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Gender Mainstreaming bei Trägern der

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e-mail: fachstelle @gender-nrw.de www.gender-nrw.de

Fachstelle Gender NRW

Geschlechtergerechtigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe

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gefördert vom:

Fachstelle Gender NRW

Geschlechtergerechtigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe

Gender Mainstreaming bei Trägern der

Kinder- und Jugendhilfe in NRW

Praxisbericht II

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Dokumentation

der landesweiten Fachtagung

in Essen, 26. Juni 2009

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Gender Mainstreaming bei Trägern der

Kinder- und Jugendhilfe in NRW

Praxisbericht II

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Vorwort

Cäcilia Debbing, Uwe Ihlau ... Seite 4

1. Einleitung

Cäcilia Debbing, Uwe Ihlau

1.1 Rahmenbedingungen in Nordrhein-Westfalen ... Seite 8 1.2 Zusammenfassung der Ergebnisse und Bilanz ... Seite 10 1.3 Praxisbeispiele aus der Fachberatung der FUMA Fachstelle Gender NRW ... Seite 17 1.4 Genderaspekte in verschiedenen Bereichen und Handlungsfeldern ... Seite 20

2. Evaluation Dr. Claudia Wallner

2.1 Modellphase und Gender Bausteine ... Seite 26 2.2 Implementierungsprozesse von Gender Mainstreaming in der Refl exion – ... Seite 27

vom Ziel über die Realität zur Perspektive – Zusammenfassung und Auswertung der Interviews

3. Praxisbeispiele – Umsetzung

Kerstin Schachtsiek ... Seite 64 3.1 Geschlechtsrefl ektierte Angebote und Projekte der Träger

Mike Theisen, Patrick Ochnio, Jenny Konstanty, Stefan Kauker, Michael Hein

3.2 Jugendberufshilfe Düsseldorf GmbH ... Seite 65 3.3 Trägerverbund „3x4 Kinder- und Jugendfreizeit plus“ Dortmund ... Seite 67 3.4 Evangelisches Jugendheim Schermbeck / Kreis Wesel ... Seite 68 3.5 SJD – Die Falken NRW, Salvador-Allende-Haus ... Seite 70 3.6 Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen Düsseldorf ... Seite 74

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3

Hille Lieverscheidt, Andreas Haase

Wertschätzend und Chancengleichheit fördernd – ... Seite 78 Gender Training in der Kinder- und Jugendhilfe

5. Ausblick Birol Mertol

5.1 Migration und Ethnizität in der Diskussion um Jungen und Mädchen ... Seite 86 Kerstin Schachtsiek

5.2 Gender Mainstreaming und Diversity Management – Ein Vergleich ... Seite 99

Anhang

Fragebögen für die Träger ... Seite 115 Kontaktadressen der Träger und Praxisprojekte ... Seite 117 AutorInnenverzeichnis ... Seite 118

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Der im Februar 2010 erschienene 9. Kinder- und Jugendbericht des Landes Nordrhein-Westfalen beschreibt die Veränderungen und Entwicklun- gen der Kindheit und Jugendphase sowie Ent- wicklungen und Schwerpunkte der Kinder- und Jugendhilfe in NRW in der Legislaturperiode 2005 bis 2010. Die besondere Lebensphase „Jugend“

wird u. a. mit folgenden Worten beschrieben:

„Was immer wieder gelingen muss, ist, den Blick für das Besondere, das die Jugendphase ausmacht, zu schärfen und auch die Unsicher- heiten und Unklarheiten, den Zorn und die Ent- täuschungen, die junge Menschen erfahren, zu sehen. Mit der Verallgemeinerung des Attributs

‚jugendlich’, nicht nur für Werbezwecke, droht der Blick auf die Besonderheit der Jugendphase und ihre prägenden Merkmale zunehmend sich zu verlieren.

Diese Besonderheiten sind z. B.

die Suche nach Orientierung, das Lernen, erwachsen zu werden,

das Privileg, in Widersprüchen und Ambiva- lenzen zu verharren,

das Recht auf Experimentieren im Alltag, die Suche nach der Identität der eigenen Rolle, das Verhalten der Geschlechter zueinander.“ 1

1 Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Inte- gration des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) (2010): Bildung, Teilhabe, Integration – Neue Chancen für junge Menschen in Nordrhein-Westfalen. 9. Kinder- und Jugendbericht der Landesre- gierung, Düsseldorf, S. 15

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Vorwort

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Kinder- und Jugendhilfe wird vor dem Hinter- grund der Strategie des Gender Mainstreaming wie folgt beschrieben:

„Insgesamt zeigt sich auch in der Kinder- und Jugendhilfe in Nordrhein-Westfalen, dass weiter- hin eine besondere Herausforderung an eine geschlechtersensible und geschlechtergerechte Gestaltung der Ansätze besteht. Vor dem Hinter- grund der Strategie des Gender Mainstreaming wächst die Bedeutung dieses Ansatzes vor allem in der Kinder- und Jugendarbeit. Dabei geht es nicht primär um besondere Methoden, sondern vielmehr um eine Grundhaltung gegenüber den jeweiligen spezifi schen Belangen von Mädchen und Jungen. Dies erfordert den Blick auf alle Fel- der der Kinder- und Jugendarbeit und nicht allein auf das spezifi sche Angebot der Mädchen- und Jungenarbeit.“ 2

Seit dem Inkrafttreten des Kinder- und Jugendför- derungsgesetzes (3. AG KJHG-KJFöG) in NRW im Jahr 2005 sind fünf Jahre vergangen – Zeit für eine exemplarische Evaluation, wie es in dieser Zeit gelungen ist, die im KJFöG geforderte stärkere Berücksichtigung von Gender Mainstreaming bei Trägern der Kinder- und Jugendhilfe in NRW um- zusetzen. Dieser Bericht geht daher u. a. anhand einer Befragung von sieben Trägern folgenden Fragen nach:

Welchen konkreten Nutzen konnten die befrag- ten Träger der Kinder- und Jugendhilfe in NRW

2 ebd., Seite 95

Welche Projekte und Maßnahmen konnten re- alisiert werden?

Welche förderlichen und hinderlichen Erfah- rungen haben diese Träger bei der Umsetzung von Gender Mainstreaming gemacht?

Welche beispielhaften Praxisprojekte sind bei den Trägern entstanden?

Welche offenen Fragen gilt es zu klären und welchen Unterstützungsbedarf gibt es?

Zum Inhalt dieser Veröffentlichung

In dieser Veröffentlichung werden Maßnahmen zur Umsetzung von Gender Mainstreaming bei Trägern der Kinder- und Jugendhilfe in NRW, die durch die FUMA Fachstelle Gender NRW initiiert und begleitet werden, vorgestellt. Der Stand ihrer Umsetzung, Erfolge, Erschwernisse und nachhal- tige Wirkungen wurden bei den Trägern in leitfa- dengestützten Interviews abgefragt, ausgewer- tet und hier zusammen gestellt. Dieser zweite Praxisbericht schließt inhaltlich an den ersten Praxisbericht der FUMA Fachstelle Gender NRW zur Implementierung von Gender Mainstreaming aus dem Jahr 2006 an3.

3 FUMA Fachstelle Gender NRW (Hrsg.) (2006): Praxisbericht zum Projekt – Gender Mainstreaming bei Trägern der Jugendhilfe in NRW, Essen

Diese Veröffentlichung ist mittlerweile vergriffen, steht allerdings auf der Homepage www.gender-nrw.de als Download zur Verfü- gung.

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Zum Einstieg in das Thema widmen sich im ers- ten Teil Cäcilia Debbing und Uwe Ihlau den Hin- tergründen und Rahmenbedingungen. Sie fassen die Ergebnisse der aktuellen Evaluation zusam- men, die im zweiten Kapitel ausführlich beschrie- ben ist, vergleichen diese rückblickend mit den Ergebnissen der Modellphase aus den Jahren 2004 bis 2006 und leiten daraus Perspektiven für die Zukunft ab. Anschließend setzen sie weitere aktuelle Schlaglichter auf die Thematik aus der Erfahrung der Fachberatung in der FUMA Fach- stelle Gender NRW.

Der zweite Teil stellt zu Beginn die Gender Bau- steine vor. Claudia Wallner fasst systematisch die Interviews, die mit sieben Trägern der Kinder- und Jugendhilfe durchgeführt wurden, zusam- men, wertet sie unter den Fragenstellungen – Er- wartungen, Ziele, Umsetzung und Erfahrungen – umfassend aus und rundet die Darstellungen der jeweiligen Träger mit einem Fachkommentar ab.

Im folgenden dritten Kapitel stellt sich die Praxis vielfältig dar. Vier verschiedene Träger präsen- tieren Umsetzungsbeispiele aus verschiedenen Handlungsfeldern mit unterschiedlichen Umset- zungsebenen, von der strukturellen Ebene bis zur Angebotsebene. Im Anschluss wird ein aktuell laufender Implementierungsprozess und die Ein- bettung in den kommunalen Kinder- und Jugend- förderplan beschrieben.

Hille Lieverscheidt und Andreas Haase geben im vierten Teil einen umfangreichen Einblick in die Gender Trainings. Passend zur biografi schen Di- mension, die jede und jeder zur Genderthematik hat, beschreiben sie ihre jeweils persönlichen Zu- gänge und skizzieren im Weiteren grundlegende Elemente und Faktoren der Trainings.

Als Einblick in die fachlichen Auseinanderset- zungen mit der Thematik und als Ausblick in kon- zeptionelle Verknüpfungen zur Einführung von Gender Mainstreaming schließt dieser Bericht mit zwei Fachartikeln ab.

