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Archiv "Klare Entscheidungskriterien fehlen" (24.05.2013)

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374 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 21

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24. Mai 2013

M E D I Z I N

Klare Entscheidungskriterien fehlen

Die vorgestellte Leitlinie erfüllt die formalen Krite- rien des S3-Niveaus. Die wesentlichen Aussagen ba- sieren aber auf einer Konsensbildung, was eher dem Charakter eines S1-Niveaus entspricht. Welche Aussa- gekraft kommt dieser Leitlinie nun zu? Hier sind we- niger die Autoren gefragt als die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesell- schaften e.V. (AWMF) selber. Welchen Sinn macht ei- ne Leitlinie auf S3-Niveau, wenn von 4 998 analysier- ten Literaturstellen nur 38 randomisierte kontrollierte Studien darstellen? Gibt es von Seiten der AWMF Me- chanismen, die eine gewissen Evidenz als Grundlage der Erstellung einer S3-Leitlinie fordern, oder sagt S3 nur etwas über das Zustandekommen aus, aber nichts über die Aussagekraft des Inhalts?

Diese fehlende Evidenz führt dazu, dass klare Ent- scheidungskriterien in der Leitlinie fehlen. So heißt es zu den Wundauflagen: „In den dazu vorhandenen Studien kann keines der untersuchten Materialien (Alginat, Schaumstoff, Acrylat, Hydrokolloid, Hy- drofaser, feuchte Kompresse, Gaze) gegenüber ande- ren Materialien einen Vorteil für die Wundheilung nachweisen.“ „Bei der Auswahl der Materialien sol- len folgende Gesichtspunkte, in Abstimmung mit den Zielen des Patienten und den Erfordernissen der Wundsituation und Wirtschaftlichkeit, im Vorder- grund stehen: Schmerzvermeidung, Praktikabilität für den Patienten, Zustand von Wundrand und Wundumgebung, Haftstarke, Exsudataufnahme und -rückhaltefähigkeit, Allergien und Verträglichkeit (Expertenkonsens).“

Die Aussage, dass „für keines der untersuchten Materialien ein Vorteil nachgewiesen wurde“ führt dazu, dass von keinem der Materialien abgeraten werden kann und der ärztliche und/oder pflegerische Wundexperte selbst die Auswahl treffen soll. Zusam- mengefasst vertraut die S3-Leitlinie damit dem Aus- bildungsstand und der Erfahrung des Wundexperten.

Dies stellt die Bedeutung der qualifizierten Wundex- perten heraus, deren Ausbildung ein wichtiges Ziel der Initiative „Chronische Wunden e.V. “ ist.

DOI: 10.3238/arztebl.2013.0374a LITERATUR

1. Rüttermann M, Maier-Hasselmann A, Nink-Grebe B, Burckhardt M: Local treatment of chronic wounds in patients with peripheral vascular disease, chronic venous insufficiency and diabetes.

Dtsch Arztebl Int 2013; 110(3): 25–31.

Prof. Dr. med. Knut Kröger Klinik für Gefäßmedizin

HELIOS Klinikum Krefeld GmbH, Krefeld knut.kroeger@helios-kliniken.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Schlusswort

Wir bedanken uns bei allen, die die S3-Leitlinie zur Lokaltherapie gelesen und einen fachlich-kritischen Diskurs dazu in Form von Leserbriefen geführt ha-

ben. Herr Prof. Dr. Dissemond beschreibt sehr tref- fend, dass den Wundauflagen als solchen häufig zu viel Bedeutung beigemessen wird und die Wundhei- lung letztendlich zentral von der kausalen Behand- lung und nicht von den Wundauflagen abhängig ist.

Eine Diskussion um die Entbehrlichkeit von Wundauflagen wäre in der Tat nicht zielführend.

