• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Organisation der Notfallmedizin beim „Massenanfall“ Verletzter und Erkrankter" (06.04.1989)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Organisation der Notfallmedizin beim „Massenanfall“ Verletzter und Erkrankter" (06.04.1989)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

AKTUELLE POLITIK

Organisation der Notfallmediz beim „Massenanfall"

Verletzter und Erkrankter

Die Diskussion über die notfall- medizinische Versorgung beim

„Massenanfall" von Verletzten wird teilweise mit der irrigen Annahme belastet, daß medizinische und orga- nisatorische Überlegungen zur si- multanen medizinischen Versorgung einer Vielzahl von Menschen bedeu- ten würden, daß sich Ärzte von der in der ärztlichen Ethik begründeten Pflicht zur alle medizinischen Mög- lichkeiten ausschöpfenden Indivi- dualversorgung in unzulässiger Wei- se abwenden.

Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden: Ziel beim Mas- senanfall ist vielmehr die Erhaltung beziehungsweise schnellstmögliche Wiederherstellung der individualme- dizinischen Versorgung. Die hoch- wertige rettungsdienstliche Infra- struktur in der Bundesrepublik be- dingt zeitlich nur eng begrenzte Pha- sen einer schematisierten Massen- versorgung. Dabei ist es notwendig, Prioritäten bei Behandlung und Ab- transport ( = Sichtung) unter An- wendung aller Sichtungskategorien zu schaffen. Der Regelfall wird die Sichtung nach den Kategorien Be-

handlungspriorität, Transportpriori- tät und aufgeschobene Transport- priorität sein.

Ziel der medizinischen Orga- nisation beim Massenanfall Verletz- ter/Erkrankter: Aufrechterhaltung beziehungsweise Wiederherstellung der individualmedizinischen Versor- gungsstruktur.

Deshalb müssen in der Organi- sation der medizinischen Versor- gung die Prinzipien der Sichtung be- kannt sein und beachtet werden.

Aufgabe der medizinischen Organisation beim Massenanfall Verletzter/Erkrankter: Das Bestmög- liche für JEDEN zur rechten Zeit am rechten Ort.

Bei den Prioritäten sind die äu- ßeren Bedingungen am Ort des Un- glückfalles und die materiellen und personellen Rahmenbedingungen maßgebliche Einflußgrößen und für den definitiven Erfolg der medizini- schen Maßnahmen entscheidend.

Es ist zwingend notwendig, zur Bewältigung des Massenanfalls Ein- satz- und Alarmpläne vorzuhalten, die die Zusammenarbeit regeln. Das Vertrauen auf Improvisation vor Ort

kann Intensivierung des Chaos und Desorganisation nach sich ziehen. Ba- siselement bei der Bewältigung des Massenanfalls ist das personelle und materielle Potential des normalen Rettungsdienstes, das gezielt durch.

überregionale Kräfte verstärkt wer- den muß. Dies wird zur Einbeziehung und Kooperation der benachbarten Rettungsdienstbereiche führen.

Eine überragende Bedeutung kommt dem angemessenen Rea- gieren des ersten am Notfallort ein- treffenden Arztes zu. Um eine Mas- senanfallssituation zu beherrschen, sind über die im normalen Rettungs- dienst erforderlichen Kenntnisse hinaus zusätzliche Fortbildung und Übung notwendig.

Die hierzu erforderlichen Fort- bildungsinhalte wurden durch die vom Vorstand der Bundesärztekam- mer am 11. Dezember 1987 ver- abschiedeten Empfehlungen zur Fortbildung zum „Leitenden Not- arzt" inauguriert. Diese Empfehlun- gen sehen, dem tatsächlichen Ablauf eines Schadensereignisses gerecht werdend, entsprechende Fortbil- dungsschwerpunkte vor. Sie sind in der Beurteilung der Schadenslage, der Beurteilung personeller und ma- terieller Kapazitäten für die medizi- nische Versorgung sowie in der ein- satztaktischen und Befehlsschulung vorgegeben. Diese Aufgaben sollen vor Ort von dem für den einzelnen Rettungsdienstbereich verantwort- lichen Leitenden Notarzt, der sich aus den Reihen der im Rettungs- dienst eingesetzten Ärzte rekrutiert,

Nach dem Flugzeugabsturz in Remscheid im Dezember 1988: Das Konzept des ,,Leitenden Notarztes" bewährte sich

Dt. Ärztebl. 86, Heft 14, 6. April 1989 (21) A-929

(2)

übernommen werden. Ausgehend von der Erfahrung, daß der Ret- tungsdienst stets frühzeitig bei Groß- schäden zur Stelle ist und die primä- re Verantwortung übernehmen muß, gelten erfahrene Notärzte als beson- ders geeignet, die Leitung der medi- zinischen Hilfe zu übernehmen.

