Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen
BRIEFE AN DIE REDAKTION
ZIELE DER SPD
Zu der Darstellung der Gesundheitspoli- tischen Ziele der SPD durch Friedel Läpple in Heft 40/1976:
Auf dem Weg zur Sozialisierung im Krankenhaus
Wenn er von der inneren Strukturre- form schreibt und die Auflösung von Privatstationen und des Liquida- tionsrechtes fordert, wird hierdurch ein wesentlicher Schritt zur Soziali- sierung im Krankenhauswesen ge- tan. D. h., die freie Arztwahl des Pa- tienten und das Prinzip des Lei- stungsgedankens werden hiermit verlassen. Ein Niveauverlust ist die zwangsläufige Folge. Man darf hier nur an das schwedische Modell erin- nern, das seit seiner Sozialisierung eine erhebliche Einbuße nicht nur der Effektivität, sondern auch des Niveaus mit sich gebracht hat. Es ist nicht zu verstehen, wie man einem kranken, hilfsbedürftigen Menschen Recht und Wunsch verhindert, sich den Arzt seines Vertrauens auszu- wählen. Die Ausführungen und der Standort dieser Partei mißachtet die Individualität und institutionalisiert bzw. reglementiert privateste Berei- che unter Aufopferung persönlicher Freiheiten des Menschen. Dieser Standpunkt ist daher vom Prinzip her abzulehnen, da er in der Tat die Einleitung einer Sozialisierung des Gesundheitswesens bestätigt und die angebliche Ablehnung dieser Verstaatlichung in keinster Weise glaubwürdig erscheinen läßt.
Es spricht von Unkenntnis der Reali- täten, wenn man unberücksichtigt läßt, daß es an einem Krankenhaus Ärzte mit Ausbildungs- und Lei- stungsstufen unterschiedlicher Grade gibt und immer geben wird.
Die Weiterbildung von Ärzten an Krankenhäusern ist ja eine wichtige Aufgabe für den ärztlichen Beruf und damit die ärztliche Versorgung der Bevölkerung.
Der erfahrenste Arzt an einem Kran- kenhaus wird und muß immer die
Hauptverantwortung gegenüber Pa- tienten und Ärzteschaft tragen.
Wenn dies durch sozialistische Ex- perimente in Frage gestellt wird, trifft dies nicht nur die Sicherung einer optimalen ärztlichen Ausbil- dung in Krankenhäusern, sondern vordergründig den kranken Men- schen. Insofern ist die Tendenz un- sozial, irreal und menschenfeindlich und nicht vom grünen Tisch der Ideologie aus anzugehen. Die Ideo- logien verfeinden den Menschen und schaffen daher in einem Be- reich, in dem es darauf ankommt, den Menschen zu helfen, Not zu mil- dern und Gesundheit wiederherzu- stellen, ein unbrauchbares Klima.
Der nächste Schritt ist die Übertra- gung dieses Modells auf die nieder- gelassenen Ärzte. Er würde notwen- dig werden, da die Einkommens- grenzen des Krankenhausarztes in Mißverhältnis gerieten und nur noch einen ärztlichen Nachwuchs mittel- mäßiger Prägung und mit reduzier- tem Einsatzwillen . . . zur zwangs- läufigen Folge haben.
Prof. Dr. med. R. X. Zittel St.-Marien-Krankenhaus
Chefarzt der Chirurgischen Klinik Salzburger Straße 5
6700 Ludwigshafen
ERMUTIGUNG
Auch ein Stimmungsbild:
Wer hilft?
In ZDF „Impulse" . . . gehört und ge- sehen: „Wer hilft bei Schulsorgen?"
Eine Umfrage bei Eltern ergab: als erstes gehe ich zum Klassenlehrer, als zweites zum Arzt. Warum zum Arzt? Dabei ergab die Umfrage: weil der Arzt: 1. gut ausgebildet ist, 2. objektiv ist, 3. frei wählbar, 4. jederzeit erreichbar, 5. zum Schweigen verpflichtet ist, 6. von der Krankenkasse bezahlt wird (!).
89 Prozent gehen zum Klassenleh- rer, 53 Prozent zum Arzt!
Dr. Otto Sprockhoff Hohe Warte 30 4300 Essen
RUHESTANDSBEAMTE
Zu der Zuschrift von Gerhard Schröder, Vorsitzender des Bundes der Ruhe- standsbeamten und Hinterbliebenen, in Heft 36/1976:
Nicht immer gerechtfertigt
Erlauben Sie mir eine Sacherwide- rung mit der Einleitung, daß von Ih- rem Standpunkt aus durchaus ver- ständlich ist, auf die erhebliche Be- lastung durch hohe Arztrechnungen seitens „der" Ärzte hinzuweisen. Ich kann und möchte auch nicht be- streiten, daß — aus vielerlei Gründen
— immer wieder ungerechtfertigt hohe Liquidationen ohne Rücksicht auf die wirkliche wirtschaftliche Lage Ihrer Bevölkerungsgruppe ent- stehen. Daher ist Ihr Beitrag unzwei- felhaft zu begrüßen. Vielleicht haben Sie aber dennoch nicht ganz er- kannt, daß diese Einstufung in 1 1/2- bis 21/2fache GOÄ-Sätze, wie Sie sie vorschlagen, nicht auf alle Fälle ge- rechtfertigt sein kann und daher kri- tisch beleuchtet werden muß: Die Grundlage der Berechnung für Ihren Personenkreis ist die — elf Jahre alte, unveränderte und inzwischen un- brauchbare! — GOÄ! Die Gebühren- ordnungen der RVO und besonders der Ersatzkassen haben inzwischen Wandlungen durchgemacht; bei der BMÄ — der Grundlage der Berech- nungen der RVO-Honorare — sicher nur wenig und unzureichend, aber immerhin auch. Dies verzerrt die Vergleichsmöglichkeit, die Sie et- was vereinfachend und in eine For- derung kleidend aufzeigen. Schon 1965 wurde bekanntlich die GOÄ als im Mittel bis zu 2 1/2fachem Ansatz gerechtfertigt bezeichnet. Meist wurde der 11/2fache Ansatz zum Durchschnitt genommen. Inzwi- schen sind Gehälter— auch Ihrer Ru- hestandsbeamten! — um ca. 100 Pro- zent angestiegen. Aus dem 1 1/2fa- chen wäre daher rein rechnerisch der dreifache Ansatz keine Mehrein- nahme der damals schon als be- scheiden bezeichneten 1 1/2fachen Ansätze geworden.
Dr. med. Richard Funck Basler Straße 81 7850 Lörrach