• Keine Ergebnisse gefunden

Radloff, W., Die Sprachen der türkischen Stümme Süd-Sibiriens und der Dsungarischen Steppe

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Radloff, W., Die Sprachen der türkischen Stümme Süd-Sibiriens und der Dsungarischen Steppe"

Copied!
17
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

321

Bibliographische Anzeigen.

Radloff, W., Die Sprachen der türkischen Stümme Süd-Sibiriens

und der Dsungarischen Steppe. I. Abtheilu ng. Proben der Volks¬

litteratur. A. u. d. T. : Proben der Volkslitteratur der türkischen

Slämme Süd-Sibiriens, gesammelt und übersetzt von Dr. W. Rad¬

loff. 1. Theil: die Dialeete des eiijentlichen Altai: tier Altaier und Tele.ulen , Leite.il - Tataren , Schoren wul Sojonen. Urte.r,t. 8 (XXIV, 419 S.). St. Petersburg 1866. — Uebersetzung. 8. (XVI, 434 S.) 1866. — Theil: Die Abakan-Dialecte (der Sagaiache, Koibalische, Katschinzische), der Kysyl-Dialect und d£r Tscholym-Dialect [Kilärik).

Urtext. 8. (XXI, 712 S.) 1868. — Uebersetzung. 8 (XII, 720'S ) 1868.

Die Spracbwissenscbaft hat hier ein epochemachendes Werk zu begrüssen.

Es ist im allgemeinen bekannt, welch ungeheures Gebiet der sog. nral-altaische Sprachst«mm einnimmt und in welcher Ausdehnung speciell die türkische Ah¬

theilung desselben herrscht. Vom N<trdosteu Afrika's und der europäischen Tür¬

kei Uber den südöstlichen Theil Kusslands, über Kleinasien uud Turan bis hoch nach Sibirien hinauf nnd bis zur Sandwüste Gobi leben überall Stämme, welche die türkische Zunge reden. In dem uns am nächsten liegenden Osmanli konnte in Folge seiner Abhängigkeit vom Arabischen und Persischen kaum ein matter Abglanz von der Kraft und Naturwüchsigkeit des ursprünglichen Sprachgenius zur Erscheinung kommen ; zudem hat die Zwangsjacke des wie eine Faust auf das Auge passenden arabiscben Alphabetes alle Lautnüancen namentlicb des Vocalismus völlig verwischt. Nm- die von dem entstellenden Einflüsse des Islam mehr entfernten oder ganz frei gebliebenen Stiimme zeigen uns das ecbte und reine Volksthum ; jemebr wir der ursprünglichen Heimat, dem Altai, uns nähern, ein desto ungetrübteres Bild des Volkes wie der Sprache erhalten wir. Am t'rübesten wurden uns die s(»g. tatariscben Dialecte Knsslands um Kasan, To¬

bolsk u. a. bekannt. Eine wahrhaft babiilirecbeiide Bearbeitung fand aber zu¬

erst das östliche Glied der grossen Reihe , das Jakutische, in Böhtlingk's mei¬

sterhaftem Werke (1851); da zeigten sicb zum ersten Male aneh auf diesem Gebiete die Erfolge der vergleichenden Sprachforschung in glänzemler Weise.

Im Jahre 1867 wurde am entgegengesetzten westlichen Ende dem Tschagatai¬

schen durch Herm. \ amböry eine eingehendere Behandlung zu Theil. Und nuu wird das Mittelglied zwi.schen diesen beiden äussersten Enden durch das vor¬

liegende Werk Uadloffs ausgefüllt. Es ist das weit ausgedehnte Gebiet zwischen dem Thiau-scbaii (Yssyk-KölJ nnd diMo .leuissei, bisher völlig so zu sagen un-

Bd. XXlll. 21

(2)

322 Ili/iliiH/rojihisolie. . hixeiijeit

betreten uml unl-eli.-mt , dem b'iidlfift' seine w eiiangelegteii Kiirseliungeii zuge¬

wendet liat, vom Gliiclie reicb begünstigt , welcbes ibn so recbt an die Quelle nacb Barnaul am obern Ob, am Fusse des Altai, au die dortige Bergscbulc ver¬

pflanzt bat. Wenn ibn um dieses Glück freilicb mnncbe aueb wieder nicbt beneiden sollten, so verdankt docb die Wissenscbaft diesem Umstände eine iin- scbätzbarc Errungensebaft. Und es gehörte die unermüdete Ausdauer und die unverwüstliche Arbeitskraft Radlofls dazu , um in diesen unwirthlichen Steppen und öden Waldgebirgen allen Widerwärtigkeiten, Mühsalen und Entbehrungen Trotz bietend Monate lang im Dienste der Wissensclhift sich aufzuopfern. JVie bereits vorliegenden vier Bände liefern denn auch für den eisernen Fleiss Uad¬

loffs ein glänzendes Zeugniss und werden für die deutsche Wissenschaft ein Elirendenkmal bleiben. Sie sind aber erst die erste Abtbeilung des Werkes, zu denen zunächst noch zwei Bände Te.\t und Uebersetzung kommen werden, die scbon unter der l'resse sind. Die zweite Abtbeilung wird dann ein alle Diiilecte umfassendes V\örtcrlnicli . und die dritte Abtbeilung eine die Dialekte vergleichend beliandeliule Grammatik bilden.

Diese erste Abtbeilung gibt uns nun Proben aus der Volkslitteratur der türkischen Stämme Süd-Sibiriens , und es sind diese Dialekte für die Sprach¬

wissenschaft um so wichtiger, da sie sich frei erhalten haben von dem ent¬

stellenden Einflüsse des Islam ; denn die meisten dieser Stämme hängen heute noch dem ursprünglichen Scliaiminen-Glauben an und sind nie mit Muhamme¬

danern in engere Berührung gekoiiiiiieii. Der erste Band versetzt uns in das Quellgehiet des Oh und Tom und enthält Texte aus dem eigentlichen Altai, der Sprache der Teicuteii uud Altaicr an den KInsseii Katuiija, Urussul, Muitu, Tscluija, Bija uud Tom, der Seliwarzwald-Tatareii zwischen Katunja und Bija und am Teletzkischcn See, der Lehed-Tntaren , der Schoren im obern Tom-Ge¬

biet, am Tiun selbst uud seinen Ncbcnflnsseii Mrasa und Kondoma und endlich der Sojonen vc»m K:ira-Köl auf cbinesiscbcm Gebiete. Am meisten vertreten ist der Dialekt der Altaier und Teleutcn. Der zweite Band fülirt uns zu den östlich vom Tum wulincudeii Stiimmen an die Ufer des .\bakaii und Jenissei und deren NelieiiUüssc und bietet uns Idtteratnrprobcn dor Siigaier am So, Taschtyp, Is , Askjs, der Koibalcn am Ut, der Katschiiizen am ()k und am Ui Tag, der Kaniassiiieii im Kaiiskischen Kreise, der Kjsylzen am schwarzen Jüs und am Madscliar. der Stämme au der Kija und am Tscholym im Mariins- kischen Kreise. Deu meisten StotV lieferten hier die Stämme des Abakan-Tliales und der Jü.-.-Steppc. Nur einer der Abnkaii-Dialektc war uns bisher schon näher gebracht worden von Castren in seinem X'ersucli einer Koibaliscben und Karagassischen Sprachlehre (1857). Sonst tritt uns hier zum ersten Male ein reiches sprachliches Material in miisseiihnftor Fülle entgegen , von der wir bis¬

her uur eine leise Ahnung hatten. Denn dass die hier hausenden Stämme ihre Sagen und Lieder hätten, davon bekamen wir schon einen Vorgeschmack durch die tatarischen Heldensagen in t'.istrcn's etliiiologiselieii Vorlesungen (1857) S. 181—257 und in der Koibiilisch-Karagassischeii Grammatik S. 160 — 208, woran sich dann Schiefner's rhythmische Bearbeitung der Heldensagen der Mi- luissinschen Tatnreii ;1859) schloss. Dass aber der goldene Altai nnd die süd- sihirisclicii Steppen nberall von Liedern ertönen aus dem Munde des Volkes iu solch übeluältigeiideii M:is<en. das konnte niemand voraussetzen, und su be-

(3)

liililii'ijriiphUchc Anzeiijen. 323

gegnen wir liier derselben Krsebeinung wie bei dem edlen Volke der Finnen, die unser gereclites Erstaunen bervorrief, als wir mit dem naturwüelisigen Epos