Birol Mertol zeigt die Relevanz der Verknüpfung von Gender und Ethnizität auf und bezieht sich auf die Verankerung der Themen im Kinder- und Jugendförderungsgesetz NRW. Den oftmals ste- reotypen Zuschreibungen gegenüber Mädchen und Jungen werden anhand differenzierter For- schungsergebnisse Fakten entgegengestellt.

Dies führt zu einer konzeptionellen Verknüpfung der Perspektiven Gender und Ethnizität, auch für die Arbeit in der FUMA Fachstelle Gender NRW.

Passend zu diesem Ausblick vertieft Kerstin Schachtsiek umfassend das Thema Managing Diversity in Verbindung zu Gender Mainstrea- ming. Ein fundierter und ausführlicher Vergleich der beiden Strategien, ihrer Zielsetzungen und Praxisbezüge gibt ein differenziertes Bild für Überschneidungen und Unterschiede sowie der Relevanz für die Kinder- und Jugendhilfe. Herzlich bedanken möchten wir uns an dieser Stelle bei Christiane König für die Mitarbeit zur Koordina- tion der Gender Bausteine und des vorliegenden Praxisberichtes.

Essen, April 2010

Cäcilia Debbing und Uwe Ihlau

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Unsere Bausteine sind:

Einführungsveranstaltung Gendertrainings

Coaching und Beratung Bilanzveranstaltung

Evaluation und Dokumentation Netzwerke

Zielgruppen

Träger und Institutionen, Arbeitskreise und Gremien aus der Kinder- und Jugendhilfe auf kommunaler, regionaler sowie Landesebene

Ziel

Förderung von Chancengleichheit

Zuschnitt

Passgenaues Bausteinangebot entsprechend Ihrer

Bedürfnisse und speziellen Organisationsstruk- tur

Zertifi zierung

Über den Prozess der Einführung von Gender Mainstreaming erhält Ihre Organisation ein Zertifi kat

www.gender-nrw.de

Bausteinangebot der FUMA Fachstelle Gender NRW

Gender Mainstreaming für Träger

der Kinder- und Jugendhilfe

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Gender Mainstreaming bedeutet, bei allen ge- sellschaftlichen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen, da es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt.4

Gender Mainstreaming ist in eine politische Stra- tegie, die für alle Politikfelder ein Instrumenta- rium bereit hält, mit Hilfe dessen Geschlechterge- rechtigkeit und Gleichstellung auf verschiedenen Ebenen gefördert werden kann. Gender Main- streaming ist ein systematisch, sowohl auf die Struktur als auch auf die jeweiligen konkreten Handlungsfelder, wirkendes Verfahren, an dem Frauen und Männer beteiligt sind und diese die jeweiligen Ziele, die sie erreichen wollen für ih- ren Arbeitsbereich selbst defi nieren.

1.1.1 Gesetzliche Grundlagen

Das 3. Ausführungsgesetz des Kinder- und Ju- gendhilfegesetzes (3. AG KJHG-KJFöG) beschreibt die Anforderungen im Kapitel I „Allgemeine Vor-

4 Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

schriften – § 4 Förderung von Mädchen und Jun- gen / Geschlechtsdifferenzierte Kinder- und Jun- gendarbeit“ wie folgt sehr konkret:

„Bei der Ausgestaltung der Angebote haben die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe die Gleichstellung von Mädchen und Jungen als durchgängiges Leitprinzip zu beachten (Gender Mainstreaming). Dabei sollen sie:

die geschlechtsspezifi schen Belange von Mäd- chen und Jungen berücksichtigen,

zur Verbesserung ihrer Lebenslagen und zum Abbau geschlechtsspezifi scher Benachteili- gungen und Rollenzuschreibungen beitragen, die gleichberechtigte Teilhabe und Ansprache von Mädchen und Jungen ermöglichen und sie zu einer konstruktiven Konfl iktbearbeitung be- fähigen,

unterschiedliche Lebensentwürfe und sexuelle Identitäten als gleichberechtigt anerkennen.“

Im Kapitel III unter dem Stichwort „Schwerpunkte“

beschreibt das Gesetz Zielformulierungen, die die Kinder- und Jugendhilfe zu leisten hat. Im § 10 ist als Schwerpunkt die geschlechtsdifferenzierte Mädchen- und Jungenarbeit genannt:

„Zu den Schwerpunkten der Kinder- und Jugend- arbeit zählt [...] die geschlechterdifferenzierte Mädchen- und Jungenarbeit. Sie soll so gestaltet 쐌

⁄ Einleitung

1.1 Rahmenbedingungen in Nordrhein-Westfalen

Cäcilia Debbing und Uwe Ihlau

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werden, dass sie insbesondere der Förderung der Chancengerechtigkeit dient und zur Überwindung von Geschlechterstereotypen beiträgt.“

Gender Mainstreaming bezogen auf die Kinder- und Jugendhilfe zielt somit einerseits auf die Strukturen und Organisationen, andererseits auf die Ausrichtung der Angebote für Mädchen und Jungen und ihre inhaltliche Gestaltung.

Vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Veran- kerung der politischen Strategie Gender Main- streaming und der geschlechtsbezogenen Arbeit im Kinder- und Jugendförderungsgesetz (KJFÖG) in NRW seit 2005 und einer fi nanziellen Förde- rung mit der Position 4.2 im Kinder- und Jugend- förderplan des Landes hat NRW eine bundesweit beispielhaft herausragende Position.

In den vergangenen Jahren konnten in NRW eine Reihe von Maßnahmen und Aktivitäten zur Qua- lifi zierung unter Genderaspekten angeregt und umgesetzt werden.

1.1.2 Aufgaben der FUMA Fachstelle Gender NRW

Der Träger FUMA e.V. ist ein partei- und verbands- unabhängiger Verein zur Förderung von Chancen- gleichheit für Mädchen und Jungen und zur Um - setzung des gesetzlichen Anspruchs auf Gleich - berechtigung. Dort engagieren sich Menschen für die Stärkung von Mädchen und Jungen mit dem Ziel, diesen einen selbstbestimmten Le bensweg zu ermöglichen. Sie setzen sich für eine gesell- schaftliche Kultur der Vielfalt ein und für Lebens- bedingungen, in denen Gleichberechtigung und Geschlechtergerechtigkeit verankert sind und um- gesetzt werden.

Das Ziel der Arbeit ist nicht „Gleichmacherei“

von Mädchen und Jungen / Männern und Frau- en, sondern die Förderung individueller Wünsche und Fähigkeiten, jenseits der klassischen Rollen- klischees, sowie dafür geeigneter Rahmenbedin- gungen.

Die zentrale Aufgabe der FUMA Fachstelle Gen- der NRW ist im Kinder- und Jugendförderplan des Landes festgeschrieben: sie hat die Aufgabe, die Träger der Kinder- und Jugendhilfe in NRW bei der Implementierung von Gender Mainstreaming zu beraten und zu begleiten sowie Impulse für die geschlechtergerechte Weiterentwicklung der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit zu geben.

Darüber hinaus ist es ein Anliegen der FUMA Fach- stelle Gender NRW, durch gezielte Angebote der Qualifi zierung und Beratung zur Verbesserung der Chancengleichheit für Mädchen und Jungen beizutragen und diese in der Vielfalt ihrer Lebens- entwürfe und Vorstellungen zu fördern und zu unterstützen.

Das Aufgabenspektrum der FUMA Fachstelle Gen- der NRW umfasst die Qualifi zierung und Beratung zu Gender Mainstreaming und zur Jungen- und Mädchenarbeit, ReferentInnentätigkeiten, Or ga- nisation und Durchführung von Fachveran stal tun- gen, Fachberatung und Fortbildungen zu unter- schiedlichen Themenfeldern sowie Entwicklung von Arbeitsmaterialien und Handreichungen.

Zu den Zielgruppen zählen die Träger und Fach- kräfte der Kinder- und Jugendhilfe, Fachkräfte aus der vor-, außer- und auch der schulischen Bil- dungsarbeit sowie Mädchen, Jungen und deren Eltern.

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1.2 Zusammenfassung der Ergebnisse und Bilanz

Der vorliegende zweite Praxisbericht zur Umset- zung von Gender Mainstreaming bei Trägern der Kinder- und Jugendhilfe in NRW evaluiert den ak- tuellen Stand anhand qualitativer Interviews mit sieben Trägern und knüpft in seiner Bilanz an die Ergebnisse der ersten Evaluation (2006) verglei- chend an.

Die Einführung von Gender Mainstreaming bei Trägern der Kinder- und Jugendhilfe wurde be- reits im Herbst 2004 als Modellprozess in NRW begonnen. Mittels qualitativer Interviews werden die Ergebnisse und Erfahrungen sowohl der ers- ten fünf Träger der Modellphase wie zwei wei- terer Träger evaluiert (vgl. ausführlich Kapitel 2).

Die Antworten der befragten Träger werden hier unter folgenden Fragestellungen zusammenge- fasst und bilanziert:

Welche Erfolge und welche Hindernisse wur- den in der Modellphase deutlich?

Welche Erfolge und welche Hindernisse zeich- nen sich aktuell und nachhaltig ab?

Welche Veränderungen/ Entwicklungen und welche Beständigkeiten zeigen sich und welche Hinweise geben diese Ergebnisse für die wei- tere Entwicklung und die Zukunft?

1.2.1 Ein Rückblick auf die Erfolge und Hindernisse in der Modellphase:

Die Träger der Modellphase nannten Erfolge auf den verschiedenen Ebenen: Die Angebote für Mäd- chen und Jungen gewannen mehr Zielgruppenge- nauigkeit und eine gen der sensible Herangehens- weise bezogen auf Kon zepte und Methoden.

