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FORUM-1-2-2012

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Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns

neues

Versorgungsgesetz

Volltreffer oder am Bedarf vorbei geplant?

KVB ForuM 01 02 |12

JahrespresseKonFerenz 2011: Der KVB-Vorstand zieht Bilanz KooperationsMoDelle: Für wen sie wann sinn machen

VerwaltungsKosten: so finanziert sich die KVB

Beilage im heft:

CD-roM zur

B€go 2012

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Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

diese Ausgabe von KVB FORUM ist etwas umfangreicher als sonst üblich. Zum einen ist es eine Doppelausgabe für die Monate Januar und Februar. Zum anderen nimmt das GKV-Ver- sorgungsstrukturgesetz, das am 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist, als Titelthema breiten Raum ein. Unsere Experten aus den einzelnen Fachbereichen der KVB haben die verschie- denen Facetten des Gesetzes für Sie aufbereitet und deren Auswirkungen auf die Praxis dargestellt.

Auf Seite 9 finden Sie unseren Kommentar zu dem Gesetz, das uns im ersten Jahr unserer Amtszeit als Vorstand der KVB intensiv beschäftigt hat. Wir haben unzählige Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern geführt und dabei gerade von den bayerischen Lan- des- und Bundespolitikern große Unterstützung erhalten. Das war dringend notwendig, denn es ist nicht nur wichtig, was im Gesetz drin steht, sondern auch, was nicht drin steht, aber hätte drin stehen können.

Ganz konkret: Aus einigen Bundesländern war der dringende Wunsch nach einer Konver- genz der ärztlichen Honorare laut geworden. Bayerns Ärzteschaft hätte so nach unseren Berechnungen mit einem Minus von über 100 Millionen Euro zurechtkommen müssen. Das konnte verhindert werden, weil sich letzten Endes das Verständnis dafür durchgesetzt hat, dass unterschiedliche Versorgungsstrukturen auch einen unterschiedlichen Finanzbedarf auslösen. So werden beispielsweise Leistungen, die in Bayern durch Spezialisten ambulant erbracht werden können, andernorts nur in Kliniken durchgeführt. Dies ist eine Errungen- schaft, für die es sich zu kämpfen lohnt. Denn schließlich profitieren davon unsere Patienten.

Ihr KVB-Vorstand

Dr. Krombholz

Vorsitzender des Vorstands Dr. Schmelz

1. Stellv. Vorsitzender des Vorstands Dr. Enger

2. Stellv. Vorsitzende des Vorstands

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wichtiges für die praxis

zahl Des Monats zitat Des Monats

Vergünstigte MeDiKaMente Für MensChen Mit MünChen-pass

Ein neues Kooperationsprojekt des Referats für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München und der Münchner Ärzte und Apotheker will Menschen mit geringem Einkom- men unterstützen. Erfahrungsgemäß verzichtet diese Klientel oftmals allein aus Kostengründen auf den Gang in die Apotheke, wenn verschreibungs- freie Medikamente nicht von der Kran- kenkasse übernommen werden. Im Projekt „Medikamentenhilfe München“

haben sich nun einige Münchner Apo- theken bereit erklärt, verschreibungs- freie Medikamente günstiger abzuge- ben. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass der Hilfsbedürftige vor- her einen Arzt aufgesucht hat. Dieser kann bei Bedarf ein sogenanntes Grünes Rezept oder ein Privatrezept ausstellen. Die teilnehmenden Apo- theken geben nach Vorlage des Rezeptes und des München-Passes die Arznei dann zu einem vergünstigten Preis ab. Den Flyer für Patienten mit allen wichtigen Informationen und der Liste der Apotheken können KVB- Mitglieder online bestellen: www.kvb.de in der Rubrik Praxis/Service und Beratung/Informationsmaterial/Verordnungen.

Redaktion

„Es gehört zur Aufgabenbeschrei- bung des Gesundheitsministers, es nicht allen recht machen zu können.“

Daniel Bahr, Bundesgesundheits- minister, zur Verabschiedung des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes

1,25

Prozent gegenüber dem Jahr 2011 beträgt die gesetzlich vorgegebene Steigerungsrate für die Gesamt- vergütung 2012.

VertreterVersaMMlungen 2012

Die Vertreterversammlungen der KVB finden im Jahr 2012 an folgenden Terminen statt:

„ Samstag, 24. März 2012

„ Mittwoch, 25. Juli 2012

„ Samstag, 24. November 2012

Fragen zur Fortbildung (Teil 3)

was sind die Folgen nicht nachgewiesener Fortbildung?

Der Fortbildungsnachweis gilt erst als erbracht, wenn der KVB der Nachweis übermittelt wird, dass die erforderlichen 250 Fortbildungspunkte im maß- geblichen Fünfjahreszeitraum erreicht wurden.

Nicht ausreichend ist das bloße Sammeln der Fort- bildungspunkte in diesem Zeitraum.

Wird der Fortbildungsnachweis innerhalb der vor- gesehenen fünf Jahre nicht erbracht, kann er noch in den darauf folgenden zwei Jahren nachgeholt werden. In diesem Zeitraum hat der Vertragsarzt/

-psychotherapeut aber Honorarkürzungen hinzu- nehmen. Während der ersten vier Quartale, die auf den Fortbildungszeitraum folgen, beträgt der Honorarabzug zehn Prozent, für die sich daran an- schließenden Quartale wird das Honorar um je- weils 25 Prozent gekürzt. Die Honorarkürzungen enden erst mit Ablauf des Quartals, in dem der KVB der vollständige Fortbildungsnachweis über- mittelt wird.

Lässt der Vertragsarzt/-psychotherapeut diesen Zeitraum ungenutzt verstreichen, soll die KVB beim zuständigen Zulassungsausschuss unverzüglich die Entziehung der Zulassung beziehungsweise den Widerruf der Ermächtigung oder Anstellungsge- nehmigung beantragen. Auch wenn Ausnahmefälle denkbar sind, in denen die Zulassungsentziehung nicht erfolgt, bleiben die Honorarkürzungen in Hö- he von 25 Prozent so lange bestehen, bis der Fort- bildungsnachweis für den anschließenden Fünf- jahreszeitraum an die KVB übermittelt wird.

Claudia Liebling (KVB)

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gesunDheitspolitiK 20 „Fachärzte spielen auch in Zukunft eine wichtige Rolle“

Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöl- ler, diskutiert mit KVB-Vizechef Dr. Pedro Schmelz die Heraus- forderungen des deutschen Gesundheitssystems

24 „Die ambulante Versorgung ist ein wesentlicher Baustein“

Dr. Marcel Huber, Bayerischer Staatsminister für Umwelt und Gesundheit, erläutert im Inter- view, wie sehr ihm eine hoch- wertige Versorgung im Freistaat am Herzen liegt

26 Kampagne gegen drohenden Hausärztemangel

Der Bayerische Hausärztever- band malt ein düsteres Bild von der künftigen Versorgungslage 14 Mehr Flexibilität im

Zulassungsrecht

Eine Vielzahl von Verbesserun- gen soll helfen, die flächende- ckende Versorgung im Freistaat zu erhalten

16 Neue Regeln für Medizini- sche Versorgungszentren

Damit die Kapitalinteressen Dritter nicht überhand nehmen, soll der ärztliche Einfluss stei- gen

18 Weitere wichtige Regelungen im neuen Gesetz

Neben den großen Themen wie Honorar und Bedarfsplanung kommen mit dem neuen Gesetz auch noch viele andere Regelun- gen auf die Praxen zu

titeltheMa

6 Honorarverhandlung und Honorarverteilung: Zentral oder regional?

Weiterer Mittelabfluss aus Bay- ern erfolgreich abgewendet

9 VStG mit Licht und Schatten In einem Statement beleuchtet der Vorstand der KVB die ent- scheidenden Gesichtspunkte des neuen Gesetzes

10 Ambulante spezialfachärzt- liche Versorgung

Die wichtigsten Eckpunkte zum neuen Versorgungsbereich

12 Reformbaustelle Bedarfs- planung

Mit welchen Instrumenten kann man einen Ausgleich des Ver- sorgungsniveaus erreichen?

Wie sind die Ver- sorgungsebenen in der ambulan- ten spezialfach- ärztlichen Ver- sorgung verwo- ben?

Der neue bayeri- sche Gesund- heitsminister setzt auf die niedergelassenen Ärzte und Psycho- therapeuten Ärzte sollen in

Medizinischen Versorgungszent- ren die Kontrolle behalten

16 24

10

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patientenorientierung 42 Seltenen Erkrankungen eine Stimme geben

Im Netzwerk ACHSE e. V. sind über einhundert Selbsthilfeorga- nisationen für seltene Erkran- kungen vereinigt

KurzMelDungen

44 DMP-Datenstelle Bayern bietet Unterstützung 44 Bayerisches Fibromyalgie- Forum

44 Anmeldungen für Seminare jetzt auch online möglich 45 KVB beim „Tag der Allgemeinmedizin“

45 iMpressuM

46 KVB serViCenuMMern 36 Abrechnung bei MRSA-

Trägern

Wird der Leistungsumfang der GKV um präventive Diagnostik und Behandlung von asympto- matischen Keimträgern erweitert?

38 Patientenschulung bei Hypertonie

Die Selbstmessung des Blut- drucks ist eine wesentliche Grund- lage der Hypertonietherapie

praxisFührung

40 Kooperation – die sinnvolle Alternative

Berater der KVB erklären, was Praxen bei einer geplanten Zu- sammenarbeit alles beachten sollten

KVB intern

27 Bereitschaftsdienst im Blickpunkt

Vertreterversammlung der KVB analysiert die Situation und will praktikable Lösungen finden

30 Vorstand trifft Medien: Mit Lebkuchen und Kampfansagen

Gut besuchter Münchner Presse- Club bei Jahrespressekonferenz

reCht interessant 32 Verwaltungskosten – unbeliebt, aber notwendig

Auf welcher rechtlichen Grund- lage finanziert sich die KVB und nach welchen Kriterien erhebt sie ihre Beiträge?

