Presseinformation
Kassenärztliche Vereinigung Bayerns
KVB-VV warnt: „Ärzteschaft ist kein Spielball der Politik“
München, 28. November 2016: Die Vertreterversammlung (VV) der Kassen- ärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) kam vergangenen Samstag zu ihrer letzten Sitzung im Verlauf der aktuellen Amtszeit zusammen. Dr. Petra Reis- Berkowicz, die Vorsitzende der VV, dankte dem Vorstand, den VV-Mitgliedern und auch den Mitarbeitern der KVB für ihr Engagement in den vergangenen sechs Jahren. Außerdem informierte die VV-Vorsitzende darüber, dass ein vorliegender Anfechtungsantrag zur VV-Wahl durch den Landeswahlaus- schuss als unbegründet zurückgewiesen wurde und damit die Ergebnisse der VV-Wahl ihre Gültigkeit behalten. Die konstituierende Sitzung der VV der kom- menden Legislaturperiode findet am 21. Januar 2017 in München statt. Zudem übte Reis-Berkowicz Kritik an dem vom Bundesgesundheitsministerium initi- ierten „Selbstverwaltungsstärkungsgesetz“. Auch ohne ein solches Gesetz sei die Selbstverwaltung in Bayern in der Lage, verantwortungsvoll und pflichtbe- wusst ihre Aufgaben wahrzunehmen. So habe das Bayerische Landesprü- fungsamt der KVB erst kürzlich eine ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Kern- aufgaben bescheinigt.
Diesen Ausführungen schloss sich der KVB-Vorstandsvorsitzende Dr. Wolf- gang Krombholz an. Unter dem Deckmantel eines GKV-Selbstverwaltungs- stärkungsgesetzes lauere die Gefahr, dass der Gesetzgeber durch aufsichts- rechtliche Maßnahmen den Handlungsspielraum der ärztlichen Selbstverwal- tung massiv schwäche. In Bezug auf die Sicherstellungsrichtlinie der KVB warb Krombholz bei den VV-Mitgliedern dafür, einem Antrag zur Einführung von Fördermaßnahmen zur Methadonsubstitution zuzustimmen. Durch eine gezielte finanzielle Förderung sollen Ärzte gewonnen werden, die sich bereit- erklären, die gesamtgesellschaftlich wichtige Aufgabe der Substitutionsver- sorgung zu übernehmen. Die VV unterstützte diese Forderung und verab- schiedete einen entsprechenden Antrag.
Laut Krombholz sei es das Gebot der Stunde, konstruktiv mit den Vertretern der verschiedenen Ärzteverbände, der Politik und der Krankenkassen zusam- menzuarbeiten und Errungenschaften wie die Wirkstoffvereinbarung in Bay- ern zu verteidigen und auch noch auf die Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln auszuweiten. Krombholz betonte, dass man stolz darauf sein dürfe, was in den vergangenen sechs Jahren erreicht wurde. Durch die bayerische Wirk- stoffvereinbarung sei eine transparente Steuerung der Arzneimittelverordnun- gen umgesetzt worden, durch die de facto kein Vertragsarzt mehr in eine sys-
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tematische Prüfung gekommen sei. Des Weiteren wurde der Bereitschafts- dienst zukunftsfähig auf ein neues Fundament gestellt. Die positiven Erkennt- nisse aus den derzeit acht Pilotregionen lieferten wertvolle Erkenntnisse für die weitere flächendeckende Umsetzung. Im Notarztdienst konnte ein neues Finanzierungsmodell mit den Kassen erreicht werden, das einsatzschwache Standorte stärke. Eine von der KVB geforderte und letztendlich umgesetzte Gesetzesänderung erleichtere außerdem die Teilnahme am Notarztdienst.
Die KVB habe sich mittlerweile zu einer Service- und Dienstleistungsbehörde für ihre Mitglieder entwickelt und dies werde durchaus von den niedergelas- senen Ärzten und Psychotherapeuten im Freistaat so wahrgenommen. Für sie hatte Krombholz am Ende seines Vortrags noch eine erfreuliche Mitteilung:
So kann die Verwaltungskostenumlage für das dritte Quartal 2016 um 1 Pro- zent auf 1,5 Prozent abgesenkt werden. Dies entspricht einer indirekten Aus- schüttung in Höhe von rund 14 Millionen Euro an die KVB-Mitglieder.