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Die Anregungen zur Jungenarbeit waren sehr hilf- reich, um die eigene Jungenarbeit und die Män- nerbilder positiv zu beeinfl ussen. Der Aspekt der Stärkung von Mädchen als Unterstützung für die Mädchenarbeit war ebenso wichtig.

Auf der MitarbeiterInnenebene war die Einfüh- rung von Gender Mainstreaming für die Zusam- menarbeit und für die Arbeitszufriedenheit sehr förderlich. Besonders die Arbeit an konkreten Projekten hat die Sensibilisierung für das Thema gestärkt und gefestigt. Eine Sensibilisierung der MitarbeiterInnen hat stattgefunden und die eige- ne Geschlechtsrolle wurde bewusster.

Bei einigen Trägern ging das Thema Gender Main- streaming regelhaft in Besprechungen ein und wurde in der Geschäftsführung verankert, womit es auf die Organisationsebene wirkte. Die Spra- che in einigen Einrichtungen veränderte sich und es wurde bewusster beobachtet und refl ektiert.

Die Gremienkultur veränderte sich positiv bezo- gen auf die Verteilung von Redebeiträgen, das Aufdecken von Benachteiligungsstrukturen und das Klima insgesamt.

Es wurde bewusst auf die Geschlechterverteilung innerhalb der Aufgaben und Hierarchien geach- tet.

Gleichzeitig gab es in der Modellphase eine Rei- he von Hindernissen: Die Verknappung der fi nan- ziellen Ressourcen und Arbeitsverdichtung waren auch in der Modellphase schon ein dominierendes Thema, was sich bis heute durchzieht (s. u.) und zu Schwierigkeiten in der Umsetzung führte.

Eine unklare Steuerung und fehlende personelle Verantwortung für den Prozess beim Träger führ- ten zu mangelnder Kontinuität und damit zu Sto- ckungen des Umsetzungsprozesses.

Die oftmals sehr unterschiedlichen Erfahrungen und Wissensstände der einzelnen Fachkräfte bei

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den Trägern gleichermaßen zu berücksichtigen, stellte sich immer wieder als besondere Heraus- forderung dar.

Vorhandene Konfl ikte und Unzufriedenheiten werden durch die Auseinandersetzung mit Gen- derthemen verhältnismäßig leicht zum Thema – dies kann eine Schwierigkeit werden, z. B.

wenn die in Gender Diskussionen aufgeworfenen Konfl ikte sehr komplex sind, kann aber ebenso eine Chance sein, einen „alten“ Konfl ikt mit neu- er Perspektive zu lösen.

Skeptische Fachkräfte, die aufgrund des Top- down-Verfahrens zur Qualifi zierung verpfl ichtet werden, helfen meistens durch kritische Nachfra- gen, die Ziele und Umsetzungsmöglichkeiten von Gender Mainstreaming klarer, praxisnäher und zielgenauer zu erarbeiten.

Welche Erfolge und welche Hindernisse zeichnen sich aktuell und nachhaltig ab? Welche Verände- rungen/Entwicklungen und welche Beständig- keiten zeigen sich und welche Hinweise geben diese Ergebnisse für die weitere Entwicklung und die Zukunft?

Zusammenfassend sind folgende Aspekte von

den Trägern genannt worden, die über die Mo- dellphase hinaus gehen:

1.2.2 Relevanz von Genderthemen

Alle beteiligten Trägervertreterinnen und -ver- treter gaben eine Einschätzung zur Relevanz des Themas „Gender“ auf einer Skala von 1 (gering) bis 10 (hoch) sowohl zu der Zeit des Implemen- tierungsprozesses als auch der Zeit danach ab.

Auffällig ist, dass bei ca. der Hälfte der Träger die Relevanz nach dem Abschluss des von der FUMA Fachstelle Gender NRW begleiteten Implemen- tierungsprozesses nicht nennenswert nach un- ten gegangen ist. Hier scheint es nach eigener Einschätzung gelungen zu sein, die Relevanz des Themas aus „eigenen Kräften“ hoch halten zu können. Andere Träger teilten diese Einschätzung nicht und gaben an, dass das Gender-Thema im Alltag häufi g von anderen Themen mit höherer Priorität überlagert wird. So schwanken die Ein- schätzungen zur „alltäglichen Relevanz“ auch entsprechend zwischen 4 und 8.

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1.2.3 Externe Begleitung

Die externe Begleitung durch Fachkräfte von außen und die Vernetzung mit anderen beteilig- ten Einrichtungen wurde durchweg von allen Trägern als sehr hilfreich und oft sogar als unab- dingbar bezeichnet. Der Satz „der Prophet bzw.

die Prophetin im eigenen Land zählt nicht viel“

beschreibt den Hintergrund dieser Erfahrung gut.

Auch wenn viele Träger der Kinder- und Jugend- hilfe schon jahrelange Erfahrung in der Bearbei- tung von Geschlechterthemen haben, z. B. durch die Angebote der Mädchen- und Jungenarbeit, braucht es weitere fachliche Anstöße von außen.

Dabei wurde es als besonders hilfreich erlebt, wenn die Einrichtungen auf Expertinnen und Ex- perten aus verschiedenen spezialisierten The- menfeldern zurückgreifen konnten.

1.2.4 Gendersensibilisierung

Erfolgreich und nachhaltig konnte die Sensibili tät und Refl exionsfähigkeit der Fachkräfte für Gender- themen eingeführt werden. Dies bestätigen auch Fachkräfte, die anfangs durchaus skeptisch wa- ren. Die Relevanz von Genderthemen vor dem Hintergrund der Lebenslagen von Mädchen und Jungen, die sich einerseits angeglichen haben und gleichzeitig, besonders in der Verbindung mit ethnischen und sozialen Aspekten, sehr unter- schiedlich sind, wird für die Qualität pädagogi- scher Arbeit nachhaltig anerkannt.

1.2.5 Verankerung auf verschiedenen Ebenen

Nachhaltig erfolgreich ist auch die konzeptionelle Verankerung von Genderthemen bei den Trägern auf der Ebene der Angebote. Die Berücksichti- gung geschlechtsbezogener Aspekte bei der

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Kon zeptionsentwicklung wie auch bei Datener- hebungen ist regelhafter geworden. Dies gilt bei dem überwiegenden Teil der Träger nicht nur für die beteiligten Bereiche und Fachkräfte, die in- tensiv im Qualifi zierungsprozess gearbeitet ha- ben. Die Genderthemen haben auch nach Ablauf der Qualifi zierungsphase auf andere Bereiche der Träger ausgestrahlt.

Diesen Erfolgen auf der Ebene der Angebote und der personellen Ebene stehen auch einige Erfolge auf der strukturellen Ebene gegenüber.

Beispiele für eine erfolgreiche Verankerung von Gender Mainstreaming gibt es bei Trägern in Be- zug auf deren Leitbild, Vorstandsbesetzung und inhaltliche Vorstandsarbeit sowie die personelle Zusammensetzung. Diese Veränderungen gehen zwar mit der Einführung von Gender Mainstrea- ming einher und bekommen auch durch die Qua- lifi zierung anhand der Bausteine einen entspre- chenden Rückenwind, sie können aber nur dann umgesetzt werden, wenn die Zeit, z. B. für perso- nelle Veränderungen, gerade reif ist. Die struktu- relle Verankerung von Gender Mainstreaming ist besonders eng an die grundsätzliche Bereitschaft und Fähigkeit der Träger zu Veränderungen und Entwicklungen gebunden.

Die Veränderung und Weiterentwicklung der Per- sonalpolitik waren bei zwei der beteiligten Trä- ger Projekte, die sie realisiert haben. Das Thema

„gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit“ stand bei einem Träger auf der Agenda. Dieses grundle- gende Thema wurde in enger Abstimmung mit dem Personalrat angegangen. Der diesbezüglich angelaufene Prozess ist noch nicht abgeschlos- sen.

Die geschlechterparitätische Besetzung von Stel - len und die daraus folgende paritätische Zusam- menstellung von pädagogischen Teams war ein

zentrales Anliegen eines weiteren Trägers. Dieses Projekt hat sowohl Auswirkung nach Innen wie auch nach Außen: die Mädchen und Jungen neh- men zeitgleich Männer und Frauen als pädago- gische Bezugspersonen und als „Role Models“

wahr.

Für einen weiteren Träger stand die Verknüp- fung der Themen „Gender und Ethnizität“ ganz oben auf der Prioritätenliste. Die Sensibilisierung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen für die Prozesse von Zuschreibungen in Bezug auf Geschlecht und ethnischer Herkunft sind sehr komplex. Daher wurden entsprechende pädago- gische Konzepte entwickelt, die im Rahmen der außerschulischen Jugendbildungsarbeit erprobt und umgesetzt wurden.

1.2.6 Delegation von Genderthemen

Eine der zentralen Fragen, die viele Träger be- schäftigt, ist die nach dem „Für und Wider“ der Delegation von Zuständigkeiten an eine beauf- tragte Person. Hinter dieser Frage steht auf der einen Seite die Erfahrung, dass es konkrete Men schen braucht, die sich verantwortlich zei- gen, den Implementierungsprozess zu begleiten.