„Kaiewala" bekannt wurden , das ungescbwiieht vom Oedäcbtniss des Volkes bewahrt wird. Ganz unglaublieh ist die Masse der Volkslitteratur, die wir hier in den bereits vorliegenden zwei Bänden Radioffs, denen sieh, wie gesagt, noch ein dritter anreihen wird , aufgespeichert fiuden , und darunter Heldengedichte von bedeutendem Umfange namentlich im \l. Bande; umfasst doch die Episode Ai Mergän und Altyn Kus allein 3825 Verse ! Der Zahl der Verse nach folgen dann Sugdjul Mergän 2445 Verse, Siidäi Märgän und Joltai Märgän 1702 V. ,

Altyn Pyrkan 1G30 V. , Ai Tolysy 1591 V. , Kan Märgän nnd Ai Märgän

1459 V., Kartaga Märgän 13.55 V., Altyn Märgän 1012 V., Kara Par 1010 V., Kulatai und Kulun Taidschy 9(50 V., Kan Märgän 925 V. ; im I. Bande hat Täktäbäi Märgän 955 V., Ai Kan 935 und Kan Piidäi 868 Verse. Dazu kommt noeh eine Menge von Stücken minderen aber immerhin nocb bedeutenden Um¬

fanges. Fast sämmtliche Stücke siud in gebundener Rede ') ; manche darunter zeichnen sich durch Schönheit aus und haben poetischen Werth ; zu den an¬

ziehendsten gehören jedenfalls Ai Tolysy, Ai Märgän und Altyn Kus, Südäi Märgän und Joltai Märgän. Im I. Bande haben wir auch einzelne Prosastücke, darunter auch eine grössere Selbstbiographie Tschiwalkow's ganz in derselben Weise , wie es einst Uwarowskij im Jakutischen für Böhtlingk gethan , dann einige von demselben aus dem Russischen übersetzte Fabeln , einige prosaische Sagen und Legenden, sonst ist auch bier alles in gebundener Rede: Sprüch¬

wörter, Märchen, historische Gesänge, Lieder, Improvisationen. Ausser den von Tschiwalkow gelieferten Stücken sind sämmtliche Texte von Radloff selbst an Ort und Stelle , was überall angegeben ist , nach dem Dictat von Eingebornen aufgezeichnet worden. Dadureh hat sich Radloff ein ausserordentliches Ver¬

dienst erworben. Jeder Theil besteht nun aus zwei Bänden, indem der erste den Urtext, der zweite die Uebersetzung enthält. Letztere wurde gegeben , um vorläufig das Verständniss der einzelnen Stücke zu erleichtern, da das Erschei¬

nen des Wörterbuchs und die grammatische Behandlung der einzelnen Mund¬

arten nocb eiuige Zeit auf sich warteu lasseu wird. Sie hat aber, auch hievon gauz abgesehen , ein allgemeines Interesse , indem die Aufmerksamkeit eiues grösseren Leserkreises auf diese merkwürdigen Schöpfungen der Phantasie bis¬

her fast unbekannter Stämme gelenkt wird. Wenn die Uebersetzung auch

grösstentheils wortgetreu dem Original sich anschmiegt, so ist sie doch durch¬

wegs leicht verständlich und liest sich ganz Hiesscnd. Was aber den Original¬

texten einen unschätzbaren Werth verleiht, ist, dass für ihre Fixirung die Trans¬

scription mit dem zu solchen Zwecken bekanntlich sich vorzüglich eignenden modificirten russischen Alphabet, wie es Böhtlingk schon beim Jakutischen ge¬

tban , angewendet worden ist. Wir erhalten auf diese Weise ein vollkommen deutliches graphisches Bild aller Lautnüancen, ungetrübt und uiieiitstellt durcb den Hemmschuh des semitischen Alphabetes, so treu als es bei Radioffs für Lautunterschiede so vielfach geübtem und geschärftem Ohr nur möglich war.

1) Vgl. darüher Uadloffs anziehenden Aufsatz in Lazarus uud Stein¬

thals Zeitschrift für Völkerpsychologie und Spracbwisseusehaft 1866. IV 8,5 114: Ueber die Fornieii der gebundenen Rede bei den altaischen Tataren

21*

(4)

324 liihlioiiroph h-rhe. Anzeigen.

Der Verfasser gibt in dem Vorwort zum Urtext des 1. Bandes S. XVII XXIV und des II. Bandes S. XVU—XXI genaue Eeehenscliaft darüber. Ks ist von grossem Vortheil, bei den einzelnen Dialekten der an den versehiedensten Orten gesammelten Proben alle möglichen Lautschwankungen deutlich überseben zu können. Dadurch sind wir in den Stand gesetzt, eine Menge von Lautgesetzen und Lautübergängen nicht bloss in den eigentlicheu türkischen sondern auch in den verwandten Sprachen richtiger zu beurtheilen. Neue Aufschlüsse für Laut- und Formenlehre, reichliche Ausbeute für Syntax und Lexikon, erweiterter Ueber¬

blick über das Verhältniss der türkischen Dialekte unter einander und zu den übrigen ural-altaischen Sprachen sind von sprachlichei Seite die Hauptergebnisse der Sammlungen RadlolTs.

Eine beachtenswerthe Erscheinung ist es jedenfalls , dass diese tUrkischen Stämme Sibiriens sprachlich den Mongolen nocb so nahe stehen. Zwar die Lautgesetze halten beide ganz deutlich als besondere Sprachen auseinander, wenn sie auch manchmal nur auf verschwindend kleine Unterschiede sicb zurück¬

führen lussen ; aber der Wortschatz ist grossentheils gemeinschaftlich, und zwar iu der Alt, dass man iu dem einen Theil den gemeinsamen Urbesitz der Altai¬

völker erkennen muss , während der andere oflenbar erst später wieder durch Entlehnung aus dem Mongolischen herübergekommen ist. Das erstere ist natür¬

lich ; ist ja doch der , .goldene" Altai die Wiege des unermesslichen Sprach¬

stammes; je uäher diesem Ursitze, desto mehr von dem ursprünglichen Gemein¬

gut babeu sich die Stämme bewahrt. Das zweite erklärt sich aus der domi- nirenden Stellung, in welcher die Mongolen lange Zeit weit^ Ländergehiete be¬

herrscht haben, auch aus ihrer compacten grössem Masse gegenüber den andern kleinen zersplitterten Stämmen. \V'ie sehr das Jakutische mit mongolischen Ele¬

menten durchtränkt ist, das hat schon Böhtlingk nachgewiesen, und dus gleiche zeigt Schiefner bezüglich des Koibaliscben uud Karagassischen in dem Vorwort zu Cuslreu's tirammatik S. XI — X411, was nicht zu verwundern ist, da Koibaleii und Kaiagassen von .Mongolen und Burjaten uiiniittelbur umschlossen sind Wenn das von Castren mitgetheilte tungusische ^^'örterverzeicIlniss (I8Ö6) mehr als zur Hälfte burjatisch-mongolisch ist, weil es einem unter und mit den Bur¬

jaten lehenden Tungusen-Stamme angehört, so weist doch auch eben die uft völlige L'ebereinstimmung des Mandschu überhaupt nur auf die nähere Zusani- niengehörigkeit der mongolisch-tuiigusisch-iiiandschurischeii Gruppe hin. Ueber¬

haupt aber reichen >ieh ja Jakuten. Tungusen-.Mandschu . .Mongolen-Burjaten

und die Altai-Türken in einer Kette die Hände. Doch heirscht wie ge-

>hgt das mongolische Element überall sein bedeutend vor .und so tinden wir denn auch iu der Sprache dieser türkischen Stämme Süd-Sibireiis eine Masse von Wörtern, die im Mongolischen entweder ganz gleichlautend oder vermöge einer kaum nennenswerthen lauigesetzlicheii Veränderung modihcirt sind. Man könnte aus den Kadlofi"scheu Texten mit solchen Wörtern ganze Seiten füllen.

Ich führe Beispiels halber, abgesehen von dem Gleichlaut im Mandschu-Tungu- sischeii oder im Jakutischen oder eigentlichen Türkischen, eine Ueihe derselben an, wie sie mir gerade beim Lesen aufstiessen : chan. tenggeri. tegri. tenggiss, ebartsa uud chartsagai. ssulkin, bajau, kündUlekU, ssanagau issanKii , ssanaehii.

chalbaga. chara. köke, b.itur. aimak. temür. tekschi, tnssa, üre, mergen, tsetsek, Iset-ii-n. ainiir. üKtklnehu. tenek. tajnk. erte nbeleii, btlndkü, ail. ulu>s. kerek.