Qualität

34 MRSA-Patienten in der Praxis

Informationsveranstaltungen sollen Niedergelassene und ihre Praxismitarbeiter für das wichti- ge Thema sensibilisieren

Multiresitente Kei- me machen sich in Praxen breit

Patienten in Disease Manage- ment Program- men nehmen die angebotenen Hypertonieschu- lungen regional sehr unterschied- lich an

34

Das Williams- Beuren-Syndrom ist eine von vielen seltenen Erkran- kungen, um die sich das Netzwerk ACHSE kümmert

38 42

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D

er Zentralismus im deut- schen Gesundheitswesen, der mit der großen Honorar- reform von 2009 einen seiner zwei- felhaften Höhepunkte erreichte, hat in den letzten Jahren zu einem massiven Akzeptanzverlust der in der Gesetzlichen Krankenversiche- rung (GKV) umzusetzenden Rege- lungen geführt. Insbesondere die starken Verwerfungen bei den Ho- noraren, die daraus resultierende Gefährdung regional gewachsener, innovativer Versorgungsstrukturen und die erheblichen Umsetzungs- aufwände in den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) haben den Ruf nach größeren regionalen Hand- lungsspielräumen und Steuerungs- möglichkeiten immer lauter werden lassen.

Differenzierte regionale lösun- gen nötig

Im Laufe des Gesetzgebungspro- zesses zum GKV-VStG hat sich die KVB daher intensiv für eine Rück- verlagerung der Verhandlungs- und Honorarverteilungskompetenzen auf die Länderebene eingesetzt.

Zusammen mit den KVen aus Ba- den-Württemberg, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern – den Mitbegründern der Freien Allianz der Länder-KVen (FALK) – stand sie dabei immer wieder im Konflikt mit den Ansprüchen anderer KVen und weiterer Interessenvertreter.

Trotzdem wurden wichtige Forde- rungen der KVB und FALK – wenn auch bei Weitem nicht so umfas- send wie erhofft – im GKV-VStG umgesetzt.

erfolge für Bayern bei der Kon- vergenz und den aKr

Mit dem Regierungsentwurf zum GKV-VStG wurde eine der zentra- len Forderungen aus Bayern umge- setzt: die Aufhebung des gesetzli- chen Auftrags an den Bewertungs- ausschuss (BA), ein Konzept für ei- ne schrittweise Konvergenz der morbiditätsbedingten Gesamtver- gütungen (mGV) vorzulegen. Ob- wohl die Abschaffung der Konver- genz bis zuletzt unter massivem Beschuss durch Politiker auf Bun- des- und Landesebene sowie Ver- treter anderer KVen stand, blieb sie dennoch Bestandteil des nun ver- abschiedeten Gesetzes. Eine wei- tere Umverteilung von Honorarzu- wächsen zwischen den KV-Regio- nen – und damit ein weiterer Mit-

Nach Jahren der Zentralisierung haben mit dem GKV-Versorgungsstrukturge- setz (GKV-VStG) nun die Befürworter einer Regionalisierung der Verhandlungs- und Honorarverteilungskompetenzen wichtige Änderungen erreicht.

honorarVerhanDlung unD honorarVerteilung:

zentral oDer regional?

Johannes sing- hammer ist Mit- glied des Bun- destages und stellvertreten- der Vorsitzender der CDu/Csu-

Fraktion im Bundestag.

statement von Johannes singhammer, MdB, zur abschaffung der Konvergenz

„Keine Konvergenz bedeutet: Wir haben Nachteile für Bayerns Ärzte abwenden können. Diese hätten nicht nur Auswirkungen auf die aktuelle Honorarsituation gehabt, sondern hätten sich wegen der Sockelwirkung auch negativ auf die zukünftige Honorarentwicklung ausgewirkt. Es ist gut, dass wir diesen Angriff auf die bayerischen Strukturen gemeinsam abwenden konnten.“

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telabfluss aus Bayern – konnte da- mit erfolgreich abgewendet werden.

Ein weiteres positives Ergebnis ist der Verzicht des Gesetzgebers auf die Einführung der Ambulanten Ko- dierrichtlinien (AKR) für die Abrech- nung und Vergütung der vertrags- ärztlichen Leistung. Das „Bürokra- tiemonster“ AKR bleibt den nieder- gelassenen Ärzten in Bayern somit erspart. Zudem erfolgt mit dem GKV-VStG die endgültige Abkehr von unterschiedlichen Orientie- rungswerten für über- beziehungs- weise unterversorgte Regionen.

Diese Regelung hätte zu weiteren Verzerrungen im Honorargefüge geführt.

regionalisierung

Die Forderungen nach weitgehen- den regionalen Verhandlungs- und Honorarverteilungskompetenzen wurden nur in Teilen erfüllt. Zu groß waren die Befürchtungen von Poli- tik und Kassen, dass eine tatsäch- liche Regionalisierung zu einem massiven Kostenanstieg in der GKV und zu noch stärkeren Unterschie- den zwischen den KV-Regionen führen könnte. Dennoch enthält das GKV-VStG wichtige Regelungen,

die in Richtung größerer regionaler Handlungsmöglichkeiten weisen.

So sind die Vorgaben des (Erwei- terten) BA zur Vereinbarung des Umfangs des nicht vorhersehba- ren Anstiegs des morbiditätsbe- dingten Behandlungsbedarfs so- wie bestimmte Kriterien zur An- passung des Behandlungsbedarfs nicht mehr verpflichtend, sondern nur noch Empfehlung an die Lan- desvertragspartner. Die Landes- vertragspartner erhalten zudem die Möglichkeit, Zuschläge auf den Orientierungswert für besonders förderungswürdige Leistungen und für Leistungen von besonders för- derungswürdigen Leistungserbrin- gern zu vereinbaren. Ziel ist eine verbesserte Versorgung der Versi- cherten insbesondere in Regionen mit (drohender) Unterversorgung.

Hierbei müssen jedoch durch den BA noch festzulegende Kriterien be- achtet werden. Dies ist kritisch zu bewerten, da wegen der regional sehr unterschiedlichen Versor- gungsstrukturen bundesweit ein- heitliche Vorgaben des BA den För- derungsbedarf vor Ort in der Regel nicht adäquat abbilden werden.

Ebenfalls kritisch zu sehen ist, dass

Das neue gesetz verhindert zwar einen weiteren Mittelabfluss aus Bayern in andere regio- nen. eine durch- gehende regio- nalisierung in honorarfragen steht dagegen weiterhin aus.

der BA für die „Bestimmung“ der extrabudgetären Vergütung Emp- fehlungen beschließen kann. Trotz fehlender formaler Verbindlichkeit dürften diese die Vereinbarung von abweichenden Regelungen auf Landesebene mit den Kassen er- heblich erschweren.

Für die Vergütung der vertrags- ärztlichen Leistungen im Jahr 2012 sieht der Gesetzgeber zudem kei- ne Anpassung des Punktwerts und eventueller Zuschläge vor. Der Be- handlungsbedarf für das Jahr 2011 wird lediglich pauschal um 1,25 Prozent erhöht. Nach wie vor bleibt aber die Möglichkeit, weitere Leis- tungen außerhalb der mGV zu ver- einbaren, sodass das Morbiditäts- risiko auf die Krankenkassen über- geht. Entsprechende Forderungen hat die KVB für 2012 gestellt.

spielräume bei der honorar- verteilung

Positiv zu beurteilen ist, dass nach dem GKV-VStG nun künftig die KVen den Honorarverteilungsmaß- stab (HVM) festlegen. Dabei erfolgt die Verteilung weiter getrennt für die haus- und fachärztlichen Ver- sorgungsbereiche. Allerdings hat

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Honorarverteilungskompetenz gleich wieder beschnitten: Die Kassen- ärztliche Bundesvereinigung (KBV) erhält eine uneingeschränkte Vor- gabenkompetenz unter anderem für Regelungen zur Mengenbegren- zung sowie zur Vergütung der ko- operativen Behandlung von Patien- ten. Diese KBV-Vorgaben sind ver- bindlich und von den Länder-KVen zwingend zu beachten. Viel hängt nun davon ab, wie die entspre- chenden Vorgaben der KBV ge- staltet werden und ob sie den Län- der-KVen echte regionale Freiräu- me eröffnen. Die bisherigen Be- stimmungen für die Honorarvertei- lung gelten bis zur Entscheidung über einen Verteilungsmaßstab fort.

le spielräume nutzen

Neben den genannten Erfolgen wie der Aufhebung der Konvergenz und der Abkehr von den AKR sowie der teilweisen Umsetzung einer Regio- nalisierung bei Honorar und Vergü- tung wurden andere sinnvolle und notwendige Änderungen im GKV- VStG nicht aufgenommen. So hätte eine Aufhebung der Verpflichtung der Landesvertragspartner, Vergü- tungsvereinbarungen gemeinsam und einheitlich abzuschließen, die regionalen Verhandlungsspielräume der KVen deutlich gestärkt. Zudem wurde die dringend fällige Modifi- kation der Verteilungsmechanismen des Gesundheitsfonds vom Gesetz-

schwierige Verteilung

Goldene Zeiten durch eine neue Honorarverteilung? Eher nicht. Denn laut den Fachleuten bei der KVB gleicht die Schaffung eines allgemein akzeptierten und alle Interessen zufriedenstellenden Honorarsys- tems der berühmten „Quadratur des Kreises“.

