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Archiv "CDU-Bundesparteitag: Das lange Warten" (10.07.1980)

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Aufsätze • Notizen

HOMÖOPATHIE

Zu einer Leserzuschrift („Ganzheitsme- dizin" von Dr. Stefan Koehler) in Heft 46/

1979, Seite 3064 f.:

Dreistes Auftreten

Der Autor beklagt sich über die Un- erklärbarkeit der Wirkung der Ho- möopathie. Die moderne Plazeboli- teratur gibt ihm genügend Hinweise, denn mehr als Plazebo-Wirkung ist bei den homöopathischen Arznei- mitteln nicht zu erwarten, sonst müssen wir die Kinder in der Schule lehren: Wenn ihr etwas verdünnt, aber dabei nach Hahnemann öfter schüttelt, verdünnt ihr in Wirklich- keit nicht! Mit Recht werden sie uns auslachen, wenn sie später lernen, aus einem harten Getränk einen

„Longdrink" zu machen. Die Arznei- mittelfindung nach Hahnemann ist einfach Unsinn, weil die Simile-Re- gel nicht stimmt. Sie ist an keinem homöopathischen Mittel bewiesen, und die berühmte „Wirkungsum- kehr" nach der Arndt-Schulzschen Regel gilt nur in Sonderfällen bei streng definierten Dosierungen bei ganz wenigen Stoffen. Nicht um- sonst hat die Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität eine Fa- kultätserklärung zur Homöopathie herausgebracht (1958). Von einer

„angewandten Toxikologie" kann bei der Homöopathie überhaupt keine Rede sein! Es ist auch nicht wahr, daß wir auf den Universitäten nicht „den ganzen Patienten" an- sehen.

Nun soll das Dilemma wie bei der unbewiesenen Akupunktur auch bei der Homöopathie also wieder losge- hen, und dementsprechend werden auch die Forderungen wie bei der Akupunktur lauten, die Dotzauer und wir 1979 (Med. Klin. 74, 29, 1979, zur Monographie „Die Akupunktur", Fischer, Stuttgart, 1979, s. auch Dtsch. med. Wschr. 103, 470, 1978) gestellt haben. Wenn die homöopa- thischen Ärzte so fortfahren, Allge- meinplätze und scholastische Re- den den anderen Heilkundigen an die Hand zu geben, dürfen sie sich nicht wundern, wenn einige dieser Leute Oberhand gewinnen und ent-

BRIEFE AN DIE REDAKTION

sprechend dreist auftreten. Darunter sind solche, die keinen Leistungs- nachweis erbracht haben.

Professor Dr. med. 0. Prokop Hannoversche Straße 6 DDR-104 Berlin

GLOSSE

Über die „zu gut verdienenden Ärzte":

Wein-Währung

Des Geredes um das zu viele Geld der Ärzte bin ich so langsam über- drüssig. Auch ich habe mich schon geschämt über wahrscheinlich zu hohe Forderungen von Kollegen.

Doch man sollte auch an Gegenbei- spiele denken und nicht etwa die Römische Kirche ausrotten wollen, wenn einmal ein Priester ein Kind zeugt. In den Jahren vor dem Kriege bekam ich in Würzburg als kleiner klinischer Assistent für den Gegen- wert eines Gutachtens 110 Schop- pen guten Weines. Heute, als Dr.

med., Facharzt, Professor, ehemali- ger Dienststellenleiter und Hoch- schullehrer (nicht Emeritus, sondern apel!) kann ich mir, nach jahrzehnte- langer Erfahrung und reichlich im Gutachtenwesen versiert, für ein analoges Gutachten 50 Schoppen mäßigen Weines leisten. Meine Frau kaufte kurz vor Ostern (sic!) beim Bäcker zwei Brötchen, die nun 8 Pf.

mehr kosten als bisher. Keine An- kündigung, kein Geschrei, in keiner Zeitung. Es ist eine Steigerung um knapp 20 Prozent. Neulich arbeite- ten bei mir zwei Monteure eine halbe Stunde beim Aufhängen einer Tisch- lampe (Anfahrtszeit maximal 3 Minu- ten). Preis: Eine Stunde zu 63,79 DM. Für ein Gutachten im Schwer- behindertenverfahren (zwar nur For- mular, aber es gibt keine Schreibge- bühren) bekomme ich 63 DM. Meine Zeit hierfür beträgt das Mehrfache einer halben Stunde! Wie wohl ein Musterprozeß ausginge, den ich we- gen Beleidigung oder übler Nachre- de anstrengen würde?

