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Archiv "Nierentransplantation: Immunologische Barrieren überwinden" (01.03.2013)

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A 384 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 9

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1. März 2013

NIERENTRANSPLANTATION

Immunologische Barrieren überwinden

Gewebe- oder Blutgruppenunverträglichkeit zwischen Wartelistenpatienten und potenziellem Spender: Diese Faktoren erschweren Transplantationen zusätzlich zum Organmangel. Inzwischen aber gibt es gute Strategien, um diese Hürden erfolgreich zu überwinden.

D

ie erfolgversprechendste Nie- rentransplantation ist die Transplantation bei Blutgruppen- verträglichkeit und in Abwesenheit von Antikörpern gegen Gewebe- (HLA-)Merkmale des Spenders, die barrierefreie Transplantation also.

Allerdings sind die Patienten in den letzten Jahren aufgrund des Organ- mangels mit einer zunehmenden Wartezeit bis zur Transplantation konfrontiert. Dies gilt vor allem dann, wenn der Patient bereits vor der Transplantation in seinem Se- rum HLA-Antikörper aufweist, die während vorausgegangener Blut- transfusionen, Schwangerschaften oder auch Transplantationen erwor- ben wurden (Eurotransplant Annual Report 2011).

Lebendspende als Option Eine Möglichkeit, Patienten früh- zeitig zu transplantieren, stellt die Nierentransplantation über Barrie- ren dar, insbesondere wenn hier- durch eine Lebendnierentransplan- tation realisiert werden kann.

Am Transplantationszentrum der Universitätsklinik Heidelberg wur- de im Jahr 2011 bei 22 Prozent aller Nierentransplantationen eine prä- operative Desensibilisierung not- wendig, und 31 Prozent (N = 20/65) aller Lebendnierentransplantationen wurden über diese Barrieren hin- weg realisiert. Das bedeutet: Diese Patienten mussten aufgrund von Blutgruppen- und/oder HLA-Anti- körpern vorbehandelt werden, um eine Transplantation überhaupt zu ermöglichen.

Während die Lebendnierentrans- plantation bei Blutgruppenunver- träglichkeit mittlerweile vergleich- bare Ergebnisse wie die blutgrup- penkompatible Transplantation auf- weist (Transplantation 2008; 85:

1745), sind die Ergebnisse bei Vor-

liegen spenderspezifischer HLA- Antikörper, vor allem wenn diese zu einer positiven Kreuzprobe zwi- schen Spender und Empfänger füh- ren (positives Crossmatch), schlech- ter als bei vergleichbaren Trans - plantationen ohne Vorliegen von HLA-Antikörpern.

Es stellt sich deshalb insbeson- dere bei der Lebendnierentrans- plantation die Frage, ob es sinnvoll ist, diese über die Crossmatch- oder HLA-Antikörper-Barriere durchzu- führen oder ob es günstiger ist, den Patienten alternativ auf die Warte- liste zur Transplantation einer dann kompatiblen Verstorbenenniere zu setzen. Diese Frage konnte im Jahr 2011 in einer wegweisenden Arbeit einer Forschergruppe um Robert A.

Montgomery aus Baltimore beant- wortet werden (NEJM 2011; 365:

318).

Das Team untersuchte das Über- leben von Patienten mit präfor - mierten Spender-spezifischen HLA- Antikörpern, die sich nach erfolg- reicher Desensibilisierung einer Le- bendnierentransplantation unterzo- gen. Nach acht Jahren lebten noch 81 Prozent dieser Patienten, vergli- chen mit lediglich 49 Prozent der Patienten in einer Kontrollgruppe, die auf die Warteliste zur kompa - tiblen Verstorbenenspende gesetzt wurden, unabhängig davon, ob sie während der Beobachtungszeit trans- plantiert wurden oder nicht.

Das Setting in dieser Arbeit lässt sich zwar nicht eins zu eins auf die Situation in Deutschland übertragen.

Denn im Eurotransplantverbund, zu dem Deutschland gehört, gibt es ein spezielles Programm zur Transplan- tation von Patienten mit einer Viel- zahl präformierter HLA-Antikörper („Acceptable Mismatch Program“), in dem diese benachteiligten Patien- ten prioritär Organe zugewiesen be- kommen. Allerdings können auch mit Hilfe solcher Programme le - diglich 60 Prozent aller Patienten transplantiert werden (Transplanta - tion 2009; 88: 447). Die restlichen Patienten benötigen weitere Maß- nahmen, wie zum Beispiel Desensi- bilisierung – sei es in Vorbereitung auf eine Verstorbenen- oder auf ei- nen Lebendnierentransplantation.

Desensibilisierungs-Formen Prinzipiell gibt es verschiedene Mög- lichkeiten, Patienten zu desensibi - lisieren:

die Gabe von hochdosierten intravenösen Immunglobulinpräpa- raten

die Plasmapherese (zum Bei- spiel Plasmaaustausch), gegebenen- Spenderniere:

Am erfolgverspre- chendsten ist eine blutgruppenkompa- tible Transplantation in einen Empfänger ohne spenderspe - zifische HLA-Anti- körper.

Foto: picture alliance

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Deutsches Ärzteblatt

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1. März 2013 A 385

Bei Patienten mit HLA-Antikörpern, die keinen Lebend- spender haben, wird geprüft, ob der Einschluss in das Acceptable-Mis- match-Programm (AM) möglich ist.

falls in Kombination mit niedrigdo- sierten intravenösen Immunglobu- linpräparaten und

die Immunadsorption.

