DIE ZEITSCHRIFT FÜR BETRIEBSRÄTE IN DEUTSCHLAND 1 | 2020
BETRIEBSRAT DER
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KURZARBEIT
Auswirkungen für Beschäftigte
| Seite 20 START-UP FLASCHENPOST
„Brutale Wildwest-Methoden“
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ANSTECKUNGSGEFAHR Schutz am Arbeitsplatz
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SCHLECHTE ZEITEN:
WIRTSCHAFTSAUSSCHUSS
IM FOKUS
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
VORWORT
Betriebsrats-Inventur in stürmischen Zeiten
Erst vor wenigen Wochen legte die aktuelle Bundesregierung ihre Halbzeitbilanz vor; eine Art Inventur der Koalitionspläne. Seit 19 Monaten war die große Koalition da im Amt. Tenor dieser Bestandsaufnahme: Viel erreicht — es bleibt viel zu tun.
Auch die Betriebsratswahlen sind schon wieder fast zwei Jahre her; als Betriebsrat stehen Sie damit kurz vor Ihrer Halbzeitbilanz. Was ist der Tenor Ihrer Bestandsaufnahme? Wie viel konnten Sie von Ihren Plänen bisher umsetzen; wie liefen die Verhandlungen mit dem Arbeitgeber?
Die Zeiten sind turbulenter, als das noch vor zwei Jahren zu erwarten war. Aus wirtschaftlichen Turbulenzen ist eine handfeste Strukturkrise geworden, die Zahlen zur Kurzarbeit sind so hoch wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Und jetzt bringt zusätzlich noch das Corona-Virus die Wirtschaftswelt durcheinander und verunsichert zahlreiche Beschäftigte.
Bewahren Sie die Ruhe und nehmen Sie gerade in diesen stürmischen Zeiten eine „Betriebsrats- Inventur“ vor. Denn es liegen zwei Jahre als Betriebsrat vor Ihnen, in den Sie viel erreichen können
— und in denen Sie sicher weiter stark gefordert werden.
Mein Tipp:
Wie Sie als Betriebsrat auf die derzeitige Spar- und Stellenabbauwelle reagieren können, erfahren Sie im Beitrag: „Gute Zeiten, schlechte Zeiten?“ — gleich hier in dieser Ausgabe.
Ihr
Hans Schneider
Leiter des Instituts zur Fortbildung von Betriebsräten
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
INHALT
DIE THEMEN DIESER AUSGABE
2 | Betriebsrats-Inventur in stürmischen Zeiten
3 | Inhalt
4 | Kurz gemeldet
8 | Gute Zeiten, schlechte Zeiten?
Die Rolle des Wirtschaftsausschusses in Transformations- und Krisenphasen
12 | „Brutale Wildwest-Methoden“
Getränkedienst Flaschenpost behindert BR-Wahl!
14 | Corona, Grippe und Co
Schutz vor Ansteckung am Arbeitsplatz
17 | Neues aus dem Steuerrecht
Jobticket, Pedelec, Pensionskasse
19 | 100 Jahre SBV!
Geburtsstunde einer Erfolgsgeschichte
20 | Hoher Anstieg der Kurzarbeit
Darauf müssen Arbeitnehmer und Betriebsräte achten
23 | Streitpunkt Befristung Neuregelung der sachgrundlosen Befristung gefordert
25 | Aktuelle Rechtsprechung
27 | ifb intern
ONLINE dbr
Lesen Sie die Ausgaben von DER BETRIEBSRAT bequem im Internet:
www.ifb.de/der-betriebsrat Streitpunkt Befristung:
Arbeitgeber brauchen derzeit noch nicht einmal einen Grund, um befristet einzustellen.
| Seite 23
DIE SORGE VOR ANSTECKUNG GEHT UM
Neben der jährlichen Grippewelle kommt in diesem Winter die Sorge vor dem neuen Corona-Virus hinzu..
| Seite 14 Die wichtigsten steuerlichen Änderungen, vorgestellt von Rechtsanwalt Michael Luthin.
| Seite 17 © Andrey P
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KURZ GEMELDET
LEBENSLANGE EINKOMMEN IM VERGLEICH
Auf das lebenslange Einkommen gerechnet, wer ver- dient da am besten — Beschäftigte mit Ausbildung oder Beschäftigte mit Studium? Dieser Frage sind Wissen- schaftler nachgegangen. Sie haben untersucht, in wel- chem Lebensalter sich der Bildungsgrad im Hinblick auf das Gehalt „auszahlt“. Das Ergebnis: Meister und Techni- ker liegen beim Gesamteinkommen die meiste Zeit ihres
Lebens vorn. Erst mit Anfang 60 werden sie von den Akademikern überholt, die dann durchschnittlich ein höheres Lebenseinkommen haben. Für die Studie unter- suchte das Institut für Angewandte Wirtschaftsfor- schung das Einkommen von mehr als 12.000 Menschen der Jahrgänge 1948 bis 1986.
MEHR
INSOLVENZEN ERWARTET
Die Bundesagentur für Arbeit rechnet in diesem Jahr mit einem weiteren Anstieg an Insolvenzgeld- zahlungen: Wie die Wirtschaftswoche berichtete, kalkuliert die Behörde mit Ausgaben von 950 Mio. € für Lohn- und Gehaltszahlungen an Beschäftigte, deren Firmen Insolvenz anmelden. 2019 beliefen sich die Zahlungen auf 842 Mio. €, 254 Mio. € mehr als im Vorjahr.
CORONA BESCHÄFTIGT
ERSTES ARBEITSGERICHT
Der erste Corona-„Fall“ beschäftigte das Arbeitsgericht Berlin. Es ging um den Antrag eines Betriebsrats gegen das Verbot des Arbeitgebers, bei der Arbeit am Berliner Flughafen Mundschutz und Handschuhe zu tragen.
Der Betriebsrat sah seine Mitbestimmungsrechte verletzt.
Zu einer Entscheidung des Gerichts kam es nicht: Nachdem der Arbeitgeber mitgeteilt hatte, Beschäftigte könnten bei der Arbeit Mundschutz und Handschuhe tragen, erklärte der Betriebsrat das Verfahren für erledigt (Az. 55 BVGa 2341/20).
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KURZ GEMELDET
STUDIE ZU DOPING AM ARBEITSPLATZ
In Deutschland nehmen rund 700.000 Beschäftigte leistungssteigernde oder stimmungsaufhellende Medi- kamente — das sind knapp 2 % der Arbeitnehmer. Dies geht aus der DAK-Analyse „Update: Doping am Arbeits- platz“ hervor. Laut der Studie ’dopen‘ die meisten Arbeitnehmer, um ihre beruflichen Ziele besser zu erreichen. Ältere Arbeitnehmer ab 60 Jahren greifen zu Medikamenten, um im Beruf leistungsfähiger zu sein. Für die Untersuchung wurden über 5.500 Berufs- tätige im Alter von 18 bis 65 Jahren befragt.
CO2-TIMER:
LÜFTEN LEICHTGEMACHT
Fenster auf, frische Luft rein: Wer regelmäßig lüftet, der beugt Müdigkeit, und Konzentrationsmangel vor.
Grund hierfür ist die Menge an Kohlendioxid (CO2) im Raum, zu viel davon im Büro kann die Gesundheit beein- trächtigen und zu Kopfschmerzen führen. Unterstützt werden kann das optimale Lüftungsverhalten durch den
„CO2-Timer“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversi- cherung und der Unfallkasse Hessen. Für jeden fenster- belüfteten Raum ermittelt die App den richtigen Lüf- tungszeitpunkt und die optimale Lüftungsfrequenz.
Hier geht’s zur kostenlosen App.
RAT DER
ARBEITSWELT NIMMT ARBEIT AUF
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat einen
„Rat der Arbeitswelt“ ins Leben gerufen. Mitglieder des 11-köpfigen Gremiums sind u.a. der ehemalige Ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske, Sinischa Horvat, Vorsitzender des Konzernbetriebsrats von BASF und Matthias Möreke, stellvertretender Betriebsratsvorsit- zender von VW in Braunschweig. Das Gremium soll sich mit den Veränderungen in der betrieblichen Arbeitswelt befassen, damit einhergehende Herausforderungen in der Arbeitswelt analysieren und Handlungsempfehlun- gen geben. Einmal jährlich wird der Rat einen Bericht zur Arbeitswelt veröffentlichen. Mehr erfahren? Hier geht’s zum Twitter-Kanal des Rates der Arbeitswelt.
HOTELS:
NGG WARNT VOR EXTREMEN ARBEITSZEITEN
Der Inlandstourismus boomt. Nach Angaben des Statis- tischen Bundesamtes verzeichneten die Beherbergungs- betriebe im vergangenen Jahr rund 496 Mio. Übernach- tungen — ein Plus von 3,7 % gegenüber dem Vorjahr, der zehnte Höchststand in Folge. Mit Blick auf diesen Rekord warnt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) vor extremen Arbeitszeiten im Hotel- und Gaststät- tengewerbe. Die rund 1,7 Mio. Beschäftigten der Branche arbeiteten schon längst an ihrer Belastungsgrenze, so der NGG-Vorsitzende Guido Zeitler. Nacht-, Abend- und Wochenendarbeit nähmen seit Jahren zu. Die Forderung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands nach einer Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes gehe daher
„völlig an der Realität vorbei“.
