# 212659
I 218/2004 POM 15. Dezember 2004 46C
Interpellation
3859 Astier, Moutier (FDP)
Weitere Unterschriften: 33 Eingereicht am: 06.09.2004
Nichtigerklärung von Einbürgerungen
Artikel 41 des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (Bürgerrechtsgesetz, BüG) (SR 141.0) ermächtigt die zuständige kantonale Behörde, Einbürgerungen innert fünf Jahren für nichtig zu erklären, wenn diese durch falsche Angaben oder durch Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen worden sind.
Der Regierungsrat wird um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:
1. Wie oft wird Artikel 41 des Bürgerrechtsgesetzes pro Jahr durch den Kanton Bern angewandt? Wie oft seit Anfang 2004?
2. Werden Einbürgerungen bei Scheinehen systematisch durch das im Kanton Bern zuständige kantonale Amt für nichtig erklärt?
3. Kann der Kanton Bern die Einbürgerung von Personen, die innerhalb von fünf Jahren nach der Einbürgerung grössere Straftaten oder Delikte begehen (namentlich Drogenhandel), für nichtig erklären? Wenn ja, tut er dies systematisch?
Antwort des Regierungsrates
Artikel 41 des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts (BüG) unterscheidet zwischen der Nichtigerklärung von erleichterten Einbürgerungen des Bundes (Absatz 1) und der Nichtigerklärung von ordentlichen Einbürgerungen der Kantone (Absatz 2). In beiden Fällen kann eine Einbürgerung innert fünf Jahren nur für nichtig erklärt werden, wenn sie durch falsche Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen worden ist.
Die erleichterte Einbürgerung wird durch die zuständige Bundesbehörde verfügt und stützt sich auf einen Erhebungsbericht des Wohnsitzkantons. Erleichtert eingebürgert wird, wer eine schweizerische Ehefrau, einen schweizerischen Ehemann oder einen schweizerischen Elternteil hat. Die betroffene ausländische Person erwirbt das Bürgerrecht des schweizerischen Familiemitgliedes ohne dass diese Heimatgemeinde mitwirkt. Auf den Wohnsitz der gesuchstellenden Personen kommt es nicht an, wohl aber auf die intakten Familienverhältnisse, die eine wesentliche Rolle für die kontinuierliche Integration spielen. Nur ein kleiner Teil der Personen, die auf diesem Weg ein bernisches Gemeindebürgerrecht erhält, wohnt auch im Kanton Bern.
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Die ordentliche Einbürgerung erfolgt durch den Kanton, gestützt auf die Zusicherung des Gemeindebürgerrechts und die Einbürgerungsbewilligung des Bundes. Die Abklärung der Eignung fällt in die Zuständigkeit der Einbürgerungsgemeinde. Bund und Kanton überprüfen die Akten im Rahmen des dreistufigen Verfahrens. Die betroffene ausländische Person erwirbt gemäss den kantonalen Wohnsitzvoraussetzungen das Bürgerrecht der bisherigen oder ausnahmsweise der früheren bernischen Wohngemeinde.
In den vergangenen Jahrzehnten musste im Kanton Bern keine einzige ordentliche Einbürgerung nichtig erklärt werden. Auch aus anderen Kantonen sind keine Nichtigerklärungen ordentlicher Einbürgerungen bekannt. Das dreistufige Verfahren bietet eine hinreichende Garantie für eine umfassende Abklärung der Voraussetzungen und der Eignung.
Die Beantwortung der Fragen 1 und 2 bezieht sich deshalb allein auf die vom Bund gestützt auf den Erhebungsbericht des Wohnsitzkantons verfügten erleichterten Einbürgerungen. Dabei muss ausdrücklich festgehalten werden, dass aus den erwähnten Gründen Wohnsitzkanton und Heimatkanton nicht zwingend identisch sind.
1. Nach Auskunft des Bundes wird keine Statistik über die Nichtigerklärung erleichterter Einbürgerungen geführt, die Aussagen zum Wohnsitzkanton (Durchführung der Erhebungen) oder zum Heimatkanton (Erwerb des Bürgerrechts) der betroffenen Personen erlauben. Die Nichtigerklärungen haben gemäss Auskunft des zuständigen Bundesamtes in den letzten 4 Jahren deutlich zugenommen (von rund 8 im Jahre 2000 auf 41 im Jahre 2003). Die Zahl der eröffneten Verfahren hat in der gleichen Periode von 20 auf 140 zugenommen. Es werden gesamtschweizerisch derzeit etwa 300 Fälle überprüft. Dem Kanton Bern werden jährlich bloss einige wenige definitive Nichtigerklärungen für die Beurkundung des Verlustes des Bürgerrechts in den Zivilstandsregistern mitgeteilt. Die Verfahren sind aufwändig, nur zum Teil erfolgreich und können Monate oder Jahre dauern. Für eine erfolgreiche Nichtigerklärung muss insbesondere nachgewiesen werden, dass die Familienverhältnisse von Anfang an oder mindestens im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung nicht (mehr) intakt waren.
Beispiel: Bei der Befragung wird die bereits geplante Scheidung der Ehe verschwiegen.
2. Die vom Bund eingeleiten Verfahren stützen sich nicht auf ein systematisches Vorgehen sondern auf Wahrnehmungen kommunaler und kantonaler Behörden oder Meldungen von Privatpersonen.
3. Wird eine Person erst nach der Einbürgerung straffällig, ist eine Nichtigerklärung der Einbürgerung nicht möglich. Das gilt auch für Drogenhandel.
An den Grossen Rat