Mit diesen Maßnahmen sollen Blut- gruppen- und/oder HLA-Antikör- per bis zum Zeitpunkt der Trans- plantation entfernt oder zumindest deutlich abgesenkt werden.

Kombiniert werden diese Ver- fahren häufig mit der Gabe von Ri- tuximab, einem anti-CD20-Antikör- per, der die Antikörper-Neubildung verhindern soll. Neuerdings wird auch der Einsatz eines Antikörpers gegen die Komplementkomponente 5 (Anti-C5, Eculizumab) evaluiert.

Er soll die zelltoxische Wirkung von Komplement nach Bindung des Alloantikörpers an das Transplan- tat-Endothel verhindern.

Für die Vorbereitung zur blut- gruppeninkompatiblen Lebendnie- rentransplantation wird in Europa, in Anlehnung an Gunnar Tydén vom Karolinska-Hospital, Stock- holm, im Wesentlichen ein Proto- koll verwendet, bei dem durch die Gabe von Rituximab vier Wochen vor der Transplantation und perio- perative Immunadsorptionen die Blutgruppenantikörper zum Zeit- punkt der Transplantation sowie die ersten 14 Tage nach Transplantation

unter einen bestimmten Schwellen- wert (zum Beispiel Titer 1 : 8 in der Gelkartentechnik für Coombs und Saline) gesenkt werden (Am J Transplant 2005; 5: 145; Transplan- tation 2012; 93: 827). Nach dieser Vorbehandlung kommt es selbst bei erneutem Anstieg der Blutgruppen- antikörper in der Regel nicht zur Abstoßung, ein Phänomen, das als Akkomodation bezeichnet und der- zeit inkomplett verstanden wird.

Etwas anders ist die Situation bei Vorliegen von HLA-Antikör- pern: Hier ist das (erneute) Auftre- ten von spenderspezifischen HLA- Antikörpern nach der Transplanta- tion immer gefährlich und poten- ziell mit akuten oder chronischen Abstoßungsreaktionen assoziiert.

In unserem Zentrum haben wir für die erfolgreiche und zeitgerechte Transplantation solcher Patienten mit einem erhöhten Risiko für An- tikörper-bedingte Organverluste ei- nen Algorithmus entwickelt, der sieben verschiedene Maßnahmen kombiniert (Transplantation 2010;

90: 645):

Identifizierung von Patienten mit Vorliegen von präformierten HLA-Antikörpern und hohem Risi- ko der Abstoßung nach Transplan- tation

gutes HLA-Match für solche Patienten (postmortale Spende)

Einschluss in das „Acceptable Mismatch Program“ von Eurotrans- plant (postmortale Spende)

prä- und postoperative Desen- sibilisierung: mit Plasmapherese bei der Verstorbenenspende und Immun- adsorption bei der Lebendspende

postoperatives Monitoring für das Auftreten von HLA-Antikör- pern und

Protokollbiopsien an den Ta- gen sieben und 90.

Mit diesem Algorithmus konnten seit April 2006 knapp 100 Hochri - sikopatienten mit guten Ergebnis- sen transplantiert werden (Transpl Int 2012; 25: 633).

Die Transplantation über Barrie- ren ermöglicht es, die Wartezeit und damit auch das Überleben von niereninsuffizienten Patienten zu verbessern, die ansonsten auf- grund einer inkompatiblen Blut- gruppensituation oder dem Vorlie- gen Spender-spezifischer HLA-An- tikörper benachteiligt wären. Den- noch bleibt das vordringliche Ziel immer, eine Transplantation ohne Barriere zu erreichen (Grafik). Ver- suche, Barrieren im Falle der Le- bendnierentransplantation mittels Nierentauschprogrammen zu umge- hen, sind aufgrund rechtlicher, ethi- scher, aber auch organisatorischer und logistischer Probleme (bisher) nicht erfolgreich. Die kürzlich publi- zierte Analyse eines solchen großen nationalen Nierentauschprogramms aus den Niederlanden hat gezeigt, dass besonders benachteiligte Pa- tienten (Patienten mit der Blutgrup- pe 0 und/oder einer Vielzahl von präformierten HLA-Antikörpern) nur mittels Desensibilisierung und/oder durch den Einschluss in das Euro- transplant „Acceptable Mismatch Program“ erfolgreich und zeitge- recht transplantiert werden können (Transpl Int 2012; 25: 987).

Priv.-Doz. Dr. med. Christian Morath Sebastian M. Schäfer Prof. Dr. med. Caner Süsal Nierenzentrum Heidelberg/

Universitätsklinik Heidelberg christian.morath@med.uni-heidelberg.de

In Kooperation mit: Prof. Dr. med. Martin Zeier, Prof. Dr. med. Peter Schemmer und Prof. Dr. med. Gerhard Opelz GRAFIK

Transplantation über die Barriere von Blutgruppeninkompatibilität und/oder HLA-Antikörpern

Kein Lebendspender

Niedriges und mittleres immunologisches Risiko

Prüfen, ob AM möglich

Lebendspende Verstorbenenspende

Hohes immunologisches Risiko oder erfolglose

Desensibilisierung Prüfen, ob AM möglich

Accept. Mism.

Programm

Nierentausch

(in Deutschland nicht möglich)

Niedriges und mittleres immuno-

logisches Risiko Hohes immunologisches

Risiko oder erfolglose Desensibilisierung Desensibilisierung und

Transplantation Desensibilisierung und

Transplantation

Patienten zur Lebendspende bei

Blutgruppenunverträglichkeit Verstorbenenspende Patienten mit HLA-Antikörpern

Quelle: Morath C, Transpl Int 2012; 25: 633

M E D I Z I N R E P O R T

Referenzen

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