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KURZ GEMELDET
MEHR SCHUTZ VON
BETRIEBSRÄTEN GEFORDERT
Die Partei „Die Linke“ will Betriebsräte mehr vor mitbe- stimmungsfeindlichen Arbeitgebern schützen. Mit einem Antrag an den Bundestag fordert sie Schwerpunktstaats- anwaltschaften und Strafverschärfungen im Betriebsver- fassungsgesetz. Zunehmend versuchten Arbeitgeber, Betriebsratswahlen zu verhindern; ihr Ziel seien betriebs- rats- und gewerkschaftsfreie Zonen. Dabei handele es sich nicht um Kavaliersdelikte. Die Bekämpfung von Betriebsräten und betrieblicher Mitbestimmung sei ein Fall für die Staatsanwaltschaft.
Hier gibt es Details zum Antrag.
STUDIE ZU FLÜCHTLINGEN IM JOB
Knapp die Hälfte der Geflüchteten, die seit 2013 nach Deutschland gekommen sind, gehen fünf Jahre nach ihrer Ankunft einer Erwerbstätigkeit nach. Dies geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Die Arbeitsmarktintegra- tion erfolgt damit etwas schneller als bei Geflüchteten früherer Jahre. Mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Geflüchteten arbeitet als Fachkraft oder in Tätigkeiten mit höherem Anforderungsniveau. Insgesamt wurden rund 8.000 Geflüchtete befragt.
Die IAB-Studie ist online abrufbar.
AIRBUS: BETRIEBSRAT
WEHRT SICH GEGEN STELLENABBAU
Den Beschäftigten von Airbus stehen massive Einschnitte bevor. Das Unternehmen plant, mehr als 2.300 der rund 34.000 Stellen in der Rüstungs- und Raumfahrtsparte zu streichen. Auch betriebsbedingte Kündigungen werden nicht ausgeschlossen. In Deutschland sollen 829 von derzeit rund 12 000 Stellen betroffen sein. Hintergrund ist laut Airbus unter anderem ein Rückgang im Raumfahrtmarkt.
Der Airbus-Betriebsrat ist der Meinung, dass das Unternehmen nicht auf Kosten der Belegschaft saniert werden dürfe und will für den Erhalt der Arbeitsplätze kämpfen. In einem Schreiben an die Belegschaft betonten die Interessenvertreter, dass betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden müssten:
„Jeder der bleiben will, muss bleiben dürfen!“
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KURZ GEMELDET
DENKANSTÖSSE
RANKING DER
BELIEBTESTEN ZEITSCHRIFTEN
Was lesen die Deutschen? Die Nummer 1 der deutschen Publikumszeitschriften ist laut IVW- Bilanz weiter der „Spiegel“, gefolgt vom „Stern“.
Den größten Umsatzverlust erlitt im vergangenen Quartal der „Focus“. Insgesamt setzt sich der Auf- lagenrückgang bei Publikumszeitschriften weiter fort. Zudem ist ein titelübergreifender Trend zum E-Paper zu erkennen, diese legten um rund 20 % zu.
GROSSE LOHNUNTERSCHIEDE BEI FACHKRÄFTEN
In Berufen mit Fachkräftemangel verdienen die Beschäftigten häufig unterdurchschnittlich. Das geht aus einer Antwort der Bundesagentur für Arbeit auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Demnach liegt das Einkommen in Beru- fen, in denen händeringend nach Fachkräften gesucht wird, oft einige Hundert Euro unter dem mittleren Durchschnittslohn. Betroffen sind unter anderem Podologen, Hörgeräteakustiker und Physiotherapeuten.
BR-WAHL BEI ZALANDO
4.500 Zalando-Mitarbeiter sind laut Berliner Morgen- post aufgerufen, einen Betriebsrat zu wählen. Es wäre die erste Betriebsratswahl der Konzernmutter des Online-Modehändlers in Berlin. Am Zalando-Standort in Lahr ist man schon weiter: Dort gibt es seit einigen Wochen einen 15-köpfigen Betriebsrat. Zuletzt war Zalando wegen eines Überwachungssystems seiner Mitarbeiter in den Schlagzeilen.
50 JAHRE
LOHNFORTZAHLUNG
IM KRANKHEITSFALL FÜR ARBEITER
Wenn ein Beschäftigter wegen Krankheit ausfällt, bekommt er weiter Geld — Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nennt dies der Gesetzgeber. Was schon lange für Angestellte gilt, mussten sich Arbeiter erst erkämpfen. Erst vor 50 Jahren trat mit dem „Gesetz über die Fortzahlung des Arbeits- entgelts im Krankheitsfalle und über Änderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung“ die faktische Gleichstellung der Arbeiter und Angestellten in Sachen Ent- geltfortzahlung im Krankheitsfall in Kraft. Mehr als 18.000 Metallarbeiter hatten hierfür gestreikt.
50
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WIRTSCHAFTSAUSSCHUSS IN DER KRISE
DIE ROLLE DES WIRTSCHAFTSAUSSCHUSSES IN TRANSFORMATIONS- UND KRISENPHASEN
GUTE ZEITEN,
SCHLECHTE ZEITEN?
Gegenwärtig baut sich in deutschen Unternehmen eine Spar- und Stellenabbauwelle auf, die aus drei übergreifenden Strömungen gespeist wird. Betriebsräte und insbe- sondere deren Wirtschaftsausschüsse sind gut beraten, sich mit diesen Entwicklun- gen auseinanderzusetzen und wirksame Beratungs- und Mitbestimmungsstrategien zu entwickeln, meint unser Experte Christof Balkenhol.
Stellenabbau und Standortschließungen — die Mel- dungen kamen im letzten Sommer in dichter Folge:
BASF, Deutsche Bank, Daimler und Ford wollen in den kommenden Jahren jeweils mehrere tausend Stellen im Inland abbauen. Im Oktober kündigte die Conti- nental AG massive Personalreduzierungen an, geplant ist unter anderem die Schließung eines Werks in Bayern. Der Automobilzulieferer Brose will
2.000 Stellen abbauen, der Göppinger Pressenher- steller Schuler 500 Stellen. Und auch der Einzelhan- del meldet teilweise massive Probleme, die z.B. bei der Insolvenz der Modekette Gerry Weber, bei der massiven Restrukturierung des Kaufhof oder beim Verkauf der real-Lebensmittelmärkte sichtbar werden.
Jedes zwölfte Industrieunternehmen erwartet für die kommenden Monate Kurzarbeit.
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WIRTSCHAFTSAUSSCHUSS IN DER KRISE
KONJUNKTUR SCHWÄCHELTT
Deutschland erwirtschaftet massive Handelsbilanz- überschüsse, ist also erheblich vom Export seiner Waren anhängig. Das gilt vor allem für die Automo- bilindustrie, den Maschinen- und Anlagenbau und die Chemie. Die Stimmung bei den Managern in produ- zierenden Unternehmen ist jedoch gedämpft; der Ifo- Geschäftsklimaindex für das Verarbeitende Gewerbe ist im Juli 2019 auf dem niedrigsten Stand seit Jahren gesunken, jedes zwölfte Industrieunternehmen erwartet für die kommenden Monate Kurzarbeit. Die Schwächephase der Industrie geht dabei über das übliche konjunkturelle Auf und Ab hinaus: Einerseits hat sich bei wichtigen Kunden der deutschen Indus trie
— unter anderem in China — das Entwicklungstempo deutlich verlangsamt. Und zusätzlich entfaltet die globale Protektionismuswelle eine insbesondere für exportabhängige Unternehmen schädliche Dynamik.
Auf diese ohnehin schwächelnde Konjunktur treffen nun in den letzten Wochen zusätzlich die massiven Auswirkungen der Coronakrise.
DIGITALISIERUNG WIRD GREIFBAR
Seit mindestens fünf Jahren wird landauf, landab über Chancen und Risiken der Digitalisierung disku- tiert, Unternehmen setzen Projekte in Gang, um Arbeitsprozesse und ganze Geschäftsmodelle aus der analogen in die digitale Welt zu überführen.
Dadurch entstehen neue Unternehmen und auch neue Arbeitsplätze in bestehenden Unternehmen.
Gleichzeitig wird allerdings immer deutlicher, dass andere Arbeitsplätze entbehrlich werden.
POLITISCHE TRENDWENDEN WIRKEN
Neben Konjunktur- und Technologieeinflüssen werden einzelne Branchen durch gesellschaftspoliti- sche Trendwenden in beschleunigte Transformati- onsprozesse gedrängt. So hat die umweltpolitisch motivierte Dekarbonisierung nicht nur den Kohleaus- stieg in Deutschland erzwungen, sondern forciert auch das Ende des Verbrennungsmotors. Dadurch werden Automobilhersteller, aber auch Zulieferer wie Bosch oder Continental, zu einem massiven Umbau der Entwicklungs- und Produktionskapazitä- ten gezwungen.
INTERESSENVERTRETER STRATEGISCH VORBEREITEN
Interessenvertreter sollten sich aktiv damit ausein- andersetzen, ob und in welchem Umfang die drei genannten Treiber (Konjunkturentwicklung, Digitali- sierung, gesellschaftspolitische Rahmenbedingun- gen) die strategische Ausrichtung und die mittelfris- tige Kapazitäts- und Personalplanung in ihrem Unternehmen beeinflussen und ob sich hier Krisen- gefahren abzeichnen.
Zunächst ist dazu vor allem Transparenz über die Managementplanungen gefragt. Dem Wirtschafts- ausschuss fällt dabei eine wichtige Rolle zu, um Infor- mationen zur wirtschaftlichen Entwicklung mit dem Arbeitgeber zu beraten und anschließend für den Betriebsrat aufzubereiten.