Prof. Dr. R. Kraemer Bebelstraße 24

6500 Mainz-Bretzenheim

TAGUNGSBERICHT

CDU-Bundesparteitag:

Das lange Warten

Warten prägte den CDU-Wahlpar- teitag vom 19./20. Mai 1980 in Ber- lin. Die 752 anwesenden Delegier- ten schienen auf die Bundestags- wahl am 5. Oktober zu warten, die rund 750 Journalisten warteten auf eine Programmdiskussion, die sich aus strukturellen Gründen überhaupt nicht einstellen konnte:

da der Entwurf des Wahlprogram- mes für die Bundestagswahl 1980 für CDU und CSU Geltung haben soll, konnte hierüber nicht disku- tiert, sondern nur abgestimmt wer- den. So unbefriedigend diese Vor- gehensweise ist, hätte jede Verän- derung aus der Mitte des Partei- tags eine Neuverhandlung mit der Schwesterpartei notwendig ge- macht.

Diese strukturelle Schwäche ge- meinsamer Programmentwick- lung der Schwesterparteien, die häufig mit einer demokratiefeindli- chen Entscheidungsstruktur ver- wechselt wird, wirkte jedoch prä- gend auf die Außenwirkung des Parteitags. Die Delegierten konn- ten zum Wahlprogramm lediglich Statements zu den sie interessie- renden Fachbereichen abgeben;

eine Diskussion des Textes war ausgeschlossen.

Schließlich stand der Parteitag un- ter dem Eindruck der Landtags- wahlen der letzten Monate, die für die CDU negative bis nieder- schmetternde Ergebnisse gezeigt hatten.

Vor der Bundestagswahl sahen sich die Delegierten in Berlin zwi- schen dem Wunsch nach Rechen- schaftslegung und individueller Schuldzuweisung einerseits und dem Erfordernis nach demonstra- tiver Geschlossenheit und Solida- rität einer politischen Kampfge- meinschaft andererseits. Die Soli- darität obsiegte schließlich auf der ganzen Linie, ohne daß damit na- turgemäß eine Klärung der inner- parteilichen Querelen herbeige-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 28 vom 10. Juli 1980 1781

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Aufsätze • Notizen CDU-Bundesparteitag

führt werden konnte, die auf diese Weise für den 6. Oktober 1980 auf- gespart bleibt.

Im Unterschied zum Parteitag 1971, als Helmut Kohl als Vorsit- zender der Programmkommission

in der Mitbestimmungsfrage ge- gen seinen eigenen Kommis- sionsentwurf stimmte, gab er in Berlin ein beachtliches Beispiel für solidarisches Handeln und vor allem für seine Loyalität zu einmal getroffenen Mehrheitsentschei- dungen, die gegenwärtig Hand- lungsgrundlage der Partei bilden.

Der Integrationsfunktion des Par- teivorsitzenden, die dieser nicht ohne offensive Akzente gegen- über SPD und FDP vertrat, setzte Generalsekretär Heiner Geißler, der sich innerparteilich wenig konziliant gab, Akzente der Ab- grenzung aus dem Wahlpro- gramm entgegen. „Unter der Re- gierungsverantwortung von SPD und FDP ist die Politik eindimen- sional geworden, sie hat nur die erste Dimension, die der Gegen- wart, berücksichtigt und die zwei- te Dimension, die der Zukunft, ver- nachlässigt ... Der Generationen- konflikt, die dramatische Staats- verschuldung, die Diskriminierung von Kindern und Familien, die un- gesicherte Energieversorgung, das Schwinden der Widerstands- kraft gegenüber der Bedrohung unserer Demokratie nach innen und außen beweisen, daß der Zu- kunftsbedarf der Gesellschaft von den Sozialdemokraten systema- tisch unterschätzt wird. Die zen- trale Frage dieses Jahrzehnts ist die Wiederherstellung des richti- gen Verhältnisses zwischen Ge- genwart und Zukunft." Im Wahl- programm heißt es hierzu: „Wir leben in der Gegenwart vom Kapi- tal der vergangenen und auf Ko- sten der zukünftigen Generatio- nen. Das richtige Verhältnis zwi- schen Gegenwart und Zukunft ist gestört. Die Politik hat das Gleich- gewicht verloren zwischen den Ansprüchen der Gegenwart und den Erfordernissen der Zukunft.