Aufgrund fehlender belastbarer Studienergebnisse hat die Leitliniengruppe daher „Good Clinical Practice“-Empfehlungen verabschiedet, die klare Anforderungen an die Wundbehandlung (siehe unter anderem die Empfehlungen E 28 und E 29) definie- ren und damit die Grundlage für die Versorgung von Menschen mit chronischen Wunden auf der Basis systematisch konsentierter Expertenmeinung ge- schaffen.

Ebenso wurden zu beachtende Kriterien für den Einsatz von Wundbehandlungsprodukten mit den be- teiligten Fachgesellschaften der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesell- schaften e.V. (AWMF) konsentiert. Die Beachtung dieser Kriterien sollte zu einem sinnvollen Einsatz der Wundauflagen im Rahmen einer patientenorien- tierten Behandlung führen.

Fehlende Evidenz sollte nicht Befürchtungen schüren, sondern zu einer klaren Forderung nach ei- ner Nutzenbewertung der Wundauflagen mit patien- tenrelevanten Endpunkten führen.

Die Negativempfehlung für medizinischen Honig resultiert in der Tat aus einer Untersuchung zum chronischen Ulcus cruris venosum, und vergleichbare Daten für das diabetische Fußsyndrom liegen nicht vor. Aufgrund der vorliegenden Evidenz hat sich die Leitliniengruppe unter Abwägung möglicher Patien- tenbelastung und Kosten für eine Negativempfeh- lung entschlossen.

Wie von Herrn Dr. Zerm korrekt angegeben, fehlt auch der Beleg eines positiven Effektes von Honig auf die Wundheilung durch qualitativ hochwertige Studien. Dies gilt für alle Wunden im Zielbereich der Leitlinie.

Wir teilen den Wunsch von Herrn Dr. Zerm nach qualitativ hochwertiger Evidenz, nicht nur für die Honigtherapie.

Die Empfehlung der Leitlinie, dass die hyperbare Sauerstofftherapie „nach Ausschöpfen von Revasku- larisationsmaßnahmen, bei amputationsbedrohter Extremität als zusätzliche Therapieoption verwendet werden sollte“, wurde auf Basis der vorliegenden Evidenz zum Zeitpunkt der Empfehlungskonsen - tierung verabschiedet. Bei der Aktualisierung der Leitlinie wird die Empfehlung an neue, relevante Evidenz angepasst.

Wir danken Herrn Dr. Reiß für seine kritischen Anmerkungen und teilen seine Auffassung, dass eine zielführende Wundbehandlung die Beachtung hygie- nischer Aspekte, die Einhaltung von Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts sowie individuelle Kör- perhygiene ebenso erfordert, wie zum Beispiel die aktive periodische Wundreinigung.

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 21

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24. Mai 2013 375

M E D I Z I N

Die systematische Aufarbeitung der Evidenz gilt heutzutage als Qualitätsstandard von Leitlinien (1, 2). Die Leitlinie wurde aufgrund der Methodik ihrer Erstellung von der Arbeitsgemeinschaft der Wissen- schaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.

gemäß deren Regelwerk als S3-Leitlinie (3) aner- kannt, wie Herr Prof. Dr. Kröger richtig beschreibt.

Den Unterschied zwischen einer S3- und einer S1-Leitlinie können Herr Prof. Dr. Kröger und alle Interessierten jederzeit auf der Website der Arbeits- gemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften nachlesen (3).

Eine S3-Leitlinie setzt eine systematische Recher- che, Auswahl und Bewertung der Literatur nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin und eine strukturierte Konsensfindung in einem repräsentati- ven Gremium voraus.

Wird keine belastbare Evidenz gefunden, ver- bleibt erhebliche Unsicherheit, die ausgedrückt und mit der umgegangen muss.

Notwendig sind Transparenz und Entscheidungs- hilfen, die durch die Evidenzdarlegung und klar als Expertenmeinung gekennzeichnete Empfehlungen geschaffen wurden.

Diese Evidenzlage muss auch bei der Patienten- aufklärung und in der Praxis berücksichtigt werden.

