• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Versorgungsstärkungsgesetz: Gröhe hat vielen zugehört" (24.10.2014)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Versorgungsstärkungsgesetz: Gröhe hat vielen zugehört" (24.10.2014)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 1838 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 111

|

Heft 43

|

24. Oktober 2014

P O L I T I K

S

elektivverträge waren ein Thema, das den früheren Vor- standsvorsitzenden der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung (KBV) schnell auf die Palme bringen konn- te. Der Wettbewerb zwischen Kol- lektiv- und Selektivvertragssystem sei unfair, kritisierte Dr. med. An- dreas Köhler immer wieder. Bei ei- ner Veranstaltung 2010 schimpfte er: „Wie sollen wir attraktive Vertragspartner sein, wenn wir Re- gressprüfungen durchführen müs- sen, während diese Dinge in Selek- tivverträgen nicht enthalten sind?“

Köhler blieb auch dabei, dass das, was sich in kleinen Selektivverträ- gen bewährt habe, im großen Kol- lektivvertrag angeboten werden müsse – und dass Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) vollwertige Vertragspartner bei der Integrierten Versorgung nach Paragraf 140 So- zialgesetzbuch V sein müssten.

Diese Forderung von ihm und anderen haben Bundesgesundheits- minister Hermann Gröhe (CDU) und die Mitarbeiter seines Ministe- riums nun im Referentenentwurf zum Versorgungsstärkungsgesetz (VSG) aufgegriffen: Die KVen sol- len wie kleinere oder größere Zu-

sammenschlüsse von Ärzten auch mit den Krankenkassen Integrati- onsverträge abschließen können.

KVen: mehr Möglichkeiten bei Selektivverträgen

Die KBV-Vorstände Dr. med. An- dreas Gassen und Dipl-Med. Regi- na Feldmann haben dies begrüßt, wenngleich sie viele anderer Passa- gen kritisieren. Diese Änderung ist gleichwohl symptomatisch für den Entwurf: Er enthält eine Vielzahl von auf den ersten Blick kleinen Neuerungen, von denen sich die schwarz-rote Koalition dennoch Verbesserungen in der Versorgung und erweiterte Spielräume für die Akteure erhofft. Unübersehbar wer- den viele Vorschläge aufgegriffen, die einzelne ärztliche Organisatio- nen und Verbände immer wieder unterbreitet haben. Doch ob dies im Einzelnen gelungen ist oder nicht, darüber gehen die Meinungen aus- einander.

Beispiel Integrationsverträge:

Weil die verschiedenen Regelungen hierzu und zu Verträgen der beson- deren ambulanten Versorgung (nach § 73 c SGB V) dem Bundes- gesundheitsministerium „zu wenig

systematisch“ erschienen, wurden sie im neu formulierten Paragrafen 140 a SGB V zusammengefasst. Er trägt die Überschrift „Besondere Versorgung“. Auffälliger als die Überschrift ist der Inhalt des neuen Paragrafen: Er sieht vor, dass Kran- kenkassen und ihre Vertragspartner mehr neuartige Formen und Inhalte ausprobieren können als heute zu- lässig. Ein 140-a-Vertrag muss zum Beispiel nicht mehr zwingend sek- torenübergreifend angelegt sein.

Der Vorsitzende von Medi Geno Deutschland, Dr. med. Werner Baumgärtner, hat den neuen 140 a und die Streichung des Paragrafen 73 c jedoch kritisiert. „Das ist ein völlig falsches Signal an unsere Facharztpraxen und konterkariert die Arbeit der Vertragspartner im Südwesten“, betonte Baumgärtner.

Nach seiner Ansicht bleiben auch die Probleme bei der Bereinigung ungelöst: „KVen haben Praxen, die an Selektivverträgen teilnehmen, fi- nanziell stark benachteiligt und können das auch künftig tun.“

Dieser Dauerzankapfel wird al- lerdings im Entwurf aufgegriffen.

„Für die wettbewerbliche Weiter- entwicklung ist eine funktionieren- VERSORGUNGSSTÄRKUNGSGESETZ

Gröhe hat vielen zugehört

Der Gesetzentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium liest sich erst einmal unspektakulär. Wie bei jedem Vorhaben sind Kröten für die Ärzteschaft dabei.