Diese Menschen brauchen dazu entsprechende Kompetenzen (wie z. B. Genderkompetenz und Erfahrung in der Begleitung von Organisations- entwicklungsprozessen), Ressourcen (fi nanzieller und zeitlicher Art) und eine adäquate Einbindung in Entscheidungsstrukturen (Gender Mainstrea- ming ist als Top-down-Strategie angelegt). Ihre Aufgabe ist es, sowohl eine „WächterInnenfunk- tion“ zu übernehmen, als auch „Motor“ für die kontinuierliche Fortsetzung des Implementie- rungsprozesses zu sein. Auf der anderen Seite

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bewirkt das Delegieren der Genderthemen an eine Person manchmal, dass die Beteiligung und Verantwortung aller anderen nachlässt. Wichtig ist, dass möglichst viele Menschen eine entspre- chende innere Haltung und die damit verbunde- ne Sensibilität für Genderthemen haben. Bei zu starker Personalisierung des Themas auf eine Fachkraft besteht zudem die Gefahr, dass jah- relange Prozesse jäh enden, wenn diese Person ihre Zuständigkeit wechselt. Thema und Zustän- digkeit sollten nicht an eine Person, sondern die Koordination von Gender Mainstreaming an eine Stelle gebunden werden, die möglichst paritä- tisch – weiblich/männlich besetzt ist.

1.2.7 Geschlechtergerechtigkeit als gemeinsame Aufgabe

Ein durchgehender zentraler Gewinn im Zuge der Einführung von Gender Mainstreaming ist die Be- teiligung von Frauen und Männern für die The- matik. Genderthemen gehen beide Geschlech- ter an und das fördert neue Kooperationen und Sichtweisen. So wurden durch die Genderthemen die Kooperationen zwischen der Mädchenarbeit und der Jungenarbeit gefördert und/oder erst-

malig aufgebaut. Bei Trägern, die bislang kaum Erfahrungen zur Jungenarbeit hatten, wurde die- se durch andere Angebote der FUMA Fachstelle Gender NRW angeregt und qualifi ziert. Erfahrene Kolleginnen der Mädchenarbeit wurden durch die Genderthemen neu angeregt. Problematisch und wenig hilfreich im Sinne der Geschlechtergerech- tigkeit ist es, wenn die Jungenarbeit zu Lasten der Mädchenarbeit auf- und ausgebaut wird. Die- se Problematik ist in der Praxis ein andauerndes Thema, welches die mögliche gewinnbringende Kooperation oftmals schwer belastet und letztlich eine Absicherung der Mädchenarbeit und der Jun- genarbeit vor Ort erfordert. Die Kooperation zwi- schen Mädchen- und Jungenarbeit ist aktuell bei vielen freien und öffentlichen Trägern Thema.

1.2.8 Finanzdruck und Arbeitsverdichtung Das größte Hemmnis, weshalb die Einführung von Gender Mainstreaming als Gesamtkonzept auf allen Ebenen eines Trägers so schwer fällt, ist nach wie vor der Finanzdruck, der auf der Kinder- und Jugendhilfe lastet. In Zeiten der Arbeitsver- dichtung und Umstrukturierung fällt es schwer, an der Qualifi zierung zu arbeiten, auch wenn das gerade dann unerlässlich ist.

Die stete Verdichtung der fachlichen Arbeit bei gleichzeitig gewachsener Unsicherheit, ob die Ar- beit und die Einrichtung fi nanziell und strukturell abgesichert sind, sind die wichtigsten genann- ten Hindernisse. Viele große Kommunen stehen mittlerweile unter der Finanzaufsicht des zustän- digen Regierungspräsidiums, das die Handlungs- fähigkeit der öffentlichen wie der freien Träger stark einschränkt. Beispiele zeigen das ganze Spektrum von möglichen Auswirkungen dieser

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wechselseitigen Überlagerungen: in einem Fall musste der bereits begonnene Prozess der Im- plementierung von Gender Mainstreaming abge- brochen werden, da während der Implementie- rungsphase Outsourcingprozesse stattgefunden haben, die alle Zuständigkeiten neu geregelt und gleichzeitig existenzielle Ängste bei den betrof- fenen Fachkräften ausgelöst haben. In einem an- deren Fall ruhte der Implementierungsprozess für ein gutes Jahr, bis die Krise überwunden war.

Unter dem Einsparungsdruck ist es besonders schwer und anstrengend, sich mit neuen fach- lichen Fragen zu beschäftigen und Ressourcen, sowohl fi nanzieller als auch personeller Art, für Qualifi zierungsprozesse zur Verfügung zu stel- len.

Gleichzeitig bietet Gender Mainstreaming Chan- cen zur Ressourcenschonung, z. B. durch die Ver- besserung der Zielgruppenansprache der Ange- bote. Perspektivisch wird es weiter wichtig sein, dass Effi zienzpotential von Gender Mainstrea- ming deutlicher zu machen und so Qualifi zierung trotz Kostendruck weiter zu fördern. Somit bleibt auch in Zeiten knapper Mittel für die Umsetzung von Gender Mainstreaming letztlich entscheidend, ob der politische Wille vorhanden ist und eine Zu- nahme von Geschlechtergerechtigkeit tat säch lich angestrebt wird.

1.2.9 Gesamtkonzeption

Als übergeordnete Frage bleibt, wie Gender Main- streaming als Gesamtkonzept umzusetzen ist.

Welche Bedingungen müssen zusammen kom- men, um das Ziel der Gesamtkonzeption umzu- setzen? Insbesondere da Gender Mainstreaming ein Top-down-Verfahren ist, welches das Ziel hat,

auf allen Ebenen und in allen inhaltlichen Berei- chen Gendersensibilität zu verankern.

Elisabeth Helming und Rheinhild Schäfer bilan- zieren im Rahmen der Evaluation der Berücksich- tigung von Gender Mainstreaming bei Trägern, die aus Mitteln des Kinder- und Jugendplan des Bundes gefördert werden:

„Gender Mainstreaming ist insgesamt […] weni- ger ein linearer Prozess, wie es viele Programma- tiken versprechen, sondern ein eher `mäandern- der´ Pro zess der Organisationsentwicklung.“ 5 Hier gilt es, sowohl weiter an dieser Zielset- zung zu arbeiten, als auch die Wirksamkeit eines kleinschrittigen Prozesses, der manchmal einem schlängelnden Fluss gleichen mag als Fortschritt anzuerkennen sowie die Komplexität nachhalti- ger Wirkungen nicht zu unterschätzen.

1.2.10 Vernetzung

Vernetzung und Austausch, wie sie den Trägern bei den jährlichen Vernetzungstreffen ermöglicht wird, wird allseits geschätzt, wenn auch nicht im-

5 Helming, E./ Schäfer, R. (2006): Viel Gegacker und kein Ei?

In: Deutsches Jugendinstitut e.V. (Hrsg.): DJI Bulletin 75, Gender, 2/2006, München, S. 21

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mer wahrgenommen. Ein jährliches Treffen mit einem inhaltlichen Input und einem fachlichen Austausch hält das Thema lebendig und fördert vorab auch immer wieder das Nachfragen bei den eigenen KollegInnen. Gewünscht wird hier seitens der Träger weiterhin Kontinuität und eine praxisbezogene Arbeitsweise bei den Treffen selbst.

1.2.11 Qualitätssicherung

Bilanzierend ist auch ein kritischer Blick auf die Gender Bausteine als solche und deren Systema- tik zu werfen. In den vergangenen Jahren, seit Abschluss der Modellphase 2006, haben sich die Bausteine im Wesentlichen bewährt und sind in ihrer Grundstruktur gleich geblieben. Die Kontinu- ität der Grundstruktur geht einher mit einer ho- hen Flexibilität, bei der die inhaltlichen Schwer- punkte, die methodische Herangehensweise und nicht zuletzt das zeitliche Setting je nach Bedarf des Trägers spezifi sch abgestimmt werden. Ak- tuell werden z. B. auf Anregung eines Trägers hin Fragebögen entwickelt, mit denen die Interessen und Vorkenntnisse der Fachkräfte erfragt wer- den, die an den Gender Trainings teilnehmen. So können die Trainings und die Planung und Umset- zung konkreter Projekte besser vorbereitet und abgestimmt werden.

Die Beständigkeit der Bausteine als solches geht einher mit einer fortdauernden Überarbeitung der Inhalte der Bausteine: alle Themen und Me- thoden werden im Dialog zwischen Praxis und Theorie ständig weiter entwickelt.

1.2.12 Fazit

Perspektivisch sehen die Träger die Relevanz der Genderthemen als Gegenwarts- und Zukunftsthe- men, auch wenn aktuell der Kostendruck das Thema in den Hintergrund drängt. Die Unter- schiedlichkeit der Lebenslagen von Mädchen und Jungen, die absehbar aufkommenden Konfl ikt- linien, die sich aus Umfragen zu den Interessen und Lebensvorstellungen von Mädchen und Jun- gen ergeben, zeigen, dass das Thema eher wie- der an Bedeutung gewinnt als verliert. Die An- gebote der Kinder- und Jugendhilfe sowie auch Betreuungs-, Erziehungs- und Bildungsangebote werden sich mit dieser Thematik weiter ausein- andersetzen müssen.

Eine wichtige aktuelle Aufgabe ist es, die be- gonnene Verknüpfung der Genderperspektive mit der Diversityperspektive, mit ethnischen und sozialen Aspekten, in den Angeboten und Struk- turen der Kinder- und Jugendhilfe zu vertiefen.

Die Themen stehen meistens eher nebenein- ander und eine unmittelbare Verknüpfung, ent- sprechend der Unmittelbarkeit der Lebenslagen von Mädchen und Jungen, ist unerlässlich. Beide Themen sind im Kapitel 5 dieser Veröffentlichung ausführlich dargestellt. Es wird deutlich, dass es sowohl Überschneidungen als auch Unterschiede gibt, die nicht zuletzt darauf hinweisen, dass Gender Mainstreaming relevant bleibt. Die Ver- knüpfung und Abgrenzung dieser Themenfelder, immer mit dem Blick auf die Relevanz für die Pra- xis, wird in den Angeboten der FUMA Fachstelle Gender NRW weiter zum Tragen kommen.

