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Archiv "Die Genfer Rotkreuz-Abkommen Humanitäres Völkerrecht – Gültigkeit für Mediziner" (02.06.1995)

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THEMEN DER ZEIT AUFSÄTZE

Die Genfer Rotkreuz-Abkommen

Humanitäres Völkerrecht

Hansjoachim Linde Gültigkeit für Mediziner

Immer mehr Ärzte und medizinisches Assistenzpersonal stellen sich als freiwillige Helfer zur Verfügung, wenn es gilt, in aller Welt Menschenleben zu retten, seien es Opfer von Naturkatastrophen oder solche von kriegerischen Aus-

einandersetzungen. Wegen unzähliger gravierender Ver- stöße gegen das allgemeine Völkerrechtsempfinden müs- sen auch die Hilfskräfte über die Inhalte der geltenden hu- manitären Völkerrechtsbestimmungen aufgeklärt werden.

Z

u den Grundsätzen aller Rot- kreuz-Rothalbmond-Organi- sationen, inklusive der israeli- schen Magen David Adom- Organisation, zählt an erster Stelle der der Menschlichkeit. Dieser Grundsatz, bereits in der Ersten Gen- fer Konvention (1864) festgelegt und beruhend auf den Kriegserfahrungen von Henry Dunant auf dem Schlacht- feld von Solferino (1859), zieht sich wie ein roter Faden durch die vier Genfer Konventionen und ihre bei- den Zusatzprotokolle. Dem Grün- dungskomitee der Rotkreuz-Organi- sation, aus dem später das „Interna- tionale Komitee vom Roten Kreuz"

(IKRK) hervorging, gehörten neben dem Kaufmann Henry Dunant ein Ju- rist, ein General und zwei Ärzte an.

Aktuelle Beispiele

Eine Vielzahl der Bestimmungen und Inhalte der Genfer Rotkreuz-Ab- kommen (GA) betreffen den medizi- nisch-ärztlichen Dienst, sein Umfeld und seine Ethiknormen. Bei den Kon- ventionen handelt es sich um:

D GA I: Abkommen zur Verbes- serung des Loses der Verwundeten und Kranken der Streitkräfte im Fel- de (Urfassung 1864);

D GA II: Abkommen zur Ver- besserung des Loses der Verwunde- ten, Kranken und Schiffbrüchigen der Streitkräfte zur See (Urfassung 1907);

D GA III: Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen (Urfassung 1929);

D GA IV: Abkommen zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegs- zeiten (Urfassung 1949).

Die Abkommen I, II und III wur- den 1948 revidiert. Später wurden zwei Zusatzprotokolle erforderlich, die insbesondere den Schutz der Zi- vilbevölkerung bei internationalen Konflikten (ZP I) und Bürgerkriegen (ZP II) beinhalten. Coventry und Dresden, aber auch Ruanda, Jugosla- wien und Somalia mögen hier als Bei- spiele gelten.

Bislang keine

ausreichende Regelung

Im Rahmen humanitärer Hilfe- leistungen auf fremden Staatsgebie- ten, im Auftrag der United Nations (UN), können deutsche Ärzte und medizinisches Assistenzpersonal zum Einsatz kommen Sie genießen dann den vollen Schutz der Genfer Ab- kommen.

Keinesfalls ist aber für inner- staatliche Konflikte der Schutz des eingesetzten Personals von Hilfsorga- nisationen zufriedenstellend geregelt.

Derzeit wird ein neuer Konventions- entwurf erstellt, der den Schutzbe- reich auf sämtliche Personen ausdeh- nen soll, die von einer humanitären, nicht regierungsamtlichen Organisa- tion auf der Grundlage einer Verein- barung mit den UN an der betreffen- den UN-Operation teilnehmen. Der militärische Schutz humanitärer Hilfsaktionen im Rahmen von UN- Operationen ist nach heute gelten- dem Recht durch die UN-Truppen ge- währleistet und rechtens.

Wichtig für das in Zivilkranken- häusern beschäftigte Personal ist die Bestimmung der Genfer Konventio- nen, daß Zivilkrankenhäuser wie

auch behelfsmäßig eingerichtete Hilfskrankenhäuser besonders ge- schützte Einrichtungen sind (GA IV Art. 18). Sie werden durch das Aus- bringen des Schutzzeichens (Dach, Vorder-/Rückseite der Gebäude, Haupteingänge) äußerlich gekenn- zeichnet.