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Interessenvertreter sollten sich aktiv mit der Krisengefahr auseinandersetzen.
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WIRTSCHAFTSAUSSCHUSS IN DER KRISE
ZENTRALE FUNKTION FÜR DEN WIRTSCHAFTSAUSSCHUSS
Der Wirtschaftsausschuss soll die wirtschaftlichen Angelegenheiten mit dem Arbeitgeber beraten und den Betriebsrat dazu unterrichten (vgl. § 106 BetrVG).
Um sich ein umfassendes Bild zur Lage des Unter- nehmens und zu möglichen strategischen Umbruch- szenarien und ihrer Risiken für die Beschäftigten zu machen, sollte der Wirtschaftsausschuss seine Arbeit in drei Schwerpunktbereichen intensivieren:
In der laufenden Berichterstattung zur Geschäftsentwicklung,
in der Beratung zu Restrukturierungsprojekten und
in der Etablierung eines Strategiedialogs.
LAUFENDE BERICHTERSTATTUNG
Zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten nach
§ 106 Abs. 3 BetrVG gehört unter anderem die wirt- schaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens (z.B. konjunkturelle Entwicklung, Auftragsbestand, Ergebnissituation, Liquidität). Der Wirtschaftsaus- schuss sollte dazu quartalsweise mit Hilfe eines für den Wirtschaftsausschuss spezifischen, unterneh- mensbezogenen und aussagefähigen Kennzahlencock- pits den aktuellen Status der Geschäftsentwicklung kennen und mit der Geschäftsführung beraten.
Exemplarisch seien hier drei Kennzahlenbereiche genannt, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten Krisen- hinweise geben.
Insbesondere strukturell rückläufige Kennzahlen zum Auftragseingang geben frühzeitig Hinweise auf mögliche konjunkturelle Abschwächungen oder auf unternehmensspezifische Absatzprob- leme und weisen damit oft bereits weit im Vor- feld auf drohende Krisen hin.
Anhaltende Rückgänge im operativen Ergebnis (Kennzahlen zum EBIT/ Ergebnis der gewöhnli- chen Geschäftstätigkeit) machen sichtbar, dass das Unternehmen deutlich näher an eine Ergeb- niskrise herangerückt ist
Wenn Liquiditäts- und Cashflowkennziffern abnehmenden Finanzierungsspielraum signalisie- ren, dann ist der Krisenzyklus häufig bereits erheblich fortgeschritten und der Wirtschafts- ausschuss sollte intensiv mit dem Management beraten, welche Gegenmaßnahmen die
Geschäftsführung kurzfristig ergreifen will, um die wirtschaftliche Lage zu stabilisieren.
BERATUNG VON
RESTRUKTURIERUNGSPROJEKTEN
An dieser Stelle sind dann häufig Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogramme das Mittel der Wahl.
Solche Projekte zählen ebenfalls zu den wirtschaftli- chen Angelegenheiten im Sine des § 106 Abs. 3 BetrVG.
Hier ist der Wirtschaftsausschuss gefordert, mit dem Management Projektziele, Inhalte und Ergeb- nisse ausführlich zu beraten. Der Arbeitgeber hat dabei die Pflicht, den Wirtschaftsausschuss recht- zeitig und umfassend unter Vorlage geeigneter Unterlagen zu unterrichten. Häufig haben die aus solchen Restrukturierungsprojekten abgeleiteten Maßnahmen betriebsändernden Charakter i.S.d. § 111 BetrVG. In solchen Fällen hat die Beratung im Wirt- schaftsausschuss vor Information an den Betriebs- rat und vor einer Aufnahme von Interessenaus- gleichsverhandlungen zu erfolgen.
Dr. Christof Balkenhol ist Geschäftsführer der Matrix Partner Beratungs GmbH in München.
Er berät seit über 20 Jahren Betriebsräte in strategischen, organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen.
Dem Wirtschaftsausschuss
fällt die wichtige Rolle zu, Informationen zur wirtschaftlichen Entwicklung für den Betriebsrat aufzubereiten.
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WIRTSCHAFTSAUSSCHUSS IN DER KRISE
STRATEGIEDIALOG IM WIRTSCHAFTSAUSSCHUSS
Zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten nach § 106 Abs. 3 BetrVG gehört auch das Produktions- und Investitionsprogramm. Insbesondere das Investiti- onsprogramm liefert Hinweise auf die vom Manage- ment mittel- und langfristig erwarteten Markt- und Wettbewerbsbedingungen. Diese Beratungen sollte der Wirtschaftsausschuss zum Anlass nehmen, um die Geschäftsführung einmal jährlich zu einem Stra- tegiedialog einzuladen. Hier geht es ausschließlich um Szenarien der mittel- und langfristigen Geschäfts- entwicklung. Dieser Dialog sollte auch den Rahmen bieten, um intensiv über mögliche Auswirkungen von Konjunkturentwicklung, fortschreitender Digitalisie- rung und politisch erzwungenen Transformationen im eigenen Unternehmen zu beraten und Auswirkun- gen für die Beschäftigten abzuleiten.
GRENZEN DER WIRKSAMKEIT
Der Wirtschaftsausschuss kann eine wichtige Funk- tion übernehmen, um insbesondere Klarheit über die zu erwartenden Auswirkungen von Krisen und Umbruchszenarien für das Unternehmen und die Beschäftigten zu gewinnen. Diese Klarheit ver- schafft dem Betriebsrat eine Basis, um sinnvolle Handlungsstrategien für die Mitbestimmung zu entwickeln.
Eine Gewähr für ein „Happy End“ aus Sicht der Beschäftigten besteht dabei allerdings nicht. Das bestätigt Dr. Tobias Naegle, der als Betriebsratsvor- sitzender unlängst das Insolvenzverfahren des Tou- ristikunternehmens Thomas Cook in Oberursel erlebt hat: „Der Wirtschaftsausschuss war für uns im Vor- feld der Insolvenz ein ausgesprochen wichtiges Gre- mium, um uns Klarheit über die zunehmend kritische wirtschaftliche Lage zu verschaffen. Es ist aber nicht gelungen, auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse erfolgreich Wege aus der Krise zu implementieren und die Insolvenz — mit allen einschneidenden Folgen für die Beschäftigten — zu verhindern.“
Die Beratungen sollte der
Wirtschaftsausschuss zum Anlass nehmen, um die Geschäftsführung einmal jährlich zu einem Strategiedialog einzuladen.
TIPP: ifb-FACHTAGUNG
„WIRTSCHAFT VOR GROSSEN UMWÄLZUNGEN“
Treffen Sie Dr. Christof Balkenhol auf der ifb-Fachtagung Wirtschaft vor großen Umwälzungen. Unser Experte spricht zum Thema „Turbulenzen zu erwarten — Die Wirt- schaft im Wandel“.
Wann und wo?
Vom 24. bis 26. Juni 2020 in Berlin.
Gleich anmelden unter
www.ifb.de/wirtschaftskrise2020-01
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
BEHINDERUNG EINER BR-WAHL
GETRÄNKEDIENST BEHINDERT BR-WAHL
„BRUTALE WILDWEST- METHODEN“
Startup-Unternehmen — zu hip für die Mitbestimmung? So kommt es einem vor, wenn man einen Blick auf den Getränkedienst Flaschenpost wirft. Das Unternehmen soll die Wahl eines Betriebsrats behindert haben. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) erstattet Strafanzeige.
„Getränkelieferung in 120 Minuten“ — mit diesem Slogan wirbt der Getränkedienst Flaschenpost um Kunden. Das Startup-Unternehmen ist seit 2016 am Markt. Bestellt werden kann per App; zum Liefergebiet gehören derzeit 18 Städte. Geliefert wird ohne Aufpreis auch bis ganz nach oben, Kistenschleppen im Minutentakt. Und die Beschäftigten? Haben offenbar das Nachsehen.
AUF WAHLVERFAHREN FOLGT KÜNDIGUNG Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten wirft dem Unternehmen vor, die Wahl eines Betriebsrats im Logistikzentrum in Düsseldorf zu behindern. Passiert war das Folgende: Am Standort Düsseldorf beschäftigt Flaschenpost rund 490 Mitarbeiter. Um dort erstmals einen Betriebsrat zu gründen, wurde ein Wahlvorstand
bestellt. Dies gefiel dem Unternehmen offenbar nicht:
Vor dem Arbeitsgericht versuchte Flaschenpost, die Berufung des Wahlvorstands für ungültig erklären zu lassen — und scheiterte. Das Arbeitsgericht Düsseldorf wies den Antrag im Eilverfahren ab. Besonders krass:
Nahezu zeitgleich erhielten acht Mitarbeiter in Düssel- dorf die Kündigung durch Flaschenpost — zuerst frist- gerechte, danach folgten fristlose. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt ... Das Unternehmen bestreitet natür- lich, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Streit um die Betriebsratswahl und der Kündigung der Mitar- beiter gibt. „Die Entlassungen waren ausschließlich in der mehr als mangelhaften Führung des Standortes begründet“, heißt es in einer Stellungnahme.
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Das Unternehmen soll die Wahl eines Betriebsrats behindert haben.
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
BEHINDERUNG EINER BR-WAHL
EIN EXEMPEL ZUR EINSCHÜCHTERUNG?
