Einer dieser Brände war der Ab- zug von zwei Milliarden D-Mark aus den Mitteln der Krankenversi- cherung zur Stützung der kran- kenden Rentenversicherung im Jahre 1977. Wenn dennoch der Beitragssatz vier Jahre lang annä- hernd stabil gehalten werden konnte, war das eine Leistung, zu der allerdings das Gesetz am we- nigsten beigetragen habe.
Die Kassenärzte, obwohl sie nur einen verhältnismäßig kleinen An- teil an der Ausgabenmasse der Krankenkassen haben, machten durch maßvolle Honorarpolitik diese Beitragssatzstabilität mög- lich, "schon ehe es ein reglemen- tierendes Krankenversicherungs- Kostendämpfungsgesetz und die Empfeh Iungen einer Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen gab".
Dr. Muschallik nannte zum Beweis einige Zahlen:
Die Grundlohnsumme stieg in den Jahren 1976 bis 1980 um 37,2 Pro- zent, der Aufwand der Kranken- kassen für die ambulante kassen- ärztliche Versorgung nur um 29,9 Prozent. Im selben Zeitraum hat- ten die abhängig Beschäftigten ei- nen Einkommenszuwachs von jährlich 6,1 Prozent, die Kassen- ärzte um 2,9 Prozent.
"Für eine solche Entwicklung
beim einzelnen Kassenarzt um Verständnis zu werben, das ist ei- ne Aufgabe, die, weiß Gott, nicht leicht ist. Sie wird aber nachgera- de unmöglich, wenn man durch Nennung von eindeutig überhöh- ten Einkommensdurchschnitten - wie jüngst wieder vor dem Deut- schen Bundestag geschehen- die Kassenärzte in ein schiefes Licht stellt", um durch Erweckung von Neidgefühlen die Position der Ärz- te zu schwächen.
Als 1980 die Ausgaben der Kran- kenkassen je Mitglied die Einnah- men überstiegen, einigten sich Ärzte und Krankenkassen auf eine Stärkung der ambulanten Versor- gung, weil diese am wirtschaftlich-
Die Information:
Bericht und Meinung Kassenärzte gegen staatliche Reglementierung
Eigenverantwortung, Selbstbestimmung, partnerschaftliches Zusammenwirken!
Resolution der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung am 16. November in Berlin
Die Vertreterversammlung der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung bekennt sich an läßlich des 100.
Jahrestages der Kaiserlichen Bot- schaft zu den unserer sozialen Krankenversicherung zugrundelie- genden Prinzipien: Eigenverantwor- tung, Selbstbestimmung, partner- schaftliches Zusammenwirken. ln Anerkennung dieser Prinzipien sind die Kassenärzte gemeinsam mit Zahnärzten, Apothekern und phar- mazeutischen Herstellern bereit, al- les in ihren Kräften Stehende zu tun, um der gegliederten so~Jalen Krankenversicherung bei der Uber- windung ihrer Schwierigkeiten in den nächsten Jahren zu helfen.
Um so mehr erwartet die Vertreter- versammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ein gesund- heits- und sozialpolitisches Umden- ken von Gesetzgeber und Regie- rung.
..,.. Versuche, den Spielraum der Selbstverwaltung in ein staatli- ches Raster von vorgeschriebenen Vertragslaufzeiten, Richtwerten, Höchstbeträgen und Therapiestan- dards zu pressen, sind sozial- und gesundheitspolitisch schädlich und daher ebenso abzulehnen wie das ständige Bestreben, mit Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung
sten ist. Die Abrechnungsergeb- nisse im ersten Halbjahr 1981 ha- ben das bestätigt, besonders durch die Abflachung des Kosten- zuwachses bei der Krankenhaus- behandlung durch verminderte Einweisungen, aber auch bei den
Heil- und Hilfsmitteln. Die Aufrufe
an die Kassenärzte und die Ermah- nungen zu verstärkter Beachtung der Bestimmungen über Notwen- digkeit und Wirtschaftlichkeit kas- senärztlicher Leistungen haben ihre Wirkung nicht verfehlt.
Finanzlöcher im Bundeshaushalt oder in Haushalten anderer Sozial- versiehe ru ngszweige zu stopfen.
Wer diese Art von Sozialpolitik be- treibt und zusätzlich der gesetzli- chen Krankenversicherung durch Festlegung neuer, zumeist kranken- versicherungsfremder Leistungen zusätzlich Lasten aufbürdet, der trägt maßgeblich dazu bei, das fi- nanzielle Gleichgewicht der Kran- kenversicherung empfindlich zu stören und die ihr zugrundeliegen- den Solidar- und Versicherungs- prinzipien auszuhöhlen. Auf Dauer muß das zu einem Abbau von Ei- genverantwortung und Leistungs- bereitschaft sowohl bei den Lei- stungsträgern als auch bei den Ver- sicherten führen.
..,.. Deshalb fordert die Vertreter- versammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung eine Sozialpoli- tik, die zur Stärkung der Eigenver- antwortung beiträgt und das part- nerschaftliche Zusammenwirken al- ler Beteiligten und Verantwortlichen im Gesundheitswesen fördert. Nur so wird es möglich sein, unser lei- stungsfähiges Gesundheitssiche- rungssystem auf Dauer in Freiheit und Solidarität zu bewahren und weiterzuentwickeln.
D
.,Es gibt", so betonte der KBV-Vor- sitzende, "unter den gegenwärti- gen Umständen zu dieser Politik keine brauchbare Alternative."
Aber gerade in Anbetracht der er- folgreichen Bemühungen um die Erhaltung einer bürgernahen und finanzierbaren kassenärztlichen Versorgung habe man den Refe- rentenentwurf zum Krankenversi- cherungs-Kostendämpfungs-Er- gänzungsg·esetz (KVEG) "als ei- nen Schlag ins Gesicht empfinden
müssen". [>
DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 48 vom 26. November 1981 2265