Gleichwohl ist der Schutz des Personals eines Zivilkrankenhauses durch Kennzeichnung des Personals mit Ausweiskarte und Armbinde ge- geben.

Vorbereitete Ausweiskarten und Armbinden für das Krankenhausper- sonal werden im Krankenhaus aufbe- wahrt und erst dann ausgegeben, wenn zu befürchten ist, daß das Ge- biet, in dem das Krankenhaus liegt, zum besetzten Gebiet oder Kampfge- biet wird.

Auch das Zusatzprotokoll II (Art. 12) beinhaltet das Schutzzeichen für Sanitäts- und Seelsorgepersonal, für Sanitätseinheiten und Sanitäts- transportmittel. Leider muß aber im- mer wieder festgestellt werden, daß ei- ne Reihe von Transporten, die von deutscher Seite in Länder mit inner- staatlichen Konflikten gesandt wer- den, ungerechtfertigterweise mit dem Zeichen des Roten Kreuzes versehen werden. Dies ist ein eindeutiger Ver- stoß gegen das GA I Art. 44. Ausnah- men können nur durch die Rotkreuz- Gesellschaft zugelassen werden.

Ausrichtung an ärztlicher Ethik

Allen Bestimmungen gemeinsam ist der Schutz menschlichen Lebens unter Wahrung der menschlichen Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 22, 2. Juni 1995 (43) A-1585

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DEUTSCHES ROTES KREUZ in der Bundesrepublik Deutschland GERMAN RED CROSS

in the Federal Republic of Germany CROIX ROUGE ALLEMANDE

dans la Republigue Federale d'Allemagne FEPMAHCK141KPACHb12 KPECT B feenepa -roBBoin Pecnyönme Fenmama

Ausweis Nr. . 2713

Identity Card — Carte d'Identit6 lexcroaepeaile

Der Inhaber dieses Ausweises steht unter dem Schutz der Genfer Rotkieuz-Abkommen.

The bearer of this card is protected by the Geneva Conven- tions.

Le Mulatte de la presente carte est protege par les Con- ventions de Geneve.

Bnapeneu Hammnero mimeepennst aaxouarcn nop oaLpwroM >f<eneocKoCi KOHEtelle14 KpacHoro KpecTa.

Der Ausweis garantiert den Schutz der Genfer Abkommen

THEMEN DER ZEIT

Würde. Dies gilt für Verwundete und Kranke, gleich ob Zivilist oder Soldat, dies gilt in besonderem Maße für Frauen, Kinder, Alte und Gebrechli- che. Soweit es um Schutz, Behand- lung von und Hilfe für Menschen geht, entsprechen die Normen der Genfer Abkommen denen ärztlicher Ethik und dem Hippokratischen Eid.

So ist es zum Beispiel streng ver- boten, an Verwundeten und Kranken biologische Versuche vorzunehmen, sie eigens dazu geschaffenen An- steckungs- und Infektionsgefahren auszusetzen. Nur dringliche medizini- che Gründe rechtfertigen eine Be- vorzugung in der Reihenfolge der Behandlung (GA I Art. 12).

Hinsichtlich Lazarettschiffen wird ausgesagt, daß diese einzig und allein dazu erbaut und einge- richtet worden sind, um Verwun- deten, Kranken und Schiffbrüchi- gen Hilfe zu bringen, sie zu pfle- gen und zu befördern (GA II Art.

22 ff.).

Das von der Bundeswehr ge- plante Vielzweckschiff zum Trans- port und zur Versorgung von Kranken, Verletzten und Verwun- deten, zugleich aber zum Trans- port von Kampftruppen und logi- stischem Gerät inklusive Waffen, kann nicht den Schutz der Abkom- men erfahren. Die Patienten wer- den also ungeschützt fremder Waf- fenwirkung ausgesetzt; lediglich beim Aufbringen des Schiffes durch eine fremde Macht ist das Schiffslazarett als Teil des Schiffes zu schonen. Die vom Roten Kreuz oder amtlich anerkannten Hilfsorgani- sationen oder von Privatpersonen neu- traler Länder eingesetzten Lazarett- schiffe genießen den gleichen Schutz wie militärische Lazarettschiffe.

