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Archiv "Genetische Untersuchungen zur Prädisposition atopischer Erkrankungen" (08.04.1994)

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(1)

MEDIZIN DIE UBERSICHT

Genetische Untersuchungen zur

Prädisposition atopischer Erkrankungen

Hans-Peter Rihs Xaver Baur

A

topische Erkrankungen, als Folge IgE-vermittelter aller- gischer Sofortreaktionen (Typ I) nach Kontakt mit Be- rufs- und Umweltallergenen nehmen in den letzten Jahrzehnten offen- sichtlich zu. Aufgrund der Verfüg- barkeit hochgereinigter Allergene (34), die teilweise rekombinant syn- thetisiert werden können (37), ist es nun möglich, Einblicke in die mole- kularen Wirkmechanismen zu erlan- gen (6) und die mit dem Immunsy- stem interagierenden Epitope zu be- schreiben (4). Molekulargenetische Untersuchungen vor allem aus der jüngsten Vergangenheit belegen, daß neben dem Faktor Umwelt auch der genetischen Prädisposition für Über- empfindlichkeitsreaktionen eine ent- scheidende Rolle zukommt (2, 3, 8, 10, 20, 21, 22, 27, 33, 35, 51). Unter dem Begriff Assoziation wird in die- sem Zusammenhang die Beziehung zwischen der spezifischen IgE-Ant- wort auf ein Antigen (Allergen oder Peptid) und dem überzufällig häufi- gen Vorkommen von einem oder mehreren Allelen des humanen Haupt-Histokompatibilitäts-Komple- xes verstanden. Solche Assoziationen werden durch den Vergleich unab- hängig erfaßter Merkmalsträger un- ter Einbeziehung von entsprechen- den Kontrollen nachgewiesen.

Genetische Grundlagen der Immunantwort

Die Gene des humanen Haupt- Histokompatibilitäts-Komplexes (MHC) sind auf dem kurzen Arm des Chromosoms 6 (6p21.3) lokalisiert und tragen die Information für zwei Klassen von polymorphen Oberflä- chenmolekülen (I und II), wobei die Klasse I-Moleküle von den HLA-Re-

In den letzten Jahren ist eine Zunah- me von Überempfindlichkeitsreaktio- nen gegenüber Umweltallergenen zu beobachten. Derzeit werden verstärkt Anstrengungen unternommen, die physikochemischen Eigenschaften, Nukleotid- und Aminosäuresequen- zen, sowie die räumlichen Struktur- merkmale von unbekannten Allerge- nen zu beschreiben, um so deren T- und B-Zellepitope identifizieren zu können und Einblicke in den Regula- tionsmechanismus der überschießen- den Immunantwort zu erhalten. Das gemeinsame Merkmal aller Allergene ist ihre Fähigkeit, in genetisch prädis- ponierten Probanden die Produktion von spezifischen IgE-Antikörpern zu induzieren. Neuere molekularbiolo- gische Arbeiten deuten darauf hin, daß vor allem in monosensibilisierten Probanden Korrelationen zwischen HLA-D-System und allergen-spezifi- scher IgE-Immunantwort existieren.

gionen A, B, C, die Klasse II-Mole- küle von der HLA-D Region kodiert werden (Abbildung). Diese Gene werden von beiden Eltern auf ihre Nachkommen weitervererbt. Jeder Mensch besitzt daher eine für ihn charakteristische MHC-Struktur.

Die hochpolymorphen Moleküle der Klasse II präsentieren auf be- stimmten Zelltypen (unter anderem Makrophagen, Thymus-Epithelium, peripheren B-Lymphozyten, Granu-

Berufsgenossenschaftliches Forschungsin- stitut für Arbeitsmedizin (BGFA) (Direktor:

Prof. Dr. med. Xaver Baur) an der Ruhr-Uni- versität Bochum

lozyten-Vorstufen, Langerhanssche Zellen der Haut) Antigenfragmente in Form von Peptiden, die zuvor in den betreffenden Zellen proteoly- tisch entstanden sind und nun von spezifischen Rezeptoren auf CD4+

T-Helfer-Zellen erkannt werden.

Damit kommt den Klasse II-Molekü- len eine initiale Rolle in der spezifi- schen Immunantwort zu, in deren Verlauf humorale Antikörper, unter anderem der IgE-Klasse produziert werden. Der detaillierte immunologi- sche Ablauf der Folgereaktionen ist in Referenz 11 ausführlich beschrie- ben. Es ist offensichtlich, daß viele dieser Schritte genetisch kontrolliert werden und einige davon mit dem HLA-System assoziiert sind.