Die durch den Gesetzgeber beschlossene Regionalisierung der Honorarverteilung ist an sich mehr als be- grüßenswert. Zeigte doch die sogenannte Honorarreform 2009, die federführend durch die Kassenärztli- che Bundesvereinigung gestaltet wurde, dass zuviel zentrale Planwirtschaft in Bayern zu starken Hono- rarverwerfungen geführt hat. Die nach anfänglichen Protesten auf Bundesebene in sehr kurzen Zeitab- schnitten gedrehten Stellschrauben verursachten weitere Verunsicherung in den Praxen. Auf die RLV folgten die QZV und damit die nächste, neue Honorarsystematik. Fakt ist: Die unterschiedlichen ambu- lanten Versorgungsstrukturen in den einzelnen Bundesländern brauchen regionale Lösungen. Das hat auch die Politik erkannt und eine Umkehr des unter der damaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt eingeschlagenen Zentralisierungskurses beschlossen.

Doch was kann man nun in den einzelnen Ländern mit den größeren Freiheiten anfangen? De facto bleibt leider das Grundproblem eines begrenzten Budgets für die ärztliche und psychotherapeutische Versor- gung erhalten. Also muss man Lösungen finden, um das in begrenzter Menge zur Verfügung stehende Geld sinnvoll zu verteilen. Dazu gehört – so der Auftrag des Gesetzgebers – auch die „Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung“, also ein System der Mengensteuerung. Dieses ist die Systemsicht – auf Ba- sis des einzelnen Arztes oder Psychotherapeuten ist der Fokus aber ein anderer. Hier geht es darum, Pla- nungssicherheit und ein angemessenes Honorar zu erhalten. Gut wären dafür auch einfache, möglichst unbürokratische und für alle gleichermaßen gültige Regelungen sowie große Transparenz. Und schließlich muss alles auch noch rechtssicher sein, um bei Sozialgerichtsverfahren Bestand zu haben.

Unter diesen Prämissen arbeiten die Mitarbeiter des Teams Honorarverteilung bei der KVB intensiv an zu- kunftsfähigen Lösungen. Ausgang noch offen – KVB FORUM wird laufend über das Thema berichten.

Redaktion Insgesamt bietet das GKV-VStG der Länderebene jedoch ein deut- liches Potential für mehr Hand- lungsspielräume, um die Struktu- ren für die ambulante Versorgung nach den Bedürfnissen vor Ort zu gestalten. Diese Spielräume wur- den in den letzten Jahren auch von den Krankenkassen in Bayern im- mer wieder gefordert und als Ba- sis für regionale Verhandlungen für unabdingbar erklärt. Nun ist es an den Krankenkassen, diese mit dem GKV-VStG geschaffenen Mög- lichkeiten gemeinsam mit der KVB zu nutzen.

Adelheid Röben (KVB)

(9)

Bedarfsgerechte planung In der Gesamtschau bietet das GKV-VStG die Chance auf eine grundlegende, bedarfsgerechte Neuausrichtung der Bedarfspla- nung. Versorgungslücken könnten zukünftig bereits im Voraus weit- gehend abgemildert oder sogar verhindert werden. Um diese Lü- cken zu schließen und die Versor- gung in der Fläche sicherzustellen, sind allerdings nicht nur mehr Ärz- te und Psychotherapeuten, son- dern auch zusätzliche Finanzmittel notwendig. Hier sind insbesonde- re die Krankenkassen aufgerufen, diese Mittel bereitzustellen, an- statt sich hinter Forderungen nach einem Abbau der sogenannten

„Überversorgung“ zu verstecken.

Der Weg hin zu einer sinnvollen und angemessenen Versorgungs- planung wird aufgrund des not- wendigen Ausgleichs zwischen den verschiedenen beteiligten In- teressengruppen voraussichtlich langwierig und von Konflikten ge- prägt sein. Alle Beteiligten sollten die ihnen nun eröffneten Möglich- keiten nutzen – im Interesse der langfristigen Sicherstellung einer flächendeckenden ambulanten Versorgung. Die KVB wird sich ak- tiv in die Gestaltung der neuen Be- darfsplanungsrichtlinie einbringen und auf der Landesebene ihre Spielräume ausschöpfen, um die bayerischen Versorgungsstruktu- ren zu stärken und zu erhalten.

nachwuchssicherung Auch die weitere Flexibilisierung des Zulassungsrechts ist ein Schritt in die richtige Richtung, um die Attraktivität einer vertrags- ärztlichen oder vertragspsycho- therapeutischen Tätigkeit zu erhö- hen. Die Verbesserungen hinsicht-

lich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind zu begrüßen. Für die Nachwuchssicherung im am- bulanten vertragsärztlichen Be- reich hätten wir uns jedoch tiefer gehende Maßnahmen gewünscht, so zum Beispiel eine Anpassung der Zugangsvoraussetzungen zum Medizinstudium, die dringend not- wendige Ausrichtung der medizini- schen Ausbildung hin zu mehr Pra- xisnähe, die Stärkung der Allge- meinmedizin im Studium und die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zur finanziellen Förde- rung der fachärztlichen Weiterbil- dung im ambulanten Bereich.

nachbesserungen bei asV Im Entwurf zum Paragraphen 116b (neu) SGB V konnten wir wesentli- che und wichtige Änderungen er- wirken. Dennoch ist die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) noch nicht zufriedenstellend geregelt. Besonders die von uns geforderten Punkte zu einheitli- chen Qualitäts- und Qualifikations- anforderungen, zur Bereinigung oder etwa zur Pflicht einer persön- lichen Leistungserbringung durch entsprechend qualifizierte Fach- ärzte auch im Krankenhaus müs- sen dringend nachgebessert wer- den. Wir werden daher auch wei- terhin die bisher nicht berücksich- tigten Forderungen der bayeri- schen Vertragsärzteschaft nach- drücklich einbringen. Außerdem werden wir versuchen, aktiv an der Gestaltung der ASV mitzuwir- ken. Dabei richten wir unser Au- genmerk unter anderem auf die Definition der Qualitäts- und Qua- lifikationsanforderungen und auf die genaue Formulierung des Überweisungsvorbehalts im Ge- meinsamen Bundesausschuss.

Keine übereilten schritte bei der honorarverteilung

Während im ersten Halbjahr 2012 erst einmal alles „beim Alten“

bleibt und das System einer Ober- grenze aus RLV und QZV bezie- hungsweise der zeitbezogenen Ka- pazitätsgrenzen weitgehend un- verändert fortgeführt wird, soll die Honorarverteilung für das zweite Halbjahr 2012 auf die rechtliche Grundlage eines Honorarvertei- lungsmaßstabs (HVM) gestellt werden. Bei einem möglichen Wechsel des Honorarverteilungs- systems gilt es, keine voreiligen Schritte zu unternehmen. Die KVB sollte nicht die Fehler der Bundes- ebene seit 2005 beziehungsweise 2009 wiederholen und den Ärzten und Psychotherapeuten eine wei- tere Honorarreform ohne konkrete Zahlen und Modellrechnungen zu- muten. So kann es sich zunächst anbieten, das geltende System weiter zu entwickeln und Fehlent- wicklungen aufzuhalten. Damit bliebe ausreichend Zeit, bis etwa Ende 2012 die Frage eines Sys- temwechsels anhand einer fun- dierten Datengrundlage zu beant- worten. Wir werden dies in engs- ter Zusammenarbeit mit den Be- rufsverbänden angehen und auf das Knowhow der Fachausschüs- se in der KVB zurückgreifen.

Der Vorstand der KVB

in seinem state- ment beurteilt der Vorstand der KVB die wich- tigsten aspekte des neuen ge- setzes.

Vstg Mit liCht unD sChatten

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grundgedanken des gesetz- gebers

Menschen, die zum Beispiel an ei- ner seltenen Erkrankung oder an schweren Verlaufsformen von Er- krankungen mit besonderen Krank- heitsverläufen (Krebserkrankungen, schwere Herzinsuffizienz, HIV/Aids etc.) leiden, sind auf eine beson- ders qualifizierte medizinische Ver- sorgung angewiesen. Die qualita- tiv hochwertige Diagnostik und Be- handlung komplexer, häufig schwer therapierbarer Krankheitsbilder erfordern Expertise von Spezialis- ten beziehungsweise spezielles medizinisches Wissen, interdiszip- linäre Kooperation und oftmals be- sondere Ausstattungen. Zudem kann es medizinisch auch sinnvoll sein, nach Entlassung aus dem Krankenhaus eine dort stationär begonnene komplexe Behandlung ambulant – unter Wahrung der Be- handlungskontinuität – weiterzu- führen. Das war der Hintergrund, vor dem der Gesetzgeber beschlos- sen hat, einen neuen sektorenver- bindenden Versorgungsbereich, die ambulante spezialfachärztliche Versorgung, zu etablieren.

zielsetzung des gesetzgebers Hinter der Einführung der ASV steht das Ziel, die Versorgung von schwer- kranken Patienten zu verbessern.