Die Gewerkschaft NGG sieht das anders. Alles deute darauf hin, dass Flaschenpost mit den drakonischen Maß- nahmen ein abschreckendes Exempel setzen wollte, um die Beschäftigten einzuschüchtern und die Wahl eines Betriebsrats im Keim zu ersticken, so ihr Vorwurf. Sie plant arbeitsgerichtliche Schritte. Mohamed Boudih, Vor- sitzender der NGG in NRW, hält das Vorgehen von Fla- schenpost für schändlich: „Das Unternehmen will die Beschäftigten mit brutalen Wildwest-Methoden an der Ausübung ihrer demokratischen Grundrechte hindern“, sagte er.
STREIT WIRD ZUR MINISTERSACHE
Inzwischen hat sich auch NRW-Arbeitsminister Karl- Josef Laumann eingeschaltet. Er erklärte gegenüber der Neuen Westfälischen Zeitung, „sehr zeitnah“ mit den Beteiligten sprechen zu wollen. Betriebsräte hätten eine wichtige Funktion und dürfen in ihrer Arbeit nicht behin- dert werden. „Wenn die Vorwürfe der Gewerkschaft NGG zutreffen, ist das Verhalten der Firma Flaschenpost eine Sauerei“, sagte Laumann der Zeitung.
ZEIT FÜR STRAFVERFOLGUNG!
Die NGG in NRW kündigte derweil an, die Flaschenpost- Belegschaft mit allen Mitteln bei der Wahl eines Betriebs- rats zu unterstützen. Die Gewerkschaft fordert schärfere Gesetze, damit Arbeitgeber, die Betriebsratswahlen behindern, endlich als „kriminelle Straftäter“ verfolgt werden. Sie hat Strafanzeige gegen die Geschäftsführer von Flaschenpost gestellt. Außerdem, so ihre Forderung, solle endlich die Gründung von Betriebsräten erleichtert werden.
Und die Betriebsratswahl bei Flaschenpost in Düsseldorf?
Die soll nun Anfang April stattfinden. Wir bleiben am Ball und werden berichten, wie es weitergeht!
WEITERLESEN:
Pflicht für Betriebsräte in Startups?
Bislang sind Betriebsräte in Startup-Unternehmen eher selten. Die Berliner SPD will dies ändern, indem nur noch Startups mit Betriebsrat finanziell gefördert werden.
Mehr zum Thema in unserem Betriebsrats-Blog
„Held werden“ — mit diesem Slogan wirbt Flaschenpost um neue Mitar- beiter. Mit Heldenruhm bekleckert sich das Unternehmen selbst derzeit nicht.
Betriebsräte dürfen in ihrer Arbeit nicht behindert werden.
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
SORGE VOR DEM VIRUS
CORONA, GRIPPE UND CO:
SCHUTZ VOR ANSTECKUNG AM ARBEITSPLATZ
Die Sorge vor Ansteckung geht um. Neben der jährlichen Grippewelle kommt in diesem Winter die Sorge vor dem neuen Corona-Virus hinzu. Täglich werden weltweit neue Fälle gemeldet, manche Arbeitnehmer würden derzeit gerne zuhause bleiben. Doch Achtung, das ist nicht ohne Weiteres erlaubt! Wie können sich Arbeitnehmer schützen — und was können Betriebsräte tun?
Stand: 11.03.2020
Täglich erreichen uns neue Meldungen zu Erkrankungen mit dem Corona-Virus, offiziell „Covid-19“ genannt. Auch in Deutschland werden immer mehr Fälle bestätigt.
Betroffen sind alle Bundesländer. Das Robert-Koch-Ins- titut weist darauf hin, dass es zu einer Pandemie kommen könnte. Denn mittlerweile breitet sich die Erkrankung nicht nur in China schnell aus, auch in Europa steigen die Fallzahlen deutlich an. Bundesgesundheitsminister Spahn spricht vom „Beginn einer Epidemie in Deutschland“.
Auch die Grippe (Influenza) grassiert; in diesem Winter wurden bereits knapp 120.000 Grippefälle in Deutsch- land gemeldet; 202 Menschen starben bisher daran.
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Die Sorge vor dem neuen Corona-Virus geht um.
TIPP:
Tagesaktuelle Daten zu den weltweiten Corona-Erkrankungen veröffentlicht die Johns Hopkins University.
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
SORGE VOR DEM VIRUS
Wichtig: Symptome abklären!
Oberstes Gebot im Falle von Krankheitsanzeichen ist es, diese nicht aus falsch verstandenem Pflichtgefühl zu verschweigen und sich dennoch zur Arbeit zu schleppen.
Hierfür gibt es sogar einen Fachbegriff: Präsentismus (siehe Kasten). Wer das tut, setzt nicht nur seine eigene Gesundheit aufs Spiel, sondern gefährdet schlimmsten- falls auch seine Kollegen. Bei grippeähnlichen Sympto- men gibt es für Beschäftigte nur eine Option: Sofort Kontakt zum Gesundheitsamt aufzunehmen und sich untersuchen zu lassen; auch um eine Weiterverbreitung einzudämmen. Der Besuch in einer Arztpraxis oder im Krankenhaus sollte vorher telefonisch angekündigt werden.
AUF WELCHE ANZEICHEN MUSS MAN ACHTEN?
Das Wichtigste vorab: Ruhe und einen kühlen Kopf bewahren. Anzeichen einer Grippe, die in der Regel zwischen Dezember und April auftritt, sind:
(Heftige) Kopf- und Gelenkschmerzen;
plötzlicher Krankheitsbeginn und hohes Fieber;
Erschöpfung und Schwäche;
Ev. Reizhusten und laufende Nase.
Die Symptome von Corona sind ganz ähnlich, hierzu gehören u.a.:
Fieber;
Müdigkeit;
Muskelschmerzen;
Husten & Atemnot.
WAS TUN, WENN KOLLEGEN KRANK WIRKEN?
Nicht bei jedem Husten sollte gleich Panik ausbrechen!
Was aber tun, wenn Kollegen offensichtlich fiebernd zur Arbeit erscheinen oder im Laufe des Tages plötzlich Krankheitssymptome zeigen? Hier kommt die Fürsorge- pflicht des Arbeitgebers (§ 618 BGB) ins Spiel.
Gibt es einen konkreten Verdacht auf eine Infektion oder sind bereits Kollegen positiv getestet, muss der Arbeitgeber aktiv werden. Es gilt, mögliche Ansteckun- gen durch Aufklärungs- und Vorsichtsmaßnahmen zu verhindern. Konkret ausgedrückt: Der Erkrankte sollte sofort gebeten werden, sich in ärztliche Obhut zu begeben! Weiterarbeiten ist dann keine Option. Ach- tung: Weder Betriebsrat noch Arbeitgeber können den Kollegen in der Regel dazu verpflichten, sich ärztlich
untersuchen zu lassen. Auf der anderen Seite verstößt der Arbeitnehmer selbst gegen vertragliche Pflichten, wenn er eine ansteckende Krankheit verschweigt. Im Zweifel sollte man sich in einem solchen Fall beim Gesundheitsamt erkundigen, wie am besten zu verfah- ren ist. Für die Kollegen im Betrieb gilt: Nach den Rege- lungen des Arbeitsschutzgesetzes muss der Arbeitge- ber die Arbeitnehmer über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz ausreichend und angemessen unterweisen. Und die kranken Arbeit- nehmer haben grundsätzlich Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
GUTES BEISPIEL: WEBASTO
Die Mitarbeiter des bayerischen Autozulieferers Webasto haben dies hautnah erlebt. Im Januar machte das Unternehmen mit den ersten Corona-Fällen in Deutschland Schlagzeilen. Ein Angestellter hatte sich bei einer chinesischen Kollegin angesteckt, am Ende waren acht Mitarbeiter bzw. deren Angehörige krank. Webasto reagierte schnell, die Werkstore blieben zwei Wochen lang dicht. Rund 1.000 Mitarbeiter wurden gebeten, im Homeoffice zu arbeiten. Dann kam die Entwarnung — seit Mitte Februar ist die Firma wieder geöffnet. Durch das schnelle und umsichtige Handeln nach dem ersten positiven Corona-Test konnte die Infek- tionskette im Unternehmen gestoppt werden.
PRÄSENTISMUS:
ARBEITEN STATT BETTRUHE?
Der Begriff Präsentismus bedeutet so viel wie Präsenz, Anwesenheit: Obwohl Arbeitnehmer krank sind, schlep- pen sie sich zur Arbeit. Das ist nicht nur extrem schädlich für die Gesundheit, sondern kann auch unnötige Anste- ckungen im Kollegenkreis zur Folge haben.
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
SORGE VOR DEM VIRUS
NICHT EINFACH ZUHAUSE BLEIBEN!
Darf ich denn einfach zuhause bleiben, wenn ich gesund bin, aber Angst vor einer Ansteckung habe? Die schlechte Nachricht vorweg: Arbeitnehmer dürfen nicht einfach zu Hause bleiben, solange keine begründete Anste- ckungsgefahr besteht — auch wenn Covid-19 derzeit Tagesthema ist! Allein der Umstand, dass es eine Ver- breitung gibt, berechtigt nicht dazu, die Arbeit zu ver- weigern. Eventuell besteht die Möglichkeit, bei begrün- deter Sorge Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber zu treffen; eine Option ist z.B. Homeoffice.
DAS KÖNNEN BETRIEBSRÄTE TUN
Betriebsräte können mithelfen, einer Verbreitung von Krankheiten vorzubeugen und einen Krisenplan zu ent- wickeln. In Betracht kommt auch eine Betriebsvereinba- rung über Maßnahmen im Fall einer Pandemie.