Um dem Anspruch auf Transparenz gerecht zu wer- den, sind im Methodenbericht zur Leitlinienentwick- lung die Prozessschritte ausführlich beschrieben.

DOI: 10.3238/arztebl.2013.0374b LITERATUR

1. Brouwers MC, Kho ME, Browman GP, Burgers JS, Cluzeau F, Feder G, Fervers B, Graham ID, Grimshaw J, Hanna SE, et al.:

AGREE II: advancing guideline development, reporting, and eva- luation in health care. Prev Med 2010, 51: 421–4.

2. Deutsches Instrument zur methodischen Leitlinien-Bewertung (DELBI). Fassung 2005/2006 + Domäne 8 (2008). www.leitlini en.de/leitlinienmethodik/leitlinienbewertung/delbi.

3. Das AWMF-Regelwerk Leitlinien. Ständige Kommission „Leitlini- en“ der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizini- schen Fachgesellschaften (AWMF).1th edition 2012. www.awmf.

org/leitlinien/awmf-regelwerk/ll-entwicklung/awmf-regelwerk- 01-planung-und-organisation.html.

4. Rüttermann M, Maier-Hasselmann A, Nink-Grebe B, Burckhardt M: Local treatment of chronic wounds in patients with peripheral vascular disease, chronic venous insufficiency and diabetes.

Dtsch Arztebl Int 2013; 110(3): 25–31.

Dr. med. Mike Rüttermann Consultant Plastic Surgeon University Medical Center Groningen 9700 RB Groningen/NL

mikeruettermann@yahoo.com

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Sechs Gründe für Autorinnen und Autoren, wissenschaftliche Übersichts- und Originalarbeiten in der Rubrik Medizin im Deutschen Ärzteblatt zu publizieren

1. Die Reichweite des Deutschen Ärzteblattes

– Das Deutsche Ärzteblatt ist mit einer Auflage von mehr als 400 000 Exemplaren nicht nur die mit Abstand größte medizinische Zeitschrift in Deutschland, sondern auch eine der größten Fachzeitschriften der Welt.

– Einen cme-Artikel im Deutschen Ärzteblatt bearbeiten im Durchschnitt mehr als 19 000 Teilnehmer.

– Der wissenschaftliche Teil des Deutschen Ärzteblattes wird mit steigender Tendenz auch in der meinungsführenden Publikumspresse als wichtige Quelle wahrgenommen.

2. Die englische Ausgabe: Deutsches Ärzteblatt International

Alle wissenschaftlichen Artikel des Deutschen Ärzteblattes werden vollständig und kostenfrei übersetzt und in unserer

englischen Online-Zeitschrift Deutsches Ärzteblatt International publiziert. Damit sind Artikel im Deutschen Ärzteblatt international zitierfähig.

3. Die Präsenz in allen wichtigen Datenbanken

Alle wissenschaftlichen Artikel im Deutschen Ärzteblatt sind durch ihre Publikation in der englischen Ausgabe Deutsches Ärzteblatt International in Medline gelistet und darüber hinaus in 15 weiteren Datenbanken vertreten.

4. Der Impact-Faktor

Deutsches Ärzteblatt International ist in den Datenbanken Web of Knowledge und Journal Citation Report gelistet. Der aktuelle Impact-Faktor beträgt 2,920 (JCR 2011).

5. Das Autorenhonorar

Das Deutsche Ärzteblatt zahlt allen korrespondenzführenden Autoren von wissenschaftlichen Übersichts- und Originalarbeiten in der Rubrik Medizin ein Honorar von 1 000 Euro nach Publikation.

6. Der freie Zugang zu allen Artikeln

Alle Beiträge im Deutschen Ärzteblatt sind im Internet frei zugänglich (open access). Dies gilt für die deutsche und für die englische Fassung.

Die Redaktion freut sich auch über unverlangt eingereichte Übersichts- und Originalarbeiten.

Für interessierte Autoren sind wir jederzeit ansprechbar.

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