Die neue Regelung soll einem bes- seren Ineinandergreifen von statio-

närer und ambulanter fachärztli- cher Versorgung dienen und ein wesentlicher Baustein sein, um auch künftig für die Bevölkerung eine wohnortnahe fachärztliche Versorgung zu gewährleisten.

tauziehen um die asV Bei Weitem nicht alle Beteiligten und Betroffenen – seien es Ärzte, Krankenkassen, Patientenvertreter oder gar die Länder – haben die Meinung der Bundesregierung ge- teilt. Es wurde äußerst kontrovers über die ASV als solche und die Aus- gestaltung im Rahmen des GKV- VStG diskutiert. In der Tat war der Gesetzentwurf an vielen Stellen nicht zu Ende gedacht und wies er- hebliche Mängel auf. Schließlich gab der Bundesrat die Empfehlung ab, die Einführung der ASV in einem gesonderten Gesetzgebungsver- fahren, losgelöst vom GKV-VStG, vorzunehmen, um Mängel zu be- seitigen und genügend Zeit für ei- ne sinnvolle Ausgestaltung zu ha- ben. Dieser Empfehlung ist die Bun- desregierung zwar nicht gefolgt, sie hat sie aber dennoch zum An- lass genommen, um das Gesetz an einigen wichtigen Stellen nach- zubessern.

einflussnahme der KVB Auch die KVB hat sich verstärkt dafür eingesetzt, die für die Nie- dergelassenen kritischen Punkte

bei der Einführung der ASV abzu- wenden oder zumindest abzumil- dern. In zahlreichen Stellungnah- men sowie Pressestatements im Rahmen der Freien Allianz der Länder-KVen (FALK), aber auch in persönlichen Terminen mit verant- wortlichen Politikern hat der KVB- Vorstand seine Standpunkte ge- genüber den Entscheidern klar ge- macht. Ein Vergleich des ersten Entwurfs zur ASV mit dem letztlich verabschiedeten Gesetz zeigt: In einigen zentralen Punkten konnte der Vorstand seine Forderungen durchaus durchsetzen.

Die nächsten schritte Der Gemeinsame Bundesaus- schuss (G-BA) muss die vielen noch offenen Punkte in einer Richt- linie bis zum 31. Dezember 2012 festlegen und präzisieren. Bis die- ser Richtlinienbeschluss in Kraft tritt, gelten die von einer Landes- behörde nach Paragraph 116b (alt) SGB V getroffenen Bestimmungen weiter. Die Bundesländer müssen spätestens zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des Richtlinienbe- schlusses des G-BA nach altem Recht ausgesprochene Bestim- mungen aufheben. Den Kranken- häusern wird durch diese Frist ein größerer Spielraum eingeräumt, um sich auf die veränderten An- forderungen einzustellen und ge- gebenenfalls die hierfür erforderli- chen Voraussetzungen zu schaffen.

Mit Inkrafttreten des Versorgungsstrukturgesetzes (GKV-VStG) hält ein neuer Versorgungsbereich im deutschen Gesundheitswesen Einzug. Wir stellen Ihnen in KVB FORUM die wichtigsten Eckpunkte der sogenannten ambulanten spezial- fachärztlichen Versorgung (ASV) vor.

aMBulante spezialFaCh-

ärztliChe Versorgung

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Zugang

„ „Jeder darf, der kann“: Alle an der vertragsärztlichen Ver- sorgung teilnehmenden Leistungserbringer und zugelas- senen Krankenhäuser, die die vom G-BA festzulegenden Anforderungen erfüllen, sind grundsätzlich zur Teilnahme an der ASV berechtigt. Dazu notwendig ist eine Anzeige bei dem um Krankenhausvertreter erweiterten Landes- ausschuss. Dieser prüft die Eignung innerhalb von zwei Monaten. Läuft die Frist ohne Beanstandung ab, ist die Er- laubnis zur Teilnahme automatisch gegeben.

„ Für die Versorgung von Patienten mit schweren Verlaufs- formen onkologischer Erkrankungen ist die Kooperation zwischen den beteiligten Leistungserbringern eine verpflich- tende Voraussetzung zur Teilnahme an der ASV.

„ Bei schweren Verlaufsformen von Erkrankungen mit besonderen Krankheitsverläufen setzt die ASV eine Überweisung durch einen Vertragsarzt voraus.

Hier muss der G-BA noch aktiv werden:

„ Der G-BA muss die sächlichen und personellen Anfor- derungen an die Leistungserbringung innerhalb der ASV regeln.

„ Außerdem legt er fest, in welchen weiteren als den oben genannten Fällen eine Überweisung durch den behan- delnden Arzt in die ASV notwendig ist.

„ Für die Versorgung von Patienten mit schweren Ver- laufsformen von Erkrankungen mit besonderen Krank- heitsverläufen kann der G-BA Regelungen zu Vereinba- rungen treffen, die eine Kooperation zwischen den beteilig- ten Leistungserbringern in der ASV fördern.

Leistungen und Erkrankungen

„ hoch spezialisierte Leistungen

„ seltene Erkrankungen und Erkrankungszustände mit entsprechend geringen Fallzahlen

„ schwere Verlaufsformen von Erkrankungen mit besonde- ren Krankheitsverläufen

Hier muss der G-BA noch aktiv werden:

„ Der G-BA konkretisiert in einer Richtlinie die Erkrankun- gen und bestimmt den Behandlungsumfang.

„ Außerdem ergänzt der G-BA auf Antrag den Leistungska- talog, zum Beispiel um weitere Erkrankungen mit beson- deren Krankheitsverläufen oder seltene Erkrankungen.

„ Der G-BA kann Empfehlungen als Entscheidungshilfe für den behandelnden Arzt abgeben, in welchen medizini- schen Fallkonstellationen bei der jeweiligen Krankheit von einem besonderen Verlauf auszugehen ist.

Bereinigung, Abrechnung und Vergütung

„ Die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung ist um die Leis- tungen zu bereinigen, die Bestandteil der ASV sind. Die Be- reinigung darf jedoch nicht zulasten des hausärztlichen Vergütungsanteils und der fachärztlichen Grundversor- gung gehen.

„ Die Leistungen der ASV werden unmittelbar mit den Kran- kenkassen abgerechnet. Vertragsärzte haben die Möglich- keit, die KV gegen einen Aufwendungsersatz mit der Ab- rechnung zu beauftragen.

„ Die Vergütung der Leistungen innerhalb der ASV soll künf- tig anhand diagnosebezogener Gebührenpositionen erfol- gen, die noch festzulegen sind. Bis dahin erfolgt die Vergü- tung auf Basis des EBM mit dem Preis der jeweiligen regio- nalen Euro-Gebührenordnung.

„ Die Vergütung der öffentlich geförderten Krankenhäuser wird um einen Investitionskostenabschlag in Höhe von fünf Prozent gekürzt.

Qualität

„ Es obliegt dem G-BA, die sächlichen und personellen An- forderungen sowie sonstige Anforderungen an die Qualitäts- sicherung festzulegen.

„ Bei der Anzeige ihrer Teilnahmebereitschaft am neuen Versorgungsbereich sind die potenziellen Teilnehmer verpflichtet, die erforderlichen Qualifikationsnachweise vorzulegen. Der erweiterte Landesausschuss hat nach Eingang der Anzeige zwei Monate Zeit, die Nachweise zu prüfen und gegebenenfalls ergänzende Informationen oder Stellungnahmen zu verlangen.

Hier kann der G-BA noch aktiv werden:

„ Die Prüfung der Qualität – aber auch der Abrechnung und Wirtschaftlichkeit – erfolgt durch die Krankenkas- sen. Der G-BA kann jedoch in seiner Richtlinie abwei- chende Regelungen treffen.

Janina Bär (KVB)

Der neue Versorgungsbereich im überblick

(12)

A

usgangspunkt für die Ein- führung der Bedarfspla- nung im Jahr 1993 war der Wunsch nach einer Begrenzung der Arztzugänge, um eine Überversor- gung zu verhindern. In der Folge hat die Bedarfsplanung zu sehr auf Zulassungsbeschränkungen ge- setzt, ohne gleichzeitig auch wirk- same Maßnahmen gegen Unter- versorgung vorzusehen. Ein wei- teres Manko der bisherigen Be- darfsplanung liegt darin, dass sie weder Mechanismen zum Aus- gleich des Versorgungsniveaus zwischen den Planungsbereichen noch eine Berücksichtigung von Mitversorgungseffekten, etwa bei Berufspendlern, vorsieht.

ärztemangel in der Fläche So hat sich über die Jahre der Ge- gensatz zwischen hoher Arztdichte in der Stadt und langen Wegen auf dem Land eher verfestigt als ver- ringert. Und dieses Ungleichge- wicht wird angesichts der demo- grafischen Entwicklung zunehmend spürbar. Neben Nachwuchsproble- men und der Aufgabe von Vertrags- arztsitzen ist ein Trend zur Aus- übung der vertragsärztlichen Tä- tigkeit in Anstellung oder in Koope- ration zu verzeichnen. Die Folge ist ein schleichender Rückzug aus der Flächenversorgung, der nur unzureichend beispielsweise durch Filialpraxen kompensiert werden kann.

Versorgungsverhältnisse nicht adäquat abgebildet

Die bisherige Bedarfsplanung konnte dies nicht verhindern. Das liegt daran, dass die Planungsbe- reiche herkömmlich den Stadt- und Landkreisen entsprechen soll- ten. Sie sind damit oft zu weitläu- fig, um den lokalen Versorgungs- bedürfnissen zu genügen. Eine Zulassung an einem bestimmten Ort innerhalb eines Planungsbe- reichs ist jedoch nur ausnahms- weise im Rahmen von lokalen Sonderbedarfszulassungen mög- lich. Auch durfte bisher die Verle- gung eines Vertragsarztsitzes nur versagt werden, wenn Gründe der Versorgung dem entgegenstan- den. Welche Gründe dies sein kön- nen, wurde vom Gesetz nicht vor- gegeben. Da die Regelung vor 2012 auch nicht für den Wechsel von der Zulassung in die Anstel- lung galt, zeigte sie bis dato keine allzu große Wirkung.

In der Kritik steht auch die Bildung der Arztgruppen, die zum Teil sehr heterogen zusammengesetzt sind.

