In den USA wird diese Möglichkeit bereits seit fünf Jahren diskutiert (5, 15, 19); eine Mehrheit von 61 Prozent der Bevölkerung votierte für die Wiederein- führung der Pockenimpfung (2). Doch im Winter 2001/2002 verfügten die USA lediglich über 15 Millionen Por- tionen einer 1982 hergestellten Pocken- Vakzine der Centers for Disease Con- trol and Prevention in Atlanta und weiteren 70 bis 90 Millionen Portionen der Firma Aventis in Swiftwater/Pa (12).
Viel zu wenig für 275 Millionen US- Bürger.
Deshalb untersuchte man, wie weit sie sich durch Verdünnung strecken las- sen. Sie sind auch noch in Verdünnun- gen von 1 : 5 und 1 : 10 wirksam, aller- dings mit den gleichen unangenehmen Nebenwirkungen in der gleichen Häu- figkeit von ein bis fünf Prozent, wie sie bei der Pockenimpfung schon immer aufgetreten waren, also Schmerzen an der Impfstelle, Mattigkeit, Kopfschmer- zen, Muskelschmerzen, Übelkeit, Frö- steln, Fieber höher als 37,7 Grad Cel- sius oder ein Exanthem abseits der Impfstelle (9, 11). Bei inzwischen circa 500 000 geimpften Truppenangehöri- gen und Zivilisten traten schwerere Komplikationen lediglich bei drei Sol- daten auf. Zwei entwickelten die be- kannte Impfenzephalitis, ein dritter ei-
ne Myokarditis, aber alle drei erholten sich wieder vollständig. Zur Minimie- rung selbst dieses insgesamt geringen Risikos bietet sich die bereits in den 70er-Jahren erprobte Vorimpfung mit dem MVA-Impfstoff („modifiziertes Vacciniavirus Ankara“) an, unter dem in einer Impfreihe mit 150 000 Freiwilli- gen in den 70er-Jahren keine einzige schwerere Nebenwirkung auftrat (14).
Nachdem die deutsche Bundesregie- rung vorsorglich für alle Bundesbürger Pockenimpfstoff bereitgestellt hat, soll- te sie die Pockenimpfung konsequen- terweise als empfohlene Impfung auf freiwilliger Basis und die Zulassung des 50-MVA-Impfstoffs ermöglichen.
Schließlich ist die Pockenimpfung nicht nur aus Terrorismusgründen sinn- voll, sondern auch aus rein medizini- schen. Sie schützt nicht nur gegen die menschlichen Pocken, sondern auch ge- gen Affen- und Kuhpocken. Diese In- fektionen sind zwar selten, aber unter Umständen ebenso lebensbedrohend wie die Pocken und nicht wesentlich sel- tener als die lebensbedrohenden Scha- densfälle der aus diesen Gründen aufgegebenen Pockenimpfung. Hinzu kommt die Überlegung, dass die im frühen Lebensalter erfolgte Pocken- impfung ein wesentlicher Schutzfaktor vor atopischen Erkrankungen gewesen
ist (17). Seit und vermutlich auch wegen ihrer Abschaffung sind Atopien in der nicht mehr geimpften Bevölkerung et- wa um den Faktor 10 angestiegen und bedingen heute wesentlich mehr To- desfälle, als früher auf das Konto der Pockenimpfung gegangen sind.
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Hans E. Müller Laborpraxis John
Campestraße 7, 38102 Braunschweig
Hormontherapie
Verschreibung ist rückläufig
Deutsche Frauen greifen in der Postme- nopause heute deutlich seltener zur Hormontherapie als noch vor zwei Jah- ren. Nach einer Auswertung der Ver- schreibungszahlen durch das Wissen- schaftliche Institut der AOK (WIdO) in Bonn wurden Anfang des Jahres 2002 pro Quartal noch 238 Millionen Hor- mon-Tagesdosen verschrieben – rech- nerisch ausreichend für 2,6 Millionen Frauen. Seitdem sind die Verschrei- bungszahlen Quartal für Quartal konti- nuierlich gesunken, Ende 2003 waren es nur noch 166 Millionen Tagesdosen für 1,8 Millionen Frauen.
Der Rückgang um knapp 30 Prozent ist die Reaktion auf mehrere, seit Som- mer 2002 veröffentlichte wissenschaft- liche Studien, nach denen der Nutzen der Hormontherapie für die langfristi- ge Vorbeugung von Alterskrankheiten bislang überschätzt worden war. Nach der Neubewertung durch das Bundesin- stitut für Arzneimittel und Medizinpro- dukte und die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft sollte eine Hormontherapie heute nur noch so kurz und so niedrig dosiert wie möglich zur Linderung von massiven Wechsel- jahrsbeschwerden eingesetzt werden.
Die AOK ist mit dem Tempo des Rück- gangs allerdings nicht zufrieden: Eine
„wirkliche Kehrtwende“ sei bislang
ausgeblieben. kch
M E D I Z I N R E P O R T
A
A2092 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 3023. Juli 2004
Doping
Weniger „Funde“
bei mehr Kontrollen
Trotz mehr Kontrollen unter Sport- lern sind in 2003 weniger positive Do- pingbefunde zu verzeichnen. Dieses Fazit gaben die Nationale Anti-Do- ping-Agentur (NADA) und das Bun- desinstitut für Sportwissenschaft (BISp) bei einer Pressekonferenz in Bonn bekannt. Insgesamt wurden von der NADA 7 798 Tests durchgeführt, davon 3 708 Wettkampfkontrollen und 4 090 Trainingskontrollen. Dabei wurden 38 Proben als positiv getestet (29 bei Wettkampf- und neun bei Trai-
ningskontrollen). Dies entspricht ei- ner Gesamtquote von 0,5 Prozent. Im Vorjahr hatte die Quote noch 0,6 Pro- zent betragen.
Auf der Liste der gefundenen Sub- stanzen dominieren Anabolika, Sti- mulanzien und Tetrahydrocannabinol (enthalten in Haschisch und Mari- huana). Alle auf das Blutdoping- mittel Erythropoetin durchgeführ- ten Tests waren negativ. Die Nach- kontrollen auf das Designer-Steroid Tetrahydrogestrionon (THG) waren ebenfalls allesamt negativ. Der Lei- ter des Instituts für Dopinganalytik und Sportbiochemie Kreischa, Klaus Müller, zeigte sich hiervon beruhigt:
„Es ist anzunehmen, dass die An- wendung von THG entgegen der Befürchtungen doch auf einen Kreis von US-Sportlern beschränkt geblie-
ben ist.“ MM
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das im Internet unter www.aerzteblatt.de/
Iit3004 abrufbar ist.