Hygienebelehrung
Bei Fragen der Ordnung im Betrieb bestimmt der Betriebs- rat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mit. Hier kommt die Entwicklung einer Hygienebelehrung in Betracht. Hygi- ene ist das A und O, denn Viren können durch Tröpfchen- oder Schmierinfektionen übertragen werden!
Zu einer Hygienebelehrung kann gehören:
Regelmäßig Händewaschen;
Händeschütteln vermeiden;
Nies-Etikette: In die Armbeuge niesen;
Umarmungen zur Begrüßung vermeiden.
Dabei ist auf die Persönlichkeitsrechte der Arbeitneh- mer Rücksicht zu nehmen. Eine Verpflichtung zur Grip- peimpfung ist z.B. nicht möglich; in der Regel auch keine Verpflichtung zum Tragen von Atemmasken. Etwas anderes kann sich aus dem Infektionsschutzgesetz oder nach behördlichen Anordnungen ergeben (z. B. durch das Gesundheitsamt).
Betriebsvereinbarung
Eine Betriebsvereinbarung über Maßnahmen im Fall einer Pandemie kann z.B. die folgenden Punkte beinhalten:
Vorbeugende Maßnahmen, z.B. Hygieneregelungen, Aufstellen von Handdesinfektionsmitteln;
Maßnahmen bei Erkrankungen (Notfall- und Krisenplan);
Betriebs- oder Betriebsteilschließungen;
Homeoffice-Regelungen;
(Beschränkung von) Auslands- und Dienstreisen;
Verantwortliche für das Krisenmanagement;
Regelungen zu Kurzarbeit (vgl. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG).
VORSORGEN JA, PANIK NEIN!
Jetzt vorzusorgen ist berechtigt, aber Panik ist nicht gerechtfertigt. Einen Blick in die Zukunft kann keiner werfen — und die Prognosen über den weiteren Verlauf sind derzeit widersprüchlich. Die Ausbreitung des Coro- navirus muss aber, ebenso wie die Grippewelle, wach- sam beobachtet werden und mögliche Szenarien und ihre Auswirkungen für Beschäftigte und Unternehmen bedacht werden. Durch Prävention und frühe Gegen- maßnahmen lässt sich viel erreichen.
Jetzt vorzusorgen
ist berechtigt, aber Panik ist nicht gerechtfertigt.
WEITERLESEN:
Aktuelle Informationen des ifb rund um das Corona-Virus haben wir für Sie auf unserer Homepage zusammen- getragen. Inklusive Checkliste!
Neu im Blog: Koalition beschließt Coronavirus-Hilfen für Unternehmen!
CORONA:
AUSWIRKUNGEN AUF WIRT- SCHAFT UND ARBEITNEHMER
Inzwischen sind aber wirtschaftliche Auswirkungen durch Corona spürbar — es gibt erste Insolvenzen.
Zudem kündigten verschiedene Airlines Sparprogramme an, darunter die Lufthansa. Auch der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport schaltet auf Sparkurs.
Was bedeutet diese Entwicklung für Betriebsräte und Arbeitnehmer?
Weiterlesen im Betriebsrat-Blog
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
NEUES AUS DEM STEUERRECHT
JOBTICKET, PEDELEC, PENSIONSKASSE
NEUES AUS DEM STEUER- RECHT
In jedem Jahr gibt es steuerliche Änderungen, die sich auch auf Arbeitnehmer auswirken.
Rechtsanwalt Michael Luthin stellt die wichtigsten Neuerungen vor.
Viele zucken beim Wort „Steuern“ erst einmal zurück.
Allerdings gibt es einige Aspekte, mit denen Arbeitneh- mer bares Geld sparen können. Dies sind die wesentli- chen steuerrechtlichen Änderungen für Arbeitnehmer der letzten Jahre:
JOBTICKET
Eine gute Nachricht zum Jobticket: Mit Wirkung ab 01.01.2019 sind Jobtickets und Arbeitgeberzuschüsse für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr neu- erdings wieder steuerfrei, sogar wenn damit eine Privat- nutzung einhergeht.
STEUERFREIE VERPFLEGUNGS- UND ÜBERNACHTUNGSKOSTEN
Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern für Tätigkeiten Ausland bestimmte pauschale Verpflegungs- und Über- nachtungskosten steuerfrei erstatten — allerdings unterschieden nach Reiseland. Es lohnt sich, für alle Mitarbeiter, die im Ausland tätig sind, nachzufragen, da teilweise neue Beträge gelten!
ZUSCHÜSSE ZU GESUNDHEITSMASSNAHMEN 600 € extra: Um den Arbeitgebern den Spielraum für spezielle Gesundheitsleistungen zu erweitern, soll der Freibetrag in § 3 Nr. 34 EStG von 500 € auf 600 €
je Arbeitnehmer im Kalenderjahr angehoben werden.
Dies gilt ab dem Veranlagungszeitraum/Lohnzahlungs- zeitraum 2021. Es sind allerdings nur noch Gesundheits- maßnahmen steuerbefreit, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b SGB V genügen.
Dies bedeutet, dass 2019 begonnene Gesundheitsmaß- nahmen zertifiziert sein müssen. Für bereits davor begonnene unzertifizierte Maßnahmen gilt eine Über- gangsregelung. Eine Zertifizierung ist erstmals erforder- lich für Sachbezüge, die nach dem 31.12.2019 gewährt werden (§ 52 Abs. 4 S. 6 EStG).
MIT DEM RAD ZUR ARBEIT
Der geldwerte Vorteil für die private Nutzung eines betrieblichen Fahrrads oder Elektrofahrrads, das kein Kraftfahrzeug ist, muss vom Arbeitnehmer seit dem 01.01.2019 nicht mehr besteuert werden. Noch stärker als Elektro-Pkw fördert es der Gesetzgeber ab diesem Jahr, wenn der Arbeitgeber seiner Belegschaft Fahrrä- der überlässt. Bis Ende 2018 lag ein steuerpflichtiger Sachbezug vor. Seit 01.01.2019 ist die Überlassung von betrieblichen Fahrrädern zur privaten Nutzung (inkl.
Fahrten Wohnung — erste Tätigkeitsstätte) steuerfrei.
Es kommt nicht darauf an, wann das Fahrrad ange- schafft wurde.
© Andrey Popov — stock.adobe.com Der Zuschuss zu Gesundheitsmaßnahmen
wurde auf 600 € je Arbeitnehmer angehoben.
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
NEUES AUS DEM STEUERRECHT
Die steuerfreie Überlassung gilt allerdings nur dann, wenn die Nutzung des Fahrrads zusätzlich zum ohne- hin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird, es sich also nicht um eine Gehaltsumwandlung handelt. Ist die Privatnutzung lohnsteuerfrei, bleibt sie auch sozi- alversicherungsfrei (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 SvEV in Verbin- dung mit § 40 Abs. 2 S. 2 EStG).
Die steuerfreien Leistungen mindern die Entfer- nungspauschale zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nicht (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG).
Sofern ein Arbeitnehmer ein Elektrofahrrad nutzen möchte, muss jedoch beachtet werden, dass die lohnsteuerliche Behandlung davon abhängt, ob es sich um ein E-Bike oder Pedelec handelt und ob es als Fahrrad oder Kraftfahrzeug eingestuft wird: E-Bikes fahren auf Knopfdruck auch ohne Pedalunter- stützung. Sie gelten noch als Fahrrad, solange sie eine Geschwindigkeit von 6 km/h nicht erreichen;
ab 6 km/h sind es zulassungspflichtige Kraftfahr- zeuge. Pedelecs (Pedal Electric Cycles) bieten nur dann Motorunterstützung, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Erfolgt die Motorunterstützung bis zu 25 km/h und hat der Hilfsantrieb eine Nenndauerleis- tung von höchstens 0,24 kW, gelten diese noch als Fahrrad; sonst um zulassungspflichtige Kfz. Soweit die E-Bikes bzw. Pedelecs also die genannten Leis- tungsmerkmale nicht überschreiten, gelten die steu- erlichen Regelungen für Fahrräder. Die Überlassung bleibt steuer- und sozialversicherungsfrei.
Handelt es sich um leistungsstärkere E-Bikes bzw.
Pedelecs, sodass diese als Kraftfahrzeug einzustufen sind, sind für die Privatnutzung monatlich ein Prozent des Bruttolistenpreises sowie 0,03 Prozent je Entfer- nungskilometer für Fahrten zwischen Wohnung und Büro zu versteuern.
PENSIONSKASSE
Arbeitgeberbeiträge für eine umlagefinanzierte Pensionskasse bleiben bis zum Höchstbetrag von 2 % der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung West steuerfrei. 2019 sind das 1.608 € (2 % von 80.400 €)
Übrigens: Bei einer Gehaltsumwandlung zugunsten einer Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensi- onsfonds bleiben Beiträge bis zu 8 % der Beitragsbe- messungsgrenze West steuerfrei. 2019 sind das 6.432 € pro Jahr (8 % von 80.400 €)
BEGÜNSTIGUNG VON E-AUTOS
Die Bemessungsgrundlage für die Privatnutzung von Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen, die nach dem 31.12.2018 und vor dem 01.01.2022 angeschafft (auch Leasing) werden, wird auf 0,5 Prozent halbiert.
Diese Regelung hat auch Einfluss auf die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge. Maßgebender Zeit- punkt ist der Zeitpunkt der tatsächlichen Ausliefe- rung und nicht etwa das Datum des Kaufvertrags.