Zusätzlich wurden kürzlich zwi- schen den HLA-Regionen DNA und DOB zwei weitere funktionelle Gen- gruppen gefunden. Bei der ersten Gruppe handelt es sich um die soge- nannten Transporter-Gene, wobei RING4 (52) zusammen mit Y3 (48) und PSF1 (48, 49) unter der Bezeich- nung TAP1 für „Transporter associ- ated with A ntigen Processing" steht (48, 49, 52) und RING11 (44) zusam- men mit Y1 (48) und PSF2 („Peptide Supply Factor") als TAP2 bezeichnet werden (44). Ihre Aufgabe ist offen- bar der Transport von Peptiden in das Endoplasmatische Retikulum.

Diese Annahme beruht auf der Be- obachtung, daß beide sich durch Gamma-Interferon induzieren las- sen. Eine Eigenschaft, die sie mit an- deren Genen, die in die Antigenprä- sentation involviert sind, gemeinsam haben. Zu der zweiten Gruppe gehö- ren die Gene RING12 (28) und RING10 (23), die heute unter der Bezeichnung LMP2 (11, 28) bezie- hungsweise LMP7 (11, 23) als „Large Multifunctional Protease" der Grup- pe der mit den Proteasomen ver- wandten Gene zugeordnet werden

(39, 54). Die Funktion dieser Gen- gruppe im Rahmen des Antigen-Pro- cessing wird derzeit kontrovers dis- A-960 (32) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 14, 8. April 1994

(2)

INZIONI113

Klasse II Klasse I Chromosom 6

III IM WI IM

7

4> 4- 4-

9

4-

2

DP DN DO DQ DR

Exon 1 Exon 2 Exon 3 Exons 4, 5, 6

57 60 67 74 25 38

C A

'A • • -■

37

.-

17 55 4 1 4 B

a - Kette ß - Kette

-X>

DRB1-Gen

sm- Azur ',MV DRB1-Polypeptid 1. Domäne 1 4 9 13 94

Disulfidbaicke, Aminosäuren

Organisation der HLA Klasse II - Gene MEDIZIN

kutiert. Ob sie bei der Ausbildung von atopischen Krankheitsbildern ei- ne Rolle spielen, kann zur Zeit noch nicht beantwortet werden.

Familienstudien und Populations-

untersuchungen zu

atopischen Erkrankungen

Zu den klassischen Methoden der Humangenetik zählen auch Zwil- lings- und Familienuntersuchungen (9, 26, 45, 47), die auf ein interessie- rendes Merkmal bezogen, Aussagen über das Ausmaß an Ähnlichkeiten des betrachteten Merkmals zulassen.

Untersuchungen von Schnyder (47) deuten darauf hin, daß die Konkor- danzrate, die die Übereinstimmung eines Merkmals bei Zwillingen an- zeigt, bei eineiigen Zwillingen (EZ) für die atopischen Erscheinungsfor- men Neurodermitis, Asthma und all- ergische Rhinitis deutlich gegenüber der von zweieiigen Zwillingen (ZZ), (57,6 gegenüber 37,5 Prozent) erhöht ist. Bei isolierter Betrachtung der Konkordanzraten für Neurodermitis (53) tritt dieser Effekt noch stärker zu Tage (EZ: 83,3 gegenüber ZZ:

27,8 Prozent). Diese Ergebnisse do- kumentieren den Einfluß und die Wirksamkeit genetischer Faktoren auf die Entwicklung atopischer Er- krankungen. Da bei EZ in der Regel keine hundertprozentigen Konkor- danzraten zu beobachten sind, steht fest, daß auch nicht-genetische Fak- toren, wie Alter (53) und Umwelt (12, 40) die Ausprägung eines Merk- mals beeinflussen.

Untersuchungen an Familienan- gehörigen von Merkmalsträgern wei- sen ebenfalls auf genetische Einflüs- se hin (47). Insbesondere für Neuro- dermitis sind solche Untersuchungen in der Vergangenheit durchgeführt worden (24, 53).