So besteht etwa die Gruppe der

„Nervenärzte“ aus Nervenärzten, Neurologen und Psychiatern, oder die Gruppe der „fachärztlich tätigen Internisten“ aus Ärzten mit den ver- schiedensten Schwerpunktausprä- gungen. Nicht zuletzt stammen die Arzt-Einwohner-Verhältniszahlen der Bedarfsplanungsrichtlinie

überwiegend noch aus dem Jahr 1990 und repräsentieren lediglich den damaligen Stand der Versor- gung ohne Rücksicht auf den tat- sächlichen Versorgungsbedarf.

zahlreiche Mitspieler mit unterschiedlichen lösungs- ansätzen

Im Vorfeld des GKV-VStG präsen- tierten die maßgeblichen Organi- sationen im Gesundheitswesen Lösungsansätze, die unterschiedli- cher nicht sein könnten. Sie reich- ten von der Niederlassungssteue- rung durch Honorarzuschläge und -abschläge bis hin zur kleinräumi- gen Versorgungssitzplanung mit computergestützter Bedarfser- mittlung. Für die Primärversor- gung sollten es kleinere Planungs- bereiche sein, aber wegen der da- durch erhöhten Zulassungsmög- lichkeiten forderten die Kassen im Gegenzug einen Abbau der von ih- nen postulierten Überversorgung in den Ballungsräumen. Die Kran- kenhäuser wollten mehr an der ambulanten fachärztlichen Versor- gung teilnehmen, und die Bundes- länder wollten unbedingt mehr Einfluss auf die ambulante Be- darfsplanung bekommen. Der Zu- gang zu einer spezialfachärztli- chen Versorgungsebene sollte al- len entsprechend qualifizierten Ärzten ohne Bedarfsprüfung er- möglicht werden.

Einer der Gründe für das Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) war die Erkennt- nis, dass die bisherige Bedarfsplanung weder in der Lage ist, eine ausreichen- de Flächenwirksamkeit zu erreichen, noch angemessen auf Effekte des demo- grafischen Wandels zu reagieren. Eine Flexibilisierung soll es nun richten.

reForMBaustelle

BeDarFsplanung

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neufassung der Bedarfspla- nungsrichtlinie durch den g-Ba Das GKV-VStG sieht nunmehr vor, dass das bisherige System zwar im Wesentlichen beibehalten, aber nach Versorgungsgesichtspunkten flexi- bilisiert wird. Hierzu erhält der Ge- meinsame Bundesausschuss (G-BA) den Auftrag, die Planungsbereiche so auszugestalten, dass sie ganz allgemein „eine flächendeckende Versorgung sicherstellen“. Nach der Gesetzesbegründung kann da- bei auch zwischen den Arztgrup- pen und den Versorgungsbereichen differenziert werden. Das eröffnet einen weiten Spielraum. Auch die Arzt-Einwohner-Verhältniszahlen sollen „insbesondere“ an die demo- grafische Entwicklung angepasst werden. Die Verwendung weiterer versorgungswirksamer Faktoren ist möglich, so zum Beispiel auch die Sozialstruktur der Bevölkerung, besondere geografische Gegeben- heiten sowie die vorhandenen Ver- sorgungsstrukturen.

Keine veränderten Vorgaben gibt es dagegen zur Festlegung der Arztgruppen. Eine neue Arztgrup- pe muss weiterhin (erst) dann ge- bildet werden, wenn sich die fach- liche Ordnung der Arztgruppen ändert oder eine Arztgruppe bun- desweit mehr als 1.000 Ärzte hat.

Damit hat der Gesetzgeber letzt- lich darauf verzichtet, wesentliche Korrekturen selbst zu formulieren.

Die neue Bedarfsplanungsrichtlinie soll zum 1. Januar 2013 in Kraft treten. Man darf gespannt sein, ob diese Zeitvorgabe eingehalten wer- den kann, nachdem die Trägeror- ganisationen des G-BA denkbar un- terschiedliche Vorstellungen haben.

regionale abweichungen möglich

KV und Krankenkassen können bei der Erstellung ihres Bedarfsplans

zukünftig von der Bedarfspla- nungsrichtlinie abweichen, soweit dies zur Berücksichtigung regiona- ler Besonderheiten, insbeson- dere der regionalen Demografie und Morbidität, für eine bedarfs- gerechte Versorgung erforderlich ist. Inwieweit diese Neuregelung tatsächliche Handlungsspielräume eröffnet, wird entscheidend davon abhängen, welche Maßstäbe der G-BA in der neuen Bedarfspla- nungsrichtlinie setzen wird.

Berechnung des Versorgungsgrades

Persönlich Ermächtigte und ermäch- tigte Einrichtungen sollen nach dem GKV-VStG nicht nur im Bedarfs- plan, sondern auch bei der Be- rechnung des Versorgungsgrads durch den Landesausschuss mit- gerechnet werden. Der G-BA wird dabei das Problem zu lösen haben, inwieweit eingeschränkte und be- fristete Ermächtigungen zu bewer- ten sind. Selbst wenn dies gelingt, muss diese Anrechnung noch in Einklang gebracht werden mit dem Vorrang der niedergelassenen Ver- tragsärzte. Ferner sollen diejeni- gen Leistungsanteile, die von Ver- tragsärzten im Rahmen der ambu- lanten spezialfachärztlichen Ver- sorgung (ASV) erbracht werden, bei der Berechnung des Versor- gungsgrades herausgerechnet werden, da die ASV nicht zur ver- tragsärztlichen Versorgung gehört.

stärkere einflussnahme der länder

Erheblich verstärkt wurden die Möglichkeiten der Länder, direk- ten Einfluss auf die Bedarfspla- nung zu nehmen: So ist der zu- ständigen Landesbehörde nun- mehr bei der Erstellung des Be- darfsplans durch KV und Kranken- kassen die Gelegenheit zur Stellung- nahme zu geben, und auch bei den Entscheidungen des Landesaus-

schusses zum Versorgungsgrad wirkt sie beratend mit. Der Bedarfs- plan und die Entscheidungen des Landesausschusses sind zudem vorzulegen und können rechtsauf- sichtlich beanstandet werden.

sektorenübergreifende Bedarfsplanung

Die im Vorfeld des Gesetzes viel- fach geforderte sektorenübergrei- fende Bedarfsplanung wurde nur in Ansätzen verwirklicht. Gemäß dem GKV-VStG kann nach Landes- recht ein „Gemeinsames Landes- gremium“ eingerichtet werden, das aus Vertretern des Landes, der KV, der Landesverbände der Kranken- kassen und der Landeskranken- hausgesellschaft sowie optional weiteren Beteiligten gebildet wird.

Dieses Gremium kann Empfehlun- gen zu sektorenübergreifenden Ver- sorgungsfragen aussprechen. So- weit es das jeweilige Landesrecht vorsieht, kann das Gemeinsame Landesgremium darüber hinaus Stellungnahmen zur Erstellung des ambulanten Bedarfsplans durch Krankenkassen und KV sowie zu den Entscheidungen des Landes- ausschusses abgeben. Diese Emp- fehlungen und Stellungnahmen hätten allerdings keine bindende Wirkung.

Klaus Joos, Adelheid Röben (beide KVB)

wie schafft man es, einen ausgleich des Versorgungs- niveaus zwi- schen den ein- zelnen planungs- bereichen zu erreichen? Das Versorgungs- strukturgesetz soll die Bedarfs- planung in zu- kunft flexibler machen.

(14)

D

ie im GKV-VStG enthalte- nen Neuregelungen im Zu- lassungsrecht sind insbe- sondere geprägt von dem Gedan- ken, die Sicherstellung einer flä- chendeckenden vertragsärztlichen Versorgung zu ermöglichen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu stärken. Daneben wur- de mit einigen Gesetzesänderun- gen auch das Ziel verfolgt, die ver- tragsärztliche Berufsausübung zu flexibilisieren.

aufhebung der residenzpflicht Hierzu wurde unter anderem die Residenzpflicht nach Paragraph 24 Absatz 2 der Zulassungsverord- nung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) aufgehoben. Ein Vertragsarzt kann somit künftig seinen Wohnsitz frei wählen. Allerdings befreit ihn die Neuregelung nicht von der Teilnah- me am organisierten Notdienst, um die Notfallversorgung der Be- völkerung nicht zu gefährden.

nebenbeschäftigungen Nunmehr ist auch die Ausübung einer Nebenbeschäftigung im zeit- lichen Umfang von mehr als 13 Wo- chenstunden nicht mehr grundsätz- lich ausgeschlossen (Paragraph 20 Absatz 1 Ärzte-ZV). Voraussetzung hierfür ist, dass der Vertragsarzt trotz der zusätzlichen zeitlichen Beanspruchung in der Lage ist,

die Patienten in einem dem Ver- sorgungsauftrag entsprechenden Umfang weiter zu versorgen und Sprechstunden zu den in der ver- tragsärztlichen Versorgung übli- chen Zeiten anzubieten.

angestelltenstellen/eigenstän- dige Vertragsarztsitze

Eine weitere Erleichterung stellt die neu eingeführte Möglichkeit dar, eine genehmigte Angestell- tenstelle in einen eigenständigen Vertragsarztsitz umzuwandeln (Paragraph 95 Absatz 9b SGB V, Paragraph 32b Ärzte-ZV). Ver- tragsärzte sollen unter anderem die Möglichkeit haben, zunächst angestellte Ärzte nach einer Be- währungsphase als gleichberech- tigte Partner in ihre Praxis zu inte- grieren. Dies setzt einen Antrag auf Umwandlung beim Zulas- sungsausschuss (ZA) voraus. Al- ternativ besteht für den anstellen- den Vertragsarzt die Möglichkeit, die nicht mehr benötigte Arztstelle wirtschaftlich zu verwerten, indem zugleich neben dem Antrag auf Umwandlung ein Antrag auf Durchführung eines Nachbeset- zungsverfahrens gestellt wird. Bei- de Varianten der Rückumwand- lung kommen nur in Betracht, wenn der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen oder halben Versorgungs- auftrag entspricht und die sonsti-

gen allgemeinen Zulassungsvor- aussetzungen erfüllt sind.