In Planspielen und Funkübun- gen soll das Zusammenwirken mit anderen bei der Hilfeleistung einge- setzten Diensten wie Polizei, Feuer- wehr und Hilfsorganisationen disku- tiert und eingeübt werden.

Die Empfehlungen der Bundes- ärztekammer stellen klar, daß der Leitende Notarzt die gesamten me- dizinischen Maßnahmen am Scha- densort leitet. Hierzu ist er vom Trä- ger des Rettungsdienstes durch seine Bestellung zum Leitenden Notarzt mit der erforderlichen Kompetenz auzustatten.

Herausgestellt werden muß, daß die Aufgabe des Leitenden Notarz- tes originär unterhalb der Katastro- phenschwelle liegt, da durch Länder- gesetzgebung die Struktur der medi- zinischen Versorgung beim Kata- strophenfall abschließend geregelt ist. Es wird im realen Ablauf Über- gangshereiche geben, während deren der Leitende Notarzt seine Aufgabe auch nach Bekanntgabe des Kata- strophenfalles ausübt, . bis er nach Aufbau der Katastrophenorganisa- tion seine Aufgabe an die hierfür vorgesehenen Führungsgremien ab- gibt. An die verantwortlichen Träger des Rettungsdienstes, also Städte

Einstufung

Eine neue "Einstufung der Gruppen" von Verletzten unter Aus- nahmebedingungen "im Hinblick auf die Erweisung der ersten ärztlichen Hilfe". Sonst sind es ja meist vier Gruppen - hier sind es einmal fünf:

~ Schwerstgeschädigte mit ab- solut ungünstiger Prognose: Linde- rung der Beschwerden erforderlich; Abtransport nicht zu erwägen;

~ Geschädigte mit zweifelhaf- ter Prognose: Aus vitaler Indikation in erster Linie medizinisch zu versor- gen; oft zeitweilig nicht transportfä- hig, in anderen Fällen in erster Linie Abtransport;

und Gemeinden, sei eindringlich ap- pelliert, schnellstmöglich Leitende Notärzte entsprechend den Empfeh- lungen der Bundesärztekammer zu berufen, zu den angebotenen Port- bildungsveranstaltungen zu entsen- den und Sorge zu tragen, daß die beim Massenanfall Verletzter und Erkrankter vorzusehenden Versor- gungsmaßnahmen eingeübt und standardisiert werden. Nur so kann vermieden werden, daß bei einem Groß-Schadensfall die medizinische Versorgung nach dem "Prinzip des Zufalls" unter möglicherweise chao- tischen Bedingungen abläuft. Wer als V er an twortlicher diese "Art der Versorgung" weiterhin zuläßt, muß sich den Vorwurf gefallen lassen, durch nicht ausreichende Vorsorge Leben und Gesundheit seiner Mit- bürger leichtfertig zu gefährden.

Und: Der nächste große Un- glücksfall mit einer Vielzahl Verletz- ter und Erkrankter kommt be- stimmt ...

e

Reines Wissen geht unter den Bedingungen des Massenanfalls Ver- letzter und Erkrankter verloren, nur ständiges Üben erhält Können.

Dr. med. Peter Knuth Bundesärztekammer Prof. Dr. med. Peter Sefrin Institut für Anästhesiologie der Universität Würzburg Beide erreichbar über:

Bundesärztekammer Herbert-Lewin-Straße 1 5000 Köln 41

~ Geschädigte mit relativ gün- stiger Prognose, vor allem hinsicht- lich der Wiederherstellung ihrer Ar- beitsfähigkeit; müssen in erster Linie abtransportiert werden;

~ Geschädig~~ mit günstiger Prognose für das Uberleben; sind in Vorbereitung auf den Abtransport medizinisch zu versorgen;

~ Leichtgeschädigte.