Obwohl die genetische Kontrolle der spezifischen Immunantwort auf ein Antigen als unumstritten gilt, las- sen sich atopische Erkrankungen nicht ohne weiteres einem dominan- ten oder rezessiven Erbgang zuord- nen. Untersuchungen von Meyers und Mitarbeitern (36) nehmen für die Vererbung des Gesamt-IgE-Spie-

DIE UBERSICHT

Abbildung: Organisati- on der HLA-D Region.

Die auf dem kurzem Arm des Chromosoms 6 lokalisierte HLA-D Region beinhaltet auf der a- und der (3-Ket- te (B) verschiedene Lo- ci (DP, DN, DO, DQ, DR), die für MHC II- Moleküle kodieren.

Näher charakterisiert sind DP, DQ und DR.

Gene, die für Proteine kodieren (schwarze Quadrate), Pseudogene (weiße Quadrate).

Schraffierte Quadrate stehen für Gene, die schlecht exprimieren, also inaktive Produkte liefern. Schwarze Pfeile geben die Transkripti- onsrichtung an.

gels einen rezessiven Erbgang, den Mendelschen Regeln entsprechend, an. Eine Segregationsanalyse, die von Marsh und Mitarbeitern auf der Ba- sis der Gesamt-IgE-Produktion durchgeführt wurde, geht davon aus, daß 36 Prozent der Gesamt-Phäno- typ-Variation hinsichtlich der Ge- samt-IgE-Werte sich genetischen Faktoren zuordnen lassen. Dieser Prozentanteil verteilt sich gleichmä- ßig auf einen rezessiven Mendel- schen Erbgang und eine mehr poly- genische Komponente (31). Cooksen und Mitarbeiter (17) kommen in Fa- milienstudien zu der Annahme, daß Atopien autosomal dominant vererbt werden und daß die klinische Ausbil- dung der Krankheit von anderen Faktoren, unter anderem der Um- weltexposition auf ein Allergen, ab- hängt. Weitere Untersuchungen der gleichen Arbeitsgruppe, an sieben Familien, zeigen eine Verbindung zwischen IgE-vermittelter Sensibili- sierung durch Asthma und Rhinitis einerseits und einer bestimmten, mit- tels Sonde erfaßbaren Variation des Chromosoms 1 lq (18). Die kürzlich publizierte analoge Studie einer an- deren Arbeitsgruppe (29) an neun Familien konnte diese Aussage aller- dings nicht bestätigen und kommt zu der Annahme, daß Atopie eher eine polygenische Krankheit darstellt.

Neueste Familien-Untersuchungen von Cooksen und Mitarbeitern (19) sprechen für eine mütterliche Verer- bung der atopischen IgE-Antwort auf Chromosom 11q, wobei die vorliegen- den Daten keinen Aufschluß über eine bevorzugte, mütterliche Vererbung von Atopien geben können, wie dies für das Atopierisiko bei Kindern kürz- lich diskutiert worden ist (30).

Genetische

Aspekte der Atopie

Die ersten Untersuchungen be- züglich atopischer Erkrankungen lie- gen bereits mehr als 100 Jahre zurück und beschreiben eine familiäre Häu- fung (16, 54). Der Begriff „Atopie"

wurde erstmals 1923 von Coca und Cooke (42) in die Medizin eingeführt, um eine Gruppe von Krankheiten zu definieren, welche weit verbreitete allergische Soforttypreaktionen auf Umweltallergene wie Rhinitis, Asth- ma, Konjunktivitis, atopische Derma- titis und Urtikaria zusammenfassen.

Definieren läßt sich der Begriff

„Atopie" am besten als ein Stadium der gesteigerten Bereitschaft, auf ei- nes oder mehrere in der Umwelt ver- breiteten Allergene, IgE vermittelt, spezifisch und überschießend zu rea- gieren. Der genaue Modus der Ver- Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 14, 8. April 1994 (33) A-961

(3)

Ref.

Allel(e) Land-ethnische Zugehörigkeit,

Anzahl der Probanden (N)

Signifikanz

Quelle Serologische

Spezifität Allergen

(Abkürzung) 1. Ragweed-Pollen Amb a V Amb a VI Amb t V

Ambrosia artemsiifolia Ambrosia artemsiifolia Ambrosia trifida

USA-Kaukasoide (N=111) USA-Kaukasoide (N=197) USA-Kaukasoide (N = 27)

p < 0,001' p<lx 10' p < 0,001"