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17 1.3 Praxisbeispiele aus

der Fachberatung der

FUMA Fachstelle Gender NRW

Neben den, im Rahmen der Evaluation befragten Trägern (vgl. folgendes Kapitel 2) kooperiert die FUMA Fachstelle Gender NRW mit einer Vielzahl weiterer Träger in NRW und bundesweit aus den unterschiedlichsten Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe und mit Schulen. Im Folgenden sind einige Beispiele aufgeführt, die zeigen, auf welchen Ebenen Genderthemen vorangebracht und weiterentwickelt werden. Diese Auswahl ver- deutlicht die Vielfalt der Anknüpfungspunkte, die inhaltliche Bandbreite und die sehr unterschied- lichen Bedarfe und Strukturen vor Ort. Schließ- lich liefern diese Beispiele Anhaltspunkte für das große Spektrum der KooperationspartnerInnen, mit denen die FUMA Fachstelle Gender NRW seit Jahren zusammenarbeitet.

Dortmund:

Der „Arbeitskreis Gender“ hat in Kooperation mit der FUMA Fachstelle Gender NRW eine „Gender Broschüre“ entwickelt und veröffentlicht. Sie beschreibt Standards für die freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Dortmund. Der Ar- beitskreis Gender setzt sich aus Vertretern und Vertreterinnen der freien und öffentlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe zusammen.

Espelkamp:

Das Jugendamt der Stadt hat beim Neubau eines Jugendzentrums die fachliche Unterstützung und Beratung der FUMA Fachstelle Gender NRW zur Berücksichtigung von Gender Aspekten in der Ar- chitektur und Planung in Anspruch genommen.

Köln:

Die Landesarbeitsgemeinschaft der Katholischen Offenen Arbeit wurde bei der Initiierung eines

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18

Arbeitskreises Jungenarbeit sowie bei der Quali fi - zierung und Vernetzung mit dem Arbeitskreis Mäd chenarbeit beraten und unterstützt. Die FU- MA Fachstelle Gender NRW führte in diesem Rah- men mehrere Fortbildungsveranstaltungen durch.

Moers:

Das Grafschafter Gymnasium lud die FUMA Fach- stelle Gender NRW für eine Qualifi zierung und Kon zeptberatung zur Berücksichtung von Gen- derthemen bei der Schulprogrammarbeit und Leitbildentwicklung der Schule ein.

Gladbeck:

Das Jugendamt initiierte eine Veranstaltungsreihe zur Kooperation der Arbeitskreise der Mädchen- und Jungenarbeit, die fachlich durch die FUMA Fachstelle Gender NRW begleitet wurde.

Gevelsberg:

Die Gleichstellungsstelle beauftragte die FUMA Fachstelle Gender NRW mit der Qualifi zierung der Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas in Bezug auf geschlechtersensible Pädagogik und geschlechtsrefl ektierter Ausstattung der Einrich- tungen.

Essen:

In Kooperation mit dem Arbeitskreis Jugend (AKJ) der Stadt und der Gewaltakademie Villigst führt die FUMA Fachstelle Gender NRW eine Qualifi - zierungsreihe zur Deeskalation und Prävention von Gewalt unter Berücksichtigung von Gender- aspekten in den offenen Einrichtungen der frei- en Träger der Kinder- und Jugendhilfe durch und begleitet die Träger beim Aufbau eines entspre- chenden kommunalen Netzwerkes.

Bochum:

Das Fanprojekt des Fußballbundesligisten VFL Bo- chum konnte durch die Unterstützung der FUMA Fachstelle Gender NRW die genderpädagogische Arbeit mit Schülerinnen und Schülern im Rahmen des Projektes „soccer meets learning“ konzepti- onell verankern.

Leverkusen:

Das Jugendamt wurde bei der Entwicklung von Leitlinien zur geschlechterdifferenzierten und geschlechtsbewussten Arbeit mit Mädchen und Jungen in der Leverkusener Kinder- und Jugend- hilfe fachlich unterstützt und beraten.

Köln:

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklä- rung konnte durch die FUMA Fachstelle Gender NRW bei der Verbesserung der Zielgenauigkeit und der Weiterentwicklung des Konzeptes unter Gender Aspekten des bundesweiten Projektes

„Komm auf Tour Parcours“ unterstützt werden.

Gelsenkirchen:

Beim Berufskolleg wurden exemplarisch Gender- themen in die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern eingebracht.

Oberhausen:

Die Evangelische Jugend konnte stadtweit gen der- pädagogische Arbeit mit allen Konfi rmandinnen und Konfi rmanden mit Hilfe von Modulen des Gender Parcours „mischen is possible“ konzepti- onell verankern und regelmäßig durchführen.

Werl:

Das Jugendamt qualifi zierte durch Fortbil dungen zur gendersensiblen und gegengeschlecht lichen

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Arbeit ihre Unterstützungskräfte der Offe nen Ganztagsschule.

Im Anschluss an die Beispiele aus NRW soll nun noch ein Blick „über den Tellerrand“ mit zwei Beispielen aus anderen Bundesländern, bei de- nen die FUMA Fachstelle Gender NRW in der An- fangsphase den Prozess unterstützt und begleitet hat, gegeben werden:

Marburg–Biedenkopf:

Fachbereich Familie, Jugend und Soziales (Kreis- jugendamt): Aus der Fülle der Maßnahmen, die hier in den letzten Jahren im Zuge der Implemen- tierung von Gender Mainstreaming geplant und umgesetzt wurden, seien drei Beispiele genannt:

Entwicklung und Verabschiedung von Leitlinien zur Weiterführung und Umsetzung einer ge- schlechterbewussten Kinder- und Jugendhilfe nach dem Prinzip des Gender Mainstreaming in enger Kooperation mit der AG Jungenarbeit, der AG Mädchengerechte Jugendhilfe sowie der Frauenbeauftragten.

Etablierung eines „Fachgremiums Gender“ auf der Verwaltungsebene des Fachbereichs, in dem alle Fachdienste des Amtes vertreten sind und Standards für ihr Fachgebiet entwickeln. Die- se entwickeln aktuell erste Teilprojekte in ihren Fachdiensten. Beteiligt sind die Fachdienste:

Allgemeiner Sozialer Dienst, Wirtschaftliche Ju- gendhilfe, Vormundschaftswesen und Unter- haltsvorschuss, Jugendgerichtshilfe, Kita und Heim sowie Jugendförderung inklusive dem Bereich Übergang Schule und Beruf ( Jugendbe- rufshilfe).

Initiierung einer Gender AG der freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe, Vereine und Ver- bände der Jugendarbeit, die dadurch angeregt werden, den Prozess in ihren Einrichtungen anzustoßen bzw. sich in dieser AG über begon- nene Entwicklungen austauschen können.

Einmal jährlich wird im Jugendhilfeausschuss des Landkreises Marburg-Biedenkopf über den Fortgang des Prozesses berichtet.

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20

Frankfurt, Jugendamt:

In Frankfurt koordiniert die „Gender Pilotpro- jekte-Gruppe“ die einzelnen Aktivitäten, die im Rahmen der Einführung von Gender Mainstrea- ming beim Jugendamt in Frankfurt zurzeit laufen.

Einen Ausgangspunkt hatte der Prozess in der verstärkten Kooperation der Arbeitskreise der Mädchen- und Jungenarbeit, der durch mehrere Veranstaltungen der FUMA Fachstelle Gender NRW begleitet wurde.

Im Anschluss an diesen Blick auf die Bandbreite der Träger, die zur Zielgruppe der Fachberatung zählen wird in dem hier folgenden Kapitel 1.4 ein Einblick in aktuelle Themen und das inhaltliche Spektrum gegeben.

1.4 Genderaspekte in

verschiedenen Bereichen und Handlungsfeldern

In gebotener Kürze wird im Folgenden eine Aus- wahl aktueller Genderaspekte in verschiedenen Handlungsfeldern der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen beleuchtet.

1.4.1 Geschlechterrollen im Wandel

Im Zuge einer sich rasant wandelnden Gesell- schaft, in Bezug auf ihre sozialen Strukturen, ihre ökonomischen und technologischen Strukturen wandeln sich auch die Geschlechterrollen. Mäd- chen wie Jungen werden mit teilweise wider- sprüchlichen Erwartungen konfrontiert – traditi- onelle und veränderte, erweiterte Rollenbilder

stehen gleichzeitig nebeneinander. Daraus er- wachsen für Mädchen wie für Jungen eine Reihe neuer Möglichkeiten, beispielsweise in der Be- rufswahlorientierung. Ob die Mädchen und Jun- gen diese Chancen nutzen, hängt nicht allein mit den persönlichen Vorlieben und Wünschen zu- sammen, sondern ist u. a. auch geprägt von der gesellschaftlichen Akzeptanz im direkten Umfeld des jungen Menschen. Trotz Veränderungen in der Arbeitswelt, in Ausbildungsberufen und Stu- diengängen ist z. B. eben das Berufswahlverhal- ten weiter stark geschlechtsspezifi sch segmen- tiert.