Sie hat nur die Gegenwart berück- sichtigt und die Zukunft vernach- lässigt."

Bekenntnis zur gegliederten Sozialversicherung

Und zur Gesundheits- und Sozial- politik erklärt das CDU/CSU-Wahl- programm: „Wir werden die brut- tolohnbezogene, dynamische Rente wieder einführen. Das Fest- halten an der bruttolohnbezoge- nen Rente, deren Einführung durch CDU/CSU ein Jahrhundert- werk echter Reformpolitik war, er- möglicht die Einführung eines nach den Grundsätzen der sozia- len Gerechtigkeit gestaffelten

Krankenversicherungsbeitrags der Rentner. Allein die bruttolohn- bezogene, dynamische Rente schafft Verläßlichkeit und Sicher- heit. Wir stehen zum gegliederten System der Sozialversicherung.

Nicht leistungsmäßig begründete Belastungsunterschiede von Ver- sicherten und Arbeitgebern müs- sen abgebaut werden."

An anderer Stelle heißt es: „Die großen Lebensrisiken können nur in großen solidarischen Gemein- schaften abgesichert werden. So- lidargemeinschaft bedeutet aber mehr. Solidarität heißt füreinander dasein, weil der einzelne und die Gemeinschaft darauf angewiesen sind.

— Wir werden die Frage der Be- handlung und Unterbringung psy- chisch Kranker in Kliniken grund- legend überprüfen und verbes- sern.

—Wir werden für eine ausreichen- de Anzahl von Sozialstationen, in denen Menschen rund um die Uhr persönliche Hilfe erhalten können, sorgen.

—Zu einer freiheitlichen Sozialpo- litik gehört für uns auch ein frei- heitliches Gesundheitswesen, das dem Bürger besser dient als sozia- listische Betreuungssysteme im Kollektiv."

Neben den außen-, sicherheits- und energiepolitischen Proble- men hat in dem Wahlprogramm von CDU und CSU die Familien- politik erhebliche Bedeutung. Die

Partei sieht eine Bewußtseinsän- derung als notwendig an, in der ein Umdenken hin zu einer neuen Wertschätzung und Anerkennung der Familie in Politik und Gesell- schaft stattfindet. Dieser Wert- schätzung entsprechend will die CDU/CSU materielle Benachteili- gungen beseitigen. Hierunter ver- steht sie einen Familienlastenaus- gleich wie auch die Einführung ei- nes Erziehungsgeldes von 400 DM monatlich bis zum vollendeten dritten Lebensjahr. Die Benachtei- ligung der nicht in einem arbeits- rechtlichen Verhältnis tätigen Mütter beim Mutterschaftsgeld will die Union beseitigen. Ferner will sie die Altersversorgung der Mütter durch die künftige Anrech- nung von fünf Erziehungsjahren je Kind bei der Rentenberechnung verbessern. Schließlich will sie ein familienfreundliches Steuerrecht mit wirksamen Kinderfreibeträgen schaffen und die Höhe des Kinder- geldes regelmäßig überprüfen.

Die Rede des gemeinsamen Kanz- lerkandidaten Franz-Josef Strauß am Ende des Parteitages bildete sicherlich einen Höhepunkt des Kongresses. Die Anlage seiner Re- de stand im deutlichen Kontrast zu den differenzierenden Ausführun- gen Helmut Kohls. Doch auch der Kanzlerkandidat vermochte nicht, dem Parteitag die Grundhaltung des Abwartens zu nehmen.

Emil Peter Müller, Köln

Einen „Parteitag des Abwar- tens" nennt der Verfasser des obigen Beitrages den CDU- Parteitag im Mai in Berlin; in gewisser Weise wird die ge- samte politische Szenerie in diesem Sommer vom Warten auf die Bundestagswahl am 5.

Oktober geprägt sein.

Das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT wird in den kommenden Hef- ten in chronologischer Rei- henfolge auch über die Wahl- Parteitage der anderen Bun- destagsparteien berichten.

1782 Heft 28 vom 10. Juli 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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