(5)

liibiiographische Anzeigen. 325

tschirai, cniegeii, libögSn, uilach«, ssiirohu, tügossuii, arga, kessek, mör, cliiirduii, bitscliik, bitsebikii, amitan, chairtsnk , oltsclii, em, emnckii, emtscbi, dalai, mal, ÖSS öscbijc , cbabirga, oron, schirdek, bachana, söb, miirgükii, tiilkigür, tocbui, meke, meketscbi, mekelekii, sachal, bassa, dsajagan (dsajän), ed, nökiir, burchan, taidschi, dsula, tölgötscbi, belgetschi, beltscbir, ang, torgon (torga i, törökü, bei, dalalchu, dalaichu, ssadnk (ssädak) , araki, chonok, cboinichu, ölöng , (m)odmi, ajaga, dscJiiirüken , iije , horo, ildü, chadachu , chataebu, mönggiin, möngkün, tsatsuk , dsess, dserge, chndalachu, kö, möng und mSng (;zr mengge) , dsacha, dschibege, assarachn, ulichu, bolot, chubilchu, erlik, chun (chung"), alba, albatu, tsulbur, ssolongga , tserik , ahachai, dschida, dschil, essen, mendil, loi, chujak.

bulung, taiga, belek, esen, bucha, son, el(il), edschij (idschij) , tabak, scliibek- tschin , artsan, chossun , esen, abdara, chamuk, chalga, tsakilchu, bars, kiireng,

u. s. w. u. s. w. Auch eine Menge der vorkommenden Eigennamen würde

mongolisch ebenso lauten , z. B. chan mergen , chan tögöss, chara chan , altau chan, altan taidschi, altan mergen u. s. w. Auf Wörter, die gemeinschaftliches Gut sind, aber in Folge der Lautgesetze abweichendere, doch noch leicht er¬

kenntliche Formen angenommen haben , wollen wir gar nicht hinweisen ; oft steht in dieser Beziehung übrigens selbst das Jakutische ferner als das Mongo¬

lische. Bei andern Wörtern wird der Unterschied wieder streng beobachtet ; so erinnere ich mich nicht irgend das sonst so weit verbreitete Wort ,, morin"

(Pferd) gelesen zu baben, sondern stets nur das echt türkische at.

Ueber die aus der Berülirung mit den Küssen in die Sprache übergegan¬

genen russischen grösstentheils auf die Cultur bezüglichen Ausdrüeke handelt Schiefner in dem Vorwort zur Uehersetzung des L Bandes S. XIII -XV und des II. Bandes S. VII IX ; es sind nicht eben viele, sie sind zu zählen. Am auffallendsten ist es jedenfalls , in einem Liede der Sojonen am Kara-köl I c ll i u e s i s c h e m Gebiet dem Worte ,,saldat" (Soldat) zu begegnen ; da wird denn auch das zweimal in demselben Liede vorkommende „kun" (Füllen) das russische Worl für Pferd sein.

Nachdem wir die sprachliche Bedeutung des verdienstvollen Werkes her¬

vorgehoben baben, möchte icb noch mit einem Wort auf die culturbistorische Wichtigkeit desselhen im allgemeiuen und in Bezug auf vergleichende Mythen- und Märcheiiforschung hinweisen. Diese reichhaltigen naturwüchsigen Erzeug¬

nisse des N'olksgeistes setzen uns in den Stand, auf das bunte Leben und Trei¬

ben dieser Völker, die uns bisher so gut wie nnbekannt waren, wie in einem Spiegel zu schauen und den Kreis ihrer politischen, socialen, religiösen und ethischen Anschauungen zu beobachten, besser als es jede Beschreibung zu thun vermöchte. Was aber das Gebiet der veigleiehenden Mythen- und Märchenkunde betrifft , so bat bereits Schiefner selbst in den gehaltvollen Einleitungen zur Uebersetzung des I. uikI II. Tbeiles Treffliches darüber beigebracht und nament¬

licb aucb auf die Uehereinstimmung mit vielen rus.<iscben Märchen in der Afa- uasjew'schen Sammlung hingewiesen. Ebenso haben K. Köhler im Litterari¬

scben Centralblatt 1867. No. 23. S. 634 —636 und Felix Liebrecht in den Gött. Gel. Anzeigen 1868. Stück 3. S. 105 — 117 in dieser Uichtung den I. Bd.

ausführlichen Besprechungen unterzogen. Nicht unbeachtet mag es bleiben, dass sich in mehreren Stücken deutliche Anklänge an die mongolische Gesser-Sage tinden, ja der Name selbst vorkommt, und da-s ferner Erlik chan, der sons

(6)

326 Bibliographische A ii'cigc».

der Ricliter der Unterwelt ist, zwei Höllenliunde Kas«.r und Pasar an eiserner Kette gefesselt hält.

Dass es bei einem so beispiellos mühseligen Drucke ohne Fehler abginge, ist unmöglich; dieselben haben sicb denn auch zahlreich eingeschlichen; zu dem angegebenen Verzeichnisse sind aber in allen vier Bänden noch manche nach¬

zutragen.

Es möge uns nnr noch der Ausdruck der Versicherung gestattet sein, dass alle Freunde der Sprachforschung der Fortsetzung und Vollendung des Werkes, das ein xiijun eis iiei sein wird, mit Sehnsucht entgegensehen!

Innsbruck. Bernb ard J ülg.

Lettera filologica tii Michelangelo Lanci Fanese al Cavaliero Vincenzo Tommasini tia Fano. ■— Roma coi tipi di Giovanni Ferretti. 1ÖÖ7.

S. 80 in 8.

Lange hat micb keine Scbrift in einem solchen fortwährenden Staunen er¬

halten , wie diese mir vorliegende. Sie ist nur in HO E.xemplaren gedruckt worden und tindet vielleicht den Weg nach Deutschland gar nicht. Schon deshalb und nieht minder in meinem persönlichen Interesse halte ich mich für verpflichtet , Kenntniss von ihr zu geben. — Laut dem voi-angestellten Argo- niento enthält sie zuerst eine Krklärung kufischer Inschrilten auf einem von Hrn. Tommasini aus dem Oriente mitgebrachten, kostbaren Säbel, dann eine Widerlegung der von Prof. Stickel erläuterten kufischen Bleisiegel (siehe Ztsebr.

d. D. M. G. Bd. XX S. 330 fi.) und endlich eine Klage über den heutigen scblecbten Zustand der orientalischen Studieu in Italien. Heigegobcn ist eine Tafel Abbildungen jener Säbelinsehriften, einiger von mir gebotener Siegelbilder und vou noch ein paar Kingiiiscliriften.

Ich lasse den ersten Thcil bei Seite, würde es auch kaum der Mühe wertb gebnlteu haben, mich über den zweiten vernehmen zu lassen, denn, wie man sieh nns dem Folgenden überzeugen wird, die Schrift ist nnter der Kritik, wenn nicht eine Anklage mit eingeflochteii wäre, die meinen Cb.irakter berührt und die ieb nieht liinnebmen kann, ohne wenigstens das Thatsächliche klar zu stel¬

len. Wenn ieb das erst jetzt tbue . nachdem Lanci iuzwiselien gestorben ist.

so Imt das seinen Grund darin . dnss mir erst vor Kurzem die Sclirift durcli befreundete Hand nus Italien zugekommen ist. — Lanci erzählt seinen Lesern in Kurzem Folgendes :

Dureh den Grnl'en Giniienrlo Ci>iie?tnbile . den gelehrten Arehä(.ilogen in Perugia, wurde ihm eine litliogrnpluselie Tnfel des Professors in Jena I). Stickel von mehrern nrnbiseheii Blcideiikniiilerii u. a. mit dem Ersuchen zugeschickt, seine Ansicht darüher mitzutheilen, um solche nu den jennischcu Professor ge¬

langen zu lassen. Er. Lnnci . legte sogleich nlle seine gelehrten Arbeiten bei Seite und liess keine Woehe verstieiebeii. um dem perusiiiiseheu Gelehrten und durch diesen dein Jeiieiiser seine Eikliiiung zu übcrschickeii. Nur die zwei höchst verworrenen tnlisiii.iiiischeii Legenden blieben der kurzen Zeit halber unerörtert. Dniiii wartete cr hinge Zeit vergebens auf eine .\iitwort und erhielt endlich statt der-clbeu eine deutscbe .\hhnndlung Stickel's über die fiaglielieii Denkmäler, w.-riii seine, I.nnei's . Erklärungen unerwähnt gelassen sind und

(7)

Hi/dioijniji/iiaclic . liizrii/ni. 327 zwischeu den Sticl;clsclien und Liincischen niclit unterschieden wird. Krstauiit darüher, erhielt er von Perugia die Auskunft, dass seine philologischen Kr- hebungeii zu spät nach Jena gelangt seien, ura wegen des vorgerückten Druckes berücksichtigt werden zu können. Solchermassen sei er des Unterschiedes zwi¬

schen den civilen Manieren der Italiener und der von Deutscben befolgten inne geworden ; denn Stickel musste , wenn er sich nicht unhöflich oder gedankenlos erweisen wollte, den Druck sistiren , oder sich an niemand Anderen wenden. — Das ist die Anschuldigung, die besonders darin etwas Verfängliches bat, dass sie in dem uneingeweihetcn Leser den Verdacht erregen kann , als hätte ich nach Philister Weise mit fremdem Kalbe gepflügt und mich mit italienischen Federn geschmückt.