Bei der Pauschalwertmethode wird die Bemessungs- grundlage bei der Ein-Prozent-Regelung sowie bei der 0,03-Prozent-Regelung für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb sowie für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung halbiert.
UMZUGSKOSTENPAUSCHALE
Arbeitnehmer können für sonstige Umzugskosten statt der tatsächlichen Kosten eine Umzugs- kostenpauschale geltend machen. Diese beträgt für Ledige 787 € / 811 € (Beendigung Umzug bis 31.03.2019 / ab 01.04.2019), für zusammenveranlagte Eheleute bzw. Lebenspartner 1.573 € / 1.622 € und für jede weitere mit umziehende Person (z.B. Kind) jeweils 347 € / 357 €. Für umzugsbedingte Nachhilfe- kosten dürfen zusätzlich 1.984 € / 2.045 € geltend gemacht werden.
Der Fachanwalt für Arbeits- und Steuerrecht Michael Luthin referiert beim ifb seit dem Jahr 2007.
Die Überlassung von
betrieblichen Fahrrädern zur privaten Nutzung ist steuerfrei.
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
100 JAHRE SBV
Vor rund 100 Jahren beschloss der damalige Reichstag einstimmig das „Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter“ vom 6. April 1920. Es war im Grunde die Geburtsstunde unseres heutigen Sozial- systems — und unserer SBV.
WIE WAR DAS DAMALS IM JAHR 1920?
Mehr als 1,5 Millionen Kriegsbeschädigte standen nach Ende des ersten Weltkriegs vor dem Nichts — sie sollten zügig wieder beruflich integriert werden.
Einstellungszwang und ein grundsätzliches Kündi- gungsverbot waren die Mittel der Wahl. Große Unternehmen hatten 2 % der Arbeitsplätze mit Schwerbeschädigten zu besetzen; in den Behörden waren es 3 %. Das Gesetz sah außerdem die Bestel- lung eines Vertrauensmannes nach Anhörung der Arbeitnehmer vor. Im Jahr 1920 nahmen also die ersten Interessenvertretungen ihre Arbeit auf.
Der Beginn einer Erfolgsgeschichte!
Heute hat sich das Arbeitsgebiet stark geändert, z.B.
stehen Themen wie demografischer Wandel, Inklu- sion und Prävention auf der Tagesordnung — und engagierte Schwerbehindertenvertreter sind damit wichtiger denn je. Ein guter Moment, einmal innezu- halten und stolz zu sein auf die Arbeit, die ihr SBVler deutschlandweit leistet. Danke für euren großarti- gen Einsatz!
MEHR ERFAHREN?
Informationen und Hintergrundwissen zu der Geschichte der SBV von 1920 bis heute finden Sie
auf unserer neuen SBV-Website TIPP:
Dort steht auch ein Hinweis auf den Original- Gesetzestext von 1920 zum Nachlesen. Gleich reinklicken!
GEBURTSSTUNDE EINER ERFOLGSGESCHICHTE
100 JAHRE SBV!
Herzlichen Glückwunsch, Schwerbehinder- tenvertreter: Ihr feiert 100. Geburtstag!
Am 06.04.1920 wurde die Funktion eines
Vertrauensmannes erstmals gesetzlich
eingeführt. Der Grundstein für unsere
heutige Schwerbehindertenvertretung
(SBV) war gelegt.
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
HOHER ANSTIEG DER KURZARBEIT
HOHER ANSTIEG DER KURZARBEIT
DARAUF MÜSSEN ARBEITNEHMER UND BETRIEBSRÄTE ACHTEN
Noch immer sitzt vielen Arbeitnehmern der Schreck der Bankenkrise vor mehr als zehn Jahren in den Knochen — jetzt macht das Thema Kurzarbeit erneut Schlagzeilen. Warum gibt es in vielen Unternehmen plötzlich nicht mehr genug Arbeit für alle? Die Gründe sind vielfältig:
Neben dem derzeitigen Konjunktureinbruch führt auch das Coronavirus ganz aktuell zu Eng- pässen. Was müssen Sie als Betriebsrat wissen und welche Neuerungen plant der Gesetzgeber?
Die Kurzarbeit nimmt massiv zu: Waren im März 2019 noch knapp 32.500 Bezieher von Kurzarbeitergeld gemeldet, werden es im März 2020 laut Schätzungen der Bundesagentur für Arbeit 124.000 sein — also fast vier Mal so viel! Die Gründe dafür, dass es plötzlich nicht mehr genug Arbeit in vielen Unternehmen gibt, sind viel- fältig: So können eine schwächere Weltkonjunktur oder Handelskonflikte einen Auftragsrückgang zur Folge haben, was sich derzeit z.B. in der Automobilindustrie und im Maschinenbau auswirkt. Auch überraschende Lieferengpässe können Kurzarbeit nötig machen. Dies spüren derzeit die ersten Unternehmen wegen unter- brochener Lieferketten durch das Coronavirus.
WAS TUN, WENN KURZARBEIT ZUM THEMA WIRD?
Die gute Nachricht ist: Kurzarbeit ist ein erprobtes und hilfreiches Mittel, um in Krisen betriebsbedingte Kündi- gungen zu vermeiden. Sie hilft bei der Überbrückung von wesentlichen Arbeitsausfällen im Betrieb. Arbeitnehmer haben dann zum Beispiel eine Viertagewoche, der Arbeit- geber muss seinen Beschäftigten entsprechend weniger Lohn zahlen — und senkt damit seine Personalkosten, muss aber keine Kündigungen aussprechen. In extremen Fällen kann die Arbeitszeit sogar auf null reduziert werden.
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Die Zahlen zur Kurzarbeit nehmen im Moment massiv zu.
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
HOHER ANSTIEG DER KURZARBEIT
ROLLE DES BETRIEBSRATS
Der Betriebsrat spielt beim Thema Kurzarbeit eine wich- tige Rolle: Eine vom Arbeitgeber ohne Beteiligung des Betriebsrats angeordnete Kurzarbeit ist unwirksam! Das zwingende Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG erstreckt sich nicht nur darauf, ob und in wel- chem Umfang Kurzarbeit eingeführt werden soll, son- dern auch, darauf, wie die reduzierte Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage zu verteilen ist.
Wichtige Fragen für den Betriebsrat sind:
Ist das Gremium über alle wirtschaftlichen Hinter- gründe informiert (z.B. Umsätze, Lagerbestand, Ver- gleichszahlen zum Vorjahr)?
Bestehen Alternativen zur Kurzarbeit (z.B. Produktion auf Lager; Aufräum- und Reparaturarbeiten)?
EINZELHEITEN ZUM ANSPRUCH
Kurzarbeitergeld wird für maximal 12 Monate gewährt (vgl. § 104 Abs. 1 SGB III); in besonderen Fällen kann das Bundesarbeitsministerium derzeit die maximale Bezugs- dauer auf 24 Monate verlängern, z.B. wenn eine Gesamt- störung des Arbeitsmarkts vorliegt — wie es während der Finanzkrise 2009 der Fall war.
IN PLANUNG: „ARBEIT-VON-MORGEN“-GESETZ Mit dem „Arbeit-von-morgen“-Gesetz will Arbeitsminis- ter Hubertus Heil den Einsatz von Kurzarbeitergeld dauerhaft auf bis zu 24 Monate verlängern — wenn wäh- rend der Kurzarbeit eine sinnvolle und zweckmäßige Weiterbildung stattfindet. Es gibt schon einen Entwurf für das Gesetz, allerdings muss dies noch beschlossen werden. Das Inkrafttreten wird nicht vor dem Früh- sommer 2020 erwartet.
VORAUSSETZUNGEN VON KURZARBEIT
Die gesetzliche Grundlage für die Kurzarbeit, genauer gesagt der konjunkturellen Kurzarbeit, findet sich in den
§§ 95 ff SGB III:
Wird Kurzarbeit angeordnet, verringert sich die Arbeitsverpflichtung der Arbeitnehmer um die Zahl der reduzierten Stunden. Die übrigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis bleiben bestehen.
Voraussetzung für die Einführung von Kurzarbeit ist, dass sie im Arbeitsvertrag, in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung festgelegt wurde.
Arbeitnehmer haben Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn im Betrieb ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt.
Der Arbeitsausfall muss der Agentur für Arbeit unverzüglich schriftlich angezeigt werden.
ERHEBLICHER ARBEITSAUSFALL
Der erhebliche Arbeitsausfall mit Entgeltausfall muss auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendba- ren Ereignis beruhen, vorübergehend und nicht vermeid- bar sein. Ein Arbeitsausfall ist nicht vermeidbar, wenn in einem Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern.
Außerdem müssen mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen sein — bis zu 100 % (Kurzarbeit Null).
TIPPS ZUR BERECHNUNG VON KURZARBEITERGELD
Tabelle zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes der Bundesagentur für Arbeit:
www.arbeitsagentur.de Kurzarbeitergeld-Rechner:
www.nettolohn.de
Mit dem „Arbeit-von-morgen“- Gesetz will Arbeitsminister Heil das Kurzarbeitergeld verlängern.
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
ANSTIEG DER KURZARBEIT
HÖHE DES KURZARBEITERGELDES
Kurzarbeit hat zur Folge, dass die Arbeitnehmer teil- weise von ihrer Arbeitspflicht, der Arbeitgeber teilweise von seiner Lohnzahlungspflicht entbunden wird.
Das bedeutet: Für die reduzierten Arbeitsstunden erhält der Beschäftigte ein entsprechend anteiliges Ent- gelt vom Arbeitgeber (Kurzarbeiterlohn).