Die neuen Möglichkeiten können auch zum Ge- fühl von Überforderung führen, da die an Jungen wie Mädchen gerichteten Erwartungen oftmals als gegensätzlich erlebt werden. Ebenso sind die Lebensvorstellungen von Mädchen wie Jungen selbst durch Vielfalt und auch Widersprüchlich- keiten gekennzeichnet. Diese Widersprüche nicht allein als individuelles Problem zu begreifen, son- dern die komplexen gesellschaftlichen Kontexte und Bedingungen zu berücksichtigen, ist Teil der Arbeit zum Gender Mainstreaming. Ein Beispiel ist die Vereinbarkeit von Elternschaft und beruf- licher Karriere für beide Geschlechter.

Ein weiterer sich verändernder Faktor ist die eth- nische Vielfalt der Gesellschaft, insbesondere in der jungen Generation. Ethnische Aspekte prä- gen die Veränderungen von Geschlechterrollen- bildern zunehmend mit. Sie führen zu weiteren Facetten davon, was als „typisch weiblich“ und

„typisch männlich“ verstanden und interpretiert wird und sie sind für viele Mädchen und Jungen Orientierungslinien, die es zu erkennen und zu refl ektieren gilt.

Die Auseinandersetzung mit den sich verändern- den gesellschaftlichen Rollenbildern und Ent -

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21

wür fen der Geschlechterrollen ist unter „[…]

Berücksichtigung mehrerer Faktoren und in ver- schiedenen gesellschaftlichen Kontexten erfor- derlich, die sich gegenseitig auf vielschichtige Art und Weise bedingen.“ 6

Dazu zählen strukturelle, kulturelle und individu- elle Faktoren.

Mit den traditionellen Rollenbildern sind Mädchen und Jungen für die Anforderungen der Gegenwart nicht mehr gut aufgestellt. Das Entwickeln und Finden eines individuell passenden Rollenbildes ist ein Zusammenspiel zwischen gesellschaftlich- kulturellen Anforderungen, sozialen Zugehörig- keiten und Bedingungen sowie des Selbstver- ständnisses/ der Selbstinszenierung eines jeden Jungen und jedes Mädchens. Die fortschreitende Flexibilisierung der Geschlechterrollen kann von Mädchen und Jungen als Erleichterung aber auch als Verunsicherung wahrgenommen werden. Sie bedürfen einer qualifi zierten, individuellen Unter- stützung. Genderthemen müssen als Standard in die Aus-, Fort- und Weiterbildung aller sozialen und pädagogischen Betreuungs- und Bildungsbe- rufe weiter eingeführt werden.

1.4.2 Ein Blick auf die Mädchen- und Jungenarbeit

Ging es zunächst darum, Geschlechtergerech- tigkeit vor allem mit dem Fokus des Benachtei- ligungsabbaus von Mädchen und Frauen voran zu treiben, so hat sich mit dem gemeinsamen Blick von Frauen und Männern auf Mädchen und

6 DJI München (Hrsg.) (2009): Stellungnahme des Bundes- jugendkuratoriums. Schlaue Mädchen – Dumme Jungen? Gegen Verkürzungen im aktuellen Geschlechterdiskurs. München S. 21

Jungen im Zuge von Gender Mainstreaming auch eine große Sensibilität für die Anliegen der Jun- gen entwickelt.

In den Fokus der öffentlich geführten Geschlech- terdebatte sind insbesondere vermeintliche Defi - zite von Jungen geraten. Ausgelöst durch die z. T.

sehr undifferenzierte Berichterstattung in den Medien, hat sich die Politik des Themas auf meh- reren Ebenen angenommen.

Angestoßen durch den Minister für Generati- onen, Frauen, Familie und Integration des Landes NRW, Armin Laschet, wurde die Landesinitiative Jungenarbeit 2007 ins Leben gerufen. Diese Initi- ative wird von der FUMA Fachstelle Gender NRW koordiniert und in Kooperation mit der LAG Jun- genarbeit NRW durchgeführt. Sie endet im De- zember 2010 (siehe www.initiative-jungenarbeit.

nrw.de).

Auf Bundesebene hat das Thema Einzug in den Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Regierung gefunden. Ein Ergebnis ist die Einrichtung des Referates „Jungen- und Männerpolitik“ im Bun- desfamilienministerium. Im Januar 2010 fand ein erstes Treffen zur Planung einer bundesweiten Vernetzung der Jungenarbeit statt. Dieser Pro- zess befi ndet sich noch in der Entwicklungspha- se. Deutlich wird, dass sich das Arbeitsfeld der geschlechtersensiblen Arbeit mit Jungen in den letzten Jahren stark weiterentwickelt hat.

Die Mädchenarbeit steht im Kontext von Gender Mainstreaming in den letzten Jahren vor der He- rausforderung, den Rückenwind der Jungenarbeit nicht gleichzeitig als Rückenwind für geschlechts- bezogene Arbeit insgesamt zu erleben, sondern als Gegenwind.

Tenor in den Medien sind seit einigen Jahren die

„Alpha Mädchen“ – ein Bild, in dem eine neue Generation von Mädchen die Jungen überholt.

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22

Mediale Inszenierungen betonen die Konkurrenz zwischen Mädchen und Jungen und stellen Mäd- chen als Gewinnerinnen, Jungen als Verlierer dar.

Damit wird ein großer Teil der realen Lebens- lagen von Mädchen und Frauen in Deutschland ebenso außer acht gelassen wie die Lebenslagen der Jungen und Männer.

Zu den aktuellen Lebenslagen von Mädchen zählen einerseits Gewinne, wie z. B. ihre durch- schnittlich besseren Schulabschlüsse, anderer- seits zählen beharrliche Benachteiligungsstruk- turen zu den Lebenslagen, wie z. B. dass diesen guten Abschlüssen nicht entsprechende Berufs- und Karrierechancen folgen.

Für die Förderung von Kindern und Jugendlichen ist es wichtig, Mädchen und Jungen mit ihren Ge- meinsamkeiten und Unterschieden gleicherma- ßen in den Blick zu nehmen und die dringend er- forderliche neue Aufmerksamkeit für die Belange der Jungen nicht gegen eine entsprechende Be- rücksichtigung der Mädchen auszuspielen. Einen aufmerksamen Blick auf Mädchen richtet die von der FUMA Fachstelle Gender NRW neu aufge- baute Datenbank Mädchenarbeit, in der Ange- bote der Mädchenarbeit freier und öffentlicher Träger sich präsentieren, austauschen, vernetzen und gegenseitig anregen. (www.gender-nrw.de) In der Fachberatung ist es wichtig, die Unter- schiede und Gemeinsamkeiten zwischen der Mädchenarbeit und der Jungenarbeit anzuerken- nen und den jeweiligen Träger, die Kommune oder den Kreis mit den jeweiligen strukturellen und gewachsenen Besonderheiten wahrzuneh- men. Deutlich wird, dass auch die Mädchenarbeit weiter Unterstützung braucht. Die Kooperation zwischen Jungen- und Mädchenarbeit kann sehr erfolgreich und fruchtbar sein, wenn sie nicht in Konkurrenz oder Zwangsgemeinschaft gesetzt

werden. Gerade in der gegenseitigen Anerken- nung liegen die Chancen für den Gender Dialog.

1.4.2.1 Kooperation der Mädchen- und Jungenarbeit

Auf der Ebene der Arbeitskreise der Mädchen- und Jungenarbeit in den Kommunen und Land- kreisen gibt es, angestoßen durch die politische Strategie Gender Mainstreaming, zunehmend Ko ope rationen. Beispiele für diese Prozesse sind die Städte Bielefeld, Münster oder Gladbeck. Al- lerdings sind die Prozesse im Einzelnen kaum zu vergleichen, denn es gibt eine Reihe von Fakto ren, die entscheidend für den Prozessverlauf sind:

die (Entstehungs)-geschichten der Arbeitskrei- se der Mädchen- und Jungenarbeit sind vor Ort sehr unterschiedlich

vor Ort gibt es sehr unterschiedliche Traditi- onen und Kulturen der Kooperationen und der Zusammenarbeit

die Zielstellung und Beschreibung der ge- wünschten Ergebnisse variiert von Fall zu Fall.

Entscheidend für das Gelingen dieser Prozesse ist die Berücksichtigung dieser Faktoren und die Be- gleitung durch eine (externe) Moderation. Au- ßerdem sind zwischenmenschliche, vertrauens- bildende und vorurteilsabbauende Maßnahmen und Rahmenbedingungen hilfreich. Schließlich kön- nen diese Prozesse nur gelingen, wenn die Koope- rationen als ergebnisoffene Prozesse angelegt sind und nicht überlagert werden von Einsparungs- zielen, sei es auf der Ebene des Personals oder der fi nanziellen Ausstattung der Arbeitsfelder.

1.4.2.2 Offene Kinder- und Jugendarbeit Für das Arbeitsfeld der Offenen Kinder- und Ju- gendarbeit in NRW gibt es zwei relevante Bezü- ge zum Geschlechterthema: die aktuell im Januar 쐌

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23

2010 veröffentlichte 4. Strukturdatenerhebung zum Berichtsjahr 2008 hat bei der Analyse der StammbesucherInnen einen kontinuierlichen Rückgang der Anzahl der Mädchen und jungen Frauen festgestellt, die die offenen Einrichtungen regelmäßig besuchen: von 37 % im Jahr 2004 auf nur noch 34 %. Der Bericht beschreibt hier die Fragen, die es zu beantworten gilt: Wie ist dieser rückläufi ge Trend zu erklären? Ist die Offene Kin- der- und Jugendarbeit für Mädchen und Frauen noch attraktiv? Fehlt es an örtlichen Strukturen, das Thema geschlechtsspezifi sche Arbeit mit Mädchen und Jungen ausreichend in die kom- munalen Kinder- und Jugendförderplänen zu in- tegrieren?

