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affiniert, komfortabel, lang, breit und flach – der Citroën C6 weckt Erin- nerungen an die legendäre Staatskarosse DS (Déesse = Göttin), die in den 50er- und 60er-Jahren die französischen Staatspräsidenten von A nach B brachte. Nachdem sich der Autobauer aus unserem Nach- barland in den vergangenen Jahren auf die Herstellung von Klein- und Mittelklassewagen konzentrierte und dort be- achtliche Marktanteile (2,17 Prozent weltweit 2005/3,2 Pro- zent bei Privatkunden) ge- wann, kommt jetzt (endlich)nach mehr als fünf Jahren der Nachfolger des XM (und der legitime Nachfolger der DS), der Mercedes (E-Klasse), BMW (5er) und Audi (A6) Paroli bieten will.
Viel Komfort, weniger Sport Der Neue besticht nicht un- bedingt durch zeitlose Ele- ganz. Der vordere Überhang wirkt etwas lang, das Stum- melheck zu kurz – und doch gefällt sein modernes De- sign mit hohem Wiedererken-
nungswert. Zwei Motorva- rianten werden angeboten:
ein 3,0-Liter-V6-Benziner mit 155 kW/211 PS und ein 2,7- Liter-V6-Biturbo-Diesel mit 150 kW/204 PS, Höchstge- schwindigkeit jeweils 230 km/h. Von null auf 100 km/h benötigt der Benziner 10, der Diesel 9,3 Sekunden. Der Verbrauch wird mit 11,2 Liter Super bleifrei beziehungswei- se 8,7 Liter Diesel angegeben.
Das Kofferraumvolumen ist mit 421 Litern (411 Litern bei Einzelsitzen im Fond) für eine Limousine dieser Größe nur durchschnittlich. Beide An- triebe sind nur mit Sechsgang-Automa- tik zu haben. Dies ist französisch kon- sequent, da es sich um eine Reiselimou- sine handelt, die die sportliche der kom- fortablen Ausrich- tung unterordnet. Im Komfort zeigt sich dann auch die wah- re Stärke des Fran- zosen. Der lange Radstand (2,90 Meter) der Limousine schluckt (fast) alle Fahrbahn- unebenheiten, der C6 schwebt ähnlich wie die „göttliche“
DS 21 der Fünfzigerjahre über den Asphalt; die hy- dropneumatische Federung (auch schon in der DS aktiv) und die gut konturierten Sit- ze tragen zu entspanntem Fahren auf langen Strecken bei. Wer eine dynamischere Fahrweise bevorzugt, kann die Dämpfer härter einstel- len und das Fahrwerk absen-
ken. Ein automatisch ver- stellbarer Spoiler (ab Tempo 100) soll die Aerodynamik verbessern.
Citroën bietet seinen Frisch- ling in drei Ausstattungs- varianten an – C6, Pallas und Exclusive. ESP und neun Air- bags (unter anderem Knieair- bag) sind bereits in der Basis- version vorhanden. Die Mate- rialien und ihre Verarbeitung im Innenraum machen einen hochwertigen Eindruck, die Bedienung der vielen kleinen Tasten auf der Mittelkonsole ist jedoch gewöhnungsbedürf- tig. Der Fondpassagier kann in der Exclusiveversion den Bei- fahrersitz elektrisch nach vor- ne verstellen und seinen Ein- zelsitz zur Liege umfunktio- nieren (optional, 1 300 Euro, ein mittiger 5. Platz im Fond ist vorhanden).
Wider den Sekundenschlaf Ein technisches Glanzlicht ist der Spurhalteassistent, der per Infrarot-Linienerkennung jen- seits der 80 km/h beim Über- fahren der Mittellinie, ohne zu blinken, den Fahrer durch Rüt- teln im Sitz warnt und so dem
„Sekundenschlaf“ entgegen- wirkt. Ein höhenverstellbares Head-up-Display (Serie ab Version Pallas) liefert Infor- mationen auf die Windschutz- scheibe, mitlenkende Bi-Xe- non-Scheinwerfer sorgen für bessere Sicht, eine elektroni- sche Parkbremse vereinfacht die Bedienung. Ein besserer Fußgängerschutz soll erreicht werden durch eine aktive Mo-
torhaube, die sich bei einem Aufprall anhebt und so einen Teil der Aufprallenergie ab- sorbiert.
Das gute Zusammenspiel von Motor und Automatikge- triebe, geringe Fahrgeräusche (dank Verbundglas auch bei den Seitenscheiben) und das große und komfortable Platz- angebot im Verbund mit tech- nischer französischer Raffi- nesse beeindruckten bei ersten Testfahrten. Auf dem franzö- sischen Markt wird der Neu- ling gute Chancen haben, sich durchzusetzen. Der einzige nationale Konkurrent ist dort der Peugeot 407.
Anders sieht es in Deutschland aus. Die hier angestrebte Zielmarke von 6 000 verkauften Einheiten für 2007 scheint bei der star- ken deutschen Konkurrenz etwas zu optimistisch. Aber vielleicht führen ja die nach- lassende Qualität bei deut- schen Premiummarken und das Transportieren nostalgi- scher Erinnerungen von Vä- tern auf Söhne und Töchter zu verändertem Kaufverhalten.
Ab April/Mai soll der Franzose als Vorführwagen bei den Händlern stehen. Die Preise des C6 beginnen bei 42 500 Euro für den Benziner (Diesel 45 500 Euro), in der Pallasversion kostet er 45 500 Euro (Diesel 48 500 Euro).
Wer sich den automobilen Luxus französischer Staats- präsidenten (Exclusivever- sion) gönnen möchte, ist mit 51 900 Euro (Diesel 54 900 Euro) dabei. Helmut Werner V A R I A
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 13⏐⏐31. März 2006 AA875
Très chic: Viel Platz und hochwertig ver- arbeitete Materialien im Innenraum
Zurück in die Zukunft
Citroën C6
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Auto
Citroën versucht nach langen Jahren der Abstinenz in der automobilen
Oberklasse mit dem C6 an alte Zeiten anzuknüpfen.
Fotos: Citroën