„Bedarfsprüfung“ für praxis- nachbesetzungsverfahren Für kontroverse Diskussionen ha- ben im Laufe des Gesetzgebungs- verfahrens die Neuregelungen zur Nachbesetzung von Vertragsarzt- sitzen in überversorgten Planungs- bereichen gesorgt. Insbesondere die Landesregierungen und Kran- kenkassen drängten auf verpflich- tende Regelungen zum Abbau der von ihnen wahrgenommenen „Über- versorgung“ durch die KVen. Hatte der Regierungsentwurf zum GKV- VStG noch vorgesehen, dass am Ende eines durchgeführten Nach- besetzungsverfahrens gegebenen- falls ein Vorkaufsrecht durch die KV ausgeübt werden sollte, sind es nun die Zulassungsausschüsse, die bereits vor der Durchführung einer Ausschreibung zu prüfen ha- ben, ob ein Nachbesetzungsver- fahren überhaupt erfolgen soll (Pa- ragraph 103 Absatz 3a SGB V). Fällt die Entscheidung negativ aus, er- hält der ausscheidende Vertrags- arzt von der KV eine Entschädigung in Höhe des Verkehrswertes der Praxis. Die gesetzlichen Neurege- lungen, die die beschriebene „Be- darfsprüfung“ der Zulassungsaus- schüsse vorsehen, treten zum 1.

Januar 2013 in Kraft.

Die Sicherstellung einer wohnortnahen Versorgung durch größere Gestaltungs- möglichkeiten bei der Niederlassung und der vertragsärztlichen Tätigkeit stehen im Mittelpunkt zahlreicher Einzelregelungen des neuen Versorgungsstrukturge- setzes (GKV-VStG). Dazu gehört unter anderem auch mehr Flexibilität bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Mehr FlexiBilität iM

zulassungsreCht

(15)

weitere neuregelungen Erweiterung der Auswahlkrite- rien bei Praxisausschreibung (Paragraph 103 Absatz 4 Satz 5 SGB V)

Künftig sind im Rahmen von Aus- wahlentscheidungen auch die fol- genden Gesichtspunkte zu be- rücksichtigen:

„ eine fünf Jahre dauernde ver- tragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesaus- schuss Unterversorgung fest- gestellt hat,

„ ob der Bewerber Lebenspartner des bisherigen Vertragsarztes ist,

„ ob der Bewerber bereit ist, be- sondere Versorgungsbedürfnis- se, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereini- gung definiert worden sind, zu erfüllen,

„ dass sich die „Dauer der ärztli- chen Tätigkeit“ um Kindererzie- hungszeiten beziehungsweise um die Zeit für die Pflege pfle- gebedürftiger naher Angehöri- ger verlängert (Paragraph 103 Absatz 4 Satz 7 SGB V „neu“).

Konkretisierung der Vorausset- zungen für Filialgenehmigungen (Paragraph 24 Absatz 3 Satz 1 Ärzte-ZV)

„ Geringfügige Beeinträchtigun- gen der Versorgung am „Stamm- sitz“ durch die Tätigkeit in der Filiale sind unbeachtlich, wenn sie durch die Verbesserung der Versorgung am Ort der Zweigpra- xis aufgewogen werden.

„ Es ist nicht erforderlich, dass die in der Filiale angebotenen Leis- tungen in ähnlicher Weise auch am Vertragsarztsitz angeboten werden, oder dass das Fachge- biet eines in der Zweigpraxis tätigen Arztes auch am Vertrags- arztsitz vertreten ist. Ausnah- men hierzu können im Bundes- mantelvertrag geregelt werden.

„ Bei Medizinischen Versorgungs- zentren gelten die Regelungen zur Verteilung der Tätigkeit zwi- schen dem Vertragsarztsitz und weiteren Orten sowie zu Min- dest- und Höchstzeiten nicht für den einzelnen in dem Medi- zinischen Versorgungszentrum tätigen Arzt.

Strengere Prüfung bei der Verle- gung von Vertragsarztsitzen (Paragraph 24 Absatz 7 Ärzte-ZV)

„ Der Zulassungsausschuss darf die Verlegung eines Vertrags- arztsitzes künftig nur genehmi- gen, wenn Gründe der vertrags- ärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Künftig sind somit Versorgungsgesichts- punkte vorrangig zu prüfen.

„ Führt zum Beispiel die Verle- gung eines Vertragsarztsitzes in einen anderen Stadtteil zu Versorgungsproblemen in dem Stadtteil, in dem sich der Ver- tragsarztsitz derzeit befindet, so wäre eine Verlegung nicht genehmigungsfähig.

Befristete Zulassung

(Paragraph 19 Absatz 4 Ärzte-ZV)

„ In Planungsbereichen mit einem Versorgungsgrad zwischen 100 und 110 Prozent kann der Zu- lassungsausschuss neu zu er- teilende Zulassungen befristen.

„ Bei der Festlegung des Befris- tungszeitraums sind auch die Interessen des zuzulassenden Vertragsarztes zu berücksichti- gen. So muss es ihm laut Ge- setzesbegründung beispiels- weise möglich sein, die mit der Praxisgründung typischerweise verbundenen Investitionskos- ten während der Dauer der Zu- lassung zu refinanzieren.

„ Nach Ablauf der Befristung, aber auch bei vorzeitigem Verzicht auf die befristete Zulassung, findet kein Nachbesetzungsverfahren statt.

Erweiterung der Ermächtigungs- tatbestände

(Paragraph 116 SGB V, Paragra- phen 31, 31a Ärzte-ZV)

„ Zukünftig können bei entspre- chendem Bedarf auch Ärzte er- mächtigt werden, die in einer Vorsorge- oder Rehabilitations- einrichtung mit Versorgungs- vertrag nach Paragraph 111 Absatz 2 SGB V oder in einer nach Paragraph 119b Satz 3 SGB V ermächtigten stationä- ren Pflegeeinrichtung tätig sind.

„ Zudem ist nun die Erteilung einer Ermächtigung nicht nur bei bestehender oder unmittel- bar drohender Unterversorgung möglich, sondern auch bei fest- gestelltem zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf nach Para- graph 100 Absatz 3 SGB V.

Verlängerung des möglichen Vertretungszeitraums, Erweite- rung der Vertretungsgründe (Paragraph 32 Ärzte-ZV)

„ Eine Vertragsärztin kann sich bei Entbindung bis zu einer Dauer von zwölf (statt bisher sechs) Monaten vertreten lassen.

„ Außerdem darf ein Vertreter oder Assistent auch beschäf- tigt werden

„ während Zeiten der Erziehung von Kindern bis zu einer Dauer von 36 Monaten, wobei dieser Zeitraum nicht zusammen- hängend genommen werden muss, und

„ während der Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung bis zu einer Dauer von sechs Monaten.

Anja Popp, Adelheid Röben (beide KVB)

(16)

einschränkung des gründerkreises

Bisher konnten MVZ von allen Leis- tungserbringern gegründet werden, die aufgrund von Zulassung, Er- mächtigung oder Vertrag an der medizinischen Versorgung der Ver- sicherten teilnehmen. Nunmehr sind nur noch folgende Leistungs- erbringer zur Gründung von MVZ befugt: zugelassene Ärzte, zuge- lassene Krankenhäuser, Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach Paragraph 126 Absatz 3 des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) sowie gemeinnützige Träger, die aufgrund von Zulassung oder Er- mächtigung an der vertragsärztli- chen Versorgung teilnehmen. Da- mit sollen nur noch diejenigen Leis- tungserbringer zur Gründung von MVZ berechtigt sein, die eine en- ge Beziehung zur ambulanten ver- tragsärztlichen Versorgung sowie zur stationären Versorgung der Ver- sicherten aufweisen. Die Neurege- lung soll insbesondere diejenigen Leistungserbringer ausschließen, über deren Ankauf kapitalstarke Investoren ohne fachlichen Bezug zur medizinischen Versorgung die Voraussetzungen für die Gründung von MVZ erfüllt haben. Dadurch sollen der Einfluss der Ärzte ge- stärkt und die Voraussetzungen für eine von ökonomischen Zwän- gen möglichst unabhängige ärztli- che Tätigkeit geschaffen werden.

zulässige rechtsformen Dasselbe Ziel verfolgt der Gesetz- geber, indem er darüber hinaus auch eine Einschränkung der für ein MVZ zulässigen Rechtsformen vornimmt. MVZ können künftig nicht mehr in allen zulässigen Or- ganisationsformen betrieben wer- den. So stehen für MVZ, die nach Inkrafttreten des GKV-VStG zuge- lassen werden, nur noch die Rechts- formen einer Personengesellschaft (GbR, Partnerschaftsgesellschaft), der GmbH und der eingetragenen Genossenschaft zur Verfügung. An- dere Rechtsformen, wie beispiels- weise die Aktiengesellschaft, kom- men somit künftig nicht mehr in Betracht.

Ausgenommen von diesen Ein- schränkungen sind allerdings die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des GKV-VStG bereits zugelasse- nen MVZ. Diese sind hinsichtlich Trägerschaft und Rechtsform in ih- rem Bestand geschützt. Das heißt, diese MVZ können ihre nach bis- herigem Recht gründungsberech- tigten Gesellschafter weiterhin be- teiligen, und auch eine Umwand- lung in eine Personengesellschaft, GmbH oder eingetragene Genos- senschaft ist nicht erforderlich.

