M E D I Z I N
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A1156 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 17⏐⏐28. April 2006
Cannabisabhängiger aufzeigt, derart misszuverstehen. Da Herr Pajer den
„Schutz der Jugend“ in den Zusammen- hang mit der Legalisierung von Canna- bis zu bringen versucht, müssen wir hier- zu deutlich konstatieren, dass die späte- re psychische Gesundheit eines Konsu- menten umso gefährdeter ist, je früher er mit dem Cannabiskonsum begonnen hat. Deshalb sind im Sinne der Präventi- on und Frühintervention auch repressi- ve Maßnahmen zu rechtfertigen.
So ist der frühzeitige Cannabiskon- sum – zum Beispiel vor dem 15. Lebens- jahr – häufig Ausdruck eines beginnen- den devianten Lebensstils. Außer der Zugehörigkeit zu einer in der Regel Drogen favorisierenden Peer-group ist dieser Lebensstil oft die Ursache für so- ziale Anpassungsschwierigkeiten an- fangs meist mit Schul- und Lehrstellen- abbrüchen (1). Darüber hinaus bringen die Resultate gut konzipierter Longitu- dinalstudien frühzeitigen Cannabiskon- sum mit späteren Verhaltensstörungen, Cannabisabhängigkeit, Angsterkran- kungen, affektiven Störungen, Psycho- sen und exzessivem Trinken von Alko- hol sowie dem Konsum anderer Drogen
zusammen (1–4). Allerdings soll auch festgehalten werden, dass frühzeitiger Konsumbeginn zwar das Risiko für eine spätere Abhängigkeit sowie Begleiter- krankungen und Folgestörungen er- höht, aber nicht zwangsläufig dazu führen muss (3).
Vor dem Hintergrund der besonde- ren Vulnerabilität Jugendlicher ist ganz aktuell das europäische „INCANT“- Projekt (International Cannabis Need of Treatment Study) zu begrüßen, das – vom Bundesministerium für Gesund- heit gefördert – zurzeit den Effekt der multidimensionalen Familientherapie auf behandlungsmotivierte junge Cann- abiskonsumenten prüfen wird. Unver- ändert jedoch bleibt in Deutschland der Bedarf nach einer kontrollierten Be- handlungsstudie für erwachsene Canna- bisabhängige – sicherlich auch unter be- sonderer Berücksichtigung der hohen Rate zum Teil schwerer psychischer Be- gleiterkrankungen und/oder Folgeschä- den dieser Behandlungsgruppe (4, 5).
Literatur
1. Rey JM, Sawyer MG, Raphael B, Patton GC, Lynskey M: Mental health of teenagers who use cannabis. Re-
sults of an Australian survey. Br J Psychiatry 2002;
180: 216–21.
2. Arseneault L, Cannon M, Poulton R, Murray R, Caspi A, Moffitt TE: Cannabis use in adolescence and risk for adult psychosis: longitudinal prospective study.
BMJ 2002; 325: 1212–3.
3. McGee R, Williams S, Poulton R, Moffitt T: A longitu- dinal study of cannabis use and mental health from adolescence to early adulthood. Addiction 2002; 95:
491–503.
4. Fergusson DM, Horwood LJ, Swain-Campbell NR:
Cannabis dependence and psychotic symptoms in young people. Psychol Med 2003; 33: 15–21.
5. Bonnet U, Harries-Hedder K, Leweke FM, Schneider U, Tossmann P: AWMF-Leitlinie: Cannabisbezogene Stö- rungen. AWMF-online 2005; www.uni-duesseldorf.de/
www/AWMF/II/076-005.htm.
6. Simon R, Sonntag D, Bühringer G, Kraus L: Cannabis- bezogene Störungen: Umfang, Behandlungsbedarf und Behandlungsangebot in Deutschland. München:
IFT 2004.
Priv.-Doz. Dr. med. Udo Bonnet Prof. Dr. med. Norbert Scherbaum Klinik für Suchtmedizin und abhängiges Verhalten Rheinische Kliniken Essen
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universität Duisburg-Essen
Virchowstraße 174 45147 Essen
Die Autoren der Diskussionsbeiträge erklären, dass kein In- teressenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
Zu der Frage, ob Omega-3-Fettsäuren das Risiko für Krebserkrankungen ver- ringern, liegen bisher wiedersprüchli- che Ergebnisse vor.Catherine Mac Lean und Kollegen analysierten die Resul- tate prospektiver Kohortenstudien, in denen dieser Effekt untersucht worden war. In die Bewertung schlossen die Autoren Artikel aus dem Zeitraum 1966 bis 2005 sowie unpublizierte Quellen ein. Die Datenbankrecherche ergab 38 Beiträge, die den Kriterien der Wissenschaftler entsprachen. Unab- hängig voneinander fassten zwei der Forscher die Ergebnisse zusammen.
Durch die große Heterogenität der Studien war keine gemeinsame quan- titative Auswertung der Resultate möglich. Bei 20 Kohorten aus sieben Ländern war für elf verschiedene Krebsformen der Effekt von Omega-3- Fettsäuren auf die Krankheitsentwick- lung untersucht worden.Von 65 Risiko-
schätzungen ergaben nur zehn stati- stisch signifikante Ergebnisse.
Der Konsum von Omgega-3- Fettsäuren war in sieben Auswertun- gen ohne signifikante Assoziation mit der Entstehung von Brustkrebs, drei zeigten ein verringertes und eine Un- tersuchung ein erhöhtes Risiko. Für das kolorektale Karzinom fanden die Autoren 17 Schätzungen, die nicht sig- nifikant auf einen Zusammenhang mit dem Verzehr von Omega-3-Fettsäuren schließen lassen, eine deutete auf ein verringertes Risiko. Vier Untersu- chungen zum Lungenkrebs zeigten keine signifikanten Ergebnisse, eine ergab ein verringertes Risiko, eine wei- tere wies auf ein erhöhtes Risiko. Beim Prostatakrebs war in 15 Bewertungen kein signifikantes Risiko festgestellt worden, eine Bewertung ermittelte ein reduziertes, eine andere ein erhöhtes Risiko. Die Studie, in der Hautkrebs
untersucht worden war, wies signifi- kant auf ein erhöhtes Risiko. Es wur- den keine Assoziationen zwischen der Einnahme von Omega-3-Fettsäuren und der Inzidenz von Krebserkran- kungen der Blase, der Ovarien, des Pankreas, des Magens, der Speiseröhre oder der Lymphknoten gefunden.
Nach Ansicht der Autoren liefert die bisherige Studienlage keinen Be- weis für die Annahme, dass zwischen dem Konsum von Omega-3-Fettsäu- ren und der Krebsinzidenz eine Asso- ziation bestehe. Mac Lean und Kolle- gen vermuten, dass die Supplementa- tion von Omega-3-Fettsäuren nicht protektiv auf die Entstehung von Krebserkrankungen wirkt. Se Mac Lean CH, Newberry SJ, Mojica WA et al.: Effects of Omega-3-fatty acids on cancer risk. A systematic re- view. Jama 2006; 295: 403–5.
E-Mail: maclean@rand.org
Kein Effekt von Omega-3-Fettsäuren auf das Krebsrisiko
Referiert