Die Zusatzprotokolle wurden notwendig, „um die Bestimmungen zum Schutz der Opfer bewaffneter Konflikte weiterzuentwickeln und die Maßnahmen zu ergänzen, die ihre Anwendung stärken sollen ...". So be- sagen Artikel 10 ff. des ZP I: „Alle Verwundeten, Kranken, Schiffbrüchi- gen, gleichviel welcher Partei sie an- gehören, werden geschont und ge- schützt. Die körperliche oder geistige Gesundheit und Unversehrtheit von Personen, die sich in der Gewalt der gegnerischen Partei befinden, dürfen

AUFSÄTZE

nicht durch ungerechtfertigte Hand- lungen oder Unterlassungen gefähr- det werden. Es ist daher verboten, diese Personen einem medizinischen Verfahren zu unterziehen, das nicht auch ihrem Gesundheitszustand ge- boten ist, Handlungen vorzunehmen oder Arbeiten zu verrichten, die mit den Regeln des ärztlichen Ehrenko- dex unvereinbar sind.

Es ist insbesondere verboten, an diesen Personen, selbst mit ihrer Zu- stimmung,

a) körperliche Verstümmelungen vorzunehmen,

b) medizinische oder wissen- schaftliche Versuche vorzunehmen,

c) Gewebe oder Organe für Übertragungen zu entfernen. Aus- nahmen gelten nur bei der Entnahme von Blut oder Haut für Übertragung, wenn diese freiwillig erfolgt."

Gleiches Recht für alle Artikel 16 wiederum befaßt sich mit dem Schutz der ärztlichen Aufga- be und besagt unter anderem, „daß niemand bestraft werden darf, weil er eine ärztliche Tätigkeit ausgeübt hat, die mit dem ärztlichen Ehrenkodex in Einklang steht, gleichviel unter wel- chen Umständen und zu wessen Nut-

zen sie ausgeübt worden ist". Weiter heißt es: „Wer ärztliche Tätigkeit aus- übt, darf nicht gezwungen werden, Handlungen vorzunehmen oder Ar- beiten zu verrichten, die mit den Re- geln des ärztlichen Ehrenkodex un- vereinbar sind."

Artikel 61 ff. regeln den Zivil- schutz mit all seinen Aufgabenfeldern und stellen die Zivilschutzorganisa- tionen und ihr Personal unter beson- deren Schutz.

Wie zuvor dargelegt, bezieht sich das ZP II auf den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte — für den Einsatz deut- scher Hilfskräfte wohl die wahr- scheinlichste Alternative kriegeri- scher Auseinandersetzung. In die- sem Zusatzprotokoll werden die grundlegenden Garantien, wie Achtung der Person, der Ehre, der Überzeugung und der religiösen Gepflogenheit, gegeben. Insbe- sondere sind Angriffe auf Leben und Gesundheit, grausame Be- handlung, entwürdigende und er- niedrigende Behandlung, zum Bei- spiel Vergewaltigungen, verboten.

Kindern gebührt besonderer Schutz. So dürfen Kinder unter 15 Jahren nicht in Streitkräfte oder bewaffnete Gruppen eingegliedert werden.

Der Schutz für Verwundete und Kranke, Kinder, Alte und Ge- brechliche und die erforderliche medizinische Pflege und Betreu- ung sind zu gewährleisten. Für den allgemeinen Schutz des Sanitäts- und Seelsorgepersonals wie auch für den Bereich der ärztlichen Aufga- ben gelten dieselben Grundsätze.

Der große Komplex „Humanitä- res Völkerrecht" umfaßt neben den erwähnten Genfer Konventionen ei- ne Reihe internationaler Überein- kommen, wie das Genozid-Abkom- men, Waffen-Übereinkommen, Um- weltkriegs-Übereinkommen, sowie eine Reihe von sogenannten Haager Abkommen, die des Verbots von Dum-Dum-Geschossen und eine Konvention zum Schutz von Kultur- gut in bewaffneten Konflikten.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Hansjoachim Linde Spitzwegstraße 36

85521 Ottobrunn A-1586 (44) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 22, 2. Juni 1995

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