Die Sache verhält sich aber in Wahrheit also. — Unter den von mir er¬

klärten Bleisiegeln befindet sich eines , welches Soret den aus Persien zuge¬

kommenen beigegeben batte und das aus viel späterer Zeit als jene stammt.

Es trägt das Bild des Erlösers , wie er segnend die Hände auf ein Kind legt, mit einigen griechischen oder lateinischen Buchstaben, und auf der andern Seite eine arabiscbe Legende. Das Stück ist durch solche Verbindung arabischer uud occidentalischer Inschriften als Siegel ganz euizig in seiner Art. VVie in meiner Abhiiudiuiig ausführlich zu lesen ist, wendete ich mich, um zu er¬

mitteln, ob dergleichen irgendwo hekannt geworden, an zwei deutsche Gelebrle, deren ausgebreitete Kenntnisse in der abendländischen Siegel- und Münzkunde für die Verlässlichkeit ihrer Auskunft am raeisten Bürgschaft gaben. Herr Laitzmanii , die Einzigart dieses Siegels anerkennend , deutete die Möglichkeit an , dass es nach Sicilien gehöre. Wie ich nun auch selbst vermuthete und a. a. O. weiter erörtert habe, dass wegen des langen und häufigen Verkehrs Italiens, insonderheit der päbstlichen Curie mit dem Orient dort dergleichen bilingue Siegel noch vorhanden sein mögen , und wie ich von dem lebendigen Interesse bewegt war, für diesen von mir zuerst in AngriflT genommenen Gegen¬

stand weiteres Material zu bescliafl"en, ergriff ich die Gelegenheit, an Herm Grafen Coneslabile, mit welchem ich seit länger die Ehre habe in Correspondenz zu stehen, ein Blatt meiner Siegelabbildungen zu senden, um dadurcb weitere Nachforschungen nach dergleichen Siegels durch sachkundige Gelehrte in Italien zu veranlassen. Es war das ein reiner Act allgemeinen wissenschaftlichen In¬

teresses und meine Anregung oder Anfrage bei den italienischen Gelebrten galt nur jenem einen lateinisch-arabischen Siegel, auf dem ich S imon - Pe trus zu lesen glaubte, und diesen ähnlichen Stücken. Wegen der Deutung der aus Persien zugekonimcncn kufischen Siegel ist es mir nicht im Entferntesten iu den Sinn gekonuneii , irgend Jemand in Italien um Kath zu fragen. Als die Abbildung angefertigt wurde, war meine zugehörige Ahhandlung bereits voll¬

ständig abgeschlossen ; als jene nach Italien gelangte , war diese scbon nicht mehr in meiner Uand. Zum Glück kann ich den Beweis dafür urkundlich er¬

bringen und es liegen die Documente , weicbe meine Angahen erhärten , zu Jedermanns Einsicht bei mir offen. Das Manuscript meiner Abhandlung ist

uuter dem 5. März 186(5 zum Druck von hier*) abgeschickt worden. Ein

erster Brief des Hrn. Grafen Coneslabile in dieser Angslegenheit an mich ist

•) Es ist mir am 6. März 1866 zugekomineii. Krehl.

? 4

(8)

Il/hliiii/rrrjth iurlc , \ w.eiifrn.

vom (). Mai 18(i(i datirt. Ks möge mir gestattet sein, die betreffende Stelle wörtlicb anzufiibren: ,. J'aurais voulu vous dire quelque chose sur le cachet No. 10 <le la planche que vous m'avez envoyee , mais malheureusement aucun de mes amis i» Home n'a jiu venir :i mon aide. Le seul peut-etre capable de donner un avis aurait ete le Prof. Michelange Lanci, mais il m'a ete impossible de l'aboucher. Cependant je n'ai pas perdu tout espoir, j'ai laissÄ votre planche au frc're de Mr. Lanci , et il est possible que nous puissions savoir quelque chose sur les difticultes de ce monument." Ein zweiter Brief desselben Hrn.

Coneslabile, dem ein Blatt von Lanci's Hand beigeschlossen war, auf das ich sogleich zurückkomme, ist vom 26. Mai 1866 datirt. Hieraus erhellt erstens unwiderleglich, dass die Lanci'scbcn Deutungen etliche Monate nach der Ablie¬

ferung meiner Arbeit an die Redaetion der Ztsebr. d. D.Sl. G. an mich gelangt sind und dass also an irgend welche Benutzung derselben von meiner Seite in keiner Weise gedacht werden kann. Zweitens , dass meine Anfrage nur auf das Siegel mit dem Christusbilde, No. 10, nicht auf eine Erklürung der anderen, kufischen Siegellegenden gerichtet wnr. Endlich drittens, dass ich solche Frage nicbt persönlich an Prof. Lanci adressirt hnhe. AVie ieh der Ueberzeugung bin, dass Lanci's iiusserlicb böchst splendides Werk Trattato delle simboliche rap- presentanze arabiche , Parigi 1845 nur durch die Kupferlafeln , sonst aber kei¬

neu wissenscbaftlicben Werth hat, denn ohne alle philologische und historische Methode , ist es nur ein Aggregat wüster Gelehrsamkeit und anssehweifender Phantastereien, konnte es mir nicbt im Entferntesten in den Sinn kommen, bei

diesem Herrn mir über kufische Denkmäler Raths zu erholen, wenn ich

hierfür überhaupt dessen bedurft bätte. Ich habe nicht eiumal den Text seines Werkes citiren mögen , sondern mich , wo es nöthig war , an Reinaud gehalten, und das bat ihn sichtbar beftig gegen mich erbost, weil seine Schrift etwa um ein Jahrhundert binter dem heutigen Standpunct der Wissenschaft zurück ist, und icb fürchten müsste, dureh Citation derselben mich zu com- pnunittiren. Bei so bewnudten Umständen bereitete es mir daher keine geringe Ueberraschung, als mir dns Blatt zuging, worauf Lanci eine Deutung der sämmt¬

liehen kufiscben Siegellegenden darbot. Dieses Blatt befindet sich noch in meiner Ilnnd und kann von Jedermann eingesehen werden.

Als Probe, wie Lanci deutet, gebe ich seine Lesuitg des ersten Siegels mit seiner beigefügten Uebersetzung wörtlich treu :

.,In nomine Dei. Deo hencdictio aeterna gratiosn. — Quod praecepit princeps Abdalläh, filius Alnzizi, filius Almötamedäla-Allah , princeps fidelium (full) sug- gestum ad gloriam Dei, anno 507 (begirae)." — Wie viele Irrthümer und Un¬

geheuerlichkeiten sind in diesen wenigen Zeilen zusammengehäuft! Wer schreckt nicbt sogleicb vor einem solchen Anachronismus zurück , dass der Khalife al- Mu'tamid oder dessen Enkel mit der Jahrzahl 507, sage fünfhundert, hier auf¬

tritt, d« doch männigiich bekannt ist, dass jeuer Khalife ein paar Jahrhundert rüher, von 256 —279 d. H. die Regierung fübrte. — Dass eine Person des Namsus Abdallah und Enkel nl-Mu'tamid's jemals existirt habe, wäre erst noch jj^l nUI Os. ^A^^i Li : iC»jjS.Jt üaJL:^! )i.i=>;*JI ».U , *.iJ!

2 k

(9)

Bibliographische Anzeigen. 32f

zu erweisen; einstweilen 'erseheint sie als eine Ijanei'sche Fiction. - Sodann zu welchem Ungethiim wird der Fürst der (rlauhigeu gemacht, wenn er auf diesem Siegel als eine Kanzel für Gottes Herrlichkeit proclamirt sein soll!

Ist das nicht Unsinn? — Noch aher halte man einmni den Lanei'.schen Texl mit dem Siegelbilde zusummen. Wie klafft und sperrt da Alles weit ausein¬

ander! Für ein üaJLÜ fehlt das I, und dass die am Ende des Worts nn't )>.

verbundene Zacke (^j) kein kufisches ö seyn kann, weiss Jeder, der die kuli¬

schen Buchstaben kennt. — Für ein folgendes S>«.Jjüi fehll das ü und das x.