DRB1*1500 DRB1*1100/*1200 DRB1*1500 DR2

DR5 DR2

33,34 32,33 33 2. Gras-Pollen

Lol p I Lol p II Lol p III

Lolium perenne Lolium perenne Lolium perenne

USA-Kaukasoide (N = 212) USA-Kaukasoide (N = 202) USA-Kaukasoide (N = 202)

p < 0,001"

p = 0,001"

p<lx10 -5b

DRB1*0300 DRB1*0300 DRB1*0300 DR3

DR3 DR3

22,33 22,33 3,33 3. Baum-Pollen

Bet v I Ciy j I

Betula verrucosa (Birke) Cryptomeria japonica (Japan. Zeder)

Österreich-Kaukasoide (N = 708) Japan-Asiaten (N = 157)

p < 0,02' p = 0,02 a

DRB3*0100/*0300 DRB1*1101-*1104 DR52a/c

DR11

21,34 34

4. Pilzsporen

Alt a I USA-Kaukasoide (N=111)

Japan-Asiaten (N=71)

p < 0,02' p 0,04'

DRB1*1400 DRB1*0400

Altemaria alternata DR14

DR4

34 34 5. Arthropoden

Chi t I

Der p 1

Chironomus thummi thummi

Dermatophagoides pteronyssinus

Deutschland-Kaukasoide (N=188) Deutschland-Kaukasoide (N=188) Deutschland-Kaukasoide (N=188) Schweden-Kaukasoide (N = 91)

p < 0,01' p < 0,05' p < 0,05' p = 0,04'

DRB1*0101/2 DQB1*0501 DQA1*0101 DRB1*0400 DR1

DQ5 DR4

51 51 51 34 MEDIZIN

DIE UBERSICHT

Tabelle 1: Beispiele für Assoziationen zwischen bestimmten HLA-Phänotypen der MHC-Klasse II und der spezifischen IgE-Antikörper-Ant- wort auf hochgereinigte und charakterisierte Allergene

Die Abweichung von der Nullhypothese in den einzelnen Untersuchungen beruht auf folgenden statistischen Tests:

a Fisher's Exakt Test und Multiple Regressionsanalyse Fisher's Exakt Test

Chi-Quadrat-Test mit Yates Korrektur

erbung dieses Atopiestatus und des- sen Modulation durch die „Umwelt"

ist in weiten Teilen noch unbekannt.

Es gibt jedoch Hinweise darauf, daß beispielsweise Tabakrauch (40) und Luftverschmutzung (13) die Reakti- onsbereitschaft erhöhen. Personen, die zuvor als Nichtatopiker galten, erlangen so nach unterschiedlicher Expositionsdauer und -dosis den Atopiker-Status.

Zur Zeit werden im wesentli- chen zwei genetische Mechanismen untersucht, die mit dem Atopie-Sta- tus in Zusammenhang gebracht wer- den. Erstens die sogenannten spezifi- schen Immunantwort-Gene (HLA- D-Typen), die innerhalb des MHC- Komplexes lokalisiert sind, und zwei- tens ein genetischer, vom MHC- Komplex unabhängiger Kontrollme- chanismus, der den IgE-Serumspie- gel steuert und sich auf dem langen Arm des Chromosoms 11q13 befinden soll (18). Die Existenz dieses zweiten Kontrollmechanismus wird zur Zeit kontrovers diskutiert (29). Wir be- schränken uns in der Folge daher auf die Zusammenstellung von Daten, welche Assoziationen zwischen MHC- Komplex und Immunantwort-Genen (HLA-D-Typen) betreffen.

HLA-assoziierte Antworten, ins- besondere auf gereinigte Allergen- moleküle, werden gegenwärtig von mehreren Arbeitsgruppen, zum Teil im Rahmen großer, internationaler epidemiologischer Studien unter- sucht. Hierfür gewinnen moderne molekularbiologische Techniken wie Restriktions-Längen-Polymorphis- mus (RFLP), die Amplifikation mit- tels Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) (25) und anschließende Hy- bridisierungstechniken, die mit se- quenzspezifischen Oligonukleotiden (SSO's) arbeiten, sowie diverse Se- quenzierungsverfahren zunehmend an Bedeutung.

In der Vergangenheit sind Asso- ziationen vor allem zwischen be- stimmten HLA-DR-Allelen und Sen- sibilisierungen gegen verschiedene Pollen-Allergene beobachtet worden (Tabelle 1).