Zusätzlich bekommen betroffene Arbeitnehmer von der Bundesagentur für Arbeit „Kurzarbeitergeld“ als Aus- gleich für den Verdienstausfall. Diese Zuschusszahlung beträgt 60 % der „Nettoentgeltdifferenz“ im Anspruchs- zeitraum; Arbeitnehmer mit Kindern erhalten 67 % (§ 105 SGB III). Tarifliche Regelungen können Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld vorsehen. Kurzarbeitergeld ist steuerfrei. Es unterliegt jedoch dem Progressionsvorbe- halt. Das heißt, es kann den eigenen Steuersatz erhöhen.
SOZIALVERSICHERUNG
Grundsätzlich tritt keine Änderung im Versicherungsver- hältnis während der Kurzarbeit ein. Die Mitgliedschaft der versicherungspflichtigen Arbeitnehmer in der gesetz- lichen Krankenversicherung bleibt erhalten, solange Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht. Auch in der Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bleibt das Versicherungsverhältnis unverändert bestehen, solange Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht.
KANN DAS CORONAVIRUS ZU KURZARBEIT FÜHREN?
Laut Bundesagentur für Arbeit können betroffene Beschäftigte Kurzarbeitergeld erhalten, wenn Unternehmen aufgrund der weltweiten Krankheitsfälle durch das Corona-Virus Kurzarbeit anordnen.
Die Lufthansa gehört zu den ersten Unternehmen, die wegen massiver Flugstreichungen
— auch nach China — die Prüfung von Kurzarbeit ankündigte. In vielen anderen deutschen Unternehmen könnte es zu Lieferengpässen kommen, wenn keine benötigten Teile mehr aus den besonders betroffenen Regionen in China geliefert werden. Und die Reiseagentur Caissa Touristic aus Hamburg, Gruppen-, Individual- und Themenreisen nach China orga- nisiert, musste bereits Mitte Februar Kurzarbeit anmelden.
Tipp:
Informationen über die Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld und Videoanleitungen finden sich auf
den Internetseiten der Bundesagentur für Arbeit© Thaut Images — stock.adobe.com
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Mit den aktuellen und geplanten gesetzlichen Neuerungen des Qualifizierungschancen- und „Arbeit-von-morgen“- Gesetzes. Gleich buchen unter:
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DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
STREITPUNKT BEFRISTUNG
NEUREGELUNG DER SACHGRUNDLOSEN BEFRISTUNG GEFORDERT
STREITPUNKT BEFRISTUNG
Im Koalitionsvertrag steht es schwarz auf weiß: Union und SPD wollen die sachgrund- lose Befristung einschränken. Passiert ist seitdem nicht viel. Das Gesetz macht es Arbeitgebern derzeit leicht, sie brauchen noch nicht einmal einen konkreten Grund, um jemanden für maximal zwei Jahre befristet einzustellen.
Warum werden Jobs befristet? Nach einer aktuellen Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) nutzen Arbeitgeber diese Möglichkeit gerne zu Erpro- bung von Beschäftigten. In vielen Fällen würden Befristungen aus dem einfachen Grund eingesetzt, dass sie möglich seien, so der DGB. Für seine Studie wertete der Gewerkschaftsbund repräsentative Arbeitgeberbefragungen des Instituts für Arbeits- markt- und Berufsforschung (IAB) aus. Betroffen sind viele Beschäftigte: Bei Neueinstellungen ist fast jede zweite Stelle befristet, viele davon ohne Sachgrund.
DÄMPFER FÜR DIE MITBESTIMMUNG
Außerdem problematisch: Wer befristet arbeitet, engagiert sich im Unternehmen seltener als Betriebs- rat. Nur 1 % der gewählten Betriebsratsmitglieder war laut DGB 2016 befristet beschäftigt. Das ist logisch: Wer auf eine Entfristung hofft, wird sich ungern Konflikten mit dem Arbeitgeber aussetzen.
Letztlich beeinträchtigt der leichtfertige Einsatz von Befristungen also auch die Mitbestimmung.
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Bei Neueinstellungen
ist fast jede zweite Stelle befristet, viele davon ohne Sachgrund.
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
STREITPUNKT BEFRISTUNG
DAS STEHT IM KOALITIONSVERTRAG
Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten sollen nur noch maximal 2,5 % ihrer Mitarbeiter sachgrundlos befristen können. Bei Überschreiten dieser Quote gilt jedes weitere sachgrundlos befristete Arbeitsver- hältnis als unbefristet zustande gekommen — So steht es auf Seite 52 des Koalitionsvertrags. Der Ver- trag darf maximal 18 Monate statt bislang 24 laufen und nur einmal um diese Zeit verlängert werden. Bei Befristungen mit Sachgrund sieht der Koalitionsver- trag eine neu einzuführende zeitliche Beschränkung von fünf Jahren vor.
WANN WIRD DIE BEFRISTUNG EINGEDÄMMT?
Arbeitsminister Hubertus Heil hat mehrfach ange- kündigt hat, sachgrundlose Befristungen per Gesetz einzudämmen. So hieß es noch im vergangenen Jahr, das Gesetz komme im Herbst 2019 — passiert ist bis heute nichts. Eventuell bringen die aktuellen Forde- rungen des DGB wieder Schwung in die Debatte.
Schließlich ist es bereits Halbzeit für die Regierung!
WANN IST EINE BEFRISTUNG OHNE SACHGRUND DERZEIT ZULÄSSIG?
Ohne sachlichen Grund ist eine Befristung für maximal zwei Jahre bei höchstens dreimaliger Verlängerung innerhalb dieses Zeitraums zulässig. Geregelt ist dies in § 14 Abs. 2 TzBfG. Voraussetzung hierfür ist, dass die Vertragsparteien zuvor noch keinen Arbeitsvertrag geschlossen hatten. Jedes vorige Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber schließt eine sachgrundlose Befristung aus — egal, wann und wie lange es bestan- den hat.
Allerdings werden Ausbildungsverhältnisse oder der Einsatz als Leiharbeitnehmer hiervon nicht erfasst.
Diese können befristet ohne Sachgrund eingestellt werden.
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Wer befristet arbeitet, engagiert sich im Unternehmen seltener als Betriebsrat.
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
AKTUELLE RECHTSPRECHUNG
FACHKRAFT FÜR ARBEITSSICHERHEIT:
INITIATIVRECHT DES BETRIEBSRATS
Hat der Betriebsrat bei der Initiative zur Abberu- fung der Fachkraft für Arbeitssicherheit ein Mitbe- stimmungsrecht? Obwohl viele Experten dies so sehen, hat das LAG Berlin-Brandenburg ein Initia- tivrecht nun abgelehnt. Allerdings ließen die Rich- ter die Einigungsstelle zu — die Rechtsfrage selbst wird zur „Chefsache“.
Was tun, wenn die Fachkraft für Arbeitssicherheit ihre Aufgaben nicht ordentlich erfüllt? Ein Berliner Betriebs- rat wollte genau dies nicht weiter hinnehmen. Gegen- über dem Arbeitgeber regte er die Absetzung an. Der Arbeitgeber sah dies allerdings anders, die Fachkraft für Arbeitssicherheit wurde nicht abberufen. Der Betriebs- rat rief die Einigungsstelle an — der Fall landete vor Gericht. Zwar sah das LAG kein Initiativrecht des Betriebsrats, ließ aber die Einigungsstelle zu. Über die streitige Frage des Initiativrechts müsse das Bundesar- beitsgericht entscheiden, so die Richter.
LAG interpretiert die „Zustimmung“
Im Arbeitssicherheitsgesetz (§ 9 Abs. 3 ASiG) steht es schwarz auf weiß: Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind mit Zustimmung des Betriebsrats zu bestellen und abzu- berufen. Und genau das Wörtchen „Zustimmung“ nutzte das LAG für seine Argumentation gegen ein Initiativ- recht des Betriebsrats: Eine „Zustimmung“ setze bereits begrifflich eine Maßnahme des Arbeitgebers voraus;
nur einer entsprechenden Vorgabe durch den Arbeitge- ber könne der Betriebsrat zustimmen. Hätte der Gesetz- geber dem Betriebsrat ein dem § 87 BetrVG entspre- chendes Mitbestimmungsrecht einräumen wollen, hätte er dies ohne weiteres tun können, so die Richter. Anders ausgedrückt: Nur der Arbeitgeber kann laut LAG den ersten Schritt zur Abberufung tun — also kein Initiativrecht!?
Experten sehen dies anders
Experten in der Literatur sind sich hingegen weitgehend einig, dass dem Betriebsrat ein Initiativrecht zusteht. Zu Recht, denn dies ergibt sich schon aus dem Sinn und Zweck der Regelung: Nur mit einer guten und aktiven Fachkraft für Arbeitssicherheit sind die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Beschäftigten im Unterneh- men gewährleistet!
Was tun als Betriebsrat?
Irgendwann wird das BAG über die Frage des Initiativ- rechts entscheiden. Bis dahin sollten Betriebsräte aber nicht den Kopf in den Sand stecken: Sind sie mit ihrer Fachkraft für Arbeitssicherheit unzufrieden, sollten sie dies dem Arbeitgeber mitteilen und eine Abberufung anregen. Im Fall der Weigerung ist die Einberufung der Einigungsstelle das Mittel der Wahl. Denn es geht bei dem Gesundheitsschutz um ein äußerst hohes Gut der Beschäftigten! Übrigens: Ist die Sicherheitsfachkraft freiberuflich tätig, so müssen Interessenvertreter nur angehört werden.
