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I 124/2002 ERZ 8. Januar 2003 48C
Interpellation
0022 Müller, Thun (SP)
Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 28.06.2002
Konzentration der ArchitektInnen- und IngenieurInnen-Ausbildung der Berner Fachhochschule in Burgdorf
Gemäss geltendem Konzept soll die Ingenieur- und ArchitektInnen-Ausbildung an der Berner Fachhochschule in Burgdorf konzentriert werden. Damit fällt die heutige berufsbegleitende Ausbildung in diesen Disziplinen an der Hochschule für Technik und Architektur Bern weg.
1.
In einem berufsbegleitenden Studium pendelt man entweder von seinem Wohnort abends und am Wochenende an die Fachhochschule, oder aber man zieht an den Standort der Fachhochschule und sucht dort eine Stelle. Dazu die erste Frage:
Wie stellt sich der Regierungsrat zur Befürchtung, dass die Verlegung nach Burgdorf das berufsbegleitende Studium grundsätzlich gefährdet, weil
a) die Pendeldistanzen namentlich aus den entfernteren Regionen des Kantons, beispielsweise dem Oberland, zeitlich und ökologisch nicht in Kauf genommen werden, und
b) weil die Agglomeration Burgdorf nicht über das erforderliche Reservoir an Stellen für diejenigen StudentInnen und Studenten verfügt, welche nicht an den Studienort pendeln wollen?
2.
Es wird zu Recht immer wieder hervorgehoben, dass sich die Berner Fachhochschule auf dem Markt behaupten müsse. Dies ist in dem Sinne richtig, als zahlreiche StudentInnen sich in der ganzen Schweiz nach derjenigen Fachhochschule umsehen, welche ihnen die beste Ausbildung verspricht oder allenfalls das höchste Renommee. Viele andere Studierende aber interessieren sich primär für die Hochschule in ihrer Region. Dies unter anderem deshalb, weil das berufsbegleitende Studium auch von Familienvätern und – müttern absolviert wird. Diese zweite Gruppe ist nun ebenso ein Teil des Marktes wie die erste. Werden ihre Bedürfnisse nicht erfüllt, wandert sie weniger an eine andere Fachhochschule ab, sondern verzichtet möglicherweise ganz auf das Studium. Es sei auch daran erinnert, dass die Hochschule für Technik und Architektur in Bern eine private Schule ist und ihre Studierenden für die Kosten voll selber aufkommen. Sie sind somit in einem absolut klassischen Sinn Konsumentinnen und Konsumenten. Dazu die zweite Frage:
2
Ist der Regierungsrat der Meinung, dass die Standortnachteile Burgdorfs für die berufsbegleitende Ausbildung von IngenieurInnen und ArchitektInnen für die Stellung der Berner Fachhochschule im Markt verkraftbar sind?
3.
Bedenken, ob Burgdorf als Standort für eine berufbegleidende Ausbildung geeignet sei, wird von zuständigen kantonalen Stellen u.a. mit dem Argument gekontert, dass diese Ausbildung in Zukunft ohnehin in grösseren Blöcken stattfinden werde.
Dazu die dritte Frage:
Ist die Realisierbarkeit dieses derartigen Blockunterrichts-Konzeptes (nicht unähnlich einer Grossratssession), insbesondere dessen Vereinbarkeit mit der Berufstätigkeit, bei den Studierenden einerseits und bei der Arbeitgeberschaft andererseits abgeklärt worden?
4.
Der Druck, die Strukturen der Berner Fachhochschule zu vereinfachen, wird vom Interpellanten nicht bestritten. Trotzdem ist er – auch nach Rücksprache mit Fachvereinen – selber der Überzeugung, dass die berufsbegleitende Ausbildung von ArchitektInnen und IngenieurInnen an den Standort Bern gebunden ist, und zwar nicht nur wegen der Grösse, sondern auch wegen der geographisch zentralen Lage dieser Stadt innerhalb des Kantons.
Dazu die vierte Frage:
Ist der Regierungsrat bereit, sich dafür einzusetzen, dass der Standort Bern für die berufsbegleitende Ausbildung von ArchitektInnen und IngenieurInnen auch bei einer Vereinfachung und Konzentration der Strukturen der Berner Fachhochschule beibehalten werden kann?
5.
Die letzte Frage stellt sich ganz generell:
Welche Bedeutung misst der Regierungsrat dem berufsbegleitenden Unterricht bei?
Antwort des Regierungsrates
Die Konzentration der berufsbegleitenden Studien der Berner Fachhochschule an denjenigen Standorten, wo auch die Vollzeitstudien angeboten werden, erfolgt einerseits aus organisatorischen Gründen, andererseits aber auch aufgrund der qualitativen Ansprüche an berufsbegleitende Studien. Angesichts der finanziellen Lage des Kantons und der Sparbemühungen von Grossrat und Regierungsrat ist eine grösstmögliche Nutzung von Synergien und ein sorgfältiger Umgang mit Humanressourcen und materiellen Ressourcen im Interesse einer qualitativ hochstehenden Aus- und Weiterbildung unumgänglich.
