuten:

• Signifikanter Wechsel in der Insassenpopulation: Einweiser, welche in eine offene Einrichtung einweisen wollen, würden Insassen abziehen. Es käme voraussichtlich zur vermehrten Einweisung von wesentlich gewaltbereiteren Personen mit schwereren psychischen Störungen (diese bedürfen des geschlossenen Rahmens).

• Weitgehende Aufgabe der heutigen Landwirtschaft und der Gärtnerei unter Wegfall der heute bestehenden Arbeitsplätze in diesen beiden Bereichen.

• Erhöhter Bedarf an gewerblichen Atelier-Arbeitsplätzen für Insassen innerhalb der Einrichtung mit entsprechenden, durch den Grossen Rat zu bewilligenden, Investitionsvolumen. Gerade in diesem Bereich wird es zunehmend schwierig, genügend Auftrags- respektive Arbeitsvolumen zu generieren.

• Erhebliche Kosten für den Einbau zusätzlicher Sicherheitseinrichtungen respektive den Umbau/die Verstärkung der Gebäude.

• Kosten für den Rückbau von Gebäuden (insbesondere in der Landwirtschaft) oder aber Kosten für die strikte bauliche Trennung der heutigen Landwirtschaft von einem künftig geschlossenen Betrieb. Diese Trennung wäre Voraussetzung für eine Nutzung durch Dritte.

(4)

4

• Erhöhung der Personalkosten, insbesondere in den Bereichen Therapie und Sicherheit. Der geschlossene Massnahmenvollzug ist erfahrungsgemäss zum Teil erheblich personalaufwändiger als der offene Massnahmenvollzug.

Zusammenfassend gehört der offene Massnahmenvollzug zu den gesetzlich vorgesehenen und fachlich unbestrittenen Erfordernissen des modernen Straf- und Massnahmenvollzugs.

Ein Verzicht auf den offenen Massnahmenvollzug in der Anstalt St. Johannsen hätte aufgrund der Verpflichtungen des Kantons Bern gegenüber dem Strafvollzugskonkordat der Nordwest- und Innerschweiz weitreichende Konsequenzen zur Folge. Zudem wäre ein Regimewechsel in der Vollzugsanstalt St. Johannsen mit beträchtlichen Sicherheits-, Bau- und Personalkosten verbunden. Aus diesen Gründen lehnt der Regierungsrat die vorliegende Motion ab.

Antrag Ablehnung

An den Grossen Rat

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Daraus folgt, dass Jesus im Einklang mit römischen Straf- und Strafverfahrens- recht von Pilatus behandelt worden ist und die Kreuzigung somit im Einklang mit dem damaligen

Die Drüse wurde in ein Glas gelegt oder nur in Zeitungspapier gehüllt (an Genaues kann sich der Assistent vor Gericht nicht mehr erinnern) und an die Psychiatrie getragen, wo

(5 + 10 + 10 = 25 Punkte f¨ ur diesen Teil) In einem Beh¨ alter mit einer durchl¨ assigen Trennwand a, wird der Druck auf beiden Seiten der Trennwand durch entsprechende Bewegung

In einem Beh¨ alter mit einer durchl¨ assigen Trennwand a, wird der Druck auf beiden Seiten der Trennwand durch entsprechende Bewegung des Kolbens konstant gehalten.. Gas aus der

Bei 0 (weiß) gewinnt die Bank. Es wird eine Kugel einmal gerollt. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Kugel liegen bleibt auf einem Feld ... Wie wahrscheinlich ist es,

[r]

Dabei plädierte sie nicht nur für die Aussetzung der Wehrpflicht, sondern auch für eine deutliche Verringerung des Umfangs der Streitkräfte sowie des zivilen

Per Zu- fall wurden alle Teilnehmer in zwei Grup- pen eingeteilt, die sich nicht im Hinblick auf die Aufgabe, sondern nur in Hinblick auf die Instruktion unterschieden: „Den