ärztliche leitung

Zur ärztlichen Leitung schreibt das

neue Recht nun ausdrücklich vor, dass der ärztliche Leiter eines MVZ selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt im MVZ tätig sein muss und in medizinischen Fragen keinen Weisungen unterlie- gen darf. Dies gilt auch für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des GKV-VStG bereits zugelasse- nen MVZ. Weisen diese nicht in- nerhalb einer Frist von sechs Mo- naten nach Inkrafttreten der Neu- regelung nach, dass die ärztliche Leitung den genannten Anforde- rungen genügt, stellt dies einen Zulassungsentziehungsgrund dar.

umwandlung von arztstellen in zulassungen

MVZ, aber auch Vertragsärzten, wird es künftig auch in gesperrten Planungsbereichen möglich sein, Arztstellen in Vertragsarztsitze

„rückumzuwandeln“. Hierfür sieht der Gesetzgeber zwei Optionen vor. Zum einen besteht die Mög- lichkeit, dass der auf der betref- fenden Arztstelle beschäftigte an- gestellte Arzt selbst Inhaber der Zulassung wird. Hierfür reicht es aus, dass das anstellende MVZ beziehungsweise der anstellende Vertragsarzt beim Zulassungsaus- schuss einen Umwandlungsantrag stellt. Zum anderen besteht für das anstellende MVZ beziehungsweise den anstellenden Vertragsarzt die Möglichkeit, die nicht mehr benö-

Das Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) unterwirft Medizinische Versor- gungszentren (MVZ) restriktiveren Regeln. Danach sollen Kapitalinteressen Dritter nicht mehr das ärztliche Handeln im MVZ bestimmen. Vielmehr wird der Einfluss der Ärzte gestärkt. Der Gesetzgeber wagt damit einen Schritt in die richtige Richtung.

neue regeln Für MeDizinisChe

Versorgungszentren

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tigte Arztstelle wirtschaftlich zu ver- werten, indem zugleich neben dem Antrag auf Umwandlung ein An- trag auf Durchführung eines Nach- besetzungsverfahrens gestellt wird.

Beide Varianten der Rückumwand- lung kommen nur in Betracht, wenn der Umfang der Tätigkeit des ange- stellten Arztes einem ganzen oder halben Versorgungsauftrag ent- spricht und die sonstigen allgemei- nen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind.

übernahme von Vertragsarzt- sitzen/anstellung im MVz bei zulassungsverzicht

MVZ können zwar grundsätzlich weiterhin in demselben Planungs- bereich ausgeschriebene Vertrags- arztsitze in der Weise übernehmen, dass sie diese an ihrem eigenen Vertragsarztsitz mit einem dort angestellten Arzt weiterführen.

Auch besteht für die in demselben Planungsbereich niedergelassenen Vertragsärzte weiterhin die Mög- lichkeit, zugunsten einer Anstel- lung im MVZ auf ihre Zulassung zu verzichten. Nach den Neuregelun- gen des GKV-VStG ist die Weiter- führung der Praxis durch einen an- gestellten Arzt in den Räumen des MVZ beziehungsweise der Wech- sel eines Vertragsarztes in ein An-

gestelltenverhältnis im MVZ nun- mehr jedoch nur noch dann mög- lich, wenn dem keine Gründe der vertragsärztlichen Versorgung ent- gegenstehen. Würden also durch die Verlagerung eines Sitzes in das MVZ Versorgungsprobleme am bisherigen Praxisstandort ent- stehen, kann weder der Weiterfüh- rung der Praxis am Vertragsarzt- sitz des MVZ noch der Tätigkeit ei- nes ehemaligen Vertragsarztes im MVZ zugestimmt werden.

nachbesetzungsverfahren Bei der Auswahl des Praxisnach- folgers zur Nachbesetzung ausge- schriebener Praxen sind MVZ, bei denen die Mehrheit der Geschäfts- anteile und der Stimmrechte nicht bei den im MVZ tätigen Vertrags- ärzten liegt, gegenüber den übri- gen Mitbewerbern nur nachrangig zu berücksichtigen. Der Gesetzge- ber verfolgt damit das Ziel, die frei- beruflich tätigen Ärzte bei der Pra- xisnachfolge in überversorgten Planungsbereichen vor einer Ver- drängung durch MVZ zu schützen.

Allerdings greift dieser vom Ge- setzgeber vorgesehene Nachrang nicht für solche MVZ, die am 31.

Dezember 2011 bereits zugelas- sen waren und bei denen die Mehr- heit der Geschäftsanteile und der

Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort täti- gen Vertragsärzten lag.

Keine hausärztlichen Versorgungszentren

Eine Forderung der KVB war es, Regelungen zur Errichtung von Hausärztlichen Versorgungszent- ren („Hausärzte-MVZ“) zu schaf- fen. Aufgrund der in solchen haus- ärztlichen MVZ nicht erforderli- chen fachlichen Interdisziplinarität wäre deren Gründung unter er- leichterten Bedingungen möglich.

Diese Forderung wurde jedoch mit dem GKV-VStG nicht umgesetzt.

Dies ist zu bedauern, denn „Haus- ärzte- MVZ“ könnten einen wichti- gen Beitrag zum Erhalt der flä- chendeckenden Versorgung vor allem im ländlichen Raum leisten.

Die Möglichkeit der Teilnahme an einem „Hausärzte-MVZ“ könnte die Entscheidung, in unterversorg- ten und von Unterversorgung be- drohten Gebieten vertragsärztlich tätig zu werden, erleichtern. Mit der Nichteinführung von „Hausärz- te-MVZ“ hat der Gesetzgeber eine Chance für die Stärkung der haus- ärztlichen Versorgung in ländlichen Regionen vertan.

Christian Lender (KVB)

Das neue Ver- sorgungsstruk- turgesetz bringt für Medizinische Versorgungszen- tren eine reihe grundsätzlicher änderungen mit sich. unter an- derem wurde die zulassungs- regelung modifi- ziert, um die un- abhängigkeit medizinischer entscheidungen zu gewährleisten.

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wartezeiten für termine beim Facharzt

Im Vorfeld zur ersten Lesung des GKV-VStG wurde eine kontroverse öffentliche Diskussion um Warte-

zeiten beim Übergang von der haus- zur fachärztlichen Versorgung ge- führt. Ergebnis dieser Wartezeiten- debatte ist eine Änderung des Pa- ragraphen 75 SGB V, mit der der Sicherstellungsauftrag der Kas- senärztlichen Vereinigungen (KVen) weiter konkretisiert wird. Er erstreckt sich jetzt ausdrücklich

auch auf eine angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der fachärztlichen Versorgung. Die Gesamtvertragspartner erhalten den Auftrag, zu regeln, welche Zei- ten im Regelfall und im Ausnahme-

fall noch eine zeitnahe fachärztli- che Versorgung darstellen. Die von einigen Seiten geforderten Sankti- onen wie eine „Ersatzversorgung“

durch Krankenhäuser oder die Kür- zung der Gesamtvergütung fanden keinen Eingang in das Gesetz.

Modellvorhaben zur arzneimittelversorgung Mit der Einfügung eines Paragra- phen 64a SGB V will das GKV- VStG Modellvorhaben zur Arznei- mittelversorgung ermöglichen.

Ziel eines solchen Modellprojekts soll laut Gesetzesbegründung die Verbesserung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Arzneimit- telversorgung sein. Hierzu schlie- ßen eine Landes-KV und der je- weilige Apothekerverband des Landes mit den Kassen eine Ver- einbarung, in der die Einzelheiten des Vorhabens festgelegt sind.

Kritische Punkte bei diesen Mo- dellvorhaben sind unter anderem der zwingend zu vereinbarende Medikationskatalog, da dieser die Gefahr in sich birgt, die Therapie- freiheit des Arztes einzuschrän- ken. Ferner soll der Apotheker ei- ne zentrale Rolle bei der Versor- gung der Patienten übernehmen.

Er sucht in dem Modell das kon- krete Präparat gemäß Wirkstoff- verordnung aus, ohne jedoch die notwendige Behandlungskompe- tenz mitzubringen. Die individuelle Krankengeschichte des Patienten sowie das Therapiekonzept des behandelnden Arztes bleiben da- bei außen vor. Unter anderem aus diesen Gründen ist ein solches Modellvorhaben aus Sicht der KVB abzulehnen.

Neben den Neuregelungen zur spezialfachärztlichen Versorgung, zu Honorar und Vergütung, zur Bedarfsplanung und zum Zulassungsrecht enthält das GKV-Ver- sorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) zahlreiche weitere Regelungen, von denen im Folgenden eine Auswahl dargestellt wird.

weitere wiChtige regelungen iM neuen gesetz

Bundesgesund- heitsminister Daniel Bahr will mit dem Versor-

gungsstruktur- gesetz „den weg zu einer langfris-

tigen qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung eb- nen.“ weitere informationen unter www.bmg.

bund.de.

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anpassung der eBM-pauscha- len für vertragsärztliche leistungen

Durch Änderungen in Paragraph 87 SGB V werden weitere Möglich- keiten geschaffen, die im Einheitli- chen Bewertungsmaßstab (EBM) festgelegten Pauschalen zu über- prüfen und anzupassen. Zum einen wird der Pauschalierungszwang bei der hausärztlichen und fach- ärztlichen Vergütung abgemildert.

Die Einzelleistungsvergütung ver- tragsärztlicher Leistungen soll da- mit gestärkt werden. Zum anderen sollen die EBM-Pauschalen zur Ver- gütung ärztlicher Leistungen diffe- renziert werden nach Neupatien- ten, die erstmals diagnostiziert und behandelt werden, nach be- reits in der Praxis versorgten Pati- enten, deren Behandlung fortge- führt wird, sowie nach Morbiditäts-

kriterien zur Abbildung des Schwe- regrads der Erkrankung. Ziel die- ser Neuregelungen ist es, die Inan- spruchnahme sowie den Behand- lungsbedarf sachgerechter abbil- den zu können.

wirtschaftlichkeitsprüfung Das GKV-VStG enthält einige Än- derungen, die die Richtgrößenprü- fung betreffen. Der Gesetzgeber hat jedoch auf die, aus Sicht der KVB dringend notwendige, umfas- sende Neuregelung der Wirtschaft- lichkeitsprüfung verzichtet.