Bezugnehmend auf die reduzierte Verwaltungskostenumlage sagte Dr. Pedro Schmelz, der erste stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KVB, dass da- mit der durchschnittliche Verwaltungskostensatz für das Jahr 2016 2,25 Pro- zent ausmache und die Gesamtrückflüsse an die Mitglieder in diesem Jahr auf einem Niveau von zirka 34 Mio. Euro lägen. Die sparsame Haushaltsführung in dieser Legislaturperiode habe es möglich gemacht, dass ein immer größe- rer Teil der freien Betriebsmittel wieder an die Mitglieder der KVB zurückflie- ßen könne. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten als kritisch beurteilte es Schmelz, dass die Bundesregierung nach wie vor an den strengen Budgets im Gesundheitswesen festhalte, was insbesondere bei konservativ tätigen Einzelpraxen im fachärztlichen Bereich zu finanziellen Engpässen führen könne. Schmelz ging auch auf die seit Januar bundesweit eingerichteten Ter- minservicestellen ein. Die geringe Inanspruchnahme habe einerseits gezeigt, dass diese eigentlich nicht notwendig seien, andererseits aber auch bewiesen, dass die Zusammenarbeit zwischen Haus- und Fachärzten im ambulanten Be- reich hervorragend funktioniere.
Die KVB hat nach Meinung des ersten stellvertretenden KVB-Vorstandsvorsit- zenden mit der Weiterentwicklung des Bereitschaftsdienstes, mit der neuen Wirkstoffvereinbarung und mit der stabilen Systematik des Honorarvertei- lungsmaßstabs (HVM) eine solide Grundlage geschaffen, die viel Ärger und Konfliktpotential aus den Praxen genommen habe. Die KVB habe außerdem in den letzten sechs Jahren gezeigt, dass es ihr ernst sei mit dem Leitgedan- ken „Gut ist, was für die Praxen unserer Mitglieder gut ist“ und dass eine Or- ganisation wie die KVB durchaus sinnvoll und effektiv für die niedergelasse- nen Ärzte und Psychotherapeuten wirken könne, wenn sie gut geführt werde.
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Dr. Ilka Enger, die zweite stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KVB, kri- tisierte ebenfalls einige aktuelle gesetzgeberische Entscheidungen. Neben der Kritik an den Terminservicestellen und an dem gesetzlich geforderten Auf- kauf von Arztpraxen bei angeblicher Überversorgung äußerte sie auch die Meinung, dass die Etablierung von Doppel- und Dreifachstrukturen durch
„Portalpraxen“ an Krankenhäusern als Weichensteller ohne ärztliches Know- how überflüssig sei. Den Krankenkassen warf sie vor, dass diese anstrebten, die Kontrolle über die ärztliche Diagnostik und Therapie übernehmen zu wol- len. Enger forderte, dass sich die niedergelassenen Ärzte und Psychothera- peuten wieder mehr politisch artikulieren müssen und ihre Forderungen ein- bringen sollten. Nur so sei es möglich, die Interessen der Ärzteschaft und der Patienten gegenüber Politik und Krankenkassen durchzusetzen. „Wenn wir Ärzte und Psychotherapeuten uns nicht wieder politisch spürbar machen und unbequem sind, dann wird der freie Arzt und Psychotherapeut nicht überleben und damit auch der Grundpfeiler ärztlicher und psychotherapeutischer Qualität zerstört“, so Enger.
Als positive Beispiele aus der zu Ende gehenden Amtszeit der VV und des Vorstandes nannte sie die Abschaffung der Praxisgebühr, den Einsatz für die Therapiefreiheit sowie die Entbürokratisierung von Genehmigungsverfahren und Abrechnungsprozessen in der KVB. Besonderes Augenmerk müsse man nun auf die eHealth-Gesetzgebung und die Diskussion über die digitale Sammlung und Verwertung von Daten legen, bei der die ärztliche Schweige- pflicht das Maß aller Dinge sei. „Die Telemedizin darf nur als Hilfsmittel und keinesfalls als Selbstzweck verstanden werden“, mahnte Enger.