Wer ideologisch wertfrei an die Dinge herangeht, wird sofort erken- nen, was das ist: Eine Anleitung für die Triage.

Der Autor dieser neuen Eintei- lung trägt einen russischen Namen.

Sie erschien in der DDR-"Zeitschrift für Militärmedizin". gb A-930 (22) Dt. Ärztebl. 86, Heft 14, 6. April 1989

AMG-Novelle: Monitwn

der Bundesän[ekannner

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (Fachaus- schuß der Bundesärztekammer) hat zur geplan~~n Novelle eines 4. Ge- setzes zur Anderung des Arzneimit- telgesetzes (AMG) eine Reihe von kritischen Hinweisen und Vorschlä- gen unterbreitet. Nach wie vor ver- mißt die Kommission der Ärzte- schaft die Erfüllung einiger Grund- forderungen, die auch in den drei be- reits vorausgegangenen AMG-No- vellen nicht beachtet wurden.

Insbesondere vermißt sie eine eindeutige Definition der therapeu- tischen Wirksamkeit, eine uneinge- schränkte Deklaration aller verarbei- teten Hilfsstoffe, die Sicherstellung der pharmazeutischen Qualität (ein- schließlich der Bioverfügbarkeit) bei der Zulassung jeder Fertigungschar- ge und die unverzügliche Übermitt- lung aller therapierelevanten Ände- rungen der Gebrauchsinformationen für Fachkreise.

Nicht akzeptabel seien u. a. fol- gende geplante Regelungen:

Die Angabe des Wirkstoffes nur bei Monopräparaten, nicht aber bei Kombinationspräparaten, bei denen der Arzt sie besonders benötigt.

Eine Verordnung bestimmter Arzneimittel nur durch Gebietsärzte widerspricht nach Auffassung der Arzneimittelkommission der ärzt- lichen Approbation, eine Beschrän- kung der Abgabe durch Kranken- hausapotheken wäre diskutabel.

Der Wegfall der Anzeigepflicht für nicht schwerwiegende uner- wünschte Wirkungen bei nicht ver- schreibungspflichtigen Arzneimit- teln erschwere oder verunmögliche eine Nutzen-Risiko-Abwägung, da bei solchen Mitteln auch leichtere unerwünschte Wirkungen nicht tole- riert werden könnten.

Schließlich plädiert die Arznei- mittelkommission für einen Wegfall des vorgesehenen Paragraphen 73 AMG, da er in zunehmendem Maße zur unkontrollierten Einfuhr von

"exotischen" Arzneimitteln mit un- vollständiger Deklaration und zum Teil bedenklichen Inhaltsstoffen

mißbraucht werde. EB

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Während beim Massenanfall das Ziel der Untersu- chung die primäre Intervention bei Schwerverletzten ist, bei dem auch be- grenzt invasive Maßnahmen zu ergrei- fen sind, ist bei

Es geht einfach nicht an, daß man Kongreßdaten aus allen „medizinischen Fachdisziplinen" ankün- digt; und dann muß man feststellen, daß Heilprakti- ker neuerdings eine

Leute, die alle einen befrie- digenden Eindruck erwecken, dabei sind doch recht viele dabei, die nicht durchblicken. Wahrscheinlich sitzen die mei- sten dann

In Bayern sind auch Notfallärzte (Ärzte im kassenärztlichen Notfall- dienst) von der Verpflichtung zur Durchführung der Leichenschau nach sicherer Feststellung des Todes ausge-

„Um eine Diagnose stellen zu können, nützt mir eine Beschreibung relativ

Sie müssen sich im Klaren darüber sein, daß der Arzt mit vielen, zum Teil entzündlichen Erkrankungen in Verbindung kommt, und daß durch die übertragung von Bakterien, Viren

J eder im Rettungsdienst tätige oder mit Notfallsituationen konfrontierte Arzt weiß, daß er jederzeit in den Zwang geraten kann, mehreren akut geschädig- ten Menschen

Am nächsten Abend jener Wagen streikte Und war für Nachtbesuche nicht bereit, 'ne Kleinigkeit nur fehlte, wie's sich