Doch manche Formulierung greift auch langjährige Forderungen von Akteuren auf.

Schneller ins Wartezimmer – darauf hoffen man- che Patienten. Doch

die Terminservice- stellen werden nur in medizinisch gut begründeten Fällen zum Facharzt vermitteln.

(2)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 111

|

Heft 43

|

24. Oktober 2014 A 1839

P O L I T I K

de Bereinigung der Gesamtvergü- tung weiterhin von entscheidender Bedeutung“, heißt es dort. Klarge- stellt wird, dass die Einigung über die Bereinigungsregeln zukünftig rascher als bisher erfolgen soll, Krankenkassen unter bestimmten Voraussetzungen auch vorläufig bereinigen können und KVen die Bereinigungsregeln benachbarter KVen übernehmen müssen, „falls in deren Bezirken nur wenige Versi- cherte ihren Wohnsitz haben und der Bereinigungsbedarf gering ist“.

Medi Geno stört aber noch mehr, nämlich die unzureichende Förde- rung von Praxisnetzen. „Die Netze werden weiterhin allein aus der Ge- samtvergütung finanziert“, bemän- gelte Baumgärtner. So verlagere man allenfalls das Morbiditätsrisi- ko von der Praxis auf das Netz.

Auch um Gelder aus dem neuen In- novationsfonds könnten sich Netze nicht bewerben, sondern höchstens einzelne Vertragsärzte.

Dr. med. Veit Wambach, Vorsit- zender der Agentur deutscher Arzt- netze, sieht es ähnlich. „Wir freuen uns, dass nun eine verbindliche Förderung kommen soll“, sagte er.

„Aber es ist bedauerlich, dass dies im Rahmen der morbiditäts - orientierten Gesamtvergütung ge- schieht.“ Der Gesetzentwurf sieht lediglich vor, Netze zusätzlich aus Strukturfonds zu fördern. Bisher sind die KVen eng daran gebunden, aus diesem Fonds nur solche Vorha- ben zu finanzieren, die einer Unter- versorgung entgegenwirken. Doch der Entwurf gibt ihnen nun die Möglichkeit, damit grundsätzlich in die Sicherung der vertragsärztli-

chen Versorgung zu investieren.

„Das Gesetz zeigt, dass die Netze als förderwürdig und ausbaufähig angesehen werden“, findet Wam- bach dennoch. Diesen Punkt hat auch der Hartmannbund gelobt.

Nachteile aus Sicht der MVZ werden ausgeglichen

Im Großen und Ganzen zufrieden ist der Bundesverband Medizini- sche Versorgungszentren – Gesund- heitszentren – Integrierte Versor- gung (BMVZ). Dessen Geschäfts- führerin Susanne Müller meint, dass sich viele Anregungen aus dem Versorgungsalltag wiederfinden:

„Insgesamt wird die vorhandene Pluralität der Versorgungsakteure aufgenommen und gewürdigt.“

Schnell bekannt wurde, dass es in Zukunft auch arztgruppengleiche Medizinische Versorgungszentren (MVZ) geben soll und Kommunen MVZ gründen dürfen. Neu ist zu- dem, dass niedergelassene und an- gestellte Ärztinnen und Ärzte bei den Plausibilitätsprüfungen gleich behandelt werden müssen. Dafür müssen die Richtlinien von KBV und GKV-Spitzenverband ange- passt werden. Der BMVZ hatte mehrfach kritisiert, dass MVZ-Ärz- te durch geringere Quartalsprüf- summen häufiger in Prüfverfahren gerieten als niedergelassene Ärzte.

Vorgesehen ist durch eine Ände- rung der Zulassungsverordnung für Ärzte weiterhin, dass künftig für angestellte Ärzte auch im Fall von Kündigung und Freistellung ein Vertreter beschäftigt werden kann, und zwar für die Dauer von bis zu sechs Monaten.

Dem NAV-Virchow-Bund fehlt hingegen ein deutliches Bekenntnis zur Freiberuflichkeit. „Die Kon- struktionsfehler des Gesundheits- systems bleiben bestehen, die Bud- getierung bleibt festgeschrieben, feste Preise und die damit ver - bundene Planungssicherheit für nie- dergelassene Ärzte werden nicht angegangen“, monierte der Bundes- vorsitzende Dr. med. Dirk Heinrich.