In unserem Labor wurden im Rahmen eines internationalen For- schungsprojektes (34) für das Insek- ten-Allergen Chi t 1 der Insektenart Chironomus thummi thummi eben- falls entsprechende Assoziationen für das HLA-DR-Allel DRB1*0101 (20, 50) und die DQ-Allele DQA1*0101 und DQB1*0501 in mo-

nosensibilisierten Probanden nach- gewiesen (20, 50, 51), welche mitein- ander über ein Kopplungsungleich- gewicht (linkage disequilibrium) in Verbindung stehen (7). Als Kopp- lungsungleichgewicht bezeichnet man das Phänomen der bevorzugten Allel-Kombination (1, 8). In diesem Fall werden zwei oder mehrere Alle- le häufiger gekoppelt vererbt, als man rein rechnerisch erwarten wür- de. Deshalb kommen bestimmte Al- lelgruppen in Abhhängigkeit von der Population unerwartet häufig vor (5, 7). Welcher der Assoziationen nun die entscheidende Rolle zukommt, können unter Umständen immunolo- gische Versuche in Zellkulturen be- antworten, bei denen unter Verwen- dung von monoklonalen Antikörpern gegen HLA-DR, DQ und DP ver- sucht wird, die Proliferation von T- Zellen, die mit dem entsprechenden Allergen inkubiert werden, gezielt zu hemmen (42). Eine HLA-DR abhän- gige Assoziation wurde kürzlich auch in monosensibilisierten Probanden beschrieben, die eine Überempfind- lichkeit gegen das Birken-Pollen-All- ergen Bet v I der Birke aufweisen (21).

Inwieweit im Zusammenhang mit dem Chi t I-Allergen HLA-DP- A-962 (34) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 14, 8. April 1994

(4)

MEDIZIN

Allele zusätzlich involviert sind, ist zur Zeit Gegenstand unserer Unter- suchungen. Auf die mögliche Bedeu- tung der HLA-DP Moleküle weist ei- ne kürzlich von einer kolumbiani- schen Arbeitsgruppe beschriebene DPB1-abhängige Assoziation zwi- schen allergischem Asthma und dem Allel DPB1*0401 hin (14). Das be- treffende Allel trat unter nicht-aller- gischen Probanden mit einer Fre- quenz von 64 Prozent auf, während es Allergiker in nur 26 Prozent zeig- ten (p < 0,0008). Die untersuchten Personen gehören alle der ethni- schen Gruppe der Mulatten an. Das allergische Asthma wurde in diesen Fällen durch die Hausstaubmilben- Allergene der Arten Dermatophago- ides pteronyssinus und Dermatophago- ides farinae hervorgerufen. Im Haut- test reagierten 58 Prozent der unter- suchten Patienten zusätzlich auf Blo- mia tropicalis positiv. Die Ergebnisse dieser Untersuchung legen den Ver- dacht nahe, daß das Allel DPB1*0401 in Zusammenhang mit Milben-Allergenen an der Vermitt- lung einer Resistenz gegen allergi- sches Asthma und andere atopische Krankheiten beteiligt ist. Im Gegen- satz dazu fanden britische Wissen- schaftler (55), eine HLA-DPB1*0401 abhängige Assoziation in Atopikern auch für die Milben-Allergene Der p I (72 Prozent) und Der p II (74 Prozent) im Vergleich zu einer Kon- trollgruppe (55 Prozent). Für die be- schriebenen Assoziationen ist zu be- rücksichtigen, daß die letztgenannten Untersuchungen in einer kaukasoi- den Bevölkerungsgruppe durchge- führt worden sind. Ob und in wel- chem Umfang der Faktor Umwelt ei- nen Anteil an diesem konträren Er- gebnis hat, etwa bedingt durch un- terschiedliche Hygieneverhältnisse, muß zur Zeit offenbleiben, da Unter- suchungen aus anderen südamerika- nischen Ländern, oder Teilen Asiens und Afrikas, wo vergleichbare Um- weltbedingungen angetroffen wer- den, zur Zeit nicht vorliegen.