Der zweite Bezug zum Thema besteht in dem steigenden Qualifi zierungsbedarf der Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter in der offenen Arbeit.

Der Anteil des hauptberufl ich tätigen Personals mit Diplom-Sozialpädagogik oder -Sozialarbeit bzw. Bachelor-Abschluss ist gegenüber 2004

um 2,6 % gesunken. Da das Arbeitsfeld der ge- schlechtersensiblen Arbeit eine entsprechende Qualifi zierung von Gender Kompetenzen bedarf, wird in diesem Trend ein erhöhter Fortbildungs- bedarf deutlich.

Die steigende Notwendigkeit, vermehrt auch In- terkulturelle Kompetenzen in die Offene Arbeit einzubringen, stellt eine weitere Herausforde- rung für dieses Arbeitsfeld dar, die u. a. durch veränderte BesucherInnenstrukturen notwendig werden.

1.4.2.3 Kindertageseinrichtungen

Ein Blick in die Kitas und Familienzentren zeigt, dass Genderthemen in diesen Arbeitsfeldern ebenfalls deutlich an Bedeutung gewonnen ha- ben. Dies macht sich unter anderem an den stei- genden Zahlen der Anfragen aus diesen Berei- chen deutlich, die die FUMA Fachstelle Gender NRW aus diesen Arbeitsfeldern erreichen.

In der frühkindlichen und vorschulischen Arbeit

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wächst das Bewusstsein, wie wichtig die prä- gende Wirkung bereits für kleine Kinder in Bezug auf die Erweiterung der Geschlechterrollenfl exi- bilität ist. Dies muss Auswirkungen für die Gestal- tung und Ausstattung der Räume und für die Aus- und Fortbildung der Fachkräfte haben. Außerdem wird in diesem Arbeitsfeld die öffentliche und fachliche Debatte um die Bedeutung von männ- lichen Fachkräften in der frühen Begleitung der Mädchen und Jungen sehr intensiv geführt.

So gibt es mittlerweile eine Reihe von Angeboten für Jungen, Schnupperpraktika in Kitas zu machen.

Diese Angebote werden nicht nur im Rahmen des in einigen Städten analog zum „Girls` day“ durch- geführten „Boys` day“ gemacht. Es gibt auch Ansätze, die Themen „Förderung der Lesekom- petenz von Jungen“ und Erweiterung des Berufs- wahlspektrums zu kombinieren und Jungen als

„Vorleser“ in Kindertageseinrichtungen einzubin- den. Bundesweite Projekte wie „Neue Wege für Jungs“ oder das sich bundesweit entwickelnde Projekt des Paritätischen Bundesverbandes „So-

ziale Jungs“ fördern diese Entwicklung aktiv.

Die Selbstorganisation und fachliche Auseinan- dersetzung der Fachmänner mit ihrer Rolle und Aufgabe in der vorschulischen Bildung entwickelt sich ebenfalls weiter. Sie fi ndet beispielsweise ih- ren Niederschlag in bundesweiten Fachtagungen.

(www.maennerinkitas.de) 1.4.2.4 Schulen

Aus Sicht der FUMA Fachstelle Gender NRW be- obachten wir bei den Schulen in NRW ebenfalls punktuell eine Entwicklung, die Themen Ge- schlechterrollenvielfalt und geschlechterdifferen- ziertes Lernen verstärkt in den Blick zu nehmen.

Entsprechende Anstöße gehen dabei häufi g von der Kooperation mit der Jugendarbeit und von einzelnen Lehrerinnen oder Lehrern bzw. Schul- sozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern aus, die verschiedene Projekte in den Schulen anre- gen und forcieren. Es gibt aber auch Beispiele von Schulen, die die Genderthematik breit ange- legt in ihr Schulprogramm aufnehmen und diesen Aspekt als wichtigen Beitrag zur Qualitätsent- wicklung ihrer Schule begreifen.

Der Gender Parcours „mischen is possible“ spielt bei der Einbindung von Genderthemen im schu- lischen Kontext ebenfalls eine wichtige Rolle. Die- ser Parcours bietet ein fertiges Konzept, das bei Projekttagen in Schulen direkt umgesetzt werden kann. Er entfaltet seine Wirkung an den Schulen in zwei Richtungen: die Schulung von Lehre- rinnen und Lehrern, die im Rahmen des Parcours begleitend an den Schulen durchgeführt wird, sensibilisiert und qualifi ziert die Lehrenden in gleicher Weise. So werden Lehrkräfte, die bereits Interesse an Geschlechterthemen mitbringen, neu gestärkt und bisher weniger in die Thematik eingebundene Kollegen und Kolleginnen als neue

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PartnerInnen für dieses Thema gewonnen. Au- ßerdem gewinnen die beteiligten Schülerinnen und Schüler (z. T.) Interesse an dem Thema und fordern dies ggf. bei der Berücksichtung im schu- lischen Alltag (und darüber hinaus) ein.

Praxisprojekt Gender Parcours

„mischen is possible 2.0“

Manches Mal braucht die Beschäftigung mit dem Genderthema auch einen Anstoß durch ein kon- kretes Projekt, um nachhaltigere Wirkungen auch auf der strukturellen und personellen Ebene zu erzielen. Hier hat der Gender Parcours „mischen is possible“ in den letzten Jahren eine wichtige Funktion erfüllt.

Im Rahmen dieses Parcours können sich Mäd- chen und Jungen in z. T. geschlechtsgetrennten und –gemischten Gruppen mit einigen Facetten des Themas beschäftigen, wie z. B. äußere Zu- schreibungen und innere Wünsche, geschlechts- refl ektierte Lebens- und Berufsplanung oder Lie- be, Freundschaft, Sexualität. Der Parcours startet aktuell in der stark überarbeiteten Fassung „mi- schen is possible 2.0“. Weitere Einzelheiten zu diesem Angebot sind auf der Homepage www.

gender-nrw.de zu fi nden.

Gleichstellungsstellen

Nicht zu vergessen ist die wichtige Arbeit der Gleichstellungsstellen vor Ort. Sie sind ebenfalls oft unterstützend tätig, wenn es darum geht, Gender Mainstreaming in kommunale Gremien und Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe ein- zubringen.

Es gibt einige positive Beispiele, wie z. B. Güters- loh, Königswinter, Rhein-Sieg-Kreis oder Biele- feld, in denen die Gleichstellungsstellen aktiver

Motor sind, die seit vielen Jahren kontinuierlich und mit konkreten Projekten die Zusammenar- beit zwischen Trägern der Jugendhilfe und Schu- len unter Gender Aspekten fördern.

Am Standort Essen gibt es seit dem Bestehen der FUMA Fachstelle Gender NRW eine gute und enge Kooperation mit der Gleichstellungsstelle der Stadt Essen.

Literatur

FUMA Fachstelle Gender NRW (Hrsg.), (2006):

Praxisbericht zum Projekt – Gender Mainstrea- ming bei Trägern der Jugendhilfe in NRW, Es- sen

FUMA Fachstelle Gender NRW (Hrsg.), (2006):

Gender Mainstreaming bei Trägern der Jugend- hilfe in NRW – Evaluationsbericht zum Projekt, Essen

Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), (2005):

Gender Mainstreaming. Mädchen und Jungen in der Kinder- und Jugendhilfe in Nordrhein- Westfalen. Expertise zum 8. Kinder- und Ju- gendbericht der Landesregierung NRW, Düssel- dorf

FUMA Fachstelle Gender NRW (Hrsg.), (2005):

Dokumentation der landesweiten Fachtagung

„Auch das noch?!“ Gender Mainstreaming in der Kinder- und Jugendhilfe in NRW, Essen 쐌

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2.1 Modellphase und Gender Bausteine

Dr. Claudia Wallner

Die Einführung von Gender Mainstreaming bei Trägern der Kinder- und Jugendhilfe hat mit der Verankerung von Gender Mainstreaming und ge- schlechterdifferenzierter Arbeit im Kinder- und Jugendförderungsgesetz in NRW (3. AG KJHG- KJFöG) seit 2005 einen gesetzlichen Rahmen er- halten.

Vor diesem Hintergrund hat die FUMA Fachstel- le Gender NRW einen modellhaften Prozess zur Einführung von Gender Mainstreaming und zur Weiterentwicklung geschlechtersensibler Arbeit angestoßen, in dem ab Herbst 2004 fünf Träger der Jugendhilfe aus unterschiedlichen Handlungs- feldern eine Bausteinreihe durchliefen.

Diese Modellphase wurde umfassend evaluiert7 und die konkreten Prozesse und Umsetzungen bei den Trägern wurden in einem ersten Praxis- bericht8 dargestellt.

Aus den Erfahrungen dieser ersten Träger wur- den Gender Bausteine entwickelt, die seit Juni 2006 zum fortlaufenden Regelangebot der FUMA Fachstelle Gender NRW gehören.

7 FUMA (Hrsg.) (2006): Gender Mainstreaming bei Trägern der Jugendhilfe in NRW. Evaluationsbericht zum Projekt, Essen 8 FUMA (Hrsg.) (2006): Praxisbericht zum Projekt „Gender Mainstreaming bei Trägern der Jugendhilfe in NRW“, Essen

2.1.1 Die Gender Bausteine bestehen aus:

Einführungsveranstaltung für alle Fachkräfte als ganztägige Tagung zu den Grundlagen von Gender Mainstreaming, zu Analyseinstrumen- ten, zu Gendersensibilisierung, zum Verhältnis von Mädchenarbeit und Jungenarbeit u. a.