Wenn aber dann gleich zu dem jA Li fortgegangen wird , so bleibt die ganze Gruppe von Zeichen in der linken Ecke , die nach meiner Lesung entbSlt.

völlig unberücksichtigt und nicbt minder die Elemente iJ mit dem zugebörigen ö , das Lanci für einen blossen Schwanz des angesehen zu haben scheint.

Um für den letzten Worttheil zu erhalten , geht er nicht zur

darunter stehenden Zeile fort, wo alle Elemente des ich möchte sagen

mit Händen greifbar gegeben sind , sondern nimmt das übergesetzte iNJ für

^^Ay* — ich wüsste wenigstens nicht , wo er das sonst herbekäme — und macht aus dem jj**-* der nnteren Zeile sein unglückliches ^aäx (st. ^*.«).

Statt des vollkommen deutlichen j^am.*> wird gelesen, zu ;tAA« ein ^ fingirt, das nieht da steht, und endlich das , welches zur Formel .*\ Li gehört, an das im innersten Quarre vereinzelte L.» herangezogen, um ein ü^L*

zu gewinnen, weil Lanci ohne Kenntniss von der Involutio litterarum, mit jenem L» sonst nichts anzufangen weiss. — Noch eimnal , wie viele Missgriffe, Irrthümer und Fehler in jenen wenigen Zeilen!

Wird man mir nach dieser Probe nicht glauben, dass ich, dem eine Er¬

klärung fertig und abgeschlossen vorlag , die mit dem Originaltexte , mit dem Sprachgebrauche, der Chronologie und Specialgescbichte, endlich der Beschaffen¬

heit der Denkmäler in genauester Uebereinstimmung erfunden worden, dass ich nach einer flüchtigen Durchsicht jenes zugesendeten Lanci'schen Blnttes dasselbe einfach bei Seite gelegt habe':' Was konnte ich auch weiter damit thun? Sollle ich etwa ein Dankschreiben an Lanci richten für etwas , das ieb nicht von ibm erbeten hatte und völlig werthlos für mich war? Oder wobl gar in einer Nachschrift zu meinem Aufsatze derlei Phantastereien an die Oeffentlichkeit bringen? Noch jetzt, naehdem ich seine heftigen Auslassungen deshalb und Zornergüsse über mich gelesen habe , wüsste icb nicht anders zu handeln , als ieh gethan. Es schien mir die mildeste und höflichste Weise gegeu den Acht¬

zigjährigen, ihm ohne weitere Beifügung mehi Urtheil über seineu misslungenen Versuch durch Zusendung meiuer Abhandlung zu erkeniien zu geben. VVenn er einer Selbsterl.enntniss fähig war, so hatte sein Errötben nur die vier Wände seiner Klause zu Zeugen nnd die Saehe war iu Stille begraben.

Was aber geschieht! Das heftige Blut des Südländers braust in dem hoeh- betagten Greise so gewaltig auf, dass es ihn in seiner Verblendung zu einer fast unglaublichen Unbedachtsamkeit fortreisst. Er schreibt die vorliegende

(10)

330 BihUoijrtiphisclic Aincificn.

Ijettera, um sich damit uun aucli öffentlich in seiner Blösse zu zeigen. Da meine Erklärungen um jeden Preis widerlegt werden müssen , so greift er das Ding mit einiger Schlauheit an. Zuvörderst entschuldigt er die Unvollkommen¬

heit seines ersten Versuchs durch die kurze Zeit , die er darauf verwendet hahe. Dann giht er für das erste Siegel statt seines früheren und meines ihm vorliegenden, fulgenden angehlich bessern Text :

Juc ^j^3Ü! w Li . üJ^JLiS s.^jJI . idJ!

jiivO ^y^j'j . .f.M ».iJi J.C L\*Ä*ti ^jJ ßj*^'' o-

; nJUI 8^cI , (j'.ÄjL*^ (j^<M.«.> !U«»^

Hier ist deun nun, aber ohne irgend eine Andeutung davon, dass bei mir das Richtige gefunden worden , die Jahrzahl 507 in 257 verwandelt — der Fehler war auch gar zu gross —, dann ein w , wie bei mir, dem ja\ L«..«

beigefügt, auch das «JUI äjaJ nach meinem Vorgänge in ^lJi if^cl vertauscht, dieses aber nicht , wie es sich nach hunderten von Analogien gehört , zu dem Nameu des Khalifen, sondern hinter die Jahrzahl gestellt, bei iCi*« wird gegen

•Uen Usus ein J beigefugt, während die Abbildung auf das Deutlichste nur ein ju<»

bietet. Mit den fatalen historischen Namen tindet sieh Lanci in seiner Weife

«b, d. h. er lässt sich auf die geschichtlichen Dinge gar nicht ein. Seiuen fin¬

girten Chalifischen Enkel Abdallah, der nun gar zu einem Imam geworden ist,

behält er auch in dieser Retractation statt meines Emir j^*^' iA*c

bei, den cr für eine ,, novella pesca in incognito pelago" erklärt, obwohl die ganze Familiengeschichte desselhen, sein Stammbaum, seine Beamtungen gerade in den Jahren und in der Landschaft, wohin unsere Siegel gehören, mit den Beweisstellen dafür aus den arabischen Historikern in meiner Abhandlung vor seinen Augen ausgebreitet wareu. Weuu Lanci des Deutschen so weit mächtig war, um jene Auseinandersetzung verstehen zu können, so möge sich der Leser für solche wissentliche Unwahrbaftigkeit den rechten Naincn selbst sagen. — Die Keckheit geht so weit, dass Lanci sich nicht scheut, mein Bild des zwei¬

ten Siegels , das mir um zwei Jabre später als das erste entstand , daneben zu stellen, wo unmittelbar auf ^i^jiJ! lAxc so deutlich wie man nur irgend ver¬

langen kann, folgt. Wie mit sehenden Augen blind, will er aber

statt i_aJ.5 lesen \^fiXs>- , obgleich ein Jeder, der weiss wie ein kufisches und s- aussieht, nur v^iO lesen kann. Mau staunt, mau hält so etwas für nieht möglich, aber es ist so.

Geben wir nun zu dem zweiten Siegel. Da will Lanci nicbt, wie ich es thue , von der oberen Zeile zu der äusseren Zeile des Dreieckes links herab weiter lesen , sondern statt dessen mit der iunern oberen Zeile fortfahren.

Dass das unrichtig ist , ergibt sich mit vollster Evidenz aus den zwei anderen Siegeln , die nuf meiner Tafel neben jenen abgebildet sind , wo ein fast iden¬

tischer Text mit No. 2., aber im Kreise geboten ist, die Wortfolge also gar nicht zweifelhaft sein kann und dieselbe ist, wie ich sie gegeben habe. Doch auch da weiss sicb oder sucht sich wenigstens mein schlauer Gegner zu helfen.

Er lässt eben die beiden Bilder mit den Rund schrifteu auf seiner Tafel w e g und inacht seinen Lesern weiss, diese Stücke seien schlecht hergerichtet und

(11)

liiUiograph isclie Anzeigen . 331 enthielten ohngefähr dasselbe wie die anderen. So driickt er sich an den Moiui- menten, die gegen ihn und Tür mich Zeugniss geben, wie ein kluges Küchslein an der Falle sachte vorbei. In seinem Texte dieses zweiten Siegels kehrt auch

hier ein AJLÜ wieder mit vorhergehendem nUI .am Schlüsse der ersten

Zeile, von welchen drei Worten, statt deren ich _,^=iJI &aJL> lese, kein cin-

' ' ^ j " • '

ziges mit dem Originale stimmt, wie sich Jeder durcb einen Blick auf die Ab¬

bildung überzeugen wird.