Die Richtgrößenprüfung bleibt als gesetzlich vorgegebenes Regel- prüfverfahren bestehen. Zwar sieht das GKV-VStG für die Wirt- schaftlichkeitsprüfung die Festle- gung von bundeseinheitlich anzu- erkennenden Praxisbesonderhei-

ten vor, jedoch lediglich bei Heil- mittelverordnungen. Neben sol- chen Praxisbesonderheiten sollen langfristig genehmigte Heilmittel bei der Vereinbarung von Richt- größen berücksichtigt werden.

Auch die Umsetzung des Grund- satzes „Beratung vor Regress“ ist bei Weitem hinter den Erwartun- gen zurückgeblieben: Bei erstmali- ger Überschreitung des Richtgrö- ßenvolumens um mehr als 25 Pro- zent soll nun eine individuelle Be- ratung erfolgen. Bei künftiger Überschreitung kann erstmalig für den Prüfzeitraum nach dieser Be- ratung ein Regress vollstreckt werden. Im Rahmen der Beratung und auch später ist es möglich, die Anerkennung von Praxisbeson- derheiten zu beantragen.

Adelheid Röben (KVB)

(20)

D

as Treffen zwischen dem Bundespolitiker Zöller und dem KVB-Vorstand Dr.

Schmelz fand diesmal nicht in Ber- lin, sondern auf „neutralem“ Boden im Isar-Amper-Klinikum in Mün- chen-Haar statt. Die beiden Män- ner kennen sich seit vielen Jahren aus Unterfranken. Zöller hat dort seinen Wahlkreis in der Region Main-Spessart und Schmelz be- trieb lange Zeit eine Augenarztpra- xis in Bad Kissingen.

Schmelz: Lassen Sie uns mit einer Frage beginnen, die je nach Sicht- weise immer wieder für unterschied- liche Antworten sorgt: Wie viele Krankenkassen benötigt unser Ge- sundheitssystem? Oder drastischer formuliert: Brauchen wir eine Ein- heitskasse?

Zöller: Die Anzahl der Krankenkas- sen sagt erst einmal wenig über die Qualität des Gesundheitswesens aus. Im Jahr 1990 gab es noch über 1.200 Krankenkassen und wir hat- ten damals schon ein sehr leistungs- fähiges System. Ich halte von einer Einheitskasse sowieso nichts. Sie haben dann einen Monopolist auf der einen Seite und die andere Sei- te wird dadurch erpressbar. Ich bin für einen Wettbewerb unter den Krankenkassen, weil dies auch für die Patienten mehr Wahlmöglich- keiten bietet.

Schmelz: Dem stimme ich im Prin- zip zu, wobei die Schließungen von Betriebskrankenkassen und die anschließenden Probleme der Ver- sicherten, eine neue Kasse zu fin- den, nicht gerade ein positives Bei- spiel für den Wettbewerb unter den Krankenkassen waren. Dennoch ist es aus meiner Sicht im Interes- se der Versicherten, dass sie eine gewisse Auswahl unter den Kassen haben.

Zöller: Wir sind gerade dabei, das Gesundheitssystem stärker an den Bedürfnissen der Patienten auszu- richten. Dazu gehört auch, sich sehr genau anzuschauen, wie man auf regionaler Ebene Versorgung ge- stalten und die vorhandenen Struk- turen erhalten kann. Da sind sehr kleinteilige Lösungen gefragt. Auch hier wäre eine Einheitskasse wohl nicht flexibel genug.

Schmelz: Sie sprechen damit auch die Bedarfsplanung an, die bislang noch auf der Basis relativ starrer und teilweise auch veralteter Bun- desvorgaben abläuft. Dabei ist die Versorgung in einer Großstadt wie Hamburg mit der im Bayerischen Wald ja kaum vergleichbar. Dass diese Bedarfsplanung regionalisiert wird, ist wirklich überfällig. Ich wür- de mir dabei aber wünschen, dass die Entscheidungshoheit über die Vergabe von Vertragsarztsitzen wie bisher auch in den paritätisch

besetzten Zulassungsausschüssen von Ärzten und Krankenkassen liegt.

Zöller: Aus meiner Sicht muss sich etwas ändern. Auch die Kommunen sollten mit in die Verantwortung genommen werden – und nicht nur ideell, sondern auch finanziell.

Und nachdem die Länder künftig ein Mitspracherecht erhalten sol- len, will ich auch ein Mitsprache- recht für die Patientenvertreter.

Schmelz: Ich sehe die Gefahr, dass die sachgerechte Entschei- dungsfindung unter dem Einfluss von zu vielen Partialinteressen er- schwert wird. Ein Beispiel, das ich selbst mal erlebt habe: In einem Hochhaus war eine Augenarztpra- xis untergebracht. Als der Kollege dann eines Tages den Antrag ge- stellt hat, seinen Praxissitz um ei- nige Hundert Meter zu verlegen, gab es Proteste von regionalen Politikern, die die Zulassung einer weiteren Augenarztpraxis in dem Hochhaus forderten. Die Ansprü- che sind teilweise schon beacht- lich. Gerade Politiker neigen ja da- zu, in Wahlkampfzeiten viel zu ver- sprechen – zahlen sollen es dann letztendlich die Beitragszahler oder wir Ärzte aus unserer Gesamtver- gütung.

Zöller: Die Gefahr sehe ich schon auch, aber es gibt einen gravieren-

Seit 1990 ist Wolfgang Zöller Mitglied des Deutschen Bundestags, gehörte zahlreichen Gremien und Ausschüssen zum Thema Gesundheit an und ist seit Ende 2009 Patientenbeauftragter der Bundesregierung. Im Gespräch mit dem ersten stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der KVB, Dr. Pedro Schmelz, spielte das Thema Patientenorientierung denn auch eine entscheidende Rolle.

„FaChärzte spielen auCh in

zuKunFt eine wiChtige rolle”

(21)

wolfgang zöller und Dr. pedro schmelz disku- tierten intensiv über die heraus- forderungen im gesundheitssys- tem.

den Vorteil bei einer Beteiligung ge- rade der Kommunen. Wenn Fach- ärzte künftig verstärkt an unter- schiedlichen Standorten tätig sind, so zum Beispiel über Filialmodelle, dann kann man nicht von ihnen ver- langen, dass sie mehrere Praxen einrichten und finanzieren. Da sind die Kommunen gefordert, im Rah- men der Daseinsvorsorge für ihre Bürger entsprechend günstige Vo- raussetzungen für Ärzte oder Psy- chotherapeuten zu schaffen. Das kann man nicht den Beitragszah- lern in der Gesetzlichen Kranken- versicherung aufbürden.

Schmelz: Eine solche Initiative wäre wünschenswert. Denn der Be- trieb einer Filiale kostet sehr viel Geld. Zusätzlich zur Finanzierung der Einrichtung und des Betriebs gibt es aber auch noch andere Hin- dernisse für Kollegen, die ihre Pra- xistätigkeit erweitern wollen. Um diese Hürden abzubauen, ist auch der Gesetzgeber gefordert, neue Rahmenbedingungen zu schaffen.

Ein Beispiel: Man sollte den Kolle- gen, die mit einer Filiale in ländli- chen Regionen einen wichtigen

Versorgungsauftrag übernehmen, nicht zumuten, dass sie nur eine abgestaffelte Anzahl an Fällen voll ausgezahlt bekommen.

Zöller: Auch hier wird ja einiges getan: Die Abstaffelung der Fall- zahlen soll es in Regionen, in denen Versorgungsengpässe drohen, nicht mehr geben. Die Residenz- pflicht wird abgeschafft. Ärzte, die bereit sind, aufs flache Land zu gehen, müssen auch gut honoriert werden. Denn sie sind dort prak- tisch rund um die Uhr für die Ver- sorgung der Patienten da und ha- ben wenig Ruhezeiten. Vor 20 Jah- ren haben mir viele junge Ärzte gesagt, sie hätten ihre Berufung mit der eigenen Praxis gefunden.

Heute höre ich bei Vorträgen an Universitäten eher, dass die Medi- zinstudenten die spätere Tätigkeit als Beruf – wie eben andere auch – sehen. Das spiegelt sich auch darin wieder, dass es eher den Wunsch nach flexiblen Arbeitszeit- modellen und einem geregelten Ein- kommen gibt. Früher war es Beru- fung, heute ist es Beruf.

Schmelz: Diese Beobachtung ha- be ich auch gemacht. Aber es ist eine Entwicklung, die nicht aufzu- halten ist und die man auch nicht kritisieren kann. Man muss sich nur darauf einstellen. Wir arbeiten in der KVB zum Beispiel an Model- len zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder auch an Möglichkeiten, um die Belastung durch Bereitschaftsdienste zu re- duzieren.

Zöller: Das ist der richtige Ansatz, diesen Weg sollten Sie dringend weiter beschreiten. Die Schwach- stellen und Probleme haben auch wir in der Politik längst erkannt und arbeiten daran. Aber eines ist auch klar: Es gibt keinen Königs- weg, wie man den ärztlichen und psychotherapeutischen Nachwuchs aufs Land bringt.

Schmelz: Das sicher nicht. Aber was alle Kolleginnen und Kollegen wünschen und fordern, ist endlich mehr Planungssicherheit. Die Zei- ten der floatenden Punktwerte, der Fallzahlabstaffelungen und der Re- gelleistungsvolumen müssen irgend-

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