Auch die verschärfte Aufforderung an die Zulassungsausschüsse, Pra- xissitze in formal überversorgten Gebieten aufzukaufen, hält der NAV für verfehlt.

Nachbessern bei regionalen Honorarunterschieden

Der Hartmannbund hat neben grundsätzlicher Kritik Zweifel, ob sich mancher sinnvolle Vorstoß tat- sächlich gut umsetzen lässt. Sein Vorsitzender Dr. med. Klaus Rein- hardt führte als Beispiel dafür die Passage an, mit der die Forderung nach einer Vergütungsanpassung im KV-Bereich aufgegriffen wird. Sie- ben KVen (DÄ, Heft 47/2013) hat- ten mit einem Gutachten untermau- ert, dass in ihren Regionen zwar das Gesamthonorar aufgrund der stei- genden Morbiditätsbelastung stetig angepasst wird. Doch die erstmali- ge Festlegung der Sockelbeträge halten sie für unzureichend. Dies soll sich nun nach einem kompli- zierten Verfahren ändern.

Auch die KBV hat zahlreiche Kritikpunkte anzubringen. Vor al- lem die vorgesehene Pflicht zum Aufkauf von Arztsitzen in formal überversorgten Gebieten sehen Gassen und Feldmann kritisch.

„Wie kann man sich auf der einen Seite über zu lange Wartezeiten be- klagen, auf der anderen Seite aber ein Praxis-Abbauprogramm betrei- ben?“, fragte Gassen. KBV-Vor- stand Feldmann ist vor allem die vorgesehene Öffnung der Kranken- häuser für die ambulante Versor- gung ein Dorn im Auge. Die Deut- sche Krankenhausgesellschaft hat genau dies gelobt: „Die Kranken- häuser werden als die primären An- laufstellen bei ambulanten Notfäl- len anerkannt“, sagte ihr Hauptge- schäftsführer Georg Baum.

Falk Osterloh, Sabine Rieser Terminservicestellen zum Abbau von War-

tezeiten, Verbesserungen beim Entlass- management, eine Aufwertung der Hoch- schulambulanzen, die Zulässigkeit von Umsatzsteigerungen beim Jobsharing un- ter bestimmten Bedingungen – der Ent- wurf zum Versorgungsstärkungsgesetz enthält eine Fülle von Vorschriften.

Der Referentenentwurf im Detail:

www.aerzteblatt.de/ref2014

DER REFERENTENENTWURF IM DETAIL

Fotos: picture alliance

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Bei beiden Vorgängen erscheint hinter dem markierten Sender ein entsprechendes Symbol. ► Mit den Pfeiltasten ▲ oder ▼ auf der Fernbedienung wird der Sender an den

Die Konzentration der berufsbegleitenden Studien der Berner Fachhochschule an denjenigen Standorten, wo auch die Vollzeitstudien angeboten werden, erfolgt einerseits

Diese neuen Zahlen dürfen jedoch nicht an die Gemeinden zurückgespielt werden, so dass IT.NRW und Kommunen mit unterschiedlichen Datengrundlagen arbeiten.. Die Zahlen der

Oder fühlen sich die Deutschen gar nicht bedroht, auch wenn die außenpolitische Lage eine ganz andere ist.. Der letzte Punkt ist

Für viele Wochenaufenthalterinnen bedeutet dies, dass sie ihren Status jährlich erneuern müssen, denn bei vielen Wochenaufenthalter:innen handelt es sich um Studierende.. Ein

Wie sehr sich in den zurückliegenden 15 Jahren die Instrumente ziviler Konfliktbearbeitung weiterentwickelt und ihre Akteure an Kompetenz gewonnen haben, habe ich immer wieder bei

Das meint Paulus damit, wenn er sagt, dass wir darauf bedacht sein sollen, was gerecht ist.. Und was meint der Apostel damit, dass wir darauf bedacht sein sollen, was

Die Wolfgang-Iser-Lecture wird vom Exzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“ der Universität Konstanz organisiert und gefördert. Sie steht allen