In gleicher Weise wie bei dem zweiten , verfäbrt Lanci bei dem Siegel No. (j. Es ist das am wenigsten schwierige und man kanu iu Lesung der Le¬

genden kaum feblen. Auf seinem mir übersendeten Blatte gab er die Kandum-

schrift wieder: ^^kAy<t^\ nJJI ^Xac iJÜI iAa«J und die im Felde;

... OUS''! lX*^. In diesem Felde sind aber vor den Eigeünamen — man

sehe die Abbildung — noch zwei Wörter vorhanden , in denen jeder nur eini¬

germassen luschriften - Kundige die bekannte Formel i_5i-^J erkennt. Lanci hat sie weggelassen. In seiner Lettera will cr jj^jJvXii lesen. Dafür fehlt aber erstens das ! ganz , zweitens passt das sehr deutlicbe ^ nicht dazu und drittens wird so eine Person geschaffen, deren Existenz cr auch nicht mit einem Worte nachzuweiseu versucbt. Dagegen ist in meiner Abhandlung die ganze Geschichle meines Muhammed ben Ishaq dargelegt, die in der Zeit des Khalifen al-Mu'tadhid verlief, dessen Name aueh deutlich genug in der Siegeluinschrit't statt des von Lanci gelesenen äU! c\aC vor Augen steht. Mein Gegner, der seine Widerlegungen des jen:\isehcn Professors mit vollen Backen iu die Well posaunt, geht in seiner Lettera über die Kandlegcnde mit tiefem Stillschweigen weg, uud damit seiue Leser ineht in den Stand gesetzt werden, meine Lesung, die hier einmal ausnahmsweise im arabischen Texte mitgetheilt wird , nnt dem Originale vergleichen zu können, untcriässt cr es, auf seiner Tafel das Bild dieses Siegels zu reproduciren. Ucbcr den Text des deutschen Gelehrten

sagt cr seinen Lesern, desgleichen sei niemals auf den Monumen¬

ten zu sehen, noch von arabischen Lippen gehört worden; ,,e che mai signilicay Che oriental modo questo V Che sintassi risoltane?" — Welcher Leichtsinn oder welche Unehrlichkeit !— Auf S. 3()0 meiner Abhandlung ist, obgleich ieh es bei einer so bekannten Formel fast für überflüssig hielt, nachgewiesen, dass sie auf Münzen verschiedener Dynastien seit dem Jahre 132 d. 11. sehr geläulig;

CS sind die Belege dafür in Frähn's lieceus. Ind. S. 752 (lies 732) angezogen und selbst aus den Monete Cufiche Castiglioni's , eines Landsmannes vnu Lanci.

ist eine Stelle (S 250) citirt, wo dieselbe Formel in der Bedeutung : „jier ordine del" gefunden wird. Nichts desto weniger und trotz alledem erdreistet sich Lanci davon als einem „barbaro favellare" zu reden! Ist das nicht Trug?

Ich müsste noch lange fortfahren , wenn ich auch nur die gröbsten Irrthü¬

mer, Zeichen V(M1 Unwissenheit und grundlosen Phantastereien meines Gegners, der sich zu meinem Corrector aul'geworfeu hat, aufzeigen wollte. Wie wenn er z. B. S. 31 wähnt, durch den Versuch, meine Lesuug .>J zu beseitigen, über-

o

haupt die Existenz dieses „erträumten Wortes in leeren Dunst verflüchtigt zu haben". Es ist also in völliger Unwissenheit davon , dass dieses selbige Wort allgemein anerkannter Maassen auf Hundcrtei] von küfischen lUiiiizeii steht. —

(12)

Bi/jliiif/riipliiniiie , I iiZL'ii/i'ii.

Oder wenn er bei dein Bleisiegel mit dem Cbristusbilde durcb willkübrliche Umwandlung der beiden leUten Buchstaben IT in 2!'!' auf Simon Stylites, den Anachoreten des fünften christlichen Jahrhunderts , verfällt , dabei zugleich in den arabischen Text eiu ^iail einschmuggelnd, von dem auch nicht ein Buch¬

stabe auf dem Originale vorhanden ist. — Oder wenn er aus dem Amulete No. 12, desseu Inscription nach den \\'orten Fleischer's nichts als eiu siiniloses Gemisch von Buchstaben, Ziffern u. dgl. enthält, einen seehszeiligen Text beraus¬

klauben will, von dem ich, der ich doch wenigstens arabisch lesen kann, ausser dem zweimaligen ^ auch nicbt ein einziges Wort anzuerkennen vermag. — Doch wozu noch länger Papier und Zeit vergeuden?

Ist's nicht eine bittere Ironie, wenn Lanci am Schlüsse seiner Lettera den Verfall der orientalischen Studien in Italien beklagt , während in der That kein schlagenderer Beweis für eine solche traurige Verkommenheit beigebracht werden könnte, denn eben diese seine eigene Schrift, als von einem Manne ver¬

fasst, der in einem öffentlichen Amte stand? In Deutschland würde und dürfte sicherlich Niemand sich mit einem solehen Machwerke auf den Markt wagen.

Ja, es ist für Italien, das durcb seine geographische Lage, dureb seine mer¬

cantilen, politischen und kircblicbeii Beziebungen und überdem durcb deu Reich¬

thum an handschriftlichen orientalischen Schätzen auf eine sorgsame und eifrige Pflege der morgenländiscben Studien hingewiesen ist, hoch au der Zeit, Mittel zu ergreifen , um sie aus ihrer gegenwärtigen Vernachlässigung und tiefen Ver¬

sunkenheit empor zu bringen.

Was in der Lettera sonst noch Alles von Eigenlob des Verfassers und fast kindischer .Selbstverherrlicbuiig , dergleichen mau iu gebildeter Gesellschaft nur lielächelt , von Verunglimpfung meines Namens und bombastischen Schrullen ausgegossen ist, kann ich um so eher unberührt lassen , da ich mich dabei der Gesellschaft eines Reinaud und Amari zu getrösteu habe, die herabzusetzen ein Lanci nimmermehr vermag. Aber mich gegen den Angriff zu wehren gerade so wie ich es that, forderte ausser der Rücksicht auf meine persönliche Ehre aucb ein höherer Gesichtspunkt , der es hoffentlich aucb entschuldigen wird, wenn ich davon absah, dass es ein Todter ist, mit dem ich verhandelte. Der Verstorbene lebt nocb in seinem Buche.

Durcb Lanci's Schrift zieht sich nämlich eine Tendenz, in meiner Person üls eiuem Beispiele die ganze Classe der deutschen Orientalisten oder deutschen Gelehrten überhaupt für die Italiener zu kennzeichnen, herabzusetzen, gehässig und .verächtlich zu machen, uud damit zwischen den beiden Nationen, die gerade jetzt in einer beiden förderlichen Annäherung begriffen sind, eine Kluft aufzu¬

richten. Die Wissenscbaft soll aber nicht dazu gemissbraucht werden, die Völ¬

ker zu trennen und gegen einander zu hetzen , sie soll dieselben vielmehr als l iu einigendes Band zu gemeinsamem , ernstem Forschen nach Wahrheit ver¬

knüpfen und zu einem wetteifernden Ringen auf der Bahn des Fortschrittes ent¬

flammen. Was uud wer sich dagegen stemmt , Zwietracht säend, einer solchen Vereinigung bindernd in den AVeg tritt, muss rücksichtslos, ob lebend oder todt, mit Energie bekämpft und niedergehalten werden. Ich habe wäbrend meines Aufenthaltes unter dem italienischen Volke dessen ausserordentliche natürliche Geistesbegabung kennen und seinen heitern, gemüthlichen Sinn lieben gelernt ; dämit nicht eine solcbe elirenwertlie Nation feindlich gegen uns eingenommen

2 4 ♦

(13)

liihliorfrapli lach e A iizeifieti . 333 werden möge, Inelt ich es mit für Pflicht, den sich spreizenden Störenfried in seinem wahren Lichte und in seiner traurigen Blösse zu zeigen. An die chren¬

werthe italienische Gelehrtenzunft wiederhole ich aber , nicht eingeschüchtert durch die schlimme Erfahrung, nochmals meinen Appell wegen Nachforschungen in ihren Archiven und Bibliotheken nach Siegeln und Bullen mit arabisehen Legenden, um diesem neu erfassten Wissenschaftszweige mebr Boden und Mate¬

rial zu beschalfen.

Jena. Dr. J. G. Stickel.

Dif, Könige von Tibet von der Entstehung königlicher Macht in

Ydrlung bis zum Erlöschen in Lad/ik [Mitte des 1. Jahrh. vor Chr.

Geb. his 1834 nach Chr. Geb.) von Emil Schlaginticeit. Mit

2 genealogischen Tabellen und 19 Seiten tibetischen Textes. München 186(5. 4. (Aus den Ahh. der k. bayer. Akad. der Wiss.l

Vorliegendes Buch erschien während der Kriegsuuruben des Jabres 1866 und dieser Umstand ist vielleicht Schuld dar.m , dass es nicht die Beaebtung gefunden zu baben scheint, die es verdient Derselbe möge aueh diese verspä¬

tete Anzeige rechtfertigen.

