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Archiv "Die Sperre vor dem Knopfdruck" (11.03.1976)

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Bericht und Meinung DER KOMMENTAR

Die Sperre

vor dem Knopfdruck

Vor Jahren gab es große Aufre- gung, als verschiedene Kranken- kassen es Mitarbeitern von Polizei und Verfassungsschutzämtern er- laubten, in den Mitgliederkarteien herumzustöbern. Die Verfassungs- schützer vor allem suchten auf die- se Weise nach den Anschriften von observierten Personen, die ihnen durch die Lappen gegangen waren.

Es war sehr zweifelhaft, ob diese Aktionen Rechtens waren. In dieser Zeitschrift wurde die Meinung ver- treten, daß Krankenkassen, die das zuließen, noch unter das Niveau von Karl-May-Romanen herabsän- ken; der heutige Direktor des Bun- desverbandes der Ortskrankenkas- sen meinte damals hingegen, die Krankenkassen seien gegenüber Polizei und Verfassungsschutz amtshilfsverpflichtet. Der Mei- nungsstreit blieb ungelöst, weil die Adressensucher diese Aktivitäten so plötzlich wieder einstellten, wie sie sie begonnen hatten.

Im Computer-Zeitalter nun wird diese Frage zumindest theoretisch von neuem akut. Denn aus dem Computer ist der Abruf von Adres- sen im Amtshilfeverfahren viel leichter geworden — man braucht nicht einmal mehr mit auffallenden Beamtenscharen in die Karteiräu- me der Krankenkassen einzufallen;

Knopfdruck genügt.

Der Entwurf des Datenschutzgeset- zes, der zur Zeit in den Ausschüs- sen des Bundestages beraten wird, schafft diese Unsicherheit nicht aus der Welt. Er läßt nämlich die bei den Krankenkassen gespei- cherten „freien Daten" fast schutz- los — und zu den „freien Daten"

gehört auch die Anschrift. Aller- dings gibt es eine Einschränkung:

Die Weitergabe „freier Daten" ist nicht zulässig, wenn „Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dem Betroffenen oder einer ande- ren Person aus der Datenweiterga- be eine Gefahr für Leben, Gesund- heit oder die persönliche Freiheit erwachsen kann" (Paragraph 8 Ab- satz 3 des Entwurfs). Die Begrün-

dung schränkt das aber schon wie- der ein — da heißt es, daß die Wei- tergabe untersagt sei, wenn „zu befürchten ist, daß dem Betroffe- nen dadurch schwerwiegende rechtswidrige Nachteile erwachsen können". Polizei und Verfassungs- schutz aber werden mit Fug und Recht behaupten wollen, daß sie keine „rechtswidrigen" Nachteile zufügen, sondern höchst gerechte (übrigens sind im Gesetzentwurf neben diesen beiden und den Strafverfolgungsbehörden auch der Bundesnachrichtendienst und der militärische Abschirmdienst ge- nannt, also im Klartext: Spionage- abwehrdienste).

Wir wiederholen, was wir vor Jah- ren gesagt haben: Auch der Rechtsbrecher und der politische Extremist, insbesondere aber seine Familienangehörigen, haben An- recht auf ärztliche Hilfe. Aus die- sem Grund ist in allen zivilisierten Staaten die ärztliche Schweige- pflicht so normiert, daß der einen Arzt aufsuchende Kapitalverbre- cher keine Sorge davor zu haben braucht, von ihm seinen (durchaus legitimen) Verfolgern ausgeliefert zu werden. Gerade die Familienan- gehörigen, die ja meist die Taten oder die Ansichten des sie Unter- haltenden gar nicht mitzuverantwor- ten haben, sind aber zum Schutz der Gesundheit oft auf die gesetzliche Krankenversicherung angewiesen.

Deshalb ist es ein hoch zu loben- der Fortschritt, daß die Sachver- ständigenkommission, die den Bundesminister für Arbeit und So- zialordnung über die Weiterent- wicklung der gesetzlichen Kran- kenversicherung berät, in einem Votum über den Datenschutz in der gesetzlichen Krankenversicherung empfohlen hat, daß die Kranken- kassen personenbezogene Infor- mationen nicht übermitteln dürfen.

Es sei denn „zur Erfüllung eines auf die Erledigung eines einzelfall- bezogenen Amtshilfeersuchens, wenn dies zum Vollzug der Reichs- versicherungsordnung . .. notwen- dig . . . ist" (DEUTSCHES ÄRZTE- BLATT, Heft 8/1976, Seite 476). Da- mit wäre das Ausmaß der zulässi- gen Amtshilfe ausreichend um-

grenzt. Der Bundestag muß sich nun eine Formulierung einfallen lassen, die diese Empfehlung der Sachverständigenkommission auch im Datenschutzgesetz verankert.

Vielleicht aber bemerken die Abge- ordneten bei dieser Gelegenheit, daß das Datenschutzgesetz auch dann noch immer zu schwach ist, um uns wirklich vor der computeri- sierten Indiskretion zu schützen, und sie beseitigen die „freien Da- ten" endlich ganz und gar. bt

Die Glosse Wieder Wirbel um „Panorama"

„Auf Protest der CDU ist das für heute beabsichtigte Auftreten von Redakteuren des NDR-Fernseh-Ma- gazins ‚Panorama' in Wedel auf einer Veranstaltung der sozialde- mokratischen Wählerinitiative Nord gestoßen. Der Bürgerschaftsabge- ordnete Gert Boysen, Mitglied des NDR-Rundfunkrates, bezeichnete das Vorhaben als ‚Skandal'. Boy- sen: ,Die ganze Redaktion mit Dr.

Bott an der Spitze tritt auf, um für die SPD Wahlwerbung zu betreiben

— und das noch unter Mitnahme des NDR-eigenen Markenzeichens

‚Panorama': Die CDU will den Vorgang in den Aufsichtsgremien des Senders zur Sprache bringen.

Der Norddeutsche Rundfunk beton- te gestern auf Anfrage, die Panora- ma-Redakteure vertreten in Wedel nicht den NDR, und distanzierte sch ,von dem geschlossenen Auf- treten einer Redaktion im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung'."

Das Hamburger Abendblatt hat den vorstehenden Text unter der Über- schrift „Wieder Wirbel um ‚Panora- ma — kommentarlos in seinem Nach- richtenteil veröffentlicht. Das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT kann sich ebenfalls jeder Kommentie- rung enthalten — möchte den Text lediglich unter „Die Glosse" rubri- zieren. Es ist die bezeichnendste Glosse, die sich über Panorama überhaupt schreiben läßt ... DÄ

708 Heft 11 vom 11. März 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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