Gender Trainings für max. 18 Fachkräfte – mög- lichst geschlechterparitätisch – als 3-tägige in- tensive Qualifi zierung zur Sensibilisierung und praxisbezogenen Konzeption und Umsetzung von Genderprojekten. Der ersten beiden Tage folgen direkt aufeinander, der 3. Tag folgt ca. ½ Jahr später.

Bilanzveranstaltung für alle Fachkräfte als Ta- gesveranstaltung zur Auswertung der Prozesse, Resümee und Zukunftsplanung sowie Arbeits- gruppen zur Vertiefung.

Coaching bei Bedarf für Teams und Leitungs- kräfte zur Bearbeitung spezifi scher einrich- tungs- bzw. trägerbezogener Fragestellungen.

Selbstevaluation und Dokumentation – Anlei- tung und Unterstützung.

Zertifi kat über den gesamten Prozess für den Träger; Gender Training-Zertifi kate für die Teil- nehmenden der Trainings.

Vernetzungstreffen für TrägervertreterInnen zum Austausch und zur Weiterentwicklung nach Abschluss der Projektphase.

Seit 2007 gibt es kontinuierlich Träger in NRW, die sich für die systematische Einführung von Gender Mainstreaming auf der Ebene der Angebote, des Personals und der Organisation entscheiden und die Gender Bausteine buchen. Die Träger ver- 쐌

쐌 쐌

2 Evaluation

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pfl ichten sich hier vertraglich, über einen län- geren Zeitraum von durchschnittlich ca. 1,5 Jah- ren Ressourcen für den Prozess zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig wird der Vertrag und der Prozess mit dem Träger individuell abgestimmt, bezogen auf die spezifi schen Strukturen, Vorer- fahrungen, Ziele und Wünsche des Trägers.

2.2 Implementierungsprozesse von Gender Mainstreaming in der Refl exion –

vom Ziel über die Realität zur Perspektive

Um die vielfältigen Erfahrungen, die in den bisher durchgeführten bzw. begleiteten Prozessen ge- macht wurden, für eine breite Fachöffentlichkeit zugänglich zu machen, um Fragen zur Nachhal-

tigkeit der Prozesse nachzugehen und um damit weitere Träger anzuregen, sich auch auf einen solchen Prozess zum Wohle der Mädchen und Jungen, aber auch der Mitarbeiterinnen und Mit- arbeiter, einzulassen, werden die bisherigen Er- fahrungen hier evaluiert.

Im folgenden Kapitel werden die Ergebnisse von qualitativen Befragungen beteiligter Träger der ersten und zweiten Laufphase des Projekts vorgestellt und diskutiert. Ausgehend von der generellen Zielsetzung des Projekts „Gender Mainstreaming bei Trägern der Jugendhilfe in NRW“ wird der Frage nachgegangen, mit wel- chen Zielen die beteiligten Träger starteten und was heute, nach Beendigung des begleiteten Implementierungsprozesses, lebendig geblieben ist, was sich weiter entwickelt hat und welche Perspektive gesehen werden.

„Ziel des Projekts »Gender Mainstreaming bei Trägern der Jugendhilfe in NRW« ist eine erste Verankerung der Strategie des Gender Mainstrea- ming bei Trägern der Jugendhilfe in NRW zur Ver- stärkung einer geschlechtergerechten Pädagogik

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28

und Jugendhilfe insgesamt. Bereits vorhandene Ansätze geschlechtsbezogener Arbeit sollen wei- terentwickelt und dokumentiert werden.“ 9

2.2.1 „Was wir wollten und was daraus wurde…“: Ergebnisse der Träger- befragung

Mit sieben beteiligten Trägern wurden in den vergangenen Monaten qualitative Interviews durchgeführt, die anschließend transkribiert und ausgewertet wurden.

Die beteiligten Träger

Wie zu Anfang dieses Kapitels beschrieben, ist aus dem ehemaligen Modellprojekt „Gender

9 FUMA Fachstelle Gender NRW (Hrsg.), (2006): Praxisbericht zum Projekt / Gender Mainstreaming bei Trägern der Jugendhilfe in NRW, Essen, S. 7

Mainstreaming bei Trägern der Jugendhilfe in NRW“ inzwischen ein Regelangebot der FUMA Fachstelle Gender geworden. Den fünf Trägern, die an der Modellphase von 2004 bis 2006 be- teiligt waren, folgten seitdem weitere öffentliche und freie Träger, bei denen nunmehr „Bausteine zur Einführung und Umsetzung von Gender Main- streaming“ umgesetzt wurden.

Für die vorliegende Broschüre wurden alle fünf beteiligten Träger der Modellphase sowie zwei Träger befragt, die das Angebot der Bausteine später in Anspruch genommen haben. Im Einzel- nen handelt es sich um folgende Träger:

Träger der Modellprojektphase:

Fachbereich Jugend der Stadt Gütersloh Jugendberufshilfe Düsseldorf

Jugendbildungsstätte Welper

SJD- Die Falken-Landesverband NRW

Trägerverbund „3x4 Kinder- und Jugendfreizeit plus“ Dortmund

Träger der zweiten Phase:

RUHRWERKSTATT Kultur-Arbeit im Revier e.V.

Oberhausen

Kreis Wesel: Fachbereich Jugend – Arbeitsbe- reich Jugendarbeit.

Die Auswahl der beteiligten Träger in der Modell- projektphase deckte ein sehr großes Spektrum der Kinder- und Jugendhilfe und ihrer Leistungs- bereiche und Strukturen ab, wodurch Implemen- tierungserfahrungen auf verschiedensten Ebenen gesammelt werden konnten.

Zur besseren Einordnung der Ergebnisse und Fol- gewirkungen des Modellprojekts/ der Bausteine werden im Folgenden die Spezifi ka der beteilig- ten Träger kurz vorgestellt:

Aus dem Fachbereich Jugend der Stadt Güters- loh konnten 4 Leistungsbereiche eines Jugend- amtes einbezogen werden: So kamen auch sol- 쐌

쐌 쐌 쐌 쐌

쐌 쐌

(32)

29

che Leistungsbereiche in den Blick, in denen bislang Gender noch kaum eine Rolle spielt (z. B. erzieherische Hilfen). Es konnten Erfah- rungen gesammelt werden, ob in solchen Be- reichen, in denen das Thema Gender wenig diskutiert ist, die Implementierung anders von- statten geht als in Bereichen, die über eine lan- ge Tradition geschlechtsbewusster Arbeit ver- fügen.

Darüber hinaus war durch das Jugendamt Gütersloh ein öffentlicher Träger der Kinder- und Jugendhilfe beteiligt, die laut Defi nition die ersten und zentral Verantwortlichen zur Um- setzung von Gender Mainstreaming sein soll- ten.

Die Jugendberufshilfe Düsseldorf ist ein freier Träger der Jugendsozialarbeit. Im Schwerpunkt geht es bei den Angeboten der JBH Düsseldorf um Fragen der Berufs- und Lebensplanung und der berufl ichen Integration in den Arbeitsmarkt.

Da gerade dieses Themenfeld allgemein bis heute deutlich geschlechtsspezifi sch segmen- tiert ist und Benachteiligungsstrukturen mehr- heitlich zu Lasten von Mädchen und Frauen aufweist, war es von besonderer Bedeutung, hier zu erproben, inwiefern sich Genderaspekte implementieren lassen. Im Besonderen konnte bei der JBH Düsseldorf an langjährige Erfah- rungen zur Mädchenarbeit angeknüpft wer- den.

Die Jugendbildungsstätte Welper ist eine Ein- richtung, die außerschulische Bildungsange- bote für junge Menschen macht. Jugendbil- dungsarbeit ist Teil der Jugendarbeit und somit originäre Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe.

Sie ist angesiedelt im non-formalen Bildungs- 쐌

bereich. Da auch Bildung ein unter Genderas- pekten deutlich differenziertes Feld ist, konnte mit der Beteiligung der JuBi Welper auch dieser zukunftsträchtige Bereich einbezogen werden.

Ein weiterer interessanter Aspekt fi ndet sich in den Zielgruppen der JuBi Welper: Hier wird ein besonderes Augenmerk auf die Arbeit mit Mig- rantInnen gelegt. Gerade hier sind aber bislang nur wenige geschlechtsspezifi sche Konzepte entwickelt worden.

Jugendverbände haben in NRW eine lange Tra- dition und sie übernehmen wichtige Aufgaben in der Jugend-, -kultur- und -bildungsarbeit. Mit der Teilnahme des Jugendverbands „SJD-Die Falken-Landesverband NRW“ konnte die Im- plementierung von Gender Mainstreaming mo- dellhaft bei einem Landesverband der Jugend(verbands)arbeit erprobt werden. Hier- bei waren gerade die Strukturen eines Landes- verbands und seiner darunter liegenden Struk- turen in den Städten und Gemeinden von Interesse sowie die Frage, wie Gender Main- streaming sich in hierarchischen, aber auch au- tonom arbeitenden Verbandsstrukturen von oben nach unten einführen lässt.

Mit dem Trägerverbund „3x4 Kinder- und Ju- gendfreizeit plus“ Dortmund war eine Ver- bundstruktur freier Träger beteiligt, die in drei Häusern Jugendarbeit anbieten. In der Dort- munder Nordstadt, einem Stadtteil mit großen sozialen Problemen, übernahm das Trägerkon- sortium 2003 drei Jugendfreizeiteinrichtungen.

Der Zusammenschluss ermöglicht, für den Stadtteil einrichtungsübergreifend Ziele und Schwerpunkte zu entwickeln und umzusetzen.

Für das Modellprojekt konnte hier die Umset- 쐌

Referenzen

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