Die Gebrüder Schlagintweit habeu von ihrer Reise nach lunerasien unter Anderem auch eine Sammlung von mehr als 200 tibetischen Manuscripten zurück¬

gebracht, mit deren Anordnung und Katalogisirung Herr Emil Schlagintweit, der jüngere Bruder der Reisenden, sich beschäftigt hat. Kr wählt aus diesem rei¬

chen Schatze jetzt ein Werk aus, um es durcb Mittbeilung des Textes, Lleher¬

setzung und Anmerkungen dem gelehrten Publicum zugänglich zu machen. Das tibetische Manuscript, welcbes die Basis des vorliegenden Werkes bildes, enthält eine Genealogie der Könige von Tibet (Gyelrap) und ist von Hermann von Schlagintweit-Sakünlünski in Le, der Hauptstadt des westlichen Tibets, erwor¬

ben worden. Es ist eine von drei Lamas des dortigen Klosters angefertigte Oopie des Originals, welcbes sich im Besitz des letzten Descendenten der alten Könige von Ladik befindet. Dass der Verf. gerade dieses Buch zur Veröft'ent- liehung wählte, kann nur Beifall finden, da über die politische Geschichte Tibets und seiner Könige bisher nur wenig bekannt war. In der Description du Tubet, welche Klaproth naeb einer russi.schen Uebersetzung des chinesischen Originals 'wei tsang thu schi im Nouveau Journal Asiatique 1829 und 1830 erscheinen liess , später auch besonders herausgab , findet sieb ein Coup d'oeil historique sur le Tubet (Nouveau Journ.al Asiatique Tome IV p. 101-121), welelier wohl als der einzige bisher bekannte Abriss einer Geschichte Tibets betrachtet wer den kann, denn Csoma de Körös giebt in sehier tihetisclieii Grammatik S. 181 ff.

lediglich eine chronologische Tafel mit Anmerkungen, und Schmidts Bemerkun¬

gen zu seiner Ausgahe des Ssanang Ssetsen sind , so lehrreich und wichtig sie an sieh sind, doch ineljr fragmeiilariseber Art. Rechnet mau hierzu noeh einige Notizen in Klaproth's Kragments bouddhiques , in Cunningham's Ladak and Surrounding countries, aufgenommen in den 4teii Band von Lassen's indischer Alterthnmskunde , so hat man wohl Sfi ziemlich Ailes erschöpft. wa-~ bislo-r vi.ii tibetischer Geseliielite hekuiiiit geiii.-U'lit \\.\v. Uns Vnniegeiidi- lliieli nber gieht mehr Detnils, nis irgend eines der i-r« iiliiileii W erke nml zi ieljm'l sieli clniiiireh

(14)

334 lUlilidfirapliiscIte, A itxi iiji'n.

vor den meisten dersellien noeli besonders aus, dass darin sämmtlielie Namen in ilirer wabren tibetiseben Gestalt erscbeinen und nicbt in UebersetzuiiKeii, weicbe den ursjiriinglicben Namen oft gar nicht erkennen lassen.

Der Uebersetzung des Gyelrap gehen Bemerkungen über die Schreibart des Textes (S. G ff.) und eine Uebersicht des Inhalts (S. 13 ff.) voraus. Dann folgt S. 25—80 die Uebersetzung seihst, welcher zwei genealogische Tabellen über die Könige von Yiirlung und über die Könige von Ladilk beigegeben sind. Kiu Index nebst Berichtigungen und Zusätzen macht den Beschluss. Daran reiht sich mit besonderer Paginirung der tibetische Text, welcher in der k. k. Staals¬

druckerei in Wien mit bekannter Sorgfalt gedruckt worden i.st. Die dazu ver¬

wendeten Typen sind klein aber gefällig, scharf und deutlich; es sind dieselben, deren sich der Verf. schon zu Mittbeilung einiger tibetischer Texte bedient hat, die in den Jahren 18G3 f. in den Sitzuiigsbericbten der königl. bayer. Aka¬

demie der Wissenschaften erschienen sind. II. C v. d. Gahelentz.

[ii.L'L;oi|. o!jL4i,Xw'^lj C.}\yiJ>\ oUU!]

Dictionnaire Dj agliaijata'i - turc imblic 2>ar V.dc V cliamiuof- Xernof, tlocteur de l'universite Imperiale de St.-Pitersbourg, mem¬

hre de racademie Imperiale iles Sciences. Saint-Petersbourg (Impr.

de l'Acad. Imp.) 18G9. 27 und rf. Seiten. 8.

Es ist erfreulich, dass in neuerer Zeit vou Seiten europäischer Orientalisten den älteren und östlichen Dialekten des Türkischen grössere Beachtung zu Theil wird. Insbesondere geben in dieser Beziehung russische Gelehrte mit gutem Beispiel voran ; wir erinnern hier an die Arbeiten der Herren Kazembcg, Beresin, Ilminski u. a. Mag auch die Litteratur der östlichen türkischen Stämme an Uciclithuin der der Osmanen nachstehen , so ist sic doch keineswegs so ganz unbedeutend und bietet , nach den wenigen his jetzt durch den Druck zugäng¬

lich gemachten Proben zu urtheilen, genug des Iiiteressaiiteii in Prosa und Poesie.

Besonders wicbtig und lohnend ist das Studium der ost-türki.schcn Dialekte in rniguistiscber Beziehung. Nicht allein Grammatik und Wörterbuch des West- Türkischen wird dadurch manche Berichtigung und Bereicherung erhalten, auch über manche dunkle Etymologie des Persiscben giebt das Osttürkische Auf¬

schluss, denn cs ist nicht zu läugnen, dass eine Menge persischer Wörter, deren Zusaiiimcnliaug mit dem Sauskrit nicht nachzuweisen ist, nur auf turanische Wurzeln zurückgeführt werden könuen, die im Wcstlürkischen sich mit weniger Sieherheit iiacliweisen lassen als in deu älteren osttürkischen Dialekten. V\'ir begrüssen daher das vorstehende dscliagataische Wörterbuch als einen in mehr als einer Beziehung wichtigen und willkoinmencn Beitrag zur orieiitalisclien Phi¬

lologie. Es ist das unter dem Namen Abuschka bekannte Wörterbuch, auf welehes bclioii Abel Keiuusat hingewiesen hat (Keelierches sur les langues Tar¬

tares I. p. 251), von dem sich auf verschiedenen öffentlichen Bibliotheken und in Privathiudcn z.alilreiclie Copien linden. Man müsste sich wundern, dass nicht schon längst europäische Orientalisten eine Ausgabe dieses Werkes unternommen hallen, weiiii man nicbl wüsste, ilass das Osttürkische his noch vor »eiligen

(15)

midworaiihtuche Ameigen. 335 Jalirzehnteu eine vollständige terra incognita war, wie schon daraus hervorgeht, dass man dieses Werk in den Katalogen öffentlicher Bibliotheken einfach als mongolisch aufführte. Eine etwas genauere Kenntniss des Buches erhielten wir zuerst dureh Herrn Beresin '), und später gab Herr VAmbery einen Auszug heraus, leider aber in ungarischer Sprache").

Das Werk enthält ein alph.abetisehes Verzeiehniss grösstentheils in den Schriften des Mir Ali Schir Newäi vorkommender osttürkischer uud speciell dschagataiseber Wörter, deren Bedeutung sich nicht aus dem Westtürkischen (wie es zur Zeit des Verfassers gesprochen wurde) ergiebt. Jedem Worte ist die westtürkische Bedeutung beigegeben uud fast durchgängig eine oder mehrere Belegstellen aus dschagataischen Werken. Die bei weitem grösste Anzahl die¬

ser Belege sind den Werken des Newai entnommen , manche auch aus Lutfi, Mir Haidar, dem Baber-name u. a. Durcb diese wörtlich angeführten Stellen erhält das Buch eiuen besonderen Werth und unterscheidet sich vortbeilhaft von anderen Glossarien, wie z. B. dem in Calcutta gedruckten Logat-i Türki u. a.

Der Name des Verfassers und Zeit der Abfassung siud unbekannt, doch geht aus einer Notiz des Abschreibers am Ende der Petersburger Handschrift ber¬

vor, dass das Buch vor dem Jahre 9ü7 d. H. (15GÜ) geschrieben sein mus.s.

Die Herausgabe des Werks war in der Weise wie sie ins Werk gesetzt wurde, keineswegs eine leichte Arbeit. Der H. Herausgeber begnügte sich nicht ein¬

fach den Text seiner Handschrift ^) abdrucken zu lassen, mit etwaigen Varian¬

ten, sondern scheute die Mühe nicbt, die angeführten Stellen, die aus dem Zu¬

sammenbange gerissen , fehlerhaft abgeschrieben uud falsch citirt oft ganz un¬

verständlich und schwer aufzufinden waren, in den betreffenden Werken, so weit ihm diese zur Hand waren, selbst aufzusuchen ; und so gelang es ihm , da er in St. Petersburg zwei ziemlich vollständige Handschrifteu der Werke Newäis finden konnte, den grössten Theil der angeführteu Stellen mit Sicherheit zu be¬

richtigeu ; die wenigen , welehe er bei Newäi nicht auffinden koimtc oder die aus solcben Werken genommen siud , von denen ibm keine Handschriften zu Gebot standen, hat er entweder nach eigenem Ermessen berichtigt, wo dies mit Sicherheit geschehen konnte , oder unverändert nach der Handschrift gegeben.