Bezüglich der Höhe des IgE-Se- rum-Spiegels fällt auf, daß in letzter Zeit relevante Assoziationen vor al- lem in monosensibilisierten Kollekti- ven gefunden worden sind. Also nur unter solchen Probanden, die aus- schließlich auf das Allergen reagier-

DIE UBERSICHT

ten, das Gegenstand der Untersu- chung war (20, 21, 51). Polysensibili- sierte Probanden zeigen in der Regel solche Assoziationen nicht. Mono- sensibilisierte Probanden zeichneten sich außerdem, im Gegensatz zu po- lysensibilisierten Personen, dadurch aus, daß ihr IgE-Serumspiegel deut- lich niedriger ausfällt (20, 21, 51). In diesem Zusammenhang ist ebenfalls zu berücksichtigen, daß das Ausmaß der IgE-Antwort auf dasselbe Aller- gen offenbar von der Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Bevölke- rungsgruppe abhängig ist (34). In verschiedenen ethnischen Gruppen kann der Gehalt an IgE-Anitkörpern nach der Exposition um den Faktor 40 bis 75 auseinanderliegen (34).

Dies gibt Anlaß zu der Vermutung, daß bei niedrigem IgE-Serumspiegel die Soforttyp-Sensibilisierung eng mit bestimmten HLA-D-Haplotypen verknüpft ist, während die Sensibili- sierung im Falle sehr hoher IgE-Wer- te, weitgehend HLA-D-unabhängig abläuft. Der Grund hierfür sind viel- leicht degenerierte Bindungseigen- schaften zwischen MHC-Molekülen und Allergenen in diesen Probanden (12). Arbeiten von Pene et al. weisen darauf hin, daß auch die Regulation der Zytokin-Freisetzung in Atopi- kern sich von jener der Nicht-Atopi- ker unterscheidet (43).

Ausblick

Bei Betrachtung der durch ein bestimmtes Allergen ausgelösten kli- nischen Symptomatik existieren zwi- schen Mono- und Polysensibilisierten keine Unterschiede. Verlagert man die Betrachtung auf die immunologi- sche Ebene, so finden sich zwischen beiden Gruppen bemerkenswerte Abweichungen, vor allem bezüglich der Bereitschaft zu einer spezifischen IgE-Reaktion. Mit Hilfe der Moleku- larbiologie wird es in Zukunft in stei- gendem Umfang möglich sein, weite- re, mit spezifischen Sensibilisierun- gen, vor allem mit definierten Epito- pen assoziierte Polymorphismen auf- zudecken und Isoformen in Allergen- familien zu identifizieren. Neben der Primärstruktur von unbekannten All- ergenen werden in Zukunft auch zu- nehmend B- und T-Zellepitope, die in die Bindung von Peptiden allergenen

Ursprungs involviert sind, charakteri- siert. Zusätzlich werden relevante All- ergene für diagnostische Zwecke auf- grund der jetzt bekannten Primär- struktur rekombinant hergestellt wer- den können. Sollte sich die Hypothese bewahrheiten, daß der Überschuß der IgE-Antwort bei polysensibilisierten Probanden auf eine degenerierte Ver- bindung zwischen MHC II-Molekülen und Allergenen zurückzuführen ist, sind die Chancen für eine erfolgreiche Immuntherapie begrenzt. Die Er- kenntnisse, die aus molekularbiologi- schen und immunologischen Studien mittelfristig -resultieren, werden dann eher monosensibilisierten Probanden zugute kommen

Da es sich bei Allergenen um rela- tiv kleine (MW meist 5 000-16 000 Dalton), aber sehr heterogen aufge- baute Proteine handelt, ist es denkbar, daß in Abhängigkeit vom Molekular- gewicht und der Aminosäure-Zusam- mensetzung die Anzahl der T-Zellepi- tope stark variiert und so das Ausmaß der HLA-D-abhängigen Assoziation beeinflußt wird. Dies würde erklären, warum die bislang gefundenen HLA- D-abhängigen Assoziationen in klei- nen Allergenen deutlich höher als bei großen Allergenen sind. In Zukunft wird es deshalb auch darauf ankom- men, mehr über die strukturellen und physikalisch-chemischen Eigenschaf- ten von Allergenen zu erfahren, um beispielsweise mit Hilfe von Peptiden allergenen Ursprungs die Bindungsei- genschaften an MHC II-Moleküle be- ziehungsweise T-Zellrezeptoren auf antigenpräsentierenden Zellen zu er- fassen und gezielt zu beeinflussen.

Deutsches Arzteblatt

91 (1994) A-960-964 [Heft 14]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.

Anschrift der Verfasser

Prof. Dr. med. Xaver Baur Dr. rer. nat. Hans-Peter Rihs Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA) Abteilung Molekulare Genetik an der Ruhr-Universität

Gilsingstraße 14 • 14789 Bochum A-964 (36) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 14, 8. April 1994

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