LAG Berlin-Brandenburg, Entscheidung vom 05.11.2019, 7 TaBV 1728/19
KURZ UND BÜNDIG
DIESELSKANDAL: KÜNDIGUNG UNWIRKSAM
Der Dieselskandal beschäftigt die Gerichte. Jetzt entschied das Arbeitsgericht Braunschweig im Sinne eines Beschäftigten von Volkswagen. Die Kündigung eines Leiters der Dieselmotorenentwicklung sei unwirksam, da der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß unterrichtet habe. Aus diesem Grund habe auch der
Auflösungsantrag der Volkswagen AG keinen Erfolg.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestehe fort und der Kläger sei weiter zu beschäftigen, wenn auch nicht zwingend in seiner alten Funktion.
Arbeitsgericht Braunschweig, Entscheidung vom 10.02.2020, 8 CA 334/18
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
AKTUELLE RECHTSPRECHUNG
ARBEITSZEITERFASSUNG PER FINGERABDRUCK?
Die Arbeitszeiterfassung per Fingerabdruck ist im Normalfall nicht erforderlich im Sinne von
§ 26 Abs. 1 BDSG und damit nicht ohne Einwilli- gung der Betroffenen zulässig.
„Stempeln“ war früher, heute reicht für die Zeiterfas- sung im Grunde schon ein Finger. Allerdings darf der Arbeitgeber ein Zeiterfassungssystem mit Fingerab- druck grundsätzlich nur mit ausdrücklicher Zustim- mung der Arbeitnehmer nutzen.
Einwilligung ist nötig
Früher kannte man biometrische Scans höchstens als Zugangskontrolle für Sicherheitsbereiche des Unter- nehmens mit äußerst sensiblen Geschäftsgeheimnis- sen. In dem Fall, das vor dem Arbeitsgericht Berlin lan- dete, wurden biometrische Daten für die Zeiterfassung genutzt — „Einloggen“ per Fingerabdruck. Ein Arbeit- nehmer weigerte sich und erhielt dafür zwei Abmah- nungen. Zu Unrecht, wie die Richter feststellten: Der Arbeitnehmer konnte nicht zur Nutzung des Finger- prints verpflichtet werden. Die Abmahnungen sind aus der Personalakte zu entfernen.
Verarbeitung ist streng geregelt
Die Verarbeitung biometrische Daten nach Art. 9 Abs.
1 DSGVO ist grundsätzlich verboten. Möchte der Arbeitgeber biometrische Daten eines Beschäftigten verarbeiten, braucht er hierfür entweder eine Erlaub- nis des Betroffenen oder eine entsprechende Kollektiv- vereinbarung. Gibt es diese nicht, ist eine Verarbeitung gemäß § 26 Abs. 3 BDSG nur möglich, wenn dies für die Begründung, Durchführung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist — was in diesem Fall nicht zutraf. Der Arbeitgeber habe beispielsweise nicht vorgetragen, dass durch das bisherige „händi- sche“ System der Zeiterfassung ein erheblicher Miss- brauch betrieben wurde. Außerdem habe er nicht dar- legen können, dass im Fall der Einführung eines Zeiterfassungssystems ohne die Speicherung biomet- rischer Daten Missbrauch zu befürchten sei.
TIPP: Kommt es zu Verhandlungen über eine Betriebs- vereinbarung gem. § 26 Abs.4 BDSG für die Einführung und Nutzung eines Biometriesystems im Unterneh- men, sollten Betriebsräte streng auf die Persönlich- keitsrechte der Beschäftigten achten.
Arbeitsgericht Berlin, Entscheidung vom 16.10.2019, 29 Ca 5451/19
KURZ UND BÜNDIG
WEGEUNFALL IM HOMEOFFICE?
Wann steht eine Arbeitnehmerin, die im Homeoffice arbeitet, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung? Nicht, wenn sie ihr Kind in den Kindergarten bringt und dabei verunglückt, entschied das Bundesso- zialgericht. Im Homeoffice sei zwischen priva- tem Lebensbereich und Arbeitsort zu unter- scheiden: Das Bringen des Nachwuchses in den Kindergarten erfolge nicht in Ausübung der versicherten Tätigkeit und diene nicht dem Unternehmen.
Bundessozialgericht, Entscheidung vom 30. Januar 2020, B 2 U 19/18 R
EXPLODIERENDE E-ZIGARETTE IST KEIN
ARBEITSUNFALL
Wenn der Ersatzakku einer E-Zigarette wegen eines Dienstschlüssels in der Hosentasche explodiert, ist dies kein Arbeitsunfall. Das hat das Sozialgericht in Düsseldorf entschieden.
Zwar führte der Kontakt zwischen dem Akku und dem metallischen Dienstschlüssel zu einem Kurzschluss; der Akku explodierte in der Hose der Klägerin. Von dem Dienstschlüssel selbst sei jedoch keine Gefahr ausgegangen, so das Gericht. Das Mitführen des Ersatzakkus sei zudem nicht betrieblich veranlasst gewesen, sondern dem persönlichen Verantwortungs- bereich der Klägerin zuzuordnen.
Sozialgericht Düsseldorf, Entscheidung vom 15.10.2019, S 6 U 491/16
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
INTERN
ifb-HOTELS AUSGEZEICHNET
GANZ VORN DABEI
Aus rund 57.000 Teilnehmer-Rückmeldungen zu unseren 180 ifb-Hotels haben wir wieder eine Rangliste der besten ifb-Hotels erstellt. In vier Kategorien wurden insgesamt 23 Hotels gekürt, die mit ihrer Hotelleistung während des Seminars voll überzeugen konnten. Mit dabei sind in diesem Jahr gleich drei „Newcomer“. Als Dank und Anerkennung erhielen alle Preisträger eine Auszeichnung vom ifb. Auch im Namen unserer Hotels sagen wir herzlichen Dank für das viele Lob und die Wertschätzung unserer Teilnehmer aus den vielen Rückmeldungen!
DIE BESTEN NEWCOMER
1. Upstalsboom Wellness Resort Südstrand, Wyk auf Föhr / Nordsee
2. NH Hotel Mannheim, Mannheim
3. Dorint am Goethepark, Weimar
Upstalsboom Wellness Resort Südstrand
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
INTERN
TOP TEN 100 BIS 300 BEWERTUNGEN 1. Hotel Hafen Flensburg,
Flensburg
2. Mercure Hotel Freiburg Am Münster, Freiburg
3. Küstenperle Strandhotel & Spa, Büsum
4. Holiday Inn Düsseldorf City, Düsseldorf
5. Park Inn Stuttgart, Stuttgart
6. Upstalsboom Hotelresidenz & SPA Kühlungsborn, Kühlungsborn 7. Lindner Hotel Am Michel,
Hamburg
8. Novotel City Arnulfpark, München
9. Hotel Rheingold Bayreuth, Bayreuth
10. Novotel München Messe, München
TOP FIVE BIS 500 BEWERTUNGEN 1. Romantik Jugendstilhotel Bellevue,
Traben-Trarbach/Mosel 2. Hotel Moselschlösschen,
Traben-Trarbach/Mosel 3. ATLANTIC Hotel Lübeck,
Lübeck
4. Hotel Schillingshof, Bad Kohlgrub
5. NH Collection Dresden Altmarkt, Dresden
TOP FIVE AB 500 BEWERTUNGEN 1. Courtyard by Marriott Dresden,
Dresden
2. BEST WESTERN PLUS Hotel Böttcherhof, Hamburg
3. Novotel Köln City, Köln
4. Hotel Holiday Inn München Unterhaching, München
5. Adina Apartment Hotel Hamburg Michel, Hamburg
Hotel Hafen Flensburg
Courtyard by Marriott Dresden Romantik Jugendstilhotel Bellevue
DER BETRIEBSRAT 1 | 2020
INTERN
IMPRESSUM
Herausgeber: Institut zur Fortbildung von Betriebsräten KG Prof.-Becker-Weg 16 | 82418 Seehausen am Staffelsee Tel. 0 88 41 / 61 12-20 | Fax 0 88 41 / 61 12-151 Kontakt: redaktion-dbr@ifb.de
Internet: www.ifb.de/der-betriebsrat
www.ifb.de | www.betriebsrat.de | www.facebook.com/ifbKG Verantwortlich: Hans Schneider
Redaktion : CB — Christine Bergmann-Oehmichen
Konzept und Layout: sukato — J. Embacher und P. Tichawsky GbR
Hinweis: Die verwendete maskuline bzw. feminine Sprachform dient der leichteren Lesbarkeit und meint immer auch das jeweils andere Geschlecht.
Stand: März 2020
Alle Rechte vorbehalten. Die Informationen in dieser Publikation wur- den mit größter Sorgfalt aufbereitet, dennoch können Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden. Das Institut zur Fortbildung von Betriebsräten KG übernimmt keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für eventuell verbliebene Fehler und deren Folgen.
Das neue ifb-Forum ist online!
Fragen gibt es täglich viele im Betriebsratsamt — umso besser, wenn man sich schnell und unkompliziert austauschen kann.
Über 22.000 Mitglieder warten im ifb-Forum, das wir für Sie jetzt noch schlanker und bedienungsfreundlicher gestaltet haben. Stellen Sie Ihre Fragen, diskutieren Sie mit und finden Sie hilfreiche Tipps und Ratschläge in den bisher knapp 100.000 Beiträgen.
Tipp: Das Forum ist jetzt auch mobil nutzbar.
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