Weiteren Berichtigungen und Vervollständigungen sehen wir in einer andern Arbeit des Herrn Herausgebers entgegen, deren Plan uud Zweck cr in der Vor¬

rede des vorstehenden Werkes mittbeilt, und deren recbt baldige Beendigung und Herausgabe wir im Interesse unserer Wissenschaft wüuschen.

Zenker.

1) Beschreibung der türkiscli-tatariseben Handscbrilten in den Petersburger Bibliotheken. S. Zeitschr. Bd. 11. S. 213 ff.

2) Abuska. Csagatajtörök Sziigyüjtcmeny. Török keziratböl forditotta Viiin- hery Armin. Elillieszeddel es jegyzetekkel kiserte Hudciiz Jözsef. A Magyar Tudomänyos Akailcmia kiadäsa. Pe.st. 18(j2. !S.

3) Handschr. il. Kais, öffentl. Bibliothek. CalaliiKUe des Ms9. ct .xylogr.

i.rlent. de la liild. lin|i. publ. de Sc. I'etersbourg. N. D.XCIV. p. 032.

Berezin a. a. t)

(16)

330 liihlioiirajihiache . 1aseii/eu.

Dictioitiiairt PemaH-frani^ais avec mie table aljibabetique jmir servir de dictionnaire francais-persan et un tableau comparatif des annies de Vire mahomelane et dc l'ere chretienne, par Adolphe Berge, conseUler delat , presiilcid de la commission archeograpldipie du

Caucase, membre etc. etc. Leipzig. Leopold Voss. 1868. (Paris, Mai¬

sonneuve & Co. — London, Williams & Norgate.) 8. 674 coli. 2^ 20 Ji^:

Vorstehendes Dictionnaire macht nicht den Anspruch ein vollständiges Wörterhuch der persisehen Sprache zu seiu , welches für daa Verständniss der persisehen Dichterwerke ausreichen könnte , es enthält vielmehr nur den Theil des so ausserordentlich reichen Wortschatzes des Persischen, welcher iu der lebenden Sprache noch wirklich Geltung hat. Der Herr Vf. sammelte das Ma¬

terial zu seinem Dictionnaire auf seinen Reisen und während seines Aufenthalts in Persien und unterwarf es naeh seiner Rückkehr einer genauen Durchsicht und Ausarbeitung, bei der er anch andere Werke zu Ratbe zog. Durch eiuen vollständigen Index der französiscben Wörter ist dafür gesorgt , dass das Buch zugleich als frauzösisch-persisches Wörterbuch dienen kann; so eignet es sichi und namentlich auch durch ein handliches Format, als Taschenwörterbuch zum mündlichen Verkehr. Zu diesem Zwecke sind auch, neben vielen Redensarten der gewöhnliehen Unigangssprache , viele Stellen aus persischen Diehtern , na¬

mentlich Sadi , wörtlicb angeführt , mit denen die Perser auch im alltäglichen Verkehr ihre Rede zu schmücken pflegen. Dass der Hr. Vf. die Ausspraehe der persischen Wörter nicht in einer Transcription mit europäischen Buchstaben angegeben hat, können wir nicht als einen Mangel erklären und er hatte dazu gute Gründe , denn die Ausspraehe ist in den verschiedenen Tbeilen Persiens nnd in den Ländern wo Persisch gesprocben wird , sehr verschieden ; zu wün¬

schen aber wäre, dass der Hr. Vf. mit Angabe der Voealzeichen etwas weniger sparsam verfahren wäre , denu nicht bei allen , die das Buch gebrauchen wer¬

den , ist die zu richtiger Lesung nötbige Kenntniss der persischen und arabi¬

schen Grammatik vorauszusetzen. Freilieh würden , bei der Mangelhaftigkeit unserer arabischen Typen , bei einer vollständigen Vocalisation die Zeilen be¬

deutend auseinander gelaufen sein, und wir glauben, dass gerade diese Rück¬

sicht den Hrn. Vf. bewogen hat die Voealzeichen zum grössten Tlieil wegzu¬

lassen. Für ilcr Sprache einigermassen Kundige ist dies jedoch kein grosser Nacbtheil uud wir empfehlen das Werkchen namentlich jüngeren Orientalisten sowohl als Handwörterbuch als auch zu fleissiger Lektüre, Zenker.

(17)

337

Die Basis der Entzifferuno;

der assyriscli-babylonisclieii ICeiiinscliriften.

(»trprüft von

Prof. Dr. Ebcrii. Schräder in Zürich.

Das laufende Jahr hat uus einen Expose des elements de la

grammaire Assyrienne vou Joach. Menant gebrachti). Diese as¬

syrische Grammatik ist niclit die erste ihrer Art. Schon vor meh¬

reren Jahren ist die Sprache der ninivitischen Denkmäler Gegen¬

stand einer grammatischen üehaiidluiig gewesen-), auf welche liin

aucli licreits eine Prüfung dersellieii hcziiglich ilires semitischeu (Jliarakters angestellt ist'';. Diese Prüfung ist durcliaus zu (jnnsten

des Semitisinus derselben ausgefallen. Woher nun trotzdem nocb

die auffallende Zurückhaltung der semitisciien Philolugen in Aner¬

kennung des Semitisinus der Sprache der Keilinscluitteii dritter

Gattung und die grosse Scheu, vou den durch die Eiitzitteiuiig ge¬

wonnenen historischen und sonstigen liesultaten Anwendung zu ma¬

chen? Gewisse allgemeine Voraussetzungen bezüglich der Natur

dieser Sprache sind diese Ursache schwerlich, wenigstens schwerlich

allein. Der Grund dieser eigcutliümlichen Erscheinung dürfte tiefer

liegen. Der Grund dürfte kein anderer und kein geringerer sein,

als der Zweifel an der Solidität der Entzifferung selber. Dass die

von Opjiert und Menant lie schri ebene Sjiraclie eine semitisclie

sei, wird sciiwerlich auf die Dauer beanstandet werden. Was mau

bezweil'elt, ist ofl'enbar, ob die hier bescliriebene Sprache wirk¬

lich auch die Sprache sei, welche iu deu Keilinschriften dritter

Gattung (1. i. in den assyriscli-babyloniscbeii Keilinschiiftcn enthal¬

ten ist. Worüber man nicht siclier ist, ist: in wie weit die Eiit-

zifleriiug dieser Keiisi'hiiftgattung nnd iliicr Sinai lie anf gesunden, wisseiiscliaftliclien l'i ineipieii bei ulie ; in wie weit dieselbe als eine

\) J. ji/cnant, oxjmi.sü dos eitnuoits do la gianiniairt- As-yrii-nnc. Paris. 1.80^.

2) J-Opjicrt, öli'rinciits de la urannnairo Assyiii-nm-. Paris 1800. (AUdiiu-k aus dem Journ. Asiat. l.SGO. t. ;.

3) ./■ Olsliaaseii , l'riilintg der in den assj riseiieii Keilinscliritteii entlialte- nen semitiselieu Spraehe. (AhhandUingen der Herl. .Akad. der \\ iss. aus d. J.

lSli4. S. ■175-4<l(;.)

IM. XXIII. 22

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Bezeichnungen für Frau und Mann 22 Übungen 23 Meine Fami- lie (Bild zum Üben) 25 Vokabeln 26. Unterrichtliche Kommunika-

Mit Rücksichtnahme auf Benutzer, die über- wiegend nicht aus den turkologischen Fachkreisen stammen dürften, wurde der An- merkungsapparat auf das Wesentliche beschränkt; auch

Erstens wird BAPA+40 eine multilaterale Konferenz im Rahmen der Vereinten Nationen sein und hat daher eine hohe Legitimität für den Umgang mit SSC.. Gemeinsam

Die Debatten bei Delhi 3 wurden von der wachsenden Spannung zwischen Indien und China überschattet, die sich zunehmend auf die jeweiligen nationalen Strate- gien der

Allerdings wird in der Abgrenzungs- diskussion oft vergessen, dass auch der Norden mehr Beiträge leistet als der Entwicklungsausschuss der Organisation für

Unter den Industriepflanzen sind vor allem Tabak, Zuckerrüben und Baumwolle zu nennen. Zuckerrüben werden in dieser Gruppe mit der höchsten Produktivität von

Für den Ausbau des Restaurants ist eine neue Baueingabe mit Brandschutzkonzept einzureichen. Separate Baubegehren sind für Reklameeinrichtungen und Beschriftungen von Seite Betreiber

Das Spar- und Investitionsverhalten der türkischen Gastarbeiter in Europa und ihre Bewertung der Anlageformen und europäischen Banken.. GRUNDLEGENDE