1a) Burgdorf ist nur 13 Zugminuten von Bern entfernt, ebenso sind der Oberaargau und das Emmental von Burgdorf aus in weniger als 30 Minuten mit dem Zug erreichbar. Thun und Biel sind in weniger als einer Stunde zweimal stündlich mit dem öffentlichen Verkehr erreichbar. Angesichts der erforderlichen Zeit, welche für das Erreichen der HTA Bern mit öffentlichen Verkehrsmitteln schon nur vom Hauptbahnhof Bern aus nötig ist, erachten wir die Pendelzeiten als zumutbar.
1b) Die Verknüpfung zwischen Studienort und Reservoir an Stellen ist problematisch und entspricht in der heutigen Realität nicht mehr den mobilen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und den Ansprüchen der vernetzten Arbeitsstellen. Zudem ist es keineswegs so, dass die heutigen Studierenden an der HTA Bern alle in Bern arbeiten würden: Ein Hochschulstudium kann von Konzeption und Bedeutung her grundsätzlich nicht auf den Arbeitsort der Studierenden abgestützt werden: Auch wenn die Region Bern
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mehr Stellen als die Regionen Burgdorf und Biel bietet, entspricht der zurückzulegende Weg für das Hochschulstudium grundsätzlich Campusdistanzen. Insbesondere mit den guten ÖV-Verbindungen können sämtliche Arbeitsmöglichkeiten in der Region Bern problemlos genutzt werden, auch wenn in Burgdorf studiert wird.
2. Die Standorte der Berner Fachhochschule sind alle in der Fachhochschulregion Bern, es kann also auch aus regionaler Sicht nicht von Standortnachteilen gesprochen werden, denn die Berner Fachhochschule muss sich als ganze Fachhochschulregion im nationalen und internationalen Wettbewerb behaupten und nicht einzelne Studiengänge. Die Konzentration der betreffenden berufsbegleitenden Studiengänge an den Hochschulstandorten Biel und Burgdorf ist auch angesichts der oben geschilderten Campus-Distanzen unproblematisch. Zur Finanzierung der HTA Bern sei erläutert, dass die Studierenden nicht mehr für ihre Studien bezahlen als Studierende anderer Hochschulen der Berner Fachhochschule, sie sind also nicht mehr und nicht weniger
"Konsumentinnen und Konsumenten" als die übrigen Studierenden. Die HTA Bern ist bezüglich der Trägerschaft zwar privat, wird jedoch zum grössten Teil über kantonale Subventionen finanziert.
3. Das Blockunterrichtskonzept wird im Rahmen hochschuldidaktischer Entwicklungen (Modularisierung) in allen Fachhochschulen der Schweiz verfolgt und ist bisher bei den Studierenden auf hohe Zustimmung gestossen. Gerade die Modularisierung der Studiengänge lässt unserer Ansicht nach die Standortfrage letztlich auch etwas in den Hintergrund treten.
4. Die Berner Fachhochschule ist im Rahmen ihrer Organisationsautonomie durchaus in der Lage zu beurteilen, ob und welche Teile des berufsbegleitenden Studiengangs Informatik weiterhin in Bern angeboten werden sollen. Im Sinne der vom Bundesrat geforderten Konzentration wird aber das Studienfach Architektur künftig nur noch in Burgdorf unterrichtet. Der Regierungsrat ist angesichts der Campus-Distanzen der drei Standorte Biel – Bern – Burgdorf der Ansicht, dass vom kleinräumigen Denken bezüglich Studienort Abstand genommen werden muss. Die Qualität eines berufsbegleitenden Studiums ist in höherem Masse von der Qualität der Dozierenden, der
Forschungstätigkeiten und der vorhandenen Infrastrukturen abhängig als von einem Standort. Aus diesem Grund sieht der Regierungsrat keine Nachteile für die Berner Fachhochschule, wenn die berufsbegleitenden Studien in Biel oder in Burgdorf angeboten werden.
5. Der Regierungsrat misst der berufsbegleitenden Ausbildung an der Berner
Fachhochschule grosse Bedeutung zu. Das wird unterstrichen durch die grosse Anzahl attraktiver berufsbegleitender Studien, die an den drei Standorten der Berner
Fachhochschule angeboten werden. Es ist nicht auszuschliessen, dass durch die geplante Konzentration Synergien so genutzt werden können, dass die berufsbegleitenden
Studiengänge durch neue oder heute nicht mehr angebotene Studiengänge